Herr Kinkel, wer ist eigentlich ihr Lieblingsmusiker?

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Martin Hufner
Herr Kinkel, wer ist eigentlich ihr Lieblingsmusiker?
http://www.kritische-masse.de/masse/nmz/ku-parteien-im-internet.shtml
Der Autor vergleicht und kritisiert die Kulturpolitik von Parteien im Internet. Dabei
wird deutlich, dass die betreffenden Seiten der Parteien trotz gradueller
Unterschiede insgesamt wenig ergiebig sind und – wie es der Autor formuliert –
auf „eine Nullnummer“ hinauslaufen. Einen Grund für die „kulturpolitische
Ignoranz“ sieht er darin, dass der Kultur im politischen Bereich eine bloß
zeremonielle bzw. repräsentative Bedeutung zugesprochen wird.
Kulturpolitik der Parteien im Internet
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Der Text ist beschränkt auf den Themenbereich Kulturpolitik; nur eingeschränkt
informativ
Aufgabe:
1. Warum gelangt der Autor zu der Auffassung, die Kulturpolitik von Parteien im Internet sei eine
„Nullnummer“?
Herr Kinkel, wer ist eigentlich ihr Lieblingsmusiker?
© 1999 by Martin Hufner (EMail)
Kulturpolitik von Parteien im Internet, eine Nullnummer · Von Martin Hufner
Die Wahlen zum Europaparlament haben es wieder deutlich gemacht. Das Interesse an einer
europäischen Gemeinschaft ist nicht besonders ausgebildet. Ein Wahlkampf fand nicht statt.
Überhaupt läßt sich von der Politik der letzten 20 Jahre sagen, daß die Abkapselung des politischen
Verständnisses der Parteien gegenüber der Politik des Alltags sich verschärft hat. Vor Jahren hat man
dafür den Begriff der Politikverdrossenheit eingeführt und meistens den Schuldigen auf Seiten des
gemeinen Volkes ausgemacht. Momentan tut die Regierung ja alles mögliche, um wenigstens eine
aktivierende Politikverdrossenheit herbeizuführen.
Im Prinzip steht den Parteien der Weg offen, Kernpunkte ihrer Politik im Internet öffentlich
auszustellen. Da redet einem keiner rein wie bei Talkshows, da muß man nicht populistisch auftreten,
sondern kann auch komplexe Vorgänge in der nötigen Tiefe ausloten. Allerdings: Von Seiten der
politischen Parteien nutzt momentan kaum eine die Möglichkeit der Kommunikation, die sich mit den
neuen Technologien des Internets ergeben hat. Untersucht man einmal die Internetseiten der großen
Parteien auf ihren Gehalt zu Fragen der Kulturpolitik, so muß man sich enttäuscht von noch so kleinen
Erwartungen sehen.
CDU
Auf der Internetsite der CDU findet man gar nichts außer einem populistischen E-mail-Formular zum
Thema „630-Mark-Jobs“. Dort kann man sein Kreuzchen machen und damit kundtun, daß man mit
dem Gesetz der Regierung nicht einverstanden ist. Erst in einem zweiten Schritt gelangt man auf eine
Seite, wo Begründungen für diese CDU-Initiative angegeben werden. Das ist eben das
Politikverständnis einer Volkspartei, die das Volk nur zur undifferenzierten Stimmabgabe auffordert –
anstatt dafür zu sorgen, daß das Volk seine Stimme erhebt. Die kann es zwar moderiert erheben auf
der Seite „Mitten im Leben“, worauf man sich den Reim nicht verkneifen kann, „voll daneben.“ So
erkennt man wenigstens Ansätze zu einer politischen Kulturnutzung des Internets. In der Abteilung
Politik A-Z fehlt der Terminus Kulturpolitik. Das alles ist umso trauriger, als die CDU durchaus
kompetente Kulturpolitiker in ihren Reihen hat, denen auf diese Weise das Forum verweigert wird.
Wechselt man in den Fraktionsraum der CDU sieht die Sache etwas besser aus. Dort sind Anfragen
und Kommentare dokumentiert (Mahnmal-Frage, Buchpreisbindung et cetera).
F.D.P.
Von Seiten der F.D.P. ist ja ohnehin nichts mehr zu erwarten, das zeigt sich auch auf ihrer Website,
deren Inhalte momentan eher als Versuch einer Selbstfindung anmuten. So ist man zu sehr mit sich
selbst beschäftigt, als daß man sich um auch nur irgendwas, und sei es Kulturpolitk, kümmern könnte.
Nichtssagend sind die Suchresultate bei der F.D.P. (Suchwort „Musik“): nicht nur, daß die
Ergebnisliste keine Rückschlüsse auf zu erwartende Texte zuläßt (entweder steht dort „kein Titel“ oder
„Liberale Depesche“), sondern „Musik“ taucht dann auch nur auf den persönlichen Fragebögen zum
Lieb-lingsmusiker(in) auf: Da weiß man immerhin, daß Herr Kinkel Mozart favorisiert. Man könnte
eventuell eine soziologische Auswertung dieser Fragebögen in Betracht ziehen, vielleicht ergäbe sich
daraus etwas Gescheites. Im Programm der Schleswig-Holsteinischen F.D.P. steht: „Die F.D.P. will
die Rahmenbedingungen für privates Sponsoring von Kulturveranstaltungen verbessern (zum Beispiel
Bereitstellen von Werbeflächen).“ Bei den „Jungen Liberalen“ findet sich ein Bericht über ein Treffen
aus dem Jahr 1996 zur Frage „Pop und Politik“, das jedoch nicht ganz so ernsthaft verlief. Zitat: „Enge
private Beziehungen wurden von beiden PGs als wichtiges Element der Mitgliederakquisition genannt.
Eine Tatsache, die Jutta zur Ermahnung Anlaß gab, Politik nicht gänzlich auf den Fun-Charakter zu
reduzieren. Schließlich ginge es auch noch um Inhalte.“
Bündnis 90/Die Grünen
Traditionell haben Bündnis 90/Die Grünen kaum einen Fuß in der Tür der Kulturpolitik. Das liegt
vielleicht auch daran, daß sie sich lange Zeit selbst als ein Stück Kulturpolitik verstanden haben. Und
die vielleicht politisch engagierteste Parteienstiftung, die Heinrich-Böll-Stiftung, tritt kaum in
Erscheinung. Man muß schon lange suchen und auf den Server des Deutschen Bundestages
wechseln. Dort findet man dann einen „Entwurf eines Gesetzes zur Förderung des Stiftungswesens
(StiftFördG)“. Das ist aber auch schon alles. Im übrigen lassen die öffentlichen Kommentare von Frau
Vollmer zur Kunstausstattung des Deutschen Bundestages im Gebäude des Reichstages, keinen
Anlaß für die Hoffnung, daß bei den Grünen eine qualifizierte kulturpolitische Debatte jemals einsetzen
wird – aber im Ernst, man hat die Grünen wohl noch nie aus kulturpolitischen Erwägungen gewählt.
SPD
Die SPD hat eine Suchmaschine integriert. Begibt man sich mit ihrer Hilfe auf die Suche nach dem
Schlagwort „Musik“, so erscheinen als Ergebnisse nur die Musikbegleitungen zu Parteitagen. Bei dem
Stichwort „Kulturpolitik“ tauchen immerhin Texte zur Buchpreisbindung auf, die teilweise aber aus dem
Jahr 1997 stammen. Tiefschürfendes ist nicht zu finden. Damit zeigen die beiden großen sogenannten
Volksparteien, daß solche Fragen wohl nicht diskutiert, vorgestellt oder dargelegt werden sollen.
Vielleicht haben sie zuviel Michael Naumann gelesen, wenn er von dem Begriff der Kultur sagt: „Kultur
ist niemals das Kraftzentrum sogenannter nationaler Normalität. Vielmehr ist sie der Name für alle
Formen von Zweifel, von kritischer Überwindung des jeweils Normalen, der Name für geistige
Innovation, für satirisches Gelächter, für Phantasie, für intellektuelle Herausforderung...“ Ein weiterer
Aspekt fällt auf: Denn bei Jugendorganisationen der Parteien gibt es durchaus Ansätze zu einer
kulturpolitischen Auseinandersetzung.
PDS
Bei der PDS findet man einiges Programmatisches, Thesen und den weiter unten angesprochenen
Fragenkatalog des Deutschen Kulturrats. In den noch fragmentarischen „Thesen zur Kulturpolitik“
schreibt Edda Seifert: „Künste können und haben einen zentralen Beitrag dazu zu leisten, daß Bürger
souverän und aufgeklärt mit den öffentlichen Angelegenheiten umgehen.“ Das klingt allgemein, aber
immerhin vertritt man eine Position. Auch das Wahlprogramm wird als „Treffer“ angezeigt. Das
gesamte Angebot der PDS ist transparent und intuitiv erforschbar; auch auf den Seiten der
Bundestagsfraktion. Man könnte natürlich zynisch sein und sagen, daß, wer sich mit „Kulturpolitik“
befasse, wie eine sogenannte „Nachfolgeorganisation der SED“ aus der DDR, wie diese, dem
Untergang geweiht sei – Fragen der Kulturpolitik quasi als eine realsozialistische Dauerlüge.
Denker vs. Banker
Ein Grund für die kulturpolitische Ignoranz läßt sich ausmachen. Kultur ist wirtschaftspolitisch
meistens allenfalls ein Bleigewicht, welche bloß eine zeremonielle (Beethovens Dritte zum
Luftbrückengedächtnis) und repräsentative (Kunst am Bau – Reichstag) Bedeutung zugesprochen
wird. Das „Volk der Denker und Dichter“ hat sich umfassend zu einem „Volk der Banker und Richter“
gewandelt – Kulturpolitik habe sich selbst autonom und freiheitlich zu gestalten und das, bitte sehr,
möglichst ohne Gelder der öffentlichen Hand. Eine solche Sicht kratzt natürlich am Selbstverständnis
des Kulturbetriebes, denn wer möchte schon unter dem Titel einer „Staatskultur“ auftreten; aber das
ist ein anderes Thema.
Die „APO“
Somit bleibt der Internetauftritt zum Thema Kulturpolitik bei allen Parteien mit Ausnahme der PDS
eher dürftig. Das darf man umso enttäuschender ansehen, als gerade das Medium Internet die
Möglichkeit anbieten könnte, auch Randbereiche (und da sei mal Kulturpolitik eingeordnet) öffentlich
zur Darstellung zu bringen und zu diskutieren. Das Wort Öffentlichkeitsarbeit (im Internet) ist für die
meisten Parteien offensichtlich zu einem altertümlichen Terminus ohne Inhalt geworden – und das läßt
tief auf die politische Verfaßtheit und den Status der „Demokratie“ in der gegenwärtigen
Bundesrepublik blicken. Beziehungsweise: Tief kann man da nicht gucken.
Gäbe es nicht „Drittanbieter“, so wüßte man oft gar nichts zur kulturpolitischen Orientierung der
Parteien. Da gibt es die Initiativen des „Deutschen Kulturrats“ auf seinen Internetseiten. Man findet
dort einen kulturpolitischen Fragenkatalog zur Kulturpolitik im 21. Jahrhundert nebst Antworten der
Parteien. Was der Deutsche Kulturrat für die allgemeine Kulturpolitik, ist die neue musikzeitung für
musikpolitische Fragen – siehe nmz-Umfrage 9/1998 zu parteipolitischen Programmen hinsichtlich
Kulturpolitik und Jugendförderung.
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