Thymian – Arzneipflanze des Jahres 2006 von Felix Iten, Inst. für Naturheilkunde des UniversitätsSpital Zürich Der Thymian (Thymus vulgaris), auch Echter Thymian, Gartenthymian, Gemeiner Thymian oder Römischer Thymian genannt, wurde vom Würzburger Studienkreis „Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde“ zur Arzneipflanze des Jahres 2006 erkoren. Der Thymian, jedermann bekannt als Küchengewürz, ist als Arzneipflanze eine nahezu unbekannte Grösse. Zu Unrecht, wie die Forschung der letzten Jahrzehnte, die sich mit dem Thymian beschäftigte, zeigt. Denn dank dem wachsenden Interesse an Aromatherapie, der Suche nach natürlichen Konservierungsstoffen in der Lebensmitteltechnologie und der hochaktuellen Problematik der Antibiotikaresistenz stehen ätherischölhaltige Pflanzen vermehrt im Blickfeld der naturwissenschaftlichen Forschung. Die Forschung hat einige der traditionellen Anwendungen des Thymians bestätigt aber auch neue pharmakologische Eigenschaften ans Tageslicht gebracht. Mit der Wahl des Thymians trägt der Würzburger Studienkreis diesen neuen Erkenntnissen aus der noch jungen Thymianforschung Rechnung. Abb. 1: Der Echte Thymian (Thymus vulgaris) ist ein reich verzweigter aromatischer Zwergstrauch der mediterranen Strauchheide (Macchie). Der frostempfindliche Zwergstrauch muss in unseren Breiten im Frühjahr in der Regel von neuem gesät oder gesetzt werden. Thymol und Carvacrol, die beiden Hauptkomponenten des ätherischen Öls, zeichnen sich durch eine hohe antimikrobielle Wirksamkeit und ein breites Wirtsspektrum aus. Von klinischer Bedeutung ist besonders die Wirkung des Thymols gegen Keime, die die Schleimhaut des Respirationstraktes, die Mundschleimhaut und die Haut besiedeln. Man findet Thymol deshalb in viele Zahncremes, Mundwassern und pflanzlichen Arzneimitteln zur Behandlung von Bronchitis und Katarrhen des Respirationstraktes. Neuere tierexperimentelle Untersuchungen zeigen, dass Thymianöl die Wundheilung fördert und überschiessenden Entzündungsprozessen entgegenwirkt. Das lipophile Thymol schützte in Tierversuchen mehrfach ungesättigte Fettsäuren sehr effektiv vor Oxidation (Alterung). Das antioxidative Potenzial des Thymols ist vergleichbar mit demjenigen des alpha-Tocopherols, einem der wichtigsten endogenen Antioxidanzien. Die antimikrobiellen und antioxidativen Eigenschaften des Thymians haben inzwischen auch das Interesse der Nahrungsmittelchemiker geweckt, die auf der Suche nach natürlichen Konservierungsstoffen sind. Trotz des toxischen Potentials, das Thymol und Carvacrol als phenolische Verbindungen grundsätzlich aufweisen können, liegen keine zuverlässigen Berichte über gravierende Nebenwirkungen vor. Die ESCOP rät Schwangeren und Stillenden jedoch von der innerlichen Anwendung des ätherischen Öls vorsichtshalber ab. Die Zubereitung als Tee bei einer Tagesdosis von 10g gilt jedoch als unbedenklich. Auf weitere Ergebnisse aus der noch jungen Thymianforschung darf man gespannt sein. 1