7 Aldehyde und Ketone

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7 Aldehyde und Ketone
7.1
Allgemeines
2 Reaktivitätszentren:
H
··
O: δ–
R C
C δ+
:
H :X
··
α-Wasserstoff Reaktionen an der
(Kap. 9) Carbonylgruppe
X = H:
Aldehyde
X = Alkyl, Aryl:
Ketone
X = Hal, OR, NH2: Carbonsäurederivate
Kapitel 7: Reaktionen an der Carbonylgruppe von Aldehyden und Ketonen
Kapitel 8: Reaktionen von Carbonsäuren und deren Derivaten
Kapitel 9: Enolate
7.2 Bisher besprochene wichtige Herstellungsmethoden für Aldehyde
und Ketone
•
Oxidationen primärer und sekundärer Alkohole: Kap. 6
•
Hydratisierung von Alkinen (H2O/Hg2+ bzw. Hydroborierung und H2O2): Kap. 4
•
Ozonolyse von Alkenen und (im Fall von Aldehyden reduktive) Aufarbeitung:
Kap. 4
•
Acylierung und Formylierung von Arenen: Kap. 5
•
Hydrolyse von α,α-Dihalogeniden: Kap. 2
Ph–CHCl2
•
H2O
Ph–CHO
HCO3–
Oxo-Synthese (Hydroformylierung) (Kap. 4)
R–CH=CH2 + CO + H2
Co2(CO)8-kat.
R CH CH3 + R–CH2–CH2–CHO
CHO
Prof. H. Mayr, LMU München, OC-2 Vorlesung im WS 2009/2010
Achtung Lückentext. Nur als Begleittext zur Vorlesung geeignet.
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7.3 Mechanismen der Additionen an die Carbonylgruppe von Aldehyden
und Ketonen
C
O
δ+ δ–
C O
C O
μ ~ 9 x 10–30 Cm
Die Additionen von HX an die Carbonylgruppe verlaufen entweder über einen
primären Angriff eines Elektrophils oder eines Nucleophils
H+
:X–
:X–
H+
R
C O
R'
Anders als bei CC-Doppelbindungen ist bei CO-Doppelbindungen die π-Bindungsenergie größer als die σ-Bindungsenergie. Daher liegt das Gleichgewicht der
Additionen von HX an die Carbonylgruppe häufig auf der Seite der Reaktanten.
7.4 Bildung von Hydraten durch Wasseraddition
Zusammenhang zwischen Struktur und Hydratisierungsgleichgewicht
R
H
C O
+
O
R'
H
O
Cl3C
K
C
O
O
H
% Hydrat in H2O 100%
H
C
H
99%
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H3C
C
O
H
58%
H 3C
C
CH3
< 1%
153
Trichloracetaldehyd (Chloral) bildet ein stabiles Hydrat, Formaldehyd liegt in wässriger Lösung überwiegend als Hydrat vor (Formalin) während Ketone kaum hydratisiert werden.
O
+
R
H2O
7.5 Reaktion mit Alkoholen: Halbacetale und Acetale
Die Bildung von Halbacetalen ist wie die Hydratisierung reversibel und wird durch
Säuren oder Basen katalysiert.
R
R'
+
C O
H
O
K
H
Halbacetal
(Hemiacetal)
Die Gleichgewichtskonstanten der Halbacetal-Bildung aus Carbonylverbindungen
und Alkoholen hängen in ähnlicher Weise von der Struktur der Carbonylverbindungen ab wie die Hydratisierungsgleichgewichte.
Befinden sich Aldehyd- und Hydroxylgruppe im selben Molekül, kommt es zur
Bildung cyclischer Halbacetale, wenn dabei ein 5- oder 6-Ring entsteht.
H2
C
H2C
H2C
O
H
C O
H
Halbacetale stehen immer im Gleichgewicht mit den Edukten, so dass sie die
typischen Carbonylreaktionen zeigen.
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Die Bildung cyclischer Halbacetale spielt in der Kohlenhydrat-Chemie eine wichtige
Rolle:
H
O
C
H
OH
HO
H
H
OH
H
OH
O
OH
OH
HO
= HO
H
HO
=
HO
HO
HO
O
OH
OH
OH
OH
OH
O
OH
CH2OH
D-Glucose
(Traubenzucker)
H
H
C
O
OH
OH
H
OH =
H
OH
OH
H
OH
CH2OH
HO
O
OH
O
=
OH
HO
O
HO
OH
HO
OH
OH
D-Ribose
Unter Säurekatalyse entstehen in Gegenwart überschüssigen Alkohols Vollacetale.
In Abwesenheit von Säure können Halbacetale jedoch nicht zu Vollacetalen
weiterreagieren.
OR'
R
C
H
H+
Halbacetal
OR'
R
C
H
C
H
O H
OR'
R
+
H
– H2O
O
H
H
– H+
R
C + OR'
R'OH
OR'
Acetal
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OH
Bruttogleichung
R
C O
[H+]
+ 2 R'OH
H
Alkohol
+ H2O
C
H
Aldehyd
OR'
R
OR'
Acetal
(Vollacetal)
Acetale sind gegenüber Basen (Nucleophilen) inert (warum?) lassen sich aber durch
Säuren leicht spalten. Acetale eignen sich daher als Schutzgruppen. für die
Carbonylgruppe. Insbesondere die aus 1,2-Diolen gebildeten cyclischen Acetale
finden hierbei Verwendung (warum?).
H2
C
HO
CH2
O
HO
C
H
R
[H+]
+ H2O
Cyclisches Acetal
Beispiele für den Einsatz von Acetal-Schutzgruppen:
H
Bu
C
C: –
Li+
+
I
CH2 CH2 C
O
S N2
Bu
C
C
O
H+, H2O
4-Noninal
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Die Bildung cyclischer Acetale aus 1,2- und 1,3-Diolen ist aus Entropie-Gründen
besonders günstig. Cyclische 1,2-Diole mit Ringgröße ≤ 6 bilden solche Acetale nur,
wenn die beiden OH-Gruppen cis-ständig sind.
OH OH
OH
O
O
H
HO
+
OH
OH
H3C
O
C
H2SO4
H
H
O
CH3
O
H + 2 H2O
O
H
α-D-Galactose
O
1,2:3,4-Di-O-isopropylidenα-D-galactopyranosid
OH
CHO
H
OH
H
OH
H
HO
O
OBn
HCl
OH
CH2 OH
HO
O
HO
+
OH
OH
kinetisches Produkt
OH
OBn
thermodynamisches Produkt
7.6 Thioacetale aus Carbonylgruppen und Thiolen
Für die Bildung von Thioacetalen aus Carbonylverbindungen und Thiolen
verwendet man Lewis-Säuren (BF3, ZnCl2) anstelle von Protonen-Säuren wie bei der
Acetal-Bildung. Ihre Spaltung gelingt ebenfalls nicht mit Brønsted-Säuren, sondern
kann beispielsweise mit HgCl2 durchgeführt werden.
O
R C
+ 2 R'SH
H
Aldehyd
H
SR'
+ H2O
oder [ZnCl2]
Thiol
SR'
R C
[BF3]
Thioacetal
HgCl2
H2O
Alternative Hydrolyse von Dithioacetalen: Erwärmen mit Methyliodid in Aceton, das
geringe Mengen Wasser enthält.
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Corey-Seebach-Reaktion: Umpolung der Carbonyl-Reaktivität
H
R
C
O
HS
+
[BF3]
BuLi
R'CH2Br
SH
Hydrolyse
wie oben
RaneyNickel
7.7 Bisulfit-Addukte aus Aldehyden und Natriumhydrogensulfit
Versuch:
Herstellung des Bisulfit-Addukts aus Benzaldehyd
·· : – +
:O
Na
O
Ph
C
+
H
.. S
O
OH
Natriumsalze der α-Hydroxysulfonsäuren
Die Bisulfitaddukte sind wasserlöslich und können daher zur Reinigung von
Aldehyden verwendet werden. Sie zerfallen beim Erwärmen in verdünnter Säure
oder Lauge, so dass die Aldehyde regeneriert werden.
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7.8 Nucleophile Addition von Ammoniak und Aminen
H
.
R N.
R'
+
C
R''
O
H
Halbaminal
H+
– H2O
– H+
H R'
R N C
R''
O H
H
Iminium-Ion
Aminocarbenium-Ion
Imin
Schiffsche Base
Azomethin
Der vorstehend beschriebene Bildungsmechanismus eines Imins ist eine
Plausibilitätsbetrachtung, wobei die Reihenfolge der Protonenübertragungen von
den Reaktionsbedingungen abhängt.
R'
N C
R''
R
Oxim
Imin
H
H
H O N
R N
H
H
Hydroxylamin
primäres
Amin
R'
O C
R''
O
H2N
C
H
H
H
N N
N N
H
Semicarbazid
Semicarbazon
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H
H
Phenylhydrazin
Phenylhydrazon
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Nitron-Bildung
R
··
N H + O C
R'
R"
HO
Nitron
Reaktion von Ammoniak mit Formaldehyd
Das aus Ammoniak und Formaldehyd gebildete Methanimin (H2C=NH)
(Mechanismus wie bei primären Aminen) ist nicht stabil, sondern reagiert weiter
unter Bildung von Urotropin (Name wegen seiner Verwendung als HarnwegDesinfiziens).
Urotropin enthält vier Triazacyclohexan-Sessel und besitzt dieselbe Struktur wie
Adamantan, das als Ausschnitt aus dem Diamant-Gitter angesehen werden kann.
H
C
H
– H2O
H
O
..
H N H
H
H
C
H
H
3x
NH3
N
3 HCHO
N
H
Methanimin
N
N
H
1,3,5-Triazacyclohexan
N
N
N
N
Urotropin
Hexamethylentetramin
Adamantan
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Bildung von Enaminen aus Aldehyden oder Ketonen und sekundären Aminen
H
H
R
N..
+
R'
C
O C
R''
R
H+
H
analog der
Reaktion von
primären Aminen
R
H
R'
C
N C
R
R''
H
R'
H
R
C
N C
R
Iminium-Ion
Aminocarbenium-Ion
H
R''
– H+
Enamin
Enamine enthalten eine elektronenreiche CC-Doppelbindung, die leicht von
Elektrophilen angegriffen werden kann. Wichtiges Prinzip biochemischer
Mechanismen!
Reduktive Aminierungen
nutzen die Tatsache, dass schwache Hydrid-Überträger, wie NaBH3CN, mit
Iminium-Ionen, nicht aber mit Carbonylverbindungen reagieren.
O
+ Na+
H
H B– CN
H
H3C + CH3
N
+ Na+
H
H B– CN
H
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161
Iminium-Ionen werden hierbei i. A. in situ erzeugt, wenn eine Carbonylverbindung
mit Ammoniak oder einem Amin und Natriumcyanoborhydrid gemischt wird.
NH3
O
Ph
NaBH3CN
pH 6
CH3
Mechanismus:
Ph
CH3
H
H B– CN
O
Ph
H2N H
NH3
H
pH 6
CH3
Als Hydriddonor kann auch das Formiat-Ion dienen: Bei der Leuckart-WallachReaktion werden Carbonylverbindungen mit Aminen und Ameisensäure (im
einfachsten Fall Ammoniumformiat) erhitzt.
O–
H C
O
R'
R
O
+ NH4+
Auf diese Weise gelingt die Monomethylierung sekundärer Amine.
+ HCHO + HCO2H
Ph
100 °C
N
H
Mannich-Reaktion: Die aus sekundären Aminen und Carbonylverbindungen
entstehenden Iminiumionen können beispielsweise an elektronenreichen Arenen
angreifen. Andere Varianten der Mannich-Reaktion folgen in Kapitel 9.
N(CH3)2
+ HCHO + HN(CH3)2
N
H
N
H
Gramin
(Indol-Alkaloid, das in zahlreichen Pflanzen vorkommt)
Mechanismus: Elektrophile aromatische Substitution (Aminoalkylierung)
N
H
CH3
+ H2C N +
CH3
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„Iminium-katalysierte“ Diels-Alder-Reaktionen (MacMillan, 2000)
Da α,β-ungesättigte Iminiumionen viel stärkere Dienophile sind als die
entsprechenden Carbonylverbindungen, können chirale sekundäre Amine die
enantioselektive Bildung von Diels-Alder-Addukten aus prochiralen Reaktanten
katalysieren.
O
N
Ph
+
als Dienophil fungiert
CH3
+
CH3
N
H H Cl–
O
H
CH3
(5 mol-%)
O
N
CHO
Ph
CH3
+
N
82 %
94 % ee
H
CH3
CH3
Cl–
Heterocyclen-Synthese
Umsetzungen von Dicarbonylverbindungen mit Aminen sind für die Herstellung von
N-Heterocyclen sehr wichtig. So sind z. B. viele substituierte Pyrazole, Pyrrole und
Oxazole sehr leicht zugänglich.
•
α-Diketone
H2N
O
+
H2N
O
2,3-Dimethyl-chinoxalin
•
β-Diketone
NH
H2N–NH2
N
O
3,5-Dimethyl-pyrazol
O
H2N–OH
N
O
3,5-Dimethyl-isoxazol
•
γ-Diketone und analoge Verbindungen
NH3
N O
O O
H
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N
H
2,5-Dimethyl-pyrrol
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