Kundenorientierung im Dienstleistungs

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Kundenorientierung im Dienstleistungs- und
Informationszeitalter
...und die Brauwirtschaft?
Zum Vortrag von Univ.-Prof. Dr. Anton Meyer,
Institut für Marketing, Ludwig-Maximilians-Universität München
Was steckt hinter dem Schlagwort Kundenorientierung? Prof. Dr. Anton Meyer
beginnt
seinen
Vortrag
mit
einer
ersten
Antwort
auf
diese
Frage:
Kundenorientierung sei die Betrachtung eines Geschäftes aus der Sicht seines
Ergebnisses, also aus der Sicht des Kunden. Die Basis kundenorientierten
Handelns sei daher zu wissen, was die Kunden erwarten und die Fähigkeit, diese
Erwartungen erfüllen zu können.
Als große Herausforderung der Zukunft sieht Meyer die Auflösung der
Branchengrenzen. Kunden hätten heute eine große Wahlfreiheit, verhielten sich in
Folge dessen immer stärker multioptional und ergriffen selbst die Initiative.
Falsches oder unvollständiges Wissen über die Kunden und unzureichendes
Verständnis der Kunden macht der Marketing-Experte daher als Problem aus:
„Vielfach kennen wir weder den Grad der Zufriedenheit und Bindung unserer
Kunden, noch wissen wir, was diese erwarten. Deshalb können wir unsere Kunden
nicht entsprechend differenziert ansprechen, bedienen und betreuen.“
1
Kundenmonitor Deutschland
Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht hält Meyer Deutschland nicht für eine
Servicewüste.
Die
Kundenzufriedenheit
steige,
jedoch
lasse
die
Kundenbegeisterung noch zu wünschen übrig. Gerade begeisterte Kunden lohnen
sich jedoch laut Meyer besonders, denn sie

geben pro Einkauf mehr Geld aus,

kommen häufiger,

nutzen mehr Leistungen,

bleiben länger treu,

denken weniger über Wechsel nach,

haben weniger Zweitanbieter und

empfehlen aktiv weiter.
Jeder in der Wirtschaft müsse sich die Frage stellen, was begeisterte Kunden
erwarten, um loyal zu bleiben. Meyer zählt folgende Punkte auf:

geringer Zeitaufwand

geringere Ausgaben

geringere Mühen

Wissen, was er erwarten kann

Optimierung seiner Kundenzufriedenheit

Vorzugsbehandlung

freundschaftliche / familiäre Beziehung

höheres Vertrauen / geringeres Risiko
Loyalität
habe
nach
dieser
Aufzählung
kognitive,
emotionale
und
verhaltensbezogene Ausprägungen und Vorteile.
2
Einstellungs- und Verhaltenslücken
Als weitere Probleme sieht Meyer die fehlende Durchgängigkeit bei der
Kundenorientierung, eine geringe Vorbildfunktion und Unterbewertung des
Themas auf Seiten der Führungskräfte sowie eine mangelnde Unterstützung der
Mitarbeiter im Kundenkontakt. All dies führe zu latenter oder manifester
Kundenunzufriedenheit
und
oft
nur
geringer
Ausschöpfung
von
Kundenpotenzialen.
Im Weiteren erläutert Meyer den zweifachen Paradigmenwechsel des Begriffes
„Dienen“ in der Geschichte, der vom Universaldiener zum spezialisierten
Dienstleistungs-Anbieter geführt habe:

Dienen führt den Menschen von seiner eigentlichen Bestimmung weg (Antike)

Selbstfindung durch Dienen – Herrschaftsverhältnisse sind möglich

Vom Herrschaftsverhältnis zur Rechtsbeziehung und Professionalisierung
Als Begriff mit vielen Facetten sei Dienen in der Antike als umfassende
Grundhaltung des Gehorchens und als Sache der unteren Schichten zu verstehen.
Im Christen- und Judentum „wandelte es sich zum Dienen als Gottesdienst, als
soziales Engagement, als Prinzip der Führung und der Führer sowie als Weg zur
Selbstfindung. Heute dagegen herrsche ein ständiger Rollenwechsel zwischen
Dienen und Bedienen:

Dienstgeist gleich Demut (innere Einstellung)

Dienstverhältnis
ist
Arbeitsverhältnis:
Rechtsbeziehung
und
Professionalisierung

Klare Trennung von Ehrenamt und bezahltem Dienen

Entpersonalisierung und Emotionalisierung des Dienens

ständiger Rollenwechsel durch die Arbeitsteilung in Wirtschaft und
Gesellschaft
3
Einstellungen einstellen und Fachkenntnisse schulen
Nach der Problemanalyse zeigt Meyer Lösungswege auf, die er unter das Motto
„Einstellungen einstellen und Fachkenntnisse schulen“ stellt:

Kundenorientierung als Einstellungsmerkmal von Mitarbeitern

Aufnahme
der
Kundenorientierung
in
Stellenbeschreibungen,
bei
Beförderungen und bis hin zu Einkaufsentscheidungen

Aufwertung von „Gefühlsarbeit“ und kundenorientiertem Verhalten im Alltag

stärkere Ausrichtung aller Leistungsprozesse hinsichtlich Kundenorientierung
(interne, durchgängige [unternehmensübergreifende] Kundenorientierung)

permanente kunden- und qualitätsorientierte Information, Schulung, Training
und Anreizsysteme
Anschließend geht Meyer auf die große Bedeutung des „Leadership“ ein, das er
als „make or break issue“ bezeichnet. „Herausragende Kundenorientierung basiert
nicht auf einem guten Manager, sondern auf einem starken Leader, der großartige
Kundenorientierung vorlebt und ermöglicht“, so Meyer. Ein solcher Leader müsse
eine kundenorientierte Unternehmens-Vision entwickeln, Liebe zum Geschäft
beweisen, an die Fähigkeit anderer glauben und Integrität als normativen und
ethischen Kompass des Unternehmens begreifen.
Als
Abschluss
des
ersten
Teils
seines
Vortrags
qualifiziert
Meyer
Kundenorientierung als „Aufgabe und Prinzip für alle“ und präzisiert: „Daran
beteiligt sind sowohl der Vorstand und die Führungskräfte als auch die Mitarbeiter
im direkten Kundenkontakt.
Der multioptionale Kunde
Im zweiten Vortragsteil beschäftigt sich Meyer mit der Auflösung der
Branchengrenzen – und den Folgen für das Thema Kundenorientierung.
„Funktionales Benchmarking wird zum Erfolgsfaktor“ – so die Überzeugung
Meyers.
Dieser
branchenübergreifende
Vergleich
von
Produkten
und
4
Dienstleistungen werde zunehmend der Ausschlag gebende Faktor bei den
Entscheidungen der Kunden. Wichtig dabei sei es, die vielfältigen Rollen der
Kunden wahrzunehmen. Sie fungieren als:

Abnehmer,

Nutzer,

Co-Produzent,

Part-time marketer

Informationsgeber,

Part-time leader und

Partner
Globaler Wettbewerb und globale Information führen zu großer Wahlfreiheit des
Kunden, aber gleichzeitig „gewinnen Regionen und Heimat, also der Wunsch
nach Nähe, Orientierung, Verortung und individueller Betreuung durch die
Globalisierung an Bedeutung“. Für Meyer folgt daraus eine Widerstreit von
Homogenisierung und Heterogenisierung der Kundenbedürfnisse.
Der Kunde in der vernetzten Gesellschaft
Eine Herausforderung seien die neuen Medien. In einer vernetzten Gesellschaft
gebe es einen Transfer der Macht vom Produzierenden zum Konsumierenden. Das
Internet führt für Meyer zu einer Wissensparität zwischen Anbietern und
Nachfragern. Der Kunde könne heute gezielt und kostengünstig aktives
Beschaffungsmarketing betreiben und er habe stets die Auswahl zwischen vielen
Möglichkeiten. Dieser multioptionale Kunde treibe heute die Wertschöpfung – mit
den möglichen Folgen einer Auflösung der Markt- und Produktgrenzen sowie
einer Neu-Konfiguration der Wertschöpfungsketten und Produkte. Durch die
Wahlmöglichkeiten des Kunden „steigen Komplexität und Dynamik, denn der
multioptionale Kunden will zum einen Abwechslung, Neuheit, Spannung,
Auswahl, Anregung etc. und zum anderen Orientierung, Entspannung, Entlastung,
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Vereinfachung, individuelle Lösungen, etc.“ Meyer spricht im Zusammenhang mit
dem Überangebot an Waren, Dienstleistungen und Informationen vom
„multioptionalen, globalen Kunden im Stress“.
Lösungsweg Branding
Wie lassen sich die Ansprüche des Kunden branchenübergreifend bedienen? Für
Meyer zum einen durch Beziehungsmanagement, also „durch alle Maßnahmen,
die dem Kunden das Leben vereinfachen“. Und zum anderen durch Branding, also
die
Kommunikation
eines
Produktes
oder
einer
Dienstleistung
als
unverwechselbare Marke. „Starke Marken schaffen funktionalen und emotionalen
Mehrwert für alle Zielgruppen – starke Marken sind die wahren Stars.“ Weil
bereits vorhandene Aufmerksamkeit weitere Aufmerksamkeit anziehe, wirke die
Marke als „selbstverstärkendes System und als Entlastung von Unwichtigem“.
Marken sind laut Meyer

Markenzeichen,

assets ohne Verfalldatum,

ein Sicherheitsgurt,

ein Versprechen an Kunden,

ein Filter,

ein Pfand,

ein Netzwerk,

ein Netzwerk an Assoziationen,

prägnante Vorbilder,

Signale,

symbolische Selbstergänzung.
Auch Vereinfachungsstrategien listet Meyer unter die Lösungsstrategien in
Richtung mehr Kundenorientierung. Dazu gehören:
6

Reposition: Für jeden speziellen Bedarf eines Kunden wird eine spezielle
Leistung unter einem Markendach angeboten.

Repackage: Für einen gesamten Bedarfskomplex eines Kunden wird eine
Vielzahl von Leistungen unter einer Marke gebündelt angeboten.

Replace: Für einen gesamten Bedarfskomplex eines Kunden wird eine neue
Leistung als Ersatz für viele verschiedene Leistungen angeboten.

Replenish: Für den sich verändernden Bedarf eines Kunden wird eine laufend
optimierte Leistung aktiv angeboten bzw. der Kunde wird damit automatisch
versorgt.
Learning-Relationships
Eine Vielzahl an Wahlmöglichkeiten bringen auch Anstrengungen und Risiken
mit sich. Um Kunden davon zu entlasten, empfiehlt Meyer die Reduktion von
Komplexität und die Abkopplung der Kunden von Märkten und vom Wettbewerb.
Verschiedene Learning-Relationships dienen dazu, diese Ziele zu erreichen:

laufende Erfassung von Kundeninformationen und Kundenbedürfnisseen,

Entwicklung und kontinuierliche Pflege der Beziehung zwischen Anbieter und
Nachfrager

kontinuierliche Steigerung des Kundennutzens, z.B. durch „from ownership to
use“
Am Schluss des Vortrags zieht Meyer ein Fazit in Form von zwei Zitaten und
einer Aufforderung:
„Der eine wartet, dass die Zeit sich wandelt, der anderen packt die kräftig an und
handelt.“ (Alighieri Dante)
„Großartige Unternehmen konkurrieren über den Wert und nicht lediglich über
den Preis. Einer der größten Fehler vieler Manager ist der Irrglaube, dass Wert und
Preis für den Kunden das Gleiche bedeuten. Richtig ist: Der Preis ist zwar eine
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Komponente, ist ein Teil des Wertes, ist aber nicht identisch mit dem Wert.“
(Leonard L. Berry)
Betreiben Sie Offensives Marketing, bevor Ihre Kunden und Wettbewerber es
Ihnen vormachen.
Hinweis: Unter www.marketingworld.de finden sich detaillierte Informationen zur
Arbeit von Prof. Dr. Dr. Anton Meyer.
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