Bizau Goßgaglar - Goßboppolar Beide Namen klingen abwertender, als sie früher gemeint gewesen sind. Da die Viehzucht in den Dörfern des hinteren Bregenzerwaldes einst noch nicht auf besonders hohem Stand war, hielt man entsprechend viel Kleinvieh, vor allem Schafe und Ziegen: letztere besonders wegen ihrer Milch - eine Kuh wurde drei Ziegen gleichgesetzt - und wegen der feinen Felle. Da Ziegen auch im Futter nicht allzu anspruchsvoll waren, begnügten sie sich im Winter oft mit Laubbüscheln, die gesammelt und getrocknet worden waren. Hier in Bizau, und anderswo natürlich auch, wurden die meckernden Tiere dann stets in der Früh schon ab 7 Uhr vom »Goßar«, dem Ziegenhirten, aus dem Dorf getrieben. Da ertönte regelmäßig lautes »Tü tüü« vom Unterdorf her. »Dor Goßar kunnt!«, schallte es von Haus zu Haus, der ließ nämlich bei seinem Gang durchs Dorf regelmäßig etliche Hornstöße ertönen, und jeder Bauer wusste, dass seine Tiere bereit stehen mussten, wenn »‘s Bubbo« zu hören war. Ma hört min Hoan i jedom Hus und laut am Morgo d‘ Goßa-n us. I trib s‘ dinn i-e: »Hüo und ho!« bis heondorn Wauld und beo sa froh ... So heißt es im »Goßar-Leod» von Klara Schwendinger. Voran schritt stolz die Leitgeiß, sie blickte weder nach links noch nach rechts und behauptete ihre Stellung. Kolleginnen, die sie von ihrem Posten verdrängen wollten, mussten mit ordentlichen Knüffen rechnen. Ihr folgte der lange Zug der Tiere, etwa 200 an der Zahl, und am Schluss kam der Geißhirt. Er hatte sein Horn um den Hals gehängt und knallte vergnügt mit der Peitsche. In einem Rucksack trug er den »Znüner« mit sich. Bei unsicherem Wetter hatte er auch einen großen Regenschirm unter den Arm geklemmt. Am Abend wurden die Tiere mit ihren prallen Eutern verlässlich wieder heimgebracht, und im erwähnten Lied heißt es vom Einzug ins Dorf: As scheallolot und louft und springt dor ’s Döafle usse, daß as klingt. Dann öffneten sich der Reihe nach die Stalltüren und die Heimkehrerinnen fanden zielsicher ihr gewohntes Dach über dem Kopf. Dass die Tiere entsprechende Spuren zurückließen, war zu erwarten, und das Bild, dass sich dann bot, war zwar sicher allen längst vertraut, doch beim Benützen der Dorfstraße dürfte doch einige Vorsicht geboten gewesen sein. Ob der so genannte »hohe Gang«, welcher der örtlichen Weiblichkeit gern nachgesagt wurde, auf solche Vorsichtsmaßnahmen zurückzuführen war? Die lieben Nachbarn erklärten es sich jedenfalls gerne so. Besonders in alten Zeiten, als die Anzahl der Tiere oft an die 300 herankam, dürfte da schon einiges an »Hinterlassenschaft« zusammengekommen sein, und dass Ortsfremde beim Anblick ihrer Menge erstaunt sein mochten, ist gut denkbar. Seit nunmehr gut dreißig Jahren ist das Trappeln und Kleppern der aus- und heimziehenden Herde verstummt, und auch vom Tuten des »Goßars«, dem »Bubbo«, ist nichts mehr zu hören. Ein bisschen klingt dieses Wort ja auch nach Buben, worunter natürlich die heiratsfähigen Burschen zu verstehen sind. Tatsächlich meinte man, wenn man von einer Dorfschönen sagte »dio hat ‘s Bubbo überhört«, sie habe die besten Jahre zum Heiraten vorbeigehen lassen. Ob der Andelsbucher Josef Feldkircher auch ein wenig daran gedacht hat, wenn er sein Gedicht »‘s Bockhuon« mit folgender Strophe beginnen lässt? Du Summor hört-ma Goßar dudo, um Winnat hat-ma d‘ Goß im Stal, und d‘ Hexa seand uf Wiotorstudo, di böso Wibor seand im Tal.