Professur für Waldbau und Professur für Forstschutz & Dendrologie, ETH Zürich 1995 Tilia cordata Mill. 1.3 Fortpflanzung syn.: Tilia parvifolia Ehrh. ex Hoffm. Beginn der Blüte im Freistand mit etwa 20-30 Jahren. Wegen Keimhemmung liegen die Früchte oft über (Ursache: geringe Wasserdurchlässigkeit der Samenschale, Behinderung des Wachstums der Keimwurzel durch knorpeliges Endospermgewebe); deshalb soll das Saatgut unmittelbar nach der Ernte bis zur Aussaat stratifiziert werden. Unter kühl-trockenen Bedingungen sind die Früchte bis 5 Jahre lagerfähig. Familie: Tiliaceae Tausendkorngewicht (TKG): 20-40 g. dtsch.: franz.: ital.: engl.: Winterlinde tilleul à petites feuilles tiglio riccio (selvatico) small-leaved lime (basswood, linden) 1.4 Wachstum In den ersten Jahren langsam, später schneller. Linden können sehr alt werden (bis 1000 Jahre) und dabei beachtliche Dimensionen erreichen. 1. Artbeschreibung 1.1 Morphologie 2. Verbreitung Gestalt: Grosser, bis 40 m hoher Baum mit gleichmässig aufgebauter, dicht verzweigter und dicht belaubter, im Freistand kuppelförmiger Krone. 2.1 Horizontalverbreitung Rinde: Lange Zeit glatt und dünn; Borke graubraun bis schwarzgrau, längsrissig. Europäische Pflanze (siehe Arealkarte). Triebe: Hin und her gebogen, kahl (höchstens anfangs zerstreut behaart). Knospen eiförmig, mit 2-3 rotbraunen bis olivgrünen Schuppen. Blätter zweizeilig angeordnet, langgestielt; Spreite ± herzförmig, 3-10 cm lang (im Mittel kleiner als bei T. platyphyllos), oberseits kahl, unterseits graugrün, in den Nervenwinkeln bräunlich behaart ("Achselbärte", bei jungen Blättern sind diese weiss), Stiel kahl. Vorrat nach LFI: 0,2% des gesamtschweizerischen Holzvorrates. Blüten: Zu 4-11 in hängenden Ständen in den Achseln von Laubblättern; jeder Blütenstand mit einem zungenförmigen, häutigen Hochblatt, das ± bis zur Hälfte mit dem langen Stiel des Blütenstandes (aber nicht bis ganz zu dessen Basis) verwachsen ist; Einzelblüte meist zwittrig, strahlig, mit freiblättriger, doppelter, 5-zähliger, gelblich weisser Hülle, intensiv duftend. Entomogam (Blüten sondern reichlich Nektar ab). 2.2 Vertikalverbreitung Die Hauptverbreitung der Winterlinde liegt in der kollinen und submontanen Stufe. Sie steigt bis 1500 m ü.M. Die Grenze für ihre Verwendung im Qualitätswaldbau liegt bei etwa 1000 m ü.M. Früchte: Kugelige oder eiförmige Nüsse, etwa 5-8 mm gross (kleiner als bei T. platyphyllos), dünnschalig (zwischen den Fingern zerdrückbar!), nur undeutlich kantig. Der Fruchtstand fällt als Ganzes ab, wobei das trockenhäutige Hochblatt als Flugorgan dient. Windverbreitung. Wurzel: Anfangs Pfahlwurzel, später tiefreichendes Herzwurzelsystem. 1.2 Phänologie Linden blühen im frühen oder mittleren Sommer (Juni/Juli) als letzte der einheimischen Baumarten, wobei T. cordata in der Regel 1-3 Wochen nach T. platyphyllos blüht. Die Früchte reifen im September, bleiben aber oft noch längere Zeit danach am Baum (Wintersteher). 220 221 Gesellschaftsanschluss: Meist dominierend: 25 Stellenweise dominierend: 4w, 9, 36, 40 Beigemischt: 3, 6, 7, 8, 10, 12,-14, 17, 29, 33-35, 37, 42 3. Standortsansprüche 3.1 Physiologische und ökologische Amplitude, Grenzen a) Physiologisches Ökogramm (ohne Konkurrenzeinfluss) c) Limitierende Faktoren, Grenzen für Vorkommen, Verbreitung: Die wärmebedürftige Winterlinde erträgt Trockenheit gut, und wird erst von der Flaumeiche, begleitet von der Sommerlinde, abgelöst. dürr Physiologisches Optimum Physiologische Amplitude frisch Grenze waldfähiger Standorte Vorkommensgrenze der Buche Winterlinde nass sehr sauer mässig sauer basisch für waldbauliche Arbeit: Die Winterlinde ist auf fast allen wärmeren Standorten anbauwürdig, sowohl im Haupt- als auch im Nebenbestand. d) Ökologische Kurzbeschreibung Die Winterlinde ist bodenvag, wärmebedürftig, trockenresistent, schattenertragend, unempfindlich gegen Seitendruck und konkurrenzschwach. 3.2 Detaillierte Standortsansprüche a) Klimacharakter b) Soziologisch-ökologisches Ökogramm und Gesellschaftsanschluss Die Winterlinde ist eine Baumart der kollinen bis montanen Stufe, welche sowohl ozeanisch wie auch kontinental geprägte Gebiete Mitteleuropas besiedelt. Sie ist deutlich kontinentaler als die Sommerlinde. b) Schattentoleranz/Lichtcharakter dürr in der frühen Jugend: Schattenbaumart. Optimum der Buche Herrschaftsbereich der Baumart (ökologisches Optimum) frisch Ökologische Nische ab Dickungsstufe: Schattenbaumart. Kaum seitendruckempfindlich. Wächst bei hohem Lichtgenuss in der Jugend buschförmig. c) Wärme Grenze waldfähiger Standorte Winterlinde nass sehr sauer mässig sauer Gesamtwärme: Wärmebedürftig. Winterkälte: Mässig empfindlich. basisch d) Boden Herrschend wird die Winterlinde nur auf trockenen bis frischen Schutt- und Schotterböden, wo die Buche ausfällt. Die Winterlinde ist eine Charakterart des Carpinion. 222 Geologisches Substrat: Indifferent; kommt auf sauren und auf kalkreichen Böden vor. Wasserhaushalt: Nicht anspruchsvoll; erträgt Wechseltrockenkeit (Vorkommen im TaxoFagetum). 223 Nährstoffversorgung: Mittlere Ansprüche. Bodenstruktur, physikalische Eigenschaften: Spezialist auf noch nicht stabilisierten (Fein)Schutthalden. Erträgt auch tonreiche, schwere Böden (Gley). 4. Gefährdungen 4.1 Abiotische Gefährdungen a) Verhalten unter Stresseinwirkung Wasserstress/Trockenheit: Wenig empfindlich. Überschwemmung: Mässig resistent. Erträgt bis 2 Monate sommerliche Überschwemmung. Vernässung: Wächst noch auf Gleyböden. Wechselhafter Wasserhaushalt: Erträgt Wechseltrockenheit. Fröste: Spätfrost: Mässig empfindlich (weniger als Sommerlinde, die 1-2 Wochen vorher treibt). Frühfrost: Unempfindlich (nirgends erwähnt). Frostrisse: Mässig empfindlich. b) Standfestigkeit Wind: Sturmfest. Schnee, Schneebruch: Belaubt sehr gefährdet, unbelaubt wenig gefährdet. c) Weitere abiotische Gefährdungen Keine. 4.2 Biotische Gefährdungen Pilze: Nectria cinnabarina (Rotpustelkrankheit, nach Pflanzung), Verticillium-Welke, Ustulina deusta (Brandiger Krustenpilz, Fäule), verschiedene Blattparasiten (meist ohne grössere Bedeutung). Wildverbiss. Verantwortlich für den Inhalt: Professur Waldbau: Kap. 2.2, 3, 4.1 Professur Forstschutz & Dendr.: Kap. 1, 2.1, 4.2 224 225