Absberggasse 35-37 / Ankerbrotfabrik, Favoriten Die Anker

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Absberggasse 35-37 / Ankerbrotfabrik, Favoriten
Die Anker-Brotfabrik erstreckt sich entlang der Absberggasse in Favoriten. Sie wurde 1891
von den Brüdern Heinrich und Fritz Mendl gegründet. Die Fabrik konzentrierte sich zunächst
auf Schwarzbrot als Hauptprodukt. Durch eine rationelle und kostengünstige Produktion und
den Vertrieb über eigene Filialen wuchs das Unternehmen sehr rasch. Die Ankerbrotfabrik
hatte in Wien einen Marktanteil von bis zu 50% und galt als eine der größten Brotfabriken
Europas. Dementsprechend brisant war das Verhältnis des Unternehmens zur Stadt, zur
Öffentlichkeit und zur Politik. Schon die ersten Jahre waren von Auseinandersetzungen mit
Gewerkschaften geprägt. In den 1920er-Jahren machte die Fabrik unter anderem wegen eines
Preistreiberei-Prozesses von sich Reden, der zwar ergebnislos endete, aber von heftigen
antisemitischen Angriffen begleitet war. Im Jahr 1934 kam es im Zuge der Februarkämpfe zu
blutigen Auseinandersetzungen in der Fabrik, bei denen ein Schutzbündler starb. Auch nach
der Niederschlagung des Februaraufstandes blieb die Belegschaft in hohem Maße der
nunmehr illegalen Sozialdemokratie verbunden. Dem gegenüber setzten Mitglieder der
Eigentümerfamilie Mendl auf das Dollfuß/Schuschnigg-Regime, von dem sie sich Schutz vor
dem Nationalsozialismus erhoffte.
Nach dem „Anschluss" mussten die Mitglieder der Familie Mendl aus Österreich flüchten,
einige waren schon zuvor in die USA und nach Australien ausgewandert. Die
Nationalsozialisten begannen sofort mit der „Arisierung" des Unternehmens, stießen aber auf
Schwierigkeiten, nicht zuletzt deshalb weil es einem Teil der Familie gelungen war, große
Anteile kurz vor dem „Anschluss" an einen Treuhänder in der Schweiz zu verkaufen. Auch
die „Arisierung" der verbliebenen Anteile gelang nicht wie geplant, sondern zog sich über
Jahre hin. Formell sollte die Wiener Innung der Bäcker die Anteile übernehmen, diese
verfügte aber nicht über das notwendige Kapital. Anfang 1939 brach in der Fabrik ein Streik
aus, der von der Gestapo niedergeschlagen wurde. Auch in den folgenden Jahren gab es
immer wieder Widerstandsaktionen gegen das NS-Regime.
Vom September 1944 bis zum März 1945 waren der Ankerbrotfabrik ungarisch-jüdische
ZwangsarbeiterInnen aus dem Lager Strasshof zugeteilt.
Bild: Ansicht der Ankerbrotfabrik, vermutl. 1930er Jahre
Bischoffgasse 10, Meidling
Die Bischoffgasse 10 im zwölften Wiener Gemeindebezirk ist heute Sitz einer Volksschule.
Von Sommer 1944 bis zur Befreiung im April 1945 befand sich im Gebäude ein Wohnlager
(Lager K 12) für ungarisch-jüdische ZwangsarbeiterInnen, die unter anderem in Gewerbeund Industriebetrieben eingesetzt wurden. Das Lager stand unter der Verwaltung der
Gemeinde Wien; Lagerführer war der Stadtbeamte Franz Knoll. Die einzige erhalten
gebliebene Liste Wiener Lager für ungarisch-jüdische ZwangsarbeiterInnen – vermutlich aus
Sommer 1944 – gibt an, dass in der Bischoffgasse 585 Personen, darunter 206 Männer, 320
Frauen und 59 Kinder untergebracht waren.
Die Wohnverhältnisse im Lager Bischoffgasse beschreibt der ehemalige Insasse Sándor
Hargittai als erträglich: „In den Klassenräumen fanden wir dreistöckige Betten vor und
Familien konnten zusammen wohnen. (...) Unsere Habseligkeiten konnten unter den Betten
verstaut werden." Eine andere Insassin des Lagers, Schoschana Orbach, hob hervor, dass es in
der ehemaligen Schule sogar Toiletten und warmes Wasser zum Waschen gab. Trotz der
erträglichen Wohnbedingungen lebten zahlreiche Insassen in ständiger Furcht vor dem
Lagerleiter Franz Knoll, den sowohl Lagerinsassen als auch BewohnerInnen benachbarter
Häuser als äußerst grausam und brutal besonders alten bzw. nicht mehr arbeitsfähigen
Insassen gegenüber charakterisierten. Gegen Knoll wurde aufgrund seiner Brutalität im Jahr
1946 ein Volksgerichtsprozess geführt, der mit 18 Monaten Kerker – die er aber bereits durch
seine Untersuchungshaft abgesessen hatte – endete.
Im Jahr 2006 wurde auf Initiative des Institut für Jüdische Geschichte Österreich und der
Bezirksvorstehung Wien-Meidling eine Gedenktafel am Gebäude angebracht. Die
Bischoffgasse 10 findet sowohl in der Sekundärliteratur als auch in zahlreichen Quellen
Erwähnung.
Bild: Ansicht Gedenktafel, Bischoffgasse 10, Foto: VWI
Castellezgasse 35, Leopoldstadt
In der Castellezgasse 35 im zweiten Wiener Gemeindebezirk befindet sich heute das
Gymnasium und Realgymnasium der Israelitischen Kultusgemeinde Wien II.
Von 1917 bis 1935 war das Gebäude Sitz des Zwi Perez Chajes Gymnasiums, danach wurde
hier eine jüdische Volksschule untergebracht. Während der NS-Zeit wiesen die Machthaber
dem Objekt verschiedene Funktionen zu. 1939 wurde die Schule durch das NS-Regime
geschlossen. Zwei Jahre später wurde das mittlerweile arisierte Gebäude in ein Sammellager
für – zur Deportation bestimmte – Jüdinnen und Juden umfunktioniert. Ende 1942, als die
großen Deportationen abgeschlossen waren, übernahm die „Zentralstelle für jüdische
Auswanderung" das Objekt. Nach ihrer Auflösung im Frühjahr 1943 wurde die Castellezgasse
35 der Gestapo zugewiesen, die hier die Verwaltungsstelle für sogenannte „Mischlinge"
einrichtete, die bis Kriegsende unter dieser Adresse zu finden war.
In dem Gebäude befand sich ab Juli 1942 auch die Wiener Dienststelle des SEK, deren
vollständige Bezeichnung „Der Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD in Ungarn –
Sondereinsatzkommando – Außenkommando Wien" lautete. Leiter des Wiener Dienststelle
des SEK war der Stellvertreter Adolf Eichmanns in Budapest, Hermann Krumey; sein
Bevollmächtigter war Siegfried Seidl, der von 1941 bis 1943 Lagerkommandant im KZ
Theresienstadt und 1943 Lagerinspektor im KZ Bergen-Belsen war. Als Mitglied des 200köpfigen Eichmann-Kommandos war Seidl als SS-Hauptsturmführer in März 1944 in Ungarn
bei den Deportationen eingesetzt. Im Sommer, nach seiner Ankunft in Wien, war er für die
Kontrolle der Lager ungarisch-jüdischer ZwangsarbeiterInnen zuständig, legte Kriterien für
deren Haftbedingungen und medizinische Betreuung fest und beeinflusste somit die
Lebensbedingungen der Inhaftierten maßgeblich. Auf Seidls Geheiß hin wurden zahlreiche
alte und kranke Jüdinnen und Juden ins Krankenlager Laxenburg und in die
Vernichtungslager deportiert. Zuckerkranken Häftlingen hatte Seidl das lebenswichtige
Insulin verweigert, da es – so die Begründung – selbst der Wehrmacht nicht im benötigten
Ausmaß zur Verfügung stehen würde. Ein Volksgerichtsprozess der 1946 gegen Seidl geführt
wurde, endete mit dessen Verurteilung zum Tode; er wurde 1947 hingerichtet.
Die Gebäude gelangten nach 1945 wieder in den Besitz der früheren Eigner. Eine
Wiederaufnahme des Schulbetriebs (nur Volksschule) war jedoch erst 1980 möglich. Nach
verschiedenen baulichen und organisatorischen Veränderungen konnte 1992 die erste Matura
abgenommen werden. Ein im Jahre 2006 begonnener Neubau wurde 2008 der Nutzung
übergeben. Der Campus umfasst heute Kindergarten, Volksschule und Gymnasium.
Die Castellezgasse 35 findet sowohl in der Literatur als auch in zahlreichen Quellen
Erwähnung.
Bild: Ansicht Castellezgasse 35, Foto: VWI
Hackengasse 11, Rudolfsheim Fünfhaus
Das Gebäude Hackengasse 11 im fünfzehnten Wiener Gemeindebezirk existiert nicht mehr.
Es wurde vor einigen Jahren abgerissen und der ehemalige Standort ist heute Teil des nach
dem Jahr 2005 errichteten Wohnkomplexes Hackengasse 11-13. Von Juni 1944 bis April
1945 war das Gebäude Nummer 11 Sitz eines Wohnlagers (Lager 15) für ungarisch-jüdische
ZwangsarbeiterInnen.
Das Lager stand unter der Verwaltung der Gemeinde Wien. Zeugnisse von Überlebenden
geben darüber Auskunft, dass sie vom Leiter und vom Wachpersonal einigermaßen fair
behandelt worden waren: So sahen die Wachen trotz eines offiziellen Verbotes von
Hilfeleistungen für ZwangsarbeiterInnen beispielsweise darüber hinweg, wenn die
benachbarte Zivilbevölkerung die Insassen des Lager 15 mit Nahrungsmitteln versorgte. Die
einzige erhalten gebliebene Liste Wiener Lager für ungarisch-jüdische ZwangsarbeiterInnen vermutlich vom Sommer 1944 - gibt an, dass in der Hackengasse 450 Personen, darunter 126
Männer, 248 Frauen und 76 Kinder untergebracht waren. Anderen Quellen zufolge waren es
in Höchstzeiten sogar 600. Im Wohnlager 15 waren viele orthodoxe Familien untergebracht.
Mehrere Familien mussten sich ein Klassenzimmer, das mit dreistöckigen Betten ausgestattet
war, teilen und da Religion für viele Insassen eine zentrale Rolle spielte, wurden im Lager
täglich zwei Gottesdienste abgehalten.
Im Jahr 1995 wurde auf Initiative des Instituts für Jüdische Geschichte Österreich (INJOEST)
und des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands (DÖW) eine Gedenktafel
am Gebäude Hackengasse 11 angebracht. Stifter war der Museumsverein RudolfsheimFünfhaus. Im Jahr 2010 wurde festgestellt, dass die Tafel spurlos verschwunden war. Sie
konnte trotz Nachforschungen nicht ausgemacht werden. Ob die Gedenktafel vor bzw.
während des Gebäudeabrisses abhanden gekommen ist, konnte nicht mehr eruiert werden.
Die Hackengasse 11 findet sowohl in der Literatur als auch in zahlreichen Quellen
Erwähnung.
Bild: Ansicht Gedenktafel, Hackengasse 11, Foto: Forschungsstelle Nachkriegsjustiz
Hopfengasse 8, Floridsdorf
In der Hopfengasse 8 im 21. Wiener Gemeindebezirk befindet sich heute der Floridsdorfer
Athletiksport-Club und die Fitness- und Tennisanlage Freizeitpark 21. Von Juli 1944 bis
April 1945 war auf dem Gelände – unter der Anschrift Hopfengasse 22 – ein Außenlager des
KZ Mauthausen eingerichtet.
Als die Heinkelwerke in Wien Schwechat im April und Juni 1944 von alliierten
Flugverbänden bombardiert wurden, verlagerte Heinkel nach Floridsdorf. Die SS überstellte
deshalb im Juli 1944 1993 KZ-Häftlinge in die Hopfengasse. Neben dem heutigen
Fußballplatz untergebracht, mussten die KZ-Häftlings-ZwangsarbeiterInnen in den Kellern
der nahen Brauerei weiter für Heinkel täglich zwölf Stunden und mehr arbeiten. Hinzu kamen
katastrophale Unterkunftsbedingungen, kaum zu Essen und eigentlich keine medizinische
Versorgung. Während der kurzen Erholungsphasen waren die ZwangsarbeiterInnen den
Misshandlungen der SS, des Werkschutzes, der zivilen Beschäftigten und manchmal auch der
Mithäftlinge ausgesetzt. Waren die Kräfte der Insassen erschöpft, erfolgte der Rücktransport
ins Konzentrationslager Mauthausen.
Im August 1944 wurde das KZ in der Hopfengasse auf mehrere Standorte verteilt, blieb aber
auch in der Hopfengasse bestehen. In Floridsdorf ließen sich nun auch die AFA-Werke auf
Häftlingsbeschäftigung ein. Bereits im Oktober 1943 war die Verlagerung von Teilen des zum
Quandt-Konzern gehörenden Batterieherstellers in die Shuttleworthstraße beschlossen
worden. Ab Juli 1944 befand sich dort auf dem Betriebsgelände ebenfalls ein Außenlager
Mauthausens in dem zeitweise die Insassen aus der Hopfengasse untergebracht waren. Wann
die ersten Jüdinnen und Juden aus Ungarn in das Außenlager kamen und wer an welchem
Standort untergebracht war, ist bisher unbekannt. Nach derzeitigem Stand der Forschung
waren es mindestens 47 Personen, die größtenteils im November 1944 überstellt wurden.
Zuvor waren diese in Auschwitz, danach in Mauthausen in Haft gewesen. Im April 1945 trieb
die SS alle KZ-Häftlinge, die in Floridsdorf interniert waren, Richtung Mauthausen. 121 von
ihnen überlebten die Evakuierung nicht.
Die Hopfengasse 8 findet sowohl in der Literatur als auch in zahlreichen Quellen Erwähnung.
Bild: Ansicht Hopfengasse 8, Foto: VWI
Lobgrundstraße/Ecke Raffineriestraße, Donaustadt
In der Lobgrundstraße/Ecke Raffineriestraße im 22. Wiener Gemeindebezirk befindet sich ein
Mahnmal, das dem Andenken jener Menschen gewidmet ist, die unter dem NS-Regime
verschleppt in den Jahren 1938-1945 in der Lobau Zwangsarbeit leisten mussten. Sie wurden
in der Ölindustrie, beim Bau des Donau-Oder-Kanals und im Stadtgut Lobau eingesetzt. Von
Juni 1944 bis April 1945 war in der Lobau ein Lager für ungarische Jüdinnen und Juden
eingerichtet, die in der sich dort befindenden Ostmark Mineralölfabrik zum Arbeitsdienst
gezwungen wurden. Zahlreiche ZwangsarbeiterInnen verloren in der Lobau ihr Leben; nicht
zuletzt auch während der Großangriffe alliierter Bomber in den Jahren 1944/45.
Über die Geschichte der ungarisch-jüdischen Zwangsarbeit berichtete József Bihari (geb.
7.8.1883) in seinem Taschenkalender von 1944. Der 61-jährige Bihari wurde von Szolnok
nach Groß-Wien deportiert und war dann von Juli 1944 bis Anfang 1945 als Zwangsarbeiter
in der heute noch existierenden Schule in Stadlau, Konstanziagasse 24, untergebracht. Bis
dahin war er Handelsvertreter in Szolnok gewesen, wurde jedoch aus Debrecen deportiert und
dadurch offenbar von seiner Frau Rózsi getrennt. Deren weiteres Schicksal ist unbekannt.
Das Mahnmal wurde im Frühjahr 2010 von der Bezirksvertretung Donaustadt errichtet und
geht auf eine Initiative des Bezirksrats Robert Eichert zurück.
Bild: Ansicht Mahnmal, Lobau, Foto: VWI
Malzgasse 16, Leopoldstadt
In der Malzgasse 16 im zweiten Wiener Gemeindebezirk befindet sich heute die Talmud
Thora – Schule des orthodoxen Vereines "Machsike Hadass". Die streng orthodoxe Schule für
Knaben und Mädchen bezog das Gebäude nach dessen Neubau im Jahr 1906/07. Ab 1912
wurde auch das Jüdische Museum hier untergebracht. Während der NS-Zeit wurden dem
Gebäude verschiedene Funktionen zugewiesen: Von 1938/1939 bis 1942 war es ein jüdisches
Altersheim, das mit Beginn der Deportationen geräumt wurde; nach der Schließung des
Rothschild-Spitals – im November 1942 – wurde die Malzgasse 16 der neue Standort des
jüdischen Spitals.
Als im Sommer 1944 Tausende von ungarischen Jüdinnen und Juden zur Verrichtung von
Zwangsarbeit nach Wien deportiert wurden, waren die „Krankenbehandler" des jüdischen
Spitals – sowohl in den Wohnlagern als auch im Spital - für deren medizinische Versorgung
zuständig. Aufgrund des herrschenden Platzmangels musste die Kapazität des jüdischen
Spitals im Sommer 1944 erweitert werden, indem im nebenan liegenden Altenheim
Malzgasse 7 200 zusätzliche Spitalsbetten aufgestellt wurden. Diese Initiative ging auf den
Leiter des jüdischen Gesundheitswesens, Dr. Emil Tuchmann, zurück. Tuchmanns Wirken
während der NS-Zeit wurde – speziell in den ersten Nachkriegsjahren – sehr ambivalent
beurteilt, da er mit den Nationalsozialisten kooperieren musste, um das von ihm geleitete
Gesundheitssystem in Betrieb zu halten. Im Herbst 1945 wurde gegen ihn Anzeige erstattet,
da er angeblich zwei Angestellte, wegen vorschriftswidrigen Verhaltens, zur Deportation
ausgeliefert hatte. Ein diesbezügliches Verfahren wurde im Frühjahr 1946 eingestellt.
Die Malzgasse 16 findet sowohl in der Sekundärliteratur als auch in zahlreichen Quellen
Erwähnung.
Malzgasse 7, Leopoldstadt
In der Malzgasse 7 im zweiten Wiener Gemeindebezirk befindet sich seit 1957 der TheodorHerzl-Hof, ein Gemeindebau der Stadt Wien. Bevor die Stadt das Gebäude Anfang der
1950er-Jahre erwarb, befand es sich im Besitz der Israelitische Kultusgemeinde (IKG). Bis
1938 war hier das Dr. Krüger-Heim („Fürsorgeinstitution für jüdische Mädchen Dr. KrügerHeim") untergebracht, das eine Fachschule für Kleider und Wäschewarenerzeugung und eine
Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Frauenberufe beherbergte. Während der NS-Zeit
wurden dem Gebäude verschiedene Funktionen zugewiesen: Von Jänner 1940 bis Juni 1942
war es Sitz eines Altersheims der Israelitischen Kultusgemeinde. Im Jahr 1942 wurde in der
Liegenschaft auf Geheiß der „Zentralstelle für jüdische Auswanderung" ein Sammellager für
zur Deportation bestimmte Jüdinnen und Juden eingerichtet. Sammellager und Altersheim
existierten eine Zeit lang nebeneinander; das Lager blieb bis 1943 in Funktion. Noch im
selben
Jahr
wurde
das
jüdische
Altershei
m wiedereröffnet.
Als im Sommer 1944 Tausende ungarische Jüdinnen und Juden nach Wien deportiert wurden,
um hier Zwangsarbeit zu verrichten, wurden in der Malzgasse 7 200 Spitalsbetten aufgestellt,
um die Kapazitäten des jüdischen Spitals in der Malzgasse 16 zu erweitern und die
medizinische Versorgung der ungarischen ZwangsarbeiterInnen zu verbessern. Diese
Initiative ging auf den Leiter des jüdischen Gesundheitswesens, Dr. Emil Tuchmann, zurück.
Tuchmanns Wirken während der NS-Zeit wurde – speziell in den ersten Nachkriegsjahren –
sehr ambivalent beurteilt, da er mit den Nationalsozialisten kooperieren musste, um das von
ihm geleitete Gesundheitssystem in Betrieb zu halten. Im Herbst 1945 wurde gegen ihn
Anzeige erstattet, da er angeblich zwei Angestellte, wegen vorschriftswidrigen Verhaltens,
zur Deportation ausgeliefert hatte. Ein diesbezügliches Verfahren wurde im Frühjahr 1946
eingestellt.
Die Malzgasse 7 findet sowohl in der Sekundärliteratur als auch in zahlreichen Quellen
Erwähnung.
Bild oben: Ansicht Malzgasse 7, Foto: VWI
Bild unten: Ansicht Gedenktafel, Malzgasse 7, Foto: VWI
Pragerstraße 20, Floridsdorf
In der Pragerstraße 20 im 21. Wiener Gemeindebezirk haben heute die Zentrale
Geschäftsstelle des Vereins Wiener Jugendzentren, das Jugendzentrum Floridsdorf und die
Feuerwehrjugend Wien ihren Sitz. Die genannten Einrichtungen sind in einer ehemaligen
Villa der Familie Mautner Markhof untergebracht, die sich seit Ende des Zweiten Weltkriegs
im Besitz der Stadt Wien befindet.
Im Jahr 1864 eröffnete Mautner Markhof auf dem Gelände eine „Preßhefe-Spiritus Fabrik
und Raffinerie", die in der Zwischenkriegszeit geschlossen wurde; ab 1893 befand sich auch
die Sankt Georgsbrauerei Floridsdorf, die 1935/36 an ein Firmenkonsortium verkauft wurde
am genannten Standort. Die Familie Mautner Markhof gab die Villa im Jahr 1944 auf. Im
Sommer desselben Jahres wurde das Gelände von alliierten Flugzeugverbänden bombardiert.
Die ersten Meldungen über den Einsatz von ungarisch-jüdischen ZwangsarbeiterInnen in der
Pragerstraße 20 lassen sich auf die Zeit nach den Bombardements datieren. So schrieb
beispielsweise József Bihari, der von Debrecen nach Wien deportiert worden war und dort als
Zwangsarbeiter arbeiten musste, am 9.8.1944 in seinen Kalender: „Tatsächlich musste ich
heute zur Arbeit in die Mautner Bierfabrik gehen. Wir mussten Schutt abtragen. Die Arbeit ist
sehr schwer, aber in der Kantine gibt es Mittagessen und ein Krügel Bier. Alles wäre gut, nur
die Arbeit ist schwer."
Wie viele ungarisch-jüdische ZwangsarbeiterInnen in der Pragerstraße 20 eingesetzt waren
und welche Aufgaben ihnen zugewiesen worden sind, ist bis heute unerforscht. Ebenso kann
der Standort der Brauerei nicht mehr genau lokalisiert werden, da in den 1960er-Jahren ein
Großteil der Bauten, die sich auf dem Gelände befanden geschliffen und die dadurch frei
gewordenen Flächen neu bebaut wurde. Lediglich die Villa ist bis zum heutigen Zeitpunkt
erhalten geblieben.
Die Pragerstrasse 20 findet sowohl in der Literatur als auch in zahlreichen Quellen
Erwähnung.
Bild: Ansicht Pragerstraße 20, Foto: VWI
Tempelgasse 5/Ferdinandstraße 23,
Leopoldstadt
In der Tempelgasse 5/Ferdinandstraße 23 im zweiten Wiener Gemeindebezirk befindet sich
heute der Desider-Friedmann-Hof, ein im Jahr 1956 von der Gemeinde Wien errichtetes
Wohnhaus, das nach dem letzten Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde vor 1938,
Desider Friedmann (1880-1944), benannt wurde. Ab 1906 war unter dieser Adresse die
Bibliothek der Israelitischen Kultusgemeinde zu finden. Im Jahr 1934 wurde die Liegenschaft
auch Sitz des Archivs der Israelitischen Kultusgemeinde. Beide Institutionen wurden in der
NS-Zeit geschlossen; das Gebäude erfüllte in den Jahren 1938-1945 verschiedene Funktionen:
Das Waisenhaus des Ältestenrates der Wiener Juden hatte in der Tempelgasse 5 (während der
NS-Zeit Mohapelgasse)/ Ferdinandstraße 23 ebenso seinen Sitz, wie das jüdische
Säuglingsheim und die Kinderklinik. Als im Sommer 1944 Tausende von ungarischen
Jüdinnen und Juden nach Wien deportiert wurden, um dort Zwangsarbeit zu verrichten,
wurden in der Liegenschaft zahlreiche ungarische Kinder und Säuglinge behandelt. Das
Gebäude wurde im selben Jahr durch einen Bombenangriff zerstört. Wiederherstellen mussten
den Bau die technische Kolone der Friedhofsarbeiter des Ältestenrates, sowie ungarischjüdische ZwangsarbeiterInnen.
Die Tempelgasse 5/Ferdinandstraße 23 findet sowohl in der Sekundärliteratur als auch in
zahlreichen Quellen Erwähnung.
Bild: Ansicht Tempelgasse 5/Ecke Ferdinandstraße 23, Foto: VWI
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