Strategisches Management für Fitnessstudios - Sciamus

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Strategisches Management
für Fitnessstudios
Frank Daumann, Robin Heinze, Benedikt Römmelt (Hrsg.)
AUSGABE 3/2012 | THEMENHEFT
www.sport-und-management.de
Impressum
Herausgeber Prof. Dr. Frank Daumann
Robin Heinze
Benedikt Römmelt
Chefredakteur/ Robin Heinze
Editor-in-Chief E-Mail: [email protected]
Tel.: 0176 420 96 443
Layout/ Design Robin Heinze
Verlag/ Publisher Sciamus GmbH
Ascher Str. 5
D- 95028 Hof
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Erscheinungsweise Die Zeitschrift Sciamus – Sport und Management erscheint
vierteljährlich; die Themenhefte erscheinen in unregelmäßigen
Abständen.
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ISSN 1869-8247
Ausgabe 3/2012 | Themenheft
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sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der
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Volltexte
Inhaltsverzeichnis
Frank Daumann, Robin Heinze & Benedikt Römmelt
Strategisches Management für Fitnessstudios …............................
1
Niels Gronau
Die Entwicklung kommerzieller Fitnessanbieter
in Deutschland .......................................................................................
10
Eckhard Enders
Motive zum Fitnesssport aus sportpsychologischer
Perspektive .............................................................................................
19
Robin Heinze & Benedikt Römmelt
Kundensegmentierung im Fitnessstudio ......................................
33
Ralf Kriegel
Kundenbindung in Fitnessanlagen .................................................
50
Frank Daumann & Lev Esipovich
Markenaufbau – Der Weg zum Erfolg ............................................
63
Thomas Rieger
Differenzierung durch Qualität – Ansätze zur Entwicklung
eines ganzheitlichen Qualitätskonzepts für gesundheitsorientierte Fitnessstudios ........................................................................
71
Andreas Haderthauer
Wettbewerb um Vertriebskanäle .....................................................
83
1
Strategisches Management für Fitnessstudios
Frank Daumann, Robin Heinze & Benedikt Römmelt
Strategisches Management für Fitnessstudios
Der Markt privater Sportanbieter hat
gerade in den letzten Jahren eine dynamische Entwicklung erfahren. Zunächst als
Randphänomen belächelt, später als
Modewelle unterschätzt, ist er heute zu
einem wichtigen Anbieter für Sport, zu
einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor und
auch zu einer ernst zu nehmenden Alternative für das Vereinsangebot geworden.1
Dieses Themenheft behandelt ausgewählte strategische Themen für das Management in Fitnessstudios, die im Folgenden eingeordnet werden.
Der erste Beitrag von Niels Gronau vollzieht die Entwicklungen bis zur heutigen
Struktur des Fitnessmarktes anhand
wesentlicher Eckpunkte nach und wagt
einen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen.
Das Wachstum des Fitnesssports wurde
durch Veränderungen der Präferenzen
vorangetrieben. Anstelle von Wettkampf
und Leistung traten Motive wie Gesundheit, Fitness, Spaß, Entspannung und
Wohlbefinden.2
Im Beitrag von Eckard Enders werden
die Hauptmotive der Fitnesstreibenden
systematisch aufgearbeitet und aus Sicht
der Sportpsychologie Hinweise abgeleitet, wie die unterschiedlichen Beweggründe gezielt angesprochen werden
können.
Über die Jahre hinweg hat sich auch das
gesellschaftliche Bild des Fitnesssports
gewandelt. Körperliche Fitness ist heute
Ausdruck einer aktiven, gesundheitsorientierten und körperbewussten Lebensweise.3 Das Fitnessstudio spricht daher
vom Jugendlichen über den Manager zum
Senioren unterschiedliche Gesellschafts1 Dietrich, Heinemann & Schubert, 1990, 7
2 Dilger, 2008, 358
3 DIFG, 2010, 6
SCIAMUS – Sport und Management
schichten an.
Der Wandel der Fitnessbranche über die
Jahre hinweg betrifft aber nicht nur die
Motive der Sporttreibenden und ihr
Image, sondern auch die Struktur innerhalb des Marktes für Fitnessdienstleistungen. Durch die Etablierung unterschiedlicher Preis-Leistungs-Angebote (Discount-,
Medium- und Premium-Anlagen) sind drei
strategische Gruppen entstanden, die mit
jeweils eigenen Konzepten den Markt
bearbeiten.
Innerhalb dieser strategischen Gruppen 4
ist meist der Wettbewerb stärker ausgeprägt. Zwischen den Gruppen unterscheiden sich allerdings die strategischen
Gesetzmäßigkeiten sowie die Erfolgsfaktoren, obwohl alle Unternehmen in der
gleichen Branche tätig sind.5
Abbildung 1 zeigt dazu die Einordnung
der strategischen Gruppen in der Fitnessbranche nach der Breite des Angebots
und dem Preisniveau. Dabei zeigen sich
drei dominante Gruppen: Discounter,
Medium- und Premium-Anlagen. Daneben
existieren Nischenkonzepte wie z.B. Kieser Training oder Mrs. Sporty, aber auch
vereinseigene Studios. Diese Positionierung ist aber nicht statisch. Die Dynamik
innerhalb der Branche zeigt sich in den
folgenden Tendenzen:
(1) Die Medium-Anlagen senken ihre
Preise und lassen sich dadurch auf
einen Preiskampf mit den DiscountAnbietern ein.
(2) Die Medium-Anlagen erweitern ihr
Angebot, um sich so im Premium-Segment zu etablieren.
4 Eine strategische Gruppe besteht aus den Unternehmen einer Branche, die ähnliche Strategien verfolgen
oder mit ähnlichen Ressourcen ausgestattet sind. Diese
Ansicht entspricht der neueren Industrieökonomie, die
nicht mehr von einer homogenen Branchenstruktur
ausgeht, sondern die relevanten Unterschiede zwischen den Unternehmen beachtet.
5 Bausch, 2005, 201 f.
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
2
Abb. 1: Strategische Gruppen in der Fitnessbranche (eigene
Darstellung)
(3) Durch die aktuelle Erweiterung des
Produktangebots der Discountanbieter um Fitnesskurse, drängen sie
die Medium-Anlagen zunehmend in
einen Preiskampf.
(4) Der Anteil der Discount-Anlagen,
die auf ein reduziertes Angebot zu
einem günstigen Preis setzen,
steigt.
(5) Es etablieren sich Nischenanbieter,
die ein sehr spezialisiertes Angebot für eine enge Zielgruppe
anbieten.
Die strategischen Gesetzmäßigkeiten
innerhalb einer Branche werden einerseits von der Anzahl und Größe der Wettbewerbsvorteile und andererseits von der
Phase im Branchenlebenszyklus bestimmt.
Abhängig von Anzahl und Größe möglicher Wettbewerbsvorteile hat Oetinger
vier charakteristische Geschäftstypen mit
SCIAMUS – Sport und Management
ihren unterschiedlichen Erfolgsbedingungen voneinander abgegrenzt (vgl. Abbildung 2).6
Der Wettbewerb innerhalb der Fitnessbranche entspricht dem Fragmentierungsgeschäft. Vorteile beruhen durch
zahlreiche Trainingsangebote zwar auf
vielfältigen Möglichkeiten der Differenzierung, der Abstand zu anderen Wettbewerbern ist aber über die Branche hinweg gesehen eher gering. Dies ist einerseits bedingt durch angebotsseitig weitgehend angeglichene Leistungen und
andererseits nachfrageseitig durch weitgehend einheitliche Nachfragergruppen
trotz vorhandener Bedürfnisunterschiede.
Der Schlüssel zum Erfolg in einem solchen Wettbewerbsumfeld ist eine Kombination aus Leistungsdifferenzierung und
der Konzentration auf spezifische Kunden6 Oetinger, 1983, 44 ff.
Themenheft
3
Strategisches Management für Fitnessstudios
Abb. 2: Geschäftstypen nach Anzahl und Größe möglicher
Wettbewerbsvorteile (nach Oetinger, 1983)
gruppen/Marktsegmente.7
Der DSSV leitet auf Grund einer Verbraucheranalyse aus dem Jahr 2005 drei Konsumententypen ab, auf die sich Fitnessstudios konzentrieren können: sportlich/
offen/ gesundheitsbewusste; konsum-/
imageorientierte; gewichtsorientierte.8
In ihrem Beitrag zur Markt- und Kundensegmentierung stellen Robin Heinze und
Benedikt Römmelt differenziertere Kundengruppen vor und leiten daraus praktische Hinweise für eine Erfolg versprechende Positionierung im Fitnessmarkt
ab.
Der zweite Bestimmungsfaktor der strategischen Gesetzmäßigkeiten innerhalb
einer Branche ist die Phase im Branchenlebenszyklus. Sie bestimmt, abhängig vom
veränderten Branchenkontext, die korrespondierenden Erfolgsfaktoren. In Tabelle
1 sind die allgemeinen Charakteristika
der vier Zyklusphasen zusammengefasst.
Eine Betrachtung der Entwicklungen
innerhalb der Fitnessbranche zeigt, dass
sich die Fitnesswirtschaft am Übergang
von der Wachstumsphase in die Reifephase befindet.
Bei den Entwicklungen der Fitnessanlagen und auch der Mitgliederzahlen ist
zwar über die Jahre bis heute ein Anstieg
zu erkennen, jedoch zeigt die Kurve auch
einen deutlichen Knick nach dem ersten
Höhepunkt im Jahr 2001. Hier hat die Wirtschaftskrise zu einer Bereinigung des
Marktes geführt. Der Branche ist es aber
unter anderem durch eine starke Ausrichtung auf Gesundheit gelungen, den
Abwärtstrend zu stoppen.
Vergleicht man dazu die Entwicklung der
Marktdurchdringung, so konnte Deutschland seine Rate im Zeitraum 2000 (6 %) –
2008 (7,2 %) lediglich um 1,2 Prozentpunkte steigern. Großbritannien erreichte
im gleichen Zeitraum eine Steigerung um
6 Prozentpunkte.9 
7 Oetinger, 1983, 44 ff.; vgl. auch Bausch, 2006,
203 ff.
8 DSSV, 2005
9 Je nach Angabe lag die Marktdurchdringung im
Jahr 2001 zwischen 5,58% und 6,6%. Die Werte
für das Jahr 2008 differieren dagegen kaum. Für
Großbritannien ermittelt Deloitte (2002, 10) für
SCIAMUS – Sport und Management
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
4
Tab. 1: Branchenlebenszyklus und Veränderung der Wettbewerbsbedingungen (vgl. Grant, 2008,
271; Bausch, 2006, 207)
das Jahr 2000 eine Marktdurchdringung von
5,9%. Nach Angabe von Deloitte (2009, 37) liegt
sie 2008 bei 11,9%.
SCIAMUS – Sport und Management
Themenheft
5
Die kaum steigende Anzahl der Fitnessanlagen im Markt zeigt, dass das Wachstum
der Branche hauptsächlich von der Auslastung bzw. Ausweitung schon bestehender Kapazitäten getrieben ist.
Auch wenn Deutschland im Vergleich mit
anderen europäischen Staaten noch
Potential aufweisen mag, führt die steigende Marktdurchdringung immer mehr
zu einem Massenmarkt, wie er für die Reifephase typisch ist. Bei der Anbieterdichte
liegt Deutschland nach Großbritannien
europaweit schon heute auf Platz 2.10
Auch das Vordringen der Ketten- und
Franchisesysteme in den vergangenen
Jahren deutet einen Übergang in die Reifephase der Branche an. Zwar haben die
unabhängigen Fitnessanlagen immer
noch den größten Marktanteil, aber die
Ketten- und Franchisestudios bauen ihre
Position stetig aus. Ihr Anteil an der
Gesamtanlagenzahl stieg von 9,8% im
Jahr 2005 auf 13,61 % im Jahr 2009. 11 Diese
Entwicklung spiegelt die höhere Effizienz,
eine bessere Marketing- und Angebotspolitik sowie eine aggressivere Preis- und
Konzeptgestaltung wider, die diesen
Unternehmen Wettbewerbsvorteile verschafft.
Ebenso wie kosteneffiziente Betriebsgrößen und der Verdrängungswettbewerb,
sind auch die heute schon sehr gut über
die Angebote der Fitnessindustrie informierten Kunden ein Kennzeichen der Reifephase.
Ein Blick auf den Wettbewerb der Branche
zeigt, dass die Intensität sehr hoch ist. Die
Betreiber der Studios stehen vor der Wahl,
entweder ihre Unternehmen mit Qualität
u.a. im Sinne von Qualifikation, Fachkompetenz, Betreuungs- und Erlebnischarakter aufzuladen und so gut zahlende Premiumkunden zu gewinnen. Oder sie setzen
10 Deutscher Sparkassen- und Giroverband e. V.,
2010, 2
11 DSSV, 2009, 8; Deutscher Sparkassen- und Giroverband e. V., 2007, 14
SCIAMUS – Sport und Management
Strategisches Management für Fitnessstudios
auf günstige Preise und positionieren sich
eindeutig als Billiganbieter. Diese Positionierung ist aber schwierig, da hier die
Margen immer geringer ausfallen, oft das
Potenzial des Marktes nicht mehr ausreicht und der Wettbewerb ruinös wird.
Ruinöse Preiskämpfe fallen dabei hauptsächlich zu Lasten der unabhängigen Studios, da diese keine Skaleneffekte nutzen
können. Der Preis ist gerade bei den Fitnessstudios des Medium-Segments kein
geeignetes Differenzierungsmerkmal im
Wettbewerb. Denn obwohl Discountanbieter auf dem Vormarsch sind und kontinuierlich Marktanteile gewinnen, bedeutet
das Einlassen auf die sich ständig weiter
abwärts drehende Preisspirale für die
unabhängigen Anlagen längerfristig den
sicheren Ruin.12
Um sich im harten Wettbewerb abzuheben, müssen die Studios Alleinstellungsmerkmale aufbauen. Dazu zählt vor allem
ein erweitertes Angebot an Wellnessleistungen wie Massagen, Saunabetrieb oder
Kosmetik und die Kooperation mit Ärzten,
Physiotherapeuten oder Krankenkassen in
Richtung Gesundheitsprävention. Den Studiobesuchern bietet sich dadurch die
Möglichkeit, die Motive körperliche Fitness, Gesundheitsvorsorge und Entspannung unter einem Dach sinnvoll miteinander zu verbinden. In den Fitnessanlagen
trägt außerdem gut ausgebildetes Personal, das eine verbesserte Trainingsbetreuung ermöglicht, ebenfalls zur Wettbewerbsdifferenzierung bei. Gleiches gilt
für das Angebot einer Kinderbetreuung.13
Der Schwerpunkt der strategischen und
operativen Maßnahmen liegt seit Jahren
bei vielen Fitnessanbietern auf der Neukundengewinnung. Die zunehmende Sättigung des Marktes macht es allerdings
stärker erforderlich, die Bestandskunden
durch gezielte Strategien an das eigene
12 Deutscher Sparkassen- und Giroverband e. V.,
2007, 14 ff.
13 Deutscher Sparkassen- und Giroverband e. V.,
2007, 15
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
6
Tab. 2: Positionierung ausgewählter Fitnessanbieter nach ihren
Slogans (Quelle: verändert nach Deloitte, 2011, 2)
Fitnessstudio zu binden. Ein systematisches Management der Beziehungen zum
Kunden ist dafür eine unerlässliche Voraussetzung.
Ralf Kriegel stellt dazu in seinem Beitrag
Erfolgsfaktoren der Kundenbindung vor
und zeigt die Bedeutung und praktischen
Möglichkeiten des Einsatzes im Fitnessstudio auf.
Für eine erfolgreiche Positionierung im
Markt gewinnt neben der Kundenbindung
auch das Thema Markenführung einen
immer größeren Stellenwert und bildet
gerade in der Reifephase einen Schlüsselfaktor für den Erfolg. So macht schon der
Slogan eines Fitnessunternehmens dessen
grundsätzliche Positionierung der Marke
deutlich und verrät viel über die Ausrichtung auf eine Zielgruppe. Tabelle 2 zeigt
die Positionierung ausgewählter Anbieter
der Fitnessbranche.
Der Beitrag von Frank Daumann und
Lev Esipovich zeigt in diesem Zusammenhang die Determinanten einer starken
Marke und die Möglichkeiten der DiffeSCIAMUS – Sport und Management
renzierung und Positionierung im Wettbewerb durch gezieltes Markenmanagement
im Fitnessstudio auf.
Nicht nur eine starke Marke, sondern auch
Zertifizierungen wie das „TÜV-Fitness Siegel" für gesundheitsorientierte Studios
können Wettbewerbsvorteile generieren.
Mit der Einhaltung von einheitlichen Qualitätsmaßstäben soll erreicht werden, dass
Fitnesstreibende leichter Zuschüsse von
Krankenkassen zu ihren Studiobeiträgen
erhalten. Neben der Prüfung der Gerätschaften in den Studios muss ein ganzer
Katalog von Anforderungen erfüllt werden, um das begehrte „TÜV-Fitness Siegel" für ein Jahr zu erhalten. So etwa
bezüglich Beratung, Qualität der Betreuung, Ausbildung der Trainer, Räumlichkeiten, Hygiene, Sicherheit und Kundenverträge.14
Thomas Rieger greift dazu in seinem Beitrag die Thematik des Qualitätsmanage14 Deutscher Sparkassen- und Giroverband e. V.,
2007, 16
Themenheft
7
Strategisches Management für Fitnessstudios
ments in Fitnessstudios auf. Dabei stellt er
Aspekte eines Qualitätskonzepts vor, um
so über den Faktor Qualität ein Alleinstellungsmerkmal zu schaffen, das die Kunden durch Preisprämien im Vergleich zu
den Discountern honorieren.
Zuletzt wird aus Tabelle 1 auch ersichtlich,
dass der Wettbewerb um Vertriebskanäle
schon in der Wachstumsphase an Bedeutung gewonnen hat. In einem engen
Zusammenhang
damit
steht
die
geschickte Positionierung und die Aussage der Werbekampagnen oder auch
das Empfehlungsmarketing. So wird
gerade in der Zeit nach Weihnachten verstärkt mit der Möglichkeit zum Abtrainieren der angefutterten Pfunde oder vor
Beginn der Sommersaison mit der perfekten Bikinifigur geworben.
Daher wird in einem abschließenden Beitrag von Andreas Haderthauer dargestellt, welches die wichtigsten Maßnahmen für einen erfolgreichen Vertrieb im
Fitnessstudio sind, wie man Vertriebskanäle erschließt und diese sinnvoll nutzt
sowie Werbekampagnen möglichst profitabel einsetzt.
Zu den Autoren
Prof. Dr. Frank Daumann
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Institut für Sportwissenschaft
Lehrstuhl für Sportökonomie
Seidelstr. 20
07749 Jena
Telefon: 03641/9-45641
E-Mail: [email protected]
Frank Daumann ist Inhaber des Lehrstuhls für
Sportökonomie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und wissenschaftlicher Leiter des MBAStudiengangs Sportmanagement. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Sportökonomie
und die Gesundheitsökonomie. Im Bereich der
Sportökonomie setzt sich Frank Daumann insbesondere mit der Analyse einzelner Sportmärkte,
Fragen des Dopings, dem Qualitätsmanagement in
Sportorganisationen sowie der Vermarktung des
Sports auseinander.
SCIAMUS – Sport und Management
Robin Heinze
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Institut für Sportwissenschaft
Lehrstuhl für Sportökonomie
Seidelstr. 20
07749 Jena
Telefon: 03641/9-45677
E-Mail: [email protected]
Robin Heinze ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am
Lehrstuhl für Sportökonomie der Friedrich-Schiller-Universität Jena und Chefredakteur der onlineFachzeitschrift Sciamus – Sport und Management.
Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich bei seiner
Forschung mit Management im Fitnesssport, Ökonomie und Management von Sport und Gesundheit
sowie der Internationalisierung von Sport und
Sportarten.
Benedikt Römmelt
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Institut für Sportwissenschaft
Lehrstuhl für Sportökonomie
Seidelstr. 20
07749 Jena
Telefon: 03641/9-45703
E-Mail: [email protected]
Benedikt Römmelt ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Sportökonomie des Instituts
für Sportwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Seine Forschungsschwerpunkte sind
die Anwendung strategischer Analyseinstrumente
auf Sportmärkte sowie das Qualitätsmanagement
von Sportverbänden. Benedikt Römmelt ist zudem
Geschäftsführer der Sciamus Gesellschaft für Beratung und Weiterbildung mbH.
Literatur
Bausch, A. (2006). Branchen- und Wettbewerbsanalyse im strategischen Management. In: Hahn, D., Taylor, B. (2006):
Strategische Unternehmensplanung –
Strategische Unternehmensführung. Berlin et. al.: Springer.
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Newsletter 1/2011. Düsseldorf: Deloitte
Deutscher Sparkassen- und Giroverband
e. V. (2007). BranchenReport 2007 - FitThemenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
8
nesscenter, Solarien. Berlin: Deutscher
Sparkassen Verlag GmbH.
Dietrich, K., Heinemann, K. & Schubert, M.
(1990). Kommerzielle Sportanbieter.
Schorndorf: Hofmann.
DIFG (2009). WHITE PAPER 2009. Düsseldorf: DIFG e.V.
DIFG (2010). Fitnessbranche wird wichtiger Pfeiler im Gesundheitssystem. In:
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Dilger, E. (2008). Die Fitnessbewegung in
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DSSV (2004). Branchendaten der Fitness-/
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DSSV (2006). Eckdaten der deutschen Fitnesswirtschaft 2006. Hamburg: DSSV e.V.
DSSV (2009). Eckdaten 2009 der deutschen
Fitness-Wirtschaft. Hamburg: DSSV e.V.
Grant, R. M. (2008). Contemporary Strategy
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Oetinger, B. v. (1983). Wandel in den Unternehmensstrategien der 80er Jahre.
In: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche
Forschung, Sonderheft 15, S. 42-51.
Statistisches Bundesamt (2010). STATISTISCHES JAHRBUCH 2010 für die Bundesrepublik Deutschland. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt. 
SCIAMUS – Sport und Management
Themenheft
9
SCIAMUS – Sport und Management
Strategisches Management für Fitnessstudios
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
10
Niels Gronau
Die Entwicklung kommerzieller Fitnessanbieter
in Deutschland
Abstract
Journalisten sprechen in ihrer Berichterstattung von der Fitnesswirtschaft immer
wieder gerne von den „Muckibuden“, die
nach wie vor von einer Vielzahl der Kunden genutzt würden. Sie beziehen sich
dabei auf die Ergebnisse von Marktstudien1 nach der knapp 50% aller rund 7,6
Millionen Fitnessstudiomitglieder in als
Einzelbetrieben geführten, unabhängigen
Unternehmen trainieren, die unter diesem
Pseudonym zusammengefasst werden.
Anlass für diese negative Einschätzung ist
die Tatsache, dass die Kettenbetriebe, also
Anbieter mit drei und mehr Studios 2, im
Vergleich zu den vorgenannten kleineren
Institutionen in ihrer Gesamtheit in den
vergangenen Jahren deutlich stärker
gewachsen sind.
Doch lässt sich allein aus dem Umstand
des verlorenen Marktanteils direkt auf das
eventuell nicht mehr zeitgemäße Angebot
dieser Anbietergruppe schließen? Lassen
sich die Leistungen, die immerhin noch
von etwa 3,8 Millionen Mitgliedern für die
Verfolgung ihrer individuellen Fitnessund Gesundheitsziele genutzt werden,
unter diesem offensichtlich negativ
besetzten Begriff der „Muckibude“ subsumieren?
Zur Beantwortung dieser grundsätzlichen
Frage zur Struktur des deutschen Fitnessmarktes soll im Folgenden die Entwicklung des Fitnessmarktes von seinen
Anfängen bis zur heutigen Zeit dargestellt
und auch ein kurzer Ausblick auf zukünftige Entwicklungen aufgezeigt werden.
Den Schwerpunkt stellt dabei das
moderne Fitnesszeitalter dar, wobei auch
1 DSSV-Eckdaten der deutschen Fitnesswirtschaft
2012
2 Als Kettenbetreiber wird ein Betrieb mit mindestens drei Anlagen und mehr als 5.000 Mitglieder bezeichnet.
SCIAMUS – Sport und Management
ein kurzer Blick auf die Anfänge der
Sport- und Fitnessbewegung geworfen
werden soll, um damit den notwendigen
Rahmen zu schaffen.3
Frühe Anfänge
Der Beginn des organisierten Sports in
Deutschland wird im Allgemeinen „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn zugerechnet,
der um 1810 in Berlin erstmals öffentlich
turnen ließ, mit der Absicht, eine körperlich fitte Bürgerwehr zu schaffen, um in
den Kampf um das von Napoleon besetzte
Preußen einzugreifen. Die ersten Sportvereine nach heutiger Anschauung entstanden Mitte des 19. Jahrhunderts, mangels institutioneller Alternativen damals
noch oft mit einer stark politischen Motivation. Dies war zugleich der Grund für
die Schaffung der ersten kommerziellen
Betreiber, denn nachdem sowohl die Jahnschen Turnerzusammenschlüsse als auch
die frühen Vereine aufgrund ihrer politischen Ausrichtung größtenteils verboten
worden waren, bildeten sich ab ca. 1820 in
einigen Städten die ersten gewerblichen
Anstalten, die dem dortigen Bürgertum
die Möglichkeiten zur Ausübung des
eigentlichen Fitnesssports boten.
Die Idee der gemeinschaftsorientierten
Turn- und Sportvereine wurde von deutschen Emigranten auch in die Vereinigten
Staaten exportiert, wo Mitte des 19. Jahrhunderts in Großstädten wie New York,
Boston oder Philadelphia erste „Turnvereins“ entstanden. Diese standen dort in
3 Für eine ausführliche Betrachtung der Historie
kommerzieller Fitnessanbieter sei auch auf den
Aufsatz „Zwischen Beruf und Berufung. Zur
Geschichte der kommerziellen
Fitnessanbieter“ von Wedemeyer-Kolwe verwiesen, der den Zeitraum von den Anfängen bis
zur Mitte des 20. Jahrhunderts intensiver
beleuchtet.
Themenheft
11
Konkurrenz zu den „Clubs“ nach englischem Vorbild, die einen eher statusbezogenen und kommerzielleren Charakter
hatten sowie die Einrichtungen der YMCA,
der Young Men´s Christian Association,
die ebenfalls Mitte des 19. Jahrhunderts
beginnend Fitnesseinrichtungen zur Förderung eines gesunden Körpers und
Geistes unterhielten und heute in den Vereinigten Staaten einen der größten Anbieter darstellen.
Abb. 1: Schule für Leibesübungen des Edmond
Desbonnet (L'école de culture physique
d'Edmond Desbonnet, Plein Nord, Nr. 55, 1979,
S. 15)
Eine deutliche Stärkung erfuhr die sportliche Bewegung um 1900 durch die allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklungen
nach denen sich immer mehr soziale
Schichten sportlich betätigten. Während
sich jedoch Arbeiter und Kleinbürgertum
eher in die klassischen Turnvereine begaben, wurden die gehobenen Schichten,
entsprechend ihres stärker individualistisch geprägten Wertesystems, Mitglied
bei einem der gewerblichen Anbieter.
Deren Anlagen hatten zu dieser Zeit Ausstattung und Service betreffend schon
SCIAMUS – Sport und Management
Strategisches Management für Fitnessstudios
sehr viel mit den Studios der heutigen Art
gemeinsam. Sie verfügten über vergleichbare Öffnungszeiten, ein relativ breites
Angebot an Geräten und waren in der
Beschäftigung von Masseuren und teilweise auch Ärzten neben den eigentlichen Übungsleitern bereits vielen heutigen Einrichtungen voraus.
Auch die aus der Gegenwart bekannte
Bildung von Zusammenschlüssen von Fitnessbetrieben zu größeren Ketten ist kein
rein neuzeitliches Phänomen. So betrieb
beispielsweise der französische Gelehrte
Edmond Desbonnet bis zum Beginn des
Zweiten Weltkriegs eine Vielzahl an Anlagen. Weitere vermeintlich moderne
Erscheinungen wie ein Überangebot an
Fitnessbroschüren sowie die Existenz
einer Fülle an Bildungsträgern mit den
unterschiedlichsten Kursangeboten wurden bereits einmal in den ersten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts festgestellt. Ein erfolgreicher Vertreter der Fitnessratgeber des frühen 20. Jahrhunderts
war das Werk „My Sysrem“ des Dänen J.P.
Müller, welches ein 15 minütiges, tägliches Training propagierte. Einer seiner
bekanntesten Anhänger war der Schriftsteller Franz Kafka.
Mit dem Ausbruch und den Folgen des
Zweiten Weltkrieges erfuhr der Sport in
Deutschland eine wesentliche Zäsur.
Davon abgesehen, dass sich der größte
Teil der Bevölkerung die kostenintensiveren kommerziellen Anbieter in den Folgejahren nicht mehr leisten konnte, hatte
sich zudem ein neues Bedürfnis nach
Gemeinschaft entwickelt, das die Menschen in Deutschland eher in die Sportvereine trieb. Im Vergleich zu den 30er
Jahren des 20. Jahrhunderts konnten die
kommerzielle Anbieter auch aufgrund der
fortschreitenden Angleichung der sozialen und kulturellen Schichten nun nicht
mehr als Statussymbol herhalten. 
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
12
nur die Nachfrage einer kleinen Gruppe
an Fitnessorientierten. Für die große
Mehrheit der Deutschen stand Gesundheit
und körperliche Fitness nicht mehr im
Fokus des Wertehorizontes. Viel mehr war
es bei den Zeitgenossen sogar erwünscht,
nach der entbehrungsreichen Zeit, den
wirtschaftlichen Erfolg auch in der eigenen Körperfülle zur Schau stellen zu können. Erst mit den 70er Jahren erfolgte eine
langsame Rückbesinnung auf die Bedeutung eines gesunden Körpers und eine
Wiedererstarkung des Strebens nach persönlicher Individualität.
Moderne Zeiten
Abb. 2: Das Buch nach dem selbst Kafka
„müllerte“ (J.P. Müller, My System, 1904)
In diesem Einschnitt unterscheidet sich
der deutsche Sport- und Fitnessmarkt von
dem heutigen „Leitmarkt“ der Fitnessindustrie in den Vereinigten Staaten von
Amerika. Während sich die dortige Entwicklung, wie die frühzeitige Diversifikation der Angebote oder die Entstehung
verschiedener Betriebsstrukturen, kontinuierlich fortsetzen konnte, wurde der
Markt für professionelle Fitnessanbieter in
Deutschland deutlich zurückgeworfen.
Diese zeitliche Differenz hat sich bis heute
aufgrund der modernen Kommunikationswege und insbesondere der regelmäßig
stattfindenden internationalen Messen
zwar wieder deutlich angenähert, besteht
aber in einigen Bereichen noch immer
fort.
In den durch das deutsche Wirtschaftswunder geprägten 50er und 60er Jahren
erfuhren gewerbliche Fitnessangebote
SCIAMUS – Sport und Management
Die 70er Jahre werden insbesondere im
amerikanischen Bereich auch als Beginn
der modernen Fitnessindustrie bezeichnet. Grund dafür ist unter anderem die
Entwicklung von neuen, nutzungsfreundlicheren Geräten für die Studios durch den
Einsatz von variablen Gewichten oder
dem ersten stationären Fahrradergometer.
Auch belegte die wissenschaftliche Forschung weiterhin den positiven gesundheitsfördernden Effekt regelmäßigen Fitnesstrainings auf den menschlichen Organismus.
Einen noch größeren Schub erhielt die
aufstrebende Fitnessindustrie jedoch
durch zwei Idole, mit denen sich die Menschen identifizieren konnten und die
damit großen Einfluss auf die weitere Entwicklung hatten. Arnold Schwarzenegger,
der bereits in den Jahrzehnten zuvor
erfolgreich bei verschiedenen Bodybuildingmeisterschaften war, erlangte in den
70ern durch eine Reihe von Filmen weltweite Bekanntheit und gilt noch heute als
eine der prägenden Persönlichkeiten der
Fitnessszene. Wenige Jahre später verhalf
Jane Fonda Anfang der 80er Jahre mit der
Veröffentlichung ihrer Aerobicvideos
einer ganzen Sportart zum endgültigen
Durchbruch.
Mit Frauen konnte eine neue Zielgruppe
für die Fitnessstudios gewonnen und
zugleich der Grundstein für moderne KurThemenheft
13
Strategisches Management für Fitnessstudios
Abb. 3: Mitgliederentwicklung im deutschen Fitnessmarkt (Datenerhebungen
zur Eckdatenstudie des DSSV 1989 bis 2011)
ssysteme gelegt werden. Die weiblichen
Kunden fühlten sich damals insbesondere
durch den neuen tänzerischen Aspekt,
aber auch das gemeinschaftliche Erleben
des Trainings angesprochen, welches im
Gegensatz zu dem eher individualistisch
geprägten Gerätetraining stand. Ein weiterer wichtiger Trend dieses Jahrzehnts
war zudem die steigende Nachfrage nach
ausdauerorientiertem Training. Nicht nur
die Teilnehmerzahlen bei Volksläufen,
sondern auch das Training an speziellen
Geräten, die von neu in den Markt eintretenden Geräteherstellern geliefert wurden, erfreuten sich in dieser Zeit immer
größerer Beliebtheit.
Die sich verschiebende Nachfragesituation führte auch zu einer langsamen
Anpassung des Angebotes. Nachdem
bereits in den 70er Jahren erste Racketclubs in Deutschland gegründet wurden,
die das Training an den Geräten mit Rückschlagsportarten wie Tennis oder Squash
verbanden, integrierten die Betreiber nun
auch größere Räumlichkeiten für Kursangebote und veränderten ihr Geräteangebot. Es entstanden die ersten Großanlagen, die eine umfangreichere Angebotsbreite umfassten, teilweise SchwimmeinSCIAMUS – Sport und Management
richtungen unterhielten und oftmals ein
eher gehobenes Publikum ansprachen. So
fand der heutige Betreiber von sechs Premium-Anlagen in Hamburg, Kiel und Berlin, MeridianSpa, bereits 1984 seinen
Ursprung in Hamburg.
Die in Deutschland einsetzende Diversifizierung des Fitnessangebotes blieb
jedoch noch hinter der Entwicklung in
den Vereinigten Staaten zurück. Neben
der Eröffnung von exklusiven High-End
Anlagen entstand dort in der gleichen Zeit
mit
„24h
Fitness“
der
erste
„Discount-“Anbieter, der erstmals Fitnesstraining zu deutlich günstigeren Preisen
anbot. Doch auch die Fokussierung allein
auf das weibliche Geschlecht feierte in
diesen Jahren mit der Gründung der ersten reinen Frauenstudios Premiere.
Ein weiterer Bereich zur Generierung von
Umsätzen mit bestehenden Mitgliedern
und Argumente für die Gewinnung neuer
Kunden war die in den 90er Jahren aufkommende Einbindung von Club basierten Spa-Anwendungen. Mit diesen im allgemeinen Wellnesstrend immer stärker
nachgefragten Leistungen reagierten die
Anbieter auf den Wunsch vieler Kunden,
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
das Streben nach Fitness und Attraktivität
mit einem entsprechenden Wohlbefinden
verbinden zu können. Damit stand nicht
mehr allein das Ergebnis eines Trainings
im Vordergrund, sondern auch der Aufenthalt an sich. Verstärkt wurde diesem
Trend durch entsprechende Entwicklungen im „Programming“, der Gestaltung
und der Inhalte des Kursprogramms,
Rechnung getragen. Insbesondere von
den im Durchschnitt älter werdenden Mitgliedern wurden vermehrt sanftere Aktivitäten wie Yoga und Pilates nachgefragt.
Obwohl Pilates bereits in den 1920er Jahren von dem nach New York ausgewanderten deutschen Joseph Pilates erfunden
worden war, erzielte es seinen Durchbruch erst durch den neuen Wellnesstrend und die vielfache Aufnahme in die
Kursprogramme der Studios.
Eine Entwicklung im Bereich der Anlagenorganisation, die in Deutschland erst Mitte
der 90er Jahre einsetzte, war die Entstehung von größeren Fitnessketten. In den
USA waren bereits seit 1950 einzelne Studios zu größeren Unternehmen zusammengeschlossen worden. Durch Betreiber
wie „Gold´s Gym“, „Bally Fitness“ oder
„24h Fitness“ wurde die Konsolidierung
der Angebotsstruktur jenseits des Atlantiks weiter vorangetrieben. Im Dezember
1999 vereinten die zehn größten Anbieter
in Deutschland gerade einmal 330.000
Tausend Mitglieder4 (ein Marktanteil von
7,7%), 12 Jahre später sind es Ende 2011
bereits über zwei Millionen bzw. mehr als
ein Viertel des gesamten Marktes.
Das 21. Jahrhundert
Die Entwicklung dieser damals bereits
entstandenen und noch neu hinzugekommenen Fitnessketten prägte den Fitnessmarkt in Deutschland in der ersten
Dekade des 21. Jahrhunderts. Teilweise
finanziert durch externe Kapitalgeber wie
Private Equity Gesellschaften gewann
diese Betriebsform sukzessive Marktan4 Deloitte, 2001, 6
SCIAMUS – Sport und Management
14
teile von den als Einzelstudios geführten
Unternehmen. Zum Ende des Jahres 2011
vereinigten Betreiber mit mehr als drei
Studios bereits 43,2% der 7,6 Millionen
Mitglieder, obwohl sie nur 27,3% der
Anlagen betrieben5. Zu erklären ist diese
Diskrepanz zwischen dem Anteil bei Mitgliedern und Studios durch die im Durchschnitt deutlich größeren Einrichtungen
der Kettenbetreiber.
Die Betreiber der größeren Einheiten
machten sich bei Ihrer Expansion eine
Reihe von Vorteilen gegenüber den als
Einzelbetrieben geführten Studios zu
Nutze. Die Investitionskraft für neue
Geräte, Einrichtungen und nicht zuletzt
auch neue Clubs ist in der Regel deutlich
stärker als bei den rein inhabergeführten
Kleinbetrieben. Auch die Aufwendungen
für Marketing und Werbung haben eine
größere Bedeutung, was zumeist eine stärkere Wahrnehmung zur Folge hat. So ist
der Betreiber „McFit“ seit 2007 mit der
bis dato größten Marketingkampagne
eines Fitnessanbieters in den Medien präsent. Diese beinhaltet unter anderem TVWerbung, Event-Sponsoring, den Einsatz
von Testimonials oder die Herausgabe
eines eigenen Fitnessmagazins. Nicht
zuletzt verfügen die größeren Unternehmen über die Möglichkeit stärkere Managementkapazitäten vorzuhalten, die für
die erfolgreiche Unternehmenssteuerung
notwendig sind.
Den am deutlichsten wahrnehmbaren
Trend des noch jungen 21. Jahrhunderts
stellt die Entwicklung des Discountsegmentes in der Fitnessindustrie dar. Getrieben insbesondere von der „McFit GmbH“,
mit rund 1.000.0006 Mitgliedschaften der
Marktführer in Deutschland, hat sich dort
ein neuer Bereich gebildet, in dem mittlerweile eine Vielzahl von Anbietern das
Leistungsangebot im Wesentlichen auf die
Bereitstellung von Ausdauer- und Kraftgeräten fokussiert hat und in der Regel deut5 DSSV-Eckdaten der deutschen Fitnesswirtschaft
2012
6 Gronau & Titze, 2012, 2
Themenheft
15
Strategisches Management für Fitnessstudios
Abb. 4: Mitgliederverteilung nach Segmenten (Deloitte, 2009-2012)
lich weniger als € 20,- pro Monat an Mit gliedsbeiträgen berechnet werden. Es ist
für die Zukunft jedoch nicht davon auszugehen, dass sich dieses Wachstum dauerhaft unvermindert fortsetzen wird. Vielmehr wird sich Discountfitness mit einem
gewissen Marktanteil etablieren, andere
Anbieter aber damit dauerhaft zwingen
sich selbst über ihre Leistungen zu definieren, da sie den Wettbewerb kaum über
den Preis gewinnen können.
Dass auch die Positionierung am entgegengesetzten Rand des Angebotsspektrums erfolgreich sein kann, beweisen
eine Reihe von Betreibern, die sich durch
eine umfangreiche, exklusive Angebotspalette auszeichnen und aufgrund ihres
Angebots monatliche Mitgliedsbeiträge
von teilweise mehr als € 100,- verlangen
können. Insgesamt hat das Premiumsegment in den vergangen Jahren seinen
Marktanteil behaupten und sogar leicht
ausbauen können, sodass die Gewinne
der Discountanbieter insbesondere zu
Lasten des wenig differenzierten Mediumsegmentes gehen.
Das nach wie vor bei manch einem vorhandene negative Image der Fitnessstudios im Allgemeinen und die als EinzelbeSCIAMUS – Sport und Management
triebe geführten im Speziellen, mag zum
Teil auch in der unzureichenden öffentlichen Darstellung begründet sein. Während die größeren Fitnessketten die Ressourcen besitzen sich eigenständig zu vermarkten, sind die kleinen Betreiber auf
eine geschlossene, übergeordnete Vertretung ihrer Interessen angewiesen. Ein
positives Beispiel dieser Art stellt die
amerikanische
IHRSA
(International
Health Racquet and Sportsclub Association) dar, die als die wesentliche Institution in den Vereinigten Staaten gilt und
nicht zuletzt nach ihrer strategischen Neuausrichtung in den 90ern die wirtschaftliche Entwicklung der Industrie maßgeblich unterstützt hat.
Dabei haben die „kleinen“ Anbieter
gerade im Umgang mit ihren Mitgliedern
oft einen entscheidenden Vorteil gegenüber den größeren Fitnessketten. Durch
ihren größeren Standortbezug und den
engeren Kontakt der Geschäftsführung,
die in vielen Fällen identisch mit dem
Inhaber des Studios ist, zu den Mitgliedern weisen Einzelbetriebe häufig eine
geringere Fluktuationsrate7 auf, als dies
7 Die Fluktuationsrate ist definiert durch das Verhältnis der Anzahl der Kündigungen in einem
Zeitraum zu dem durchschnittlichen MitgliederThemenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
bei Betreibern mit mehreren Studios der
Fall ist. Diese höhere Kundenbindung
ermöglicht dem Betreiber eine größere
Planungssicherheit und mindert die teureren Investitionen in die Akquisition von
neuen Mitgliedern. Denn die wenigsten
Mitglieder kündigen aufgrund einer
direkten Unzufriedenheit mit ihrem Club,
sondern in den allermeisten Fällen, weil
sie die Angebote nicht regelmäßig oder
gar nicht mehr genutzt haben. Während
eine hohe Fluktuation in einem stark
wachsenden Markt noch relativ bequem
durch die Gewinnung neuer Marktteilnehmer ausgeglichen werden kann, gestaltet
sich dieses in einem langsamer wachsenden oder gar stagnierenden Markt deutlich schwieriger. Ziel muss es daher für
alle Anbieter sein, durch geeignete
Customer-Relationship-Maßnahmen den
Kunden von Beginn an möglichst intensiv
an seinen Club zu binden.
Der Trend in den USA der vergangenen
Jahre hat bereits gezeigt, dass sich die
Häufigkeit der Studiobesuche pro Mitglied über die Jahre deutlich erhöht hat.
Dabei stellt die Generation 55+ häufig die
aktivsten Mitglieder. In einem Markt, in
dem insbesondere in den größeren Städten wie New York oder Chicago mittlerweile eine Sättigung an Fitnessangeboten
besteht, sind die Clubs dazu übergegangen, die bestehenden Mitglieder stärker
„auszunutzen“ und nicht nur durch eine
Erhöhung der Besuchsfrequenz, sondern
auch durch den stärkeren Verkauf von
Zusatzangeboten die Erlöse pro bestehendem Mitglied zu erhöhen.
Dem kommt entgegen, dass sich die Kundenstruktur dieser verhältnismäßig jungen, internationalen Branche in den wenigen Jahrzehnten ihres Bestehens insgesamt deutlich verändert hat. War sie in
den Zeiten der klassischen Bodybuildingstudios noch nahezu ausschließlich von
männlichen Aktiven im Alter von 18 bis 34
mit einem unterdurchschnittlichen Einkommen geprägt, hat sich dieses Bild bis
bestand
SCIAMUS – Sport und Management
16
heute stark gewandelt. Angezogen insbesondere von Kursangeboten, Ausdauergeräten und Wellnesseinrichtungen stellen
Frauen heute im Durchschnitt die Hälfte
der Mitglieder. Das Alter der Mitglieder
ist aufgrund der Ausrichtung des Angebots auf eher gesundheitsbezogene Ziele
angestiegen und dürfte zumeist zwischen
35 und 45 liegen. Mit der Veränderung
der Zielgruppen sind die Kunden heute
im Allgemeinen deutlich wohlhabender
als dies noch vor 20 bis 30 Jahren der Fall
war.
Ausblick
Der Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes deutscher Fitness- und Gesundheitsanlagen (DSSV) Refit Kamberovic
geht in seiner Prognose davon aus, dass
die Zahl der Fitnessstudiomitglieder bis
zum Jahr 2017 auf 10 Mio. steigen wird8.
Dies käme einem Wachstum um 2,4 Mio.
Kunden im Vergleich zum Stand Ende
2011 und einem Anteil an der Gesamtbevölkerung (bei angenommener, unveränderter Einwohnerzahl) von etwa 12%
gleich. Die Erwartungen der Industrievertreter an die zukünftige Mitgliederentwicklung scheinen also auch nach einem
durchschnittlichen, jährlichen Wachstum
von mehr als fünf Prozent in den vergangenen fünf Jahren weiter auf Wachstum zu
stehen.
Die Vorzeichen für eine weiterhin positive
Marktentwicklung sind jedoch tatsächlich
als positiv einzuschätzen. Auf der Nachfrageseite tritt neben den unveränderten
Wunsch „einfach nur gut auszusehen“ das
wachsende Bewusstsein für die Notwendigkeit der eigenen Gesundheitsvorsorge
durch Sport und Bewegung. Die Angebotsseite wird zudem immer vielseitiger
und erschließt mit neuen Leistungsformen
auch neue Zielgruppen, die bislang noch
wenig oder gar nicht vom Fitnessmarkt
angesprochen wurden.
Das zunehmende Bewusstsein und die
8 Kamberovic;, 2012
Themenheft
17
Bereitschaft der Menschen aktive Prävention für Ihre eigene Gesundheit zu leisten
ist eine gute Grundlage für die zukünftige
Entwicklung der Branche. Dabei bieten
kooperative Ansätze zwischen dem Fitness- bzw. Wellnessmarkt und Dienstleistern des ersten Gesundheitsmarktes, wie
Krankenhäuser oder Ärzte, gute Möglichkeiten diese steigende Nachfrage zu
bedienen. Auch hybride Anbieter, die
beide Ansätze in einer Organisation vereinen, werden weiter an Bedeutung gewinnen. Da die fehlende oder zumindest
unzureichend zu nennende Finanzierung
der Ausgaben des präventiven Trainings
durch die Krankenversicherungen bislang
wenig Motivation zur Aufnahme einer
regelmäßigen körperlichen Ertüchtigung
leisten konnte, stellt dies eine der zusätzlichen Chancen des Fitnessmarktes dar.
Dazu sollte es gelingen, einheitliche,
übersichtliche und vor allem tatsächlich
Anreiz stiftende Incentivierungssysteme
zwischen Versicherungen und der Fitnesswirtschaft zu schaffen. Wesentliche Voraussetzungen dafür wären eine stärkere
Wahrnehmung und vor allem Unterstützung von Seiten des Staates, wie es in
anderen Ländern der Fall ist, in denen die
Fitnessindustrie als Dienstleister für die
Gesundheit der Menschen stärker anerkannt ist.
Mit einer fortschreitenden Verlagerung
hin zu gesundheitsorientierten Leistungen
werden zunehmend auch ältere Altersgruppen erschlossen, die bislang noch
weniger im Fokus der Industrie waren.
Aktuell haben sich viele Anbieter noch
immer nicht von einer oftmals zu engen
Zielgruppenorientierung mit den Attributen „jung und schön“ gelöst. Spezielle
Angebote für neue und insbesondere
ältere Zielgruppen werden noch nicht
überall konsequent umgesetzt und erbringen damit in der Regel auch nicht den
gewünschten Erfolg. Angebote, die von
dem Trend der älter werdenden Kunden
mit dem Wunsch nach körperlichem und
geistigem Ausgleich besonders profitieSCIAMUS – Sport und Management
Strategisches Management für Fitnessstudios
ren werden, sind Programme mit dem
Fokus auf Pilates, Yoga und ähnlichen
Inhalten. Entweder als Teil des Kursangebotes in einem „normalen“ Studio oder
auch als reines „Body&Mind-Studio“, mit
ausschließlichen Angeboten dieser Art,
wie sie in der jüngeren Vergangenheit
bereits vereinzelt entstanden sind.
Das Konzept der Konzentration auf ein
Nischenangebot, oftmals realisiert in
einem Mikrostudio, bietet gute Chancen
nicht nur lokal gesehen näher an den Kunden heranzukommen. Mit Anlagengrößen
von oftmals weniger als 200qm können
Zirkeltrainingskonzepte oder EMS-Trainingsformen auch in vergleichsweise kleinen Einzugsgebieten existieren und finden auch wesentlich leichter geeignete
Flächen. Die Fokussierung auf eine definierte, homogene Zielgruppe wie Frauen
ab 35 bei Anbietern wie „Mrs.Sporty“
bietet zudem die Möglichkeit der stärkeren Ausrichtung auf die spezifischen
Bedürfnisse ihrer Kunden und damit die
Abgrenzung von anderen Angeboten im
Markt.
Eine Möglichkeit, die bislang erst von
wenigen Anlagen genutzt wird, ist die Einbeziehung von Kindern in das reguläre
Angebotsprogramm. Über eine reine Kinderbetreuung hinaus, werden Kinder als
volle Mitglieder behandelt und es kann
eine stärkere Bindung der Eltern an ihren
Club erreicht werden. Dass auch Anbieter
erfolgreich sein können, die sich ausschließlich auf Kinder konzentrieren,
belegen zahlreiche Betreiber auf internationalen Märkten. Getrieben durch eine
immer weitere zunehmende Unsportlichkeit sowie Fettleibigkeit bei Kindern und
Jugendlichen bei einer zugleich größer
werdenden Vereinsmüdigkeit, könnten
ähnliche Konzepte in den nächsten Jahren
auch auf dem deutschen Markt erfolgreich
sein.
Ein Umsatzträger, der in Deutschland noch
vergleichsweise wenig ausgeschöpft wird,
ist das Personal Training. Während in
anderen Ländern die durch dieses zusätzThemenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
liche Angebot erwirtschafteten Einnahmen bereits seit Jahren eine bedeutende
Rolle am Gesamtumsatz der Betreiber
spielen, hat die Entwicklung zum Verkauf
von entgeltlichen Trainerstunden über das
normale Trainingsangebot hinaus in
Deutschland erst vor kurzer Zeit begonnen. Es zeichnet sich ab, dass die Potentiale dieses Angebots noch nicht ausgeschöpft sind und sich durch eine erfolgreiche Integration in das Leistungsangebot
eines Studios der erzielbare Beitrag noch
steigern lässt. Auch in der Entwicklung
von Personal Training-Gyms, also rein auf
die Durchführung von Einzel- oder Kleingruppentraining ausgelegte Studios, ist
eine Möglichkeit der weiteren Diversifizierung des Marktes zu sehen.
Einen weiteren Bereich mit Wachstumspotential stellt eine stärkere, sinnvolle Integration von Day-Spa Elementen in das
Leistungsangebot dar, um damit von der
weiterhin stark wachsenden Nachfrage
nach Wellnesseinrichtungen im Allgemeinen partizipieren zu können. Clubs schaffen die Symbiose zwischen einem eher
zielorientierten „Fit werden“ oder „Gut
aussehen“ und einem „sich wohl fühlen“
bereits im Rahmen des Clubbesuchs und
steigern einen Mehrwert für das Mitglied.
Zusätzlich unterstützt wird diese Entwicklung durch einen steigenden Anteil an
älteren Menschen in der Bevölkerung, die
damit auch eine immer größere Bedeutung für kommerzielle Fitnessanbieter
haben wird.
Dass Trends auch in der Fitnesswirtschaft
immer wieder kommen, belegt die aktuelle (Rück-)besinnung hin zum funktionellen Training. Wie schon die eingangs
erwähnten Gründerväter der modernen
Fitnessangebote mit dem eigenen Körpergewicht und entsprechenden Hilfsmitteln
wie kleinen Gewichten oder Seilen gearbeitet haben, erfolgt nun unter dem
Begriff „functional Fitness“ die Wiederbelebung und Ausstattung mit allerlei „erforderlichem“
Equipment
auf
diese
ursprüngliche Trainingsform.
SCIAMUS – Sport und Management
18
Auch Einzelbetriebe werden in der
Zukunft in der Fitnessindustrie erfolgreich
sein können. Auch wenn eine Organisation mit mehreren Standorten aus
betriebswirtschaftlicher Sicht grundsätzlich Vorteile gegenüber dem Betrieb einzelner Studios aufweist, stellt dieses nicht
das alleinige Erfolgskriterium dar. Vielmehr wird es zukünftig noch entscheidender werden, das eigene Leistungsportfolio
an die Bedürfnisse des Marktes anzupassen und in einem sich immer weiter entwickelnden Markt eine konsequente Positionierung einzunehmen. Gegenüber den
reinen Discountanbietern kann eine allein
auf den Preis ausgerichtete Vermarktungsstrategie mittelfristig nicht erfolgreich
sein. Es kommt im Wesentlichen darauf an
Inhalte und dabei vor allem die Dienstleistungskomponente des individuellen
Angebotes zu transportieren und sich
damit von dem reinen Geräteangebot der
Discounter, aber auch dem oftmals als
anonym wahrgenommenen Angebot der
Kettenbetreiber abzugrenzen.
Die guten Voraussetzungen für eine
erfolgreiche Zukunft müssen von den handelnden Akteuren und dabei insbesondere von den Anbietern – ob Ketten- oder
Einzelbetrieb – selbst angegangen werden. Die Chancen, die sich in einem im
Wandel befindlichen Umfeld ergeben, gilt
es aktiv zu nutzen und die Entwicklung
selbst in die Hand zu nehmen. Vielleicht
gelingt es den Fitnessanbietern in
Deutschland sich durch eine konsequente
Positionierung, eine professionelle Vermarktung und nicht zuletzt eine konsequente Selbstwahrnehmung als Dienstleister für ihre Kunden, zukünftig einmal
endgültig von dem Image der „Muckibude um die Ecke“ zu befreien.
Literatur
Deloitte (2001). Der deutsche Fitness- und
Wellnessmarkt, Newsletter, München.
Deloitte (2012). Studien zum Fitnessmarkt
2009-2012, München.
Dilger, E. (2008). Die Fitnessbewegung in
Themenheft
19
Deutschland. Schorndorf: Hofmann.
DSSV (2012). Datenerhebungen zur Eckdatenstudie 1989 bis 2012, Hamburg.
DSSV (2012). Eckdaten der deutschen Fitnesswirtschaft 2012, Hamburg.
Gronau, N. & Titze, G. (2012). Wer ist wirklich fit?. 2. Aufl., Mannheim (Zugriff am
22.06.2012 unter: http://www.edelhelfer.eu/fileadmin/content/studien/edelhelfer-Studie_2012-04_wer-ist-wirklichfit.pdf).
Kamberovic, R. (2012). Präsentation der
DSSV-Eckdatenstudie. Köln, 27.03.2012.
Müller, J. P. (1904). My System. Kopenhagen.
Wedemeyer-Kolwe, B. (2003). Zwischen
„Beruf“ und „Berufung“. Zur Geschichte der kommerziellen Fitnessanbieter.
In A. Schwab & R. Trachsel (Hrsg.), Fitness: Schönheit kommt von aussen, Zürich: Palma3.
Strategisches Management für Fitnessstudios
Zum Autor
Niels Gronau
Edelhelfer GmbH
Lenaustraße 9,
68167 Mannheim
Tel: +49 (0)621/1788 5727
E-Mail: [email protected]
www.edelhelfer.eu
Niels Gronau ist Geschäftsführer der edelhelfer
GmbH, die ihre Kunden aus der Sport- und Freizeitindustrie in der Analogie des Edelhelfers im Radsport auf den jeweiligen Etappen der Unternehmensentwicklung unterstützt. Nach dem Studium
der Betriebswirtschaftslehre an der Universität
Mannheim und verschiedenen Stationen in der
Praxis, hat er damit sein sportökonomisches Interesse zum Beruf gemacht und bringt dieses auch
als Autor und Referent in unterschiedliche Fragestellungen der Branche ein.
Eckhard Enders
Motive zum Fitnesssport aus sportpsychologischer Perspektive
Abstract
Einleitung
Erkenntnisse aus Untersuchungen zu Motiven können helfen, einerseits die besonderen Wünsche der Sportler in der
Gestaltung der Angebote entsprechend
zu berücksichtigen und andererseits
deren Vermarktung aufgrund der spezifischeren Zielgruppenorientierung wirkungsvoller umzusetzen. Dies gilt in gleicher Weise für den Sport wie auch für den
Fitnesssport. Der vorliegende Artikel leistet für den Bereich des Fitnesssports
einen motivbezogenen Orientierungsrahmen. Er vermag aber auch zu zeigen, dass
Motive hinsichtlich ihrer Bedeutung im
Wandel der Zeit gewissen Veränderungen
unterliegen können und weist somit auf
die nachhaltige Analyse von Motiven hin.
Das Wissen um Motive im sportbezogenem Kontext besitzt einen hohen Stellenwert in verschiedenen Wissenschaftsbereichen des Sports. Zum einen lassen sich
ökonomische Interessen zu Motiven als
Ansatzpunkte für Steuerungsprozesse in
Fitnessstudios herausstellen. Zum anderen
können aus trainingswissenschaftlicher
Perspektive
unterschiedliche
Motivausprägungen im Sinne einer Unter- bzw.
Übermotivierung für die Leistungsentwicklung mit ausschlaggebend sein. Psychologisch sind die inneren Beweggründe
der Handlung von Bedeutung, auch im
Vergleich zu anderen Handlungen. Allem
voran stellt sich im wahrsten Sinne des
Wortes die Frage nach den Beweggründen (lat. motus = Bewegung, Antrieb).
SCIAMUS – Sport und Management
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
Grundlegend wird die Ausrichtung sportlicher Aktivitäten von Motiven bestimmt1,
so auch das Betreiben von Fitnesssport.
Ihnen unterliegen die Prozesse der Verwirklichung bestimmter Ziele oder Aufgaben, die Dauerhaftigkeit der individuellen
Bindung und die Intensität der Mobilisierung psychischer und physischer Leistungsvoraussetzungen.
Individuen besitzen verschiedene Motive
mit unterschiedlicher Ausprägung, die in
Abhängigkeit eines Situationsanreizes die
Handlungssteuerung beeinflussen. Die
motivationale Prägung beginnt bereits im
Kindes- und Jugendalter. Darauf aufbauend verfestigen sich die Motive zunehmend und bleiben relativ stabil. Sie wirken als Antrieb des Verhaltens und verleihen der Aktivität eine bestimmte Intensität und Richtung2. Diese Eigenschaften lassen speziell die Motive des Fitnesssports
zum idealen Ansatzpunkt für vielerlei
Steuerungsprozesse im Fitnessstudio werden. Eine Orientierung an den Motiven
des Kunden stellt eine Grundvoraussetzung einerseits der individuellen Trainingsgestaltung, andererseits aber auch
der gezielten Produktgestaltung oder
dem Zielgruppenmarketing dar.
Die Motive der Fitnesssporttreibenden
wurden in den vergangenen Jahren immer
wieder zum Gegenstand von Untersuchungen, sodass mittlerweile ein ausgeprägtes Bild existierender Beweggründe
für den Fitnesssport vorzuliegen scheint.
Doch auch wenn der motivationalen Orientierung des Individuums eine relative
Stabilität zuerkannt wird, bleibt ein Wechsel z.B. aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen oder persönlicher Gegebenheiten vorbehalten. Darüber hinaus sind in
zeitlich größeren Abständen oder bei
variierenden Schwerpunktlegungen der
Studien ebenso variierende Motivlagen
nicht auszuschließen, die neben gesellschaftlichen Aspekten z.B. auch mit Trend1 vgl. Ilg, 1991, 108
2 vgl. Enders, 2007, 6
SCIAMUS – Sport und Management
20
entwicklungen der Industrie begründbar
sein können.
Bereits der historische Rückblick auf den
Fitnesssport bzw. seiner ursprünglichen
Form deutet verschiedene Beweggründe
an. Seine Entwicklung reicht zurück bis
ins 18. Jahrhundert und beinhaltete
bereits damals das Training an Geräten
zur Aktivierung des Körpers. Allerdings
war diese Art der sportlichen Betätigung
nur einer kleinen Minderheit vorbehalten.
Im Zeitraum um die Jahrhundertwende
entstanden in Schweden bereits die ersten kommerziellen Trainingsstudios, in
denen gegen einen Monatsbeitrag und
unter fachkundiger Anleitung vorwiegend
männliche Körper durch Hantel-Training
gestärkt wurden. Das oberste Ziel bestand
damals in der Entwicklung von Muskelkraft. In Deutschland eröffnete das erste
kommerziell geführte Kraftstudio im Jahr
1902 in Alsleben an der Saale unter Leitung des Ringertrainers Theodor Siebert.
Fitnesssport im damaligen Sinne war ein
Mittel zur ergänzenden Kräftigung über
das Sportartentraining hinaus. Der Trend
eines neueren Muskeltrainings, das Bodybuilding, entwickelte sich in Deutschland
erst 20 Jahre nach seiner Entstehung in
den USA, in denen erste Anfänge bereits
um das Jahr 1930 deutlich wurden. Im späteren Ausrichten von Bodybuilding-Meisterschaften und der Verherrlichung des
Körpers lassen sich neben Kraftaspekten
auch leistungsbezogene und ästhetische
Tendenzen als weitere Motivlagen erkennen.3
Aktuell ist der Trend zum Fitnesssport
nach zwischenzeitlich wiederkehrenden
Rezessionen ungebrochen. Die Angaben
des DSSV4 für die Anlagen-, Mitgliederund Umsatzentwicklung verweisen auf
steigende Zahlen. Angesichts dessen
bleibt die Frage bestehen, warum sich all
diese
Menschen
mit
Fitnesssport
„quälen“. Diesem Aspekt nachgehend
3 vgl. Zarotis, 1999, 35
4 vgl. DSSV, 2010
Themenheft
21
Strategisches Management für Fitnessstudios
Tab. 1: Rangfolge der mit dem Sporttreiben verbundenen Erwartungen nach
Organisationsformen (Quelle: vgl. Mrazek, 1988, 198)
wurden spezielle Motive zum Fitnesssport
analysiert. Hierzu liegen zahlreiche aussagekräftige Studien vor.5 Aus deren differenzierten Gegenüberstellung lässt sich
ein eindrucksvoller Überblick zu stärkeren Motiven bzw. Motivfaktoren zum Fitnesssport gewinnen.
Empirischer Erkenntnisstand zu
Motiven im Fitnesssport
Aus Studien zu Motiven des allgemeinen
Sporttreibens ist entnehmbar, dass
Aspekte der körperlichen Fitness als
Motive integriert waren und sich bereits
dort von höherer Bedeutung für die Teilnahme an sportlichen Aktivitäten erwiesen. Einzelne Untersuchungen beinhalteten dagegen insbesondere die intensivere
Erforschung spezieller Motive zum Fitnesssport, die im Folgenden näher
betrachtet werden.
Analyse von Motiven bei Kunden verschiedener Sportanbieter
Eine umfangreiche Analyse zu Motiven im
Fitnesssport an 1.041 Sportlerinnen und
Sportlern war zum einen auf die Erforschung der positiven Wirkungen des
5 vgl. Mrazek, 1988; Petry, 1990; Zarotis, 1999;
Trunz-Carlisi, 2003; Enders, 2007
SCIAMUS – Sport und Management
Sporttreibens, zum anderen aber auch auf
die Analyse der Erwartungen der Sporttreibenden gerichtet.6 Hierbei wurden
Sportler verschiedener Organisationskonzepte wie Sportvereine, Volkshochschulen/Bildungswerken und Fitnessstudios
einbezogen, um einen vergleichenden
Überblick über die Motivausprägungen
zu ermöglichen.
Aus dieser Befragung ging deutlich hervor, dass vordergründige Erwartungen an
das Sporttreiben in der Erhöhung des
Wohlbefindens, in der Steigerung der Fitness und in der Figurstraffung bestanden.
In der gezielten Analyse nach einzelnen
Sportorganisationen verdeutlichten sich
dagegen aufschlussreiche Ergebnisse
bezüglich spezieller Motive zum Besuch
von Fitnessstudios, die sich von denen der
anderen Einrichtungen zum Teil abhoben.
Als dominant erwies sich hierbei der
Aspekt der Figurstraffung, gefolgt von der
Attraktivitätssteigerung
zum
anderen
Geschlecht und der athletischen Gestaltung der Figur. Den Sporttreibenden in
Vereinen sowie Volkshochschulen war
dagegen die Steigerung des Wohlbefindens vordergründig, gefolgt von der Verbesserung der eigenen Fitness. Die Vereinssportler erwarteten auf Rang 3 eine
6 vgl. Mrazek, 1988
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
22
Abb. 1: Motive für den Besuch eines Fitness-Studios („1=nicht zutreffend“ bis
„5=stark zutreffend“; Signifikanzniveau: 5%=*, 0.1%=**)
(Quelle: vgl. Petry, 1990, 121 f.)
verbesserte Körperbeherrschung und die
Kursbesucher der Volkshochschulen den
Abbau von Stress. Bezogen auf die Rangfolge der Motive ist weiter interessant,
dass die athletische Formung des Körpers
und die Steigerung der Kraft bei den Vereins- und VHS-Sportlern außerhalb der
vorderen 5 Ränge zu finden waren und
sich somit deren höhere Bedeutung für
die Fitnesssportler herausstellte. Insofern
kristallisierten sich vordergründig Motive
mit starkem ästhetischem Bezug bei den
Fitnesssportlern im Gegensatz zu anderen
Sportlern heraus.
Im Vergleich der Gruppen waren Motive
mit einer fitnesssporttypischen Orientierung, z.B. die Steigerung der Fitness, am
stärksten bei den Sportlern in Fitnessstudios ausgeprägt. Auch mit weiteren
Aspekten, u.a. der Steigerung der Kraft,
der athletischen Formung des Körpers
und der Straffung der Figur, verknüpften
die Fitnesssportler größere Erwartungen
gegenüber den anderen Befragten. Somit
SCIAMUS – Sport und Management
verdeutlichten die Ergebnisse dieser
Untersuchung spezifische Motivationslagen von Sportlern in Fitnessanlagen im
Vergleich zu Sportlern anderer Einrichtungen. Die Tabelle 1 gibt Rangfolgen der
mit dem Sporttreiben verbundenen
Erwartungen in Bezug auf verschiedene
Organisationsformen wieder.
Analyse von Motiven im geschlechtsbezogenem Kontext
Eine weitere Analyse zum Sporttreiben in
Fitnessstudios berücksichtigte verstärkt
geschlechtsspezifische Wahrnehmungen
der Motivation.7 Dieser Untersuchung lag
eine Stichprobe von 551 Personen
zugrunde.
Neben varianzanalytischen Untersuchungen zu Motiven bestand ein weiteres vordergründiges Interesse in der Aufdeckung von Motivfaktoren, die mittels
exploratorischer Faktorenanalyse ermit7 vgl. Petry, 1990
Themenheft
23
Strategisches Management für Fitnessstudios
Tab. 2: Darstellung der Motiv- und Motiv-Faktoren-Rangfolgen (nach Geschlecht)
(Quelle: vgl. Petry, 1990, 121 f.)
telt wurden. Die Ergebnisse ließen die
Annahme einer 3-Faktoren-Lösung zu, die
im Einzelnen in die Bereiche „Gesundheit“ (Item 1-4), „Ausgeglichenheit“ (Item
5-8) und „Figurformung“ (Item 9 und 10)
differenziert. Die Bewertungen der Motive
durch die Männer und Frauen werden in
der Abbildung 1 wiedergegeben.
Die geschlechterbezogene Differenzierung der Motive im Fitnesssport gab bei
den männlichen Fitnesssportlern vordergründig die Verbesserung der eignen Fitness zu erkennen. Weiterhin waren die
Erhöhung des körperlichen Wohlbefindens und der Beitrag für die Gesundheit
als stärker zutreffende Motive anzusehen.
Seitens der Frauen wurde eine ähnliche
Motivation deutlich (vgl. Tabelle 2). Somit
wurde generell die höhere Bedeutung des
Faktors „Gesundheit“ für die männlichen
und weiblichen Fitnesssportler herausgestellt.
Im Vergleich der männlichen und weiblichen Untersuchungsgruppe äußerte sich
der größte Motivationsunterschied in der
Verringerung bzw. im Halten des
Gewichts. Die Frauen zeigten sich in diesem Aspekt deutlich stärker motiviert
gegenüber den Männern. Auch die Formung der Figur war den Frauen signifikant wichtiger, sodass generell der Fähigkeitskomplex der „Figurformung“ für
weibliche Fitnesssportinteressierte eine
höhere Bedeutung einnahm.
Aufgrund der faktoriellen Analyse ließ
sich die Dominanz des Motivkomplexes
der „Gesundheit“ herausstellen. Motive
mit psycho-sozialem Charakter, wie das
Treffen von Bekannten oder Stressabbau,
waren dagegen von geringerer Bedeutsamkeit. Auch ästhetische Aspekte,
gebündelt im Faktor „Figurformung“,
erreichten eine geringere Wertigkeit
gegenüber den gesundheitsbezogenen
Aspekten. Hierin lassen sich tendenzielle
Unterschiede zu den Ergebnissen der vorangegangenen Studie8 erkennen, bei
denen Aspekte der Ästhetik des Körpers
dominantere Motive darstellten.
Die Zeitschrift „Fit For Fun“ veranlasste im
Jahr 2003 in Zusammenarbeit mit dem Kölner Institut für Prävention und Nachsorge
eine Untersuchung zur Ermittlung von
Wünschen und der Wirklichkeit in Fitnessstudios. Ein Teilaspekt lag auf der Suche
nach den Hauptgründen für den Besuch
eines Fitnessstudios.
Den Ergebnissen in der Abbildung 2 ist zu
entnehmen, dass die häufigsten Nennungen der männlichen und weiblichen
Befragten auf die Verbesserung der allgemeinen Fitness bezogen waren und diese
als Hauptgrund für den Besuch eines Fitnessstudios galt. Bei den männlichen Fitnesssportlern folgte auf dem 2. Rang der
körperliche Ausgleich zum Alltag und
zum Beruf und auf dem 3. Rang das Figur8 vgl. Mrazek, 1988
SCIAMUS – Sport und Management
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
24
Abb. 2: Hauptgründe für den Besuch eines Fitnessstudios bei Männern und Frauen
(Angaben in %) (Quelle: vgl. Trunz-Carlisi, 2003)
training. Bei den Frauen belegten die weiteren Ränge das Figurtraining und der
körperliche Ausgleich zum Alltag bzw.
Beruf (vgl. Tabelle 3).
Nebenbei bemerkt waren Flirtmotive von
beiden Gruppen am wenigsten genannt
worden. Auch das Motiv, im Fitnessstudio
nette Leute kennenzulernen, war relativ
schwach ausgeprägt, sodass Motive mit
sozialem Bezug insgesamt von geringer
Bedeutung waren. Ebenso rangierte der
Wunsch nach Bodybuilding, der eine frühere Hauptmotivation und Sinnrichtung
des Fitnesssports darstellte, weiter hinten
auf dem vorletzten Platz.
Analyse von Motiven im geschlechtsund altersbezogenem Kontext
In einer der größten bisher veröffentlichten Untersuchung zu Motiven im Fitnesssport im deutschsprachigen Raum lag der
Fokus auf dem Einfluss verschiedener
sozio-demographischer Faktoren, vor
allem auf dem Geschlecht und dem Alter. 9
Hierbei wurden 3.248 Personen im Rahmen der Eingangsbefragung gesundheits-
Tab. 3: Darstellung der Motiv-Rangfolgen (nach Geschlecht)
(Quelle: vgl. Trunz-Carlisi, 2003)
9 vgl. Zarotis, 1999
SCIAMUS – Sport und Management
Themenheft
25
Strategisches Management für Fitnessstudios
Abb. 3: Häufigkeitsverteilung der Motive bei Männern und Frauen (prozentuale Angaben)
(Quelle: vgl. Zarotis, 1999, 85 ff.)
bezogener Fitnessclubs einbezogen.
Ein Ziel der Untersuchung war die Ermittlung von Motivkomplexen auf der Grundlage von faktorenbezogenen Analysen.
Einzelne Motive ließen jedoch keine eindeutige Zuordnung zu einem Faktor
erkennen, sodass eine Motivstruktur
bevorzugt wurde, die sich an Erkenntnissen bisheriger theoretischer und empirischer Darstellungen orientierte. Insofern
wurde eine Motivstruktur mit den 7 Faktoren „Fitness/Gesundheit“ (Item 1-3),
„Aussehen“ (Item 4-6), „Psychisches Erleben“ (Item 7, 8), „Kognitive Dimension“
(Item 9, 10), „Soziale Dimension“ (Item 11,
12), „Leistung“ (Item 13) und „Motorische
SCIAMUS – Sport und Management
Dimension“ (Item 14, 15) erwogen.
Aus der Perspektive der Gesamtstichprobe wurde am häufigsten die Verbesserung der körperlichen Fitness deutlich,
gefolgt von der Gewichtsreduktion und
dem Ausgleich von beruflichem Stress.
Auch andere Motive wie Gesundheit,
Spaß, Wohlbefinden, Aussehen oder Ausgleich von Stress überlagerten das klassische Motiv der Leistung bzw. Wettkampf,
welches in anderen Bereichen des Sports
dominiert. In der Abbildung 3 sind die
Einzelmotive nach ihrer Häufigkeit bei
den Männern und Frauen dargestellt.
Für eine zielgruppenbezogene Berücksichtigung von Motiven ergaben sich
interessante Ergebnisse aus der vergleiThemenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
26
Tab. 4: Darstellung der Motiv-Rangfolgen (nach Geschlecht)
(Quelle: vgl. Zarotis, 1999, 98 ff.)
chenden Betrachtung von Männern und
Frauen. Zu den Top-3-Motiven der weiblichen Befragten zählte die Verbesserung
der körperlichen Fitness, gefolgt vom
speziellen
Figurtraining
und
der
Gewichtsreduktion. Den Männern schien
ebenso die Verbesserung der körperlichen Fitness am wichtigsten zu sein. Bei
ihnen folgten auf den weiteren Rängen
der Muskelaufbau und der Ausgleich zum
beruflichen Stress. Somit lässt sich
schlussfolgern, dass dem Motivkomplex
„Fitness/Gesundheit“ u.a. aufgrund der
häufigsten Nennung des Motivs der Verbesserung der Fitness bei Männern und
Frauen gleichermaßen eine sehr hohe
Bedeutung beigemessen und bei der
Angebotsgestaltung berücksichtigt wer-
den muss. Darüber hinaus waren auch
Motive in Verbindung mit der äußeren
Erscheinung maßgeblich für die Aktivität
im Fitnessstudio (vgl. Tabelle 4).
Auch aus den altersbezogenen Darstellungen der wichtigeren Motive (vgl. Talelle 5)
gingen verschiedene Bedeutsamkeiten
hervor. Bei den Frauen aller Altersgruppen war die Verbesserung der körperlichen Fitness vordergründig. Während bei
den unter 25-Jährigen, den 25-34-Jährigen
und 35-44-Jährigen das spezielle Figurtraining und die Gewichtsreduktion folgten, deutete sich bei den Frauen im Alter
von über 45 Jahren im Hervortreten des
Motivbündels „Psychisches Erleben“ ein
Paradigmenwechsel an. Das spezielle
Tab. 5: Darstellung der Motiv-Rangfolgen (nach Alter und Geschlecht)
(Quelle: vgl. Zarotis, 1999, 106 ff.)
SCIAMUS – Sport und Management
Themenheft
27
Strategisches Management für Fitnessstudios
Tab. 6: Darstellung der Motiv- und Motiv-Faktoren-Rangfolgen (nach Geschlecht)
(Quelle: vgl. Enders, 2007, 98)
Figurtraining als Motiv des Faktors „Aussehen“ trat stattdessen zurück.
In allen Altersgruppen der Männer wurde
die Verbesserung der körperlichen Fitness am häufigsten genannt. Im Altersvergleich der Männer kommt zum Ausdruck,
dass in den beiden mittleren Phasen dem
Abbau von Stress eine stärkere Bedeutung
beigemessen wurde und in den beiden
älteren Gruppen das psychische Erleben
in Form des entspannten Trainings eine
stärker vordergründige Position einnahm
gegenüber den vorherigen Altersphasen.
Die Ergebnisse einer aktuelleren Untersuchung10 geben zu erkennen, dass männliche und weibliche Fitnesssportler partiell
über ähnlich ausgeprägte Motive verfügen (vgl. Tabelle 6). In beiden Gruppen
belegten sowohl der Beitrag für die
Gesundheit als auch die Erhöhung des
Wohlbefindens die vorderen beiden
Ränge. Die Erhöhung der körperlichen
Leistungsfähigkeit nahm bei den Männern
den 3. Rang und bei den Frauen den 5.
Rang ein. Auf den Rängen 2 und 3 folgten
bei den Frauen die Erhöhung des Wohlbefindens und die Stärkung des Kreislaufs.
Neben rangfolgebezogenen Ähnlichkeiten der beiden vorderen Motive wurden
aber auch geschlechtsspezifische Unterschiede in der Bewertung einzelner
Motive deutlich. Während die Ergebnisse
der Männer und Frauen in den Aspekten
10 vgl. Enders, 2007
SCIAMUS – Sport und Management
des Wohlbefindens und der Gesundheit
Ähnlichkeiten aufwiesen, beide belegten
die vorderen Ränge, unterschieden sich
die nachfolgenden Motive. Den männlichen Fitnesssportlern waren demzufolge
Kraftaspekte, wie der Aufbau von Muskelmasse und die Erhöhung der Kraft wichtiger. Bei den Frauen stand der figurbezogene Aspekt, insbesondere das Straffen
der Figur, im weiteren Fokus. Bei diesen
Aspekten waren hochsignifikante Unterschiede zu verzeichnen.
Die Vielfalt der Motive zum Fitnesssport
wurde mittels einer faktorbezogenen Analyse zu Motivgruppen gebündelt. Hieraus
ergab sich eine Motivstruktur, die sich aus
den Faktoren „Körperpräsentation“, „Stärkung
der
körperlichen
Leistungsfähigkeit“, „Stressregulation und Körperformung“, „Kontakt mit Freunden“,
„Freude an schönen Bewegungen“ und
„Aufbau von Kraft und Athletik“ zusammensetzt. Deren Bedeutung bei männlichen und weiblichen Fitnesssportlern
wird in der Abbildung 4 ausgedrückt.
In der Gesamtgruppe waren die Faktoren
„Stressregulation und Körperformung“,
„Aufbau von Kraft und Athletik“ und „Stärkung körperlicher Leistungsfähigkeit“ in
der Folge vorrangig.
Als interessant erwies sich auch eine
altersbezogene Betrachtung der Motivkomplexe, die unterschiedliche Bedeutsamkeiten in den Altersphasen erkennen
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
28
Abb. 4: Geschlechtsbezogener Vergleich motivationaler Faktoren im Fitness-Sport („1=nicht
wichtig“ bis „6=sehr wichtig“, *signifikanter Unterschied)
ließ (vgl. Abbildung 5).
Als wesentliche Erkenntnisse werden in
den Gruppen mit zunehmendem Alter ein
zunehmendes Interesse an der Stärkung
der körperlichen Leistungsfähigkeit und
eine abnehmende Bedeutung von Aspek-
ten der Kraft und Athletik deutlich. Motive
der Stressregulation und Körperformung
verlieren bei den über 45-Jährigen im Vergleich zu den jüngeren Altersgruppen
ebenso an Bedeutung.
Abb. 5: Altersgruppenbezogener Vergleich motivationaler Faktoren im Fitness-Sport
(„1=nicht wichtig“ bis „6=sehr wichtig“, *signifikanter Unterschied)
SCIAMUS – Sport und Management
Themenheft
29
Strategisches Management für Fitnessstudios
Gegenüberstellende Darstellung von
Motiven im Sport und Fitnesssport
In einer abschließenden Betrachtung lassen sich verschiedene Motive für die Teilnahme am Fitnesssport feststellen, die
sich teilweise auch in Untersuchungen zu
Motiven in anderen sportlichen Bereichen
widerspiegeln. Grundlegend können im
Sport allgemein die Motive von Teilnehmern verschiedener Sportangebote deutlich voneinander abweichen. Für den
Laufsport wurde die Herstellung des seelischen Gleichgewichts als wichtigstes
Ziel erkannt.11 In einer Untersuchung zu
Erwartungen in Verbindung mit sportlichen Aktivitäten wurde die Erhöhung des
körperlichen Wohlbefindens als wichtigstes Motiv deutlich.12 An anderer Stelle
wurde bei verschiedenen Freizeitsportlern die Erhaltung der körperlichen Fitness als herausragendes Motiv festgestellt.13 Das Gesundheitsmotiv zeigte sich
bei Kunden kommerzieller Sportanbieter
sowie bei Vereinsmitgliedern als dominant.14 Es war Bestandteil des faktorbezogenen Aspekts der Körpergestaltung. Auf
diesen Aspekt hatten insbesondere Fitnessstudios als kommerzielle Anbieter ihr
Angebot ausgerichtet. Andere kommerzielle Anbieter wie Tanz-, Sport- oder Gymnastikstudios hoben dagegen das psychische Erleben und Körpererfahrung in
ihren Angeboten hervor. Auch in einer
anderen
Untersuchung
erfuhr
das
Gesundheitsmotiv eine zentrale Bedeutung.15 Bei sportlichen Aktivitäten allgemein ließen sich vordergründig auch die
Motive des Spaßes und der Freude an
Bewegungen identifizieren.16
ben zusammenfassen. Sie deuten partielle
Ähnlichkeiten zu Motiven im Fitnesssport
an. Einer Studie aus dem Jahr 1988 zufolge
galt im Fitnessbereich neben der Figurstraffung und der Erhöhung des Wohlbefindens auch die athletische Formung des
Körpers als wichtigere Motive der Sportler.17 In einer weiteren Studie war die Verbesserung der Fitness das dominanteste
Motiv und zeichnete sich sowohl für Männer als auch für Frauen gleichermaßen
ab.18 Auch knapp 10 Jahre19 später hielt
sich dieser Aspekt auf Rang 1 und bestätigte seine Position in einer weiteren Studie20. Weitere wichtigere Motive waren in
den Aspekten der Gesundheit und des
Wohlbefindens zu finden sowie in den
Motiven der Figurformung allgemein, die
sich verstärkt bei Männern u.a. in der
Kräftigung und im Aufbau von Muskeln
und bei den Frauen in der Figurformung
und Gewichtreduktion wiederfanden. In
detaillierteren Analysen wurden die
Beweggründe stärker unter Beachtung
des Geschlechts und Alters bei Aktiven im
Fitnesssport21 sowie weiter in kommerziellen Fitnessstudios und Sportvereinen22
berücksichtigt.
Fazit und sportpsychologische Diskussion zu Motiven
Die Ergebnisse der einzelnen Studien zu
verschiedenen sportlichen Angeboten
lassen sich u.a. durch die Motivkomplexe
Fitness/Gesundheit und psychisches Erle-
Motive im Fitnesssport erweisen sich als
vielgestaltig und abhängig von Untersuchungsgruppen. In vergangenen Studien
standen zunächst figurbezogene Motive
und später die Verbesserung der Fitness
an vorderer Stelle. In der aktuellsten der
gezeigten Befragungen deutet sich diesbezüglich ein weiterer Trendwechsel an.
Die körperliche Fitness ist zwar nach wie
vor eines der wichtigeren Motive im Fitnesssport, es wurde jedoch von Aspekten
des Wohlbefindens und der Gesundheit
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
vgl. Weber, 1982
vgl. Mrazek, 1988
vgl. Mickler & Moser, 1988
vgl. Dietrich et al., 1990
vgl. Denk und Pache, 1999
vgl. Gabler, 2002
SCIAMUS – Sport und Management
vgl. Mrazek, 1988
vgl. Petry, 1990
vgl. Trunz-Carlisi, 2003
vgl. Zarotis, 1999
vgl. Zarotis, 1999; Enders, 2007
vgl. Mrazek, 1988; Enders, 2009
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
30
überholt. Aus diesem Rückblick wird
begleitend zum psychologischen Interesse auch aus ökonomischer Hinsicht der
Bedarf wiederholender Analysen motivationaler Orientierungen deutlich.
Als spannend erweist sich die Diskussion,
was sich aus psychologischer Perspektive
hinter den Motiven und Motivfaktoren
genau verbirgt. Wie die Studien mehrheitlich zeigen konnten, existieren beispielsweise Einzelmotive im Sinne der Steigerung der (körperlichen) Fitness. Dem
gegenüber sind weiteren Analysen
zufolge aber auch ganze Motivfaktoren
zur Verbesserung der Fitness präsent, die
durch eine Mehrzahl einzelner Motive
begründet werden. Fitness bzw. fit werden
ist als Einzelmotiv sowie als Motivfaktor
ein vielschichtiger Begriff, der sich für
eine konkrete Gestaltung von Übungsangeboten noch als zu unpräzise darstellt
und weiter hinterfragt werden muss. Vor
diesem Hintergrund bieten Motivfaktoren,
auch wenn sie aufgrund der Zusammenfassung einzelner Motive eher allgemeinen Charakters sind, gerade durch ihre
Zusammensetzung eine nähere Darstellung dessen, was unter dem Fitnessmotiv
subsummiert wird. Beispielsweise werden
darunter Motive der allgemeinen Verbesserung der körperlichen (physischen) Fitness, des ausdauerbetonten Herz-Kreislauftrainings und der positiven Beeinflussung körperlicher Beschwerden verstanden.23 Nach lexikalischem Verständnis
werden unter körperlicher Fitness individuelle Voraussetzungen zur Durchführung
von Freizeitaktivitäten, für Gesundheit, zur
Verhinderung der Entstehung von Bewegungsmangelerkrankungen
und
zur
Bewältigung von Notfallreaktionen aufgefasst.24
Um einzelne Motive besser bei der Angebotsgestaltung bzw. bei der Trainingsbetreuung berücksichtigen zu können, sollten unterstützend die ursächlichen
Beweggründe bzw. individuelle Vorausset-
zungen in Erfahrung gebracht werden.
Die motivationale Phase ist aus psychologischer Betrachtung u.a. an eine Handlungsergebniserwartung gebunden25, d.h.
es liegt zunächst ein spezifischer Zustand
vor, welcher mit einem bestimmten Motiv
verbunden wird, dessen Befriedigung
durch die Ergreifung spezifischer Maßnahmen erwartet wird (im vorliegenden
Zusammenhang
fitnesssportbezogene
Maßnahmen). Insofern erweist sich bei
der Berücksichtigung des speziellen
Motivs der Fitness auch eine aktuelle
Bedarfsanalyse der Person als sinnvoll,
z.B. über die Erfassung von Parametern
wie BMI, Fettwerte, Ausdauerleistungsfähigkeit, Beweglichkeit etc., um durch
einen gezielten Einsatz der gewählten
Maßnahme den individuellen Handlungsergebniserwartungen
bestmöglich
gerecht werden zu können.
Untersuchungen zu Motiven im Fitnesssport bieten einen guten Überblick über
deren Ausprägung bzw. ihre Bedeutung.
Sie spiegeln allgemein wider, warum sich
dem Fitnesssport zugewandt wurde und
lassen somit die Unterscheidung verschiedener Fitnessmotive in unterschiedlichen
Personengruppen zu. Zur weiteren gezielten Betreuung verschiedener Personengruppen würden sich Ergebnisse clusterbezogener Analysen unter Einbezug
anthropogener Faktoren zur spezifischen
Zielgruppenkennzeichnung als hilfreich
erweisen. Diese liegen bereits ansatzweise vor26 und werden in einem gesonderten Beitrag dieses Themenheftes präsentiert.
23 vgl. Zarotis, 1999, 85
24 vgl. Kent, 1996, 221
25 vgl. Reuter & Schwarzer, 2009, 40
26 vgl. Heinze, 2010
SCIAMUS – Sport und Management
Literatur
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Enders, E. (2007). Motivationale und selbstkonzeptbezogene Aspekte im Fitness-Sport. Hamburg: Kovač.
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Themenheft
31
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Brach & K. Reinhart (Hrsg.), Bildungspotenziale im Sport (S. 360). Hamburg:
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Heinze, R. (2010). Kundensegmentierung –
Eine empirische Analyse der Kundenstruktur in Fitnessstudios. Unveröffentlichte Wissenschaftliche Hausarbeit.
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Zarotis, G.F. (1999). Ziel Fitness-Club. Motive im Fitness-Sport. Aachen: Meyer &
Meyer.
SCIAMUS – Sport und Management
Strategisches Management für Fitnessstudios
Zum Autor
Dr. Eckard Enders
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Institut für Sportwissenschaft
Seidelstraße 20
07743 Jena
Tel: (03641)945695
E-Mail: [email protected]
Dr. phil. Eckhard Enders ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Sportpsychologie/Sportmotorik des Instituts für Sportwissenschaft der
Friedrich-Schiller-Universität Jena. Mit der Promotion zum Thema „Motivationale und selbstkonzeptbezogene Aspekte im Fitness-Sport“ lenkte er sein
sportpsychologisches Interesse auf die eigene
sportliche Aktivität, in der er nebenbei auch als
Trainer tätig ist. Seine Forschungsschwerpunkte
sind neben der Unterscheidung von Motivtypen in
verschiedenen Bereichen des Sports auch auf kognitive, volitionale und kohäsionsbezogene Aspekte im Freizeit- und Leistungssport gerichtet.

Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
SCIAMUS – Sport und Management
32
Themenheft
33
Strategisches Management für Fitnessstudios
Robin Heinze & Benedikt Römmelt
Kundensegmentierung im Fitnessstudio
Abstract
derbestand zu halten.3
Nur wenige Mitglieder von kommerziellen
Fitnessanlagen sehen sich diesen auf
lange Sicht verbunden. Die Fitnessbranche reagiert darauf mit einem erheblichen
Ressourceneinsatz in die Kundenneugewinnung. Dies verkennt aber, dass die
Gewinnung neuer Kunden teurer ist, als
die Bindung bestehender Kunden und
vernachlässigt auch die positiven Wirkungen, die von treuen Kunden ausgehen.
Einer der Schlüssel zu einer wirksamen
Kundenbindung ist die Konzentration auf
spezifische
Kundengruppen/Marktsegmente. Der Beitrag stellt dazu differenzierte Kundengruppen von Fitnessstudios
dar und leitet daraus praktische Hinweise
für eine Erfolg versprechende Positionierung im Fitnessmarkt ab.
Die Vernachlässigung einer nachhaltigen
Bindung der Kunden verkennt, dass die
Gewinnung neuer Kunden teurer ist als
bestehende Kunden zu halten.4 Langanhaltende Beziehungen der Kunden zum
Unternehmen können den Gewinn enorm
steigern. Entsprechend ihrer Bedürfnisse
angesprochen, erzeugen Kunden zunehmenden Gewinn je länger sie dem Unternehmen treu sind.5 Kundenuntreue dagegen hat einen stark negativen Einfluss auf
den finanziellen Erfolg dienstleistungsorientierter Unternehmen wie Fitnessstudios.
1. Problemstellung
Der Fitnessmarkt hat im letzten Jahrzehnt
einen starken Boom erlebt. Allerdings
liegt der Schwerpunkt der strategischen
und operativen Maßnahmen bei vielen
Anbietern der Fitnessbranche auf der
Gewinnung neuer Mitglieder. Fitnessstudios haben sich stets darauf beschränkt,
Mitgliedschaften zu verkaufen, ohne sich
jedoch nach Abschluss des Vertrages ausreichend um seine Kunden zu kümmern.
Dadurch plagt sich die Fitnessindustrie
seit Jahren mit teilweise extremen Fluktuationsraten. In der Spitze kündigen innerhalb eines Jahres mehr als die Hälfte der
Mitglieder eines Studios.1 Bereits seit längerem ist bekannt, dass sich lediglich
relativ wenige Mitglieder kommerziellen
Sportanbietern auf lange Sicht verbunden
fühlen2. Das führt zu einem hohen Einsatz
von Ressourcen für die Neubindung von
Kunden, allein um den erreichten Mitglie1 Deloitte, 2009, 1f.
2 Dietrich, Heinemann, Schubert, 1990, 56
SCIAMUS – Sport und Management
Zum systematischen Management der
Kundenbeziehungen im Fitnesssektor
gehören vielfältige Maßnahmen, die von
der Erstellung der Werbeanzeigen bis hin
zur Rückgewinnung bereits ausgetretener
Kunden reichen. Im Zentrum steht jedoch
die Bindung vorhandener Mitglieder.
Ein zufriedener Kunde fühlt sich dem
Unternehmen verbunden und ist eher
bereit, seinen Vertrag zu verlängern oder
denkt gar nicht erst über eine Kündigung
nach. Weiterhin nutzen loyale Kunden
auch andere Angebote des Unternehmens. So können Fitnessstudios ihre
Zusatzleistungen
besser
verkaufen.
Außerdem empfehlen zufriedene und eng
gebundene Kunden ihr Fitnessstudio eher
an Freunde und Bekannte weiter. Somit
werden gleichzeitig Neukunden geworben, da die Empfehlung durch nahestehende Personen eine der häufigsten Informationsquellen und bedeutender Entscheidungsfaktor bei der Wahl eines Fitnessstudios ist.6 Etwa 53% der Fitnessstudiokunden werden durch Freunde,
3 Deloitte, 2009, 1f.
4 vgl. beispielsweise: Kotler, Keller, Bliemel, 2007,
59 ff.; Meffert, Burmann, Kirchgeorg, 2008, 860
ff.
5 Reichheld & Sasser, 1990, 105f.
6 Deloitte, 2009, 2
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
34
Abb. 1: Impulse für die Wahl des Fitnessstudios
(Quelle: INNOFACT, 2008, 15)
Bekannte und Verwandte auf das jeweilige
Angebot aufmerksam gemacht.7 Abbildung 1 zeigt dazu die wesentlichen
Impulse, die bei der Wahl des Fitnessstudios eine Rolle spielen.
Damit werden Bestandskunden zu wichtigen Botschaftern für Fitnessstudios und
schaffen so einen zusätzlichen Wert für
das Unternehmen. Der existierende Kundenstamm stellt also in doppelter Weise
Kapital für das Studio dar: Durch den eigenen Umsatz, der direkt ergebniswirksam
wird und als Multiplikator, der wirksame
und kostengünstige Reputations- und
Neukundengewinne verspricht.8
Gerade bei einer bereits bestehenden
Beziehung kann der Kunde erwarten, dass
das Fitnessstudio aus den bisherigen Kontakten mit den Kunden gelernt hat und die
Bedürfnisse seiner Mitglieder kennt. Doch
auch eine unprofessionell durchgeführte
Kundenneugewinnungsaktion kann fatale
Folgen haben, denn wenn der erste Eindruck durch ein uninteressantes Angebot
die Kundenwünsche verfehlt, ist dies nur
sehr schwer wieder zu korrigieren.9
Vor diesem Hintergrund stellt der Beitrag
7 Dietrich, Heinemann & Schubert, 1990, 54;
INNOFACT, 2008, 15
8 Riesenbeck, 2010, 203 f.
9 Padberg, 2009, 20
SCIAMUS – Sport und Management
typische Kundengruppen von Fitnessstudios anhand ihrer kennzeichnenden Merkmale vor.
2. Kundensegmentierung als Ausgangspunkt für eine gezielte Kundenorientierung
Ziel der Kundenorientierung ist es, die
Maßnahmen des Unternehmens direkt an
den Bedürfnissen und Wünschen des Kunden auszurichten.
„Kundenorientierung
ist
die
umfassende,
kontinuierliche
Ermittlung und Analyse der Kundenerwartungen
sowie
deren
interne und externe Umsetzung in
unternehmerische
Leistungen
sowie Interaktionen mit dem Ziel,
langfristig stabile und ökonomisch
vorteilhafte Kundenbeziehungen
zu etablieren.“10
Durch Kundenorientierung gelingt eine
langfristige Bindung des Kunden an das
Unternehmen. Darüber hinaus können
gezielte Maßnahmen zur Kunden-NeuGewinnung und Kunden-Wieder-Gewinnung abgeleitet werden, um so einen festen Kundenstamm aufzubauen.
10 Bruhn, 1999, 10
Themenheft
35
Strategisches Management für Fitnessstudios
Abb. 2: Einsatzmöglichkeiten der Kundensegmentierung
(Quelle: eigene Darstellung)
Abbildung 2 illustriert die Einsatzmöglichkeiten der Kundensegmentierung.
„Kundensegmentierung
umfasst
aufbauend auf kundenindividuellen Informationen die Aufteilung
der vorhandenen Kunden in homogene Gruppen und deren gezielte
Bearbeitung mit Hilfe segmentspezifischer Maßnahmen.“11
Im Sinne einer entscheidungsorientierten
Sichtweise geht es bei der Segmentierung
nicht nur um die Segmentbildung, sondern auch um die Bearbeitung der Segmente, also die Segmentauswahl und die
operativen Aspekte der Maßnahmengestaltung.12 Nach Kotler und Bliemel wird
dieses schrittweise Vorgehen auch als
STP-Marketing (segmenting, targeting,
11 Freter, 2008, 55
12 Freter & Hohl, 2010, 190
SCIAMUS – Sport und Management
positioning) bezeichnet.13
Die an den speziellen Bedürfnissen und
Wünschen der Kunden ausgerichtete
Bearbeitung der homogenen Gruppen
(Segmente) führt über die Optimierung
der Angebote zu mehr Kundenzufriedenheit, stärkt die Bindung des Kunden an das
Unternehmen und erhöht so dessen Wert.
Kundenzufriedenheit ist die positive Bewertung sämtlicher Erfahrungen eines Kunden mit einem
Anbieter.14
Kundenbindung ist das loyale Verhalten eines Kunden gegenüber
einem Anbieter. Sie besteht aus
zwei Dimensionen: Dem bisheri13 Kotler & Bliemel 2001, 415
14 Homburg & Giering, 1999, 178
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
gen Verhalten (Kaufverhalten, Weiterempfehlung) und der Verhaltensabsicht
(Wiederkaufabsicht,
Zusatzkaufabsicht, Weiterempfehlungsabsicht).15
36
bezeichnet und untergliedert sich in drei
Teilschritte19:
1. Segmentbildung (segmenting)
2. Segmentauswahl (targeting)
3. Segmentbearbeitung (positioning)
Kundenwert ist der vom Anbieter
wahrgenommene und bewertete
Beitrag eines Kunden zur Erreichung seiner monetären und nichtmonetären Ziele, also das ökonomische Maß für die Bedeutung des
Kunden.16
Der aufgebaute Kundenstamm stellt für
den Unternehmer in doppelter Weise
Kapital dar: Durch den eigenen Umsatz,
der direkt ergebniswirksam wird und als
Multiplikator, der wirksame und kostengünstige Reputations- und Neukundengewinne verspricht.17
Über die Bindung der vorhandenen Kunden hinaus können durch segmentspezifische Angebote Kunden gezielt neu- oder
wieder-gewonnen werden. Diese spezialisierte Ausrichtung führt dazu, dass die
Wünsche und Bedürfnisse der potentiellen Kunden individueller als bei der Konkurrenz befriedigt werden können.
3. Kundensegmentierung
Im Unterschied zur Marktsegemtierung,
die die Aufteilung des (heterogenen)
Gesamtmarktes für ein Produkt, also alle
Kunden und potentielle Kunden, in (homogene) Teilmärkte (Segmente) und deren
spezifische Bearbeitung darstellt, meint
die Kundensegmentierung die Aufteilung
der vorhandenen Kunden. Sie stellt eine
wichtige Größe zur Planung, Steuerung
und Kontrolle von Marketingentscheidungen dar.18
Nach Kotler und Bliemel wird die Kundensegmentierung auch als STP-Marketing
15
16
17
18
Homburg & Giering, 1999, 178 f.
Freter, 2008, 55
Riesenbeck, 2010, 203 f.
Freter & Hohl, 2010, 180; Freter, 2008, 55
SCIAMUS – Sport und Management
3.1 Segmentbildung
Zunächst wird im Rahmen der Marktsegmentierung zwischen Fitnessinteressierten und bereits Fitnesstreibenden unterschieden (vgl. Abbildung 3).
Für eine Betrachtung des eigenen Fitnessstudios werden anschließend die Fitnesstreibenden in vorhandene Kunden (IstKunden) und Soll-Kunden, die die Dienstleistungen bei Wettbewerbern beziehen,
unterschieden.20 Im letzten Schritt werden
bekannte Ist-Kunden zu möglichst homogenen Gruppen zusammengefasst, um
einerseits eine einheitliche Segmentbearbeitung und andererseits eine effiziente
Differenzierung zu ermöglichen.21
Die folgenden Ausführungen beziehen
sich jeweils auf die Gesamtheit der Fitnesstreibenden in Deutschland. Sie sind
aber analog auch auf jedes einzelne Fitnessstudio anwendbar.
Abbildung 3 zeigt schematisch das Ergebnis der Markt- und Kundensegmentierung
für Fitnessinteressierte. Die Marktsegmentierung grenzt zunächst einmal die schon
Fitnesstreibenden von den lediglich Fitnessinteressierten ab. Im Ergebnis der
Kundensegmentierung I werden die Fitnesstreibenden in Nutzer (7,6 Mio.) und
Nicht-Nutzer von Fitnessstudios unterschieden. Erstere lassen sich dann wiederum in Segmente unterteilen, um Angebote und Marketingstrategien gezielt darauf abzustimmen.
Segmente können entweder nach demografischen Faktoren (Alter, Einkommen,
Geschlecht, …) oder nach der Präferenz19 Kotler & Bliemel 2001, 415
20 Freter & Hohl, 2010, 181
21 Freter & Hohl, 2010, 182
Themenheft
37
Strategisches Management für Fitnessstudios
Abb. 3: Ergebnis der Kundensegmentierung
(Quelle: in Anlehnung an Freter & Hohl, 2010, 181)
struktur im Markt gebildet werden.22
3.2 Segmentauswahl
Im Anschluss an die Segmentbildung findet eine Bewertung und Auswahl der Segmente nach deren Attraktivität statt. Ausgehend von der Unternehmensposition im
Vergleich zu Hauptwettbewerbern hinsichtlich der aus Käufersicht relevanten
Beurteilungskriterien werden in diesem
Schritt Ansatzpunkte zur Differenzierung
bzw. Umpositionierung des bestehenden
Fitnessangebots abgeleitet oder Positionierungslücken identifiziert.23
Bei der Bewertung der Kundensegmente
muss das Fitnessstudio drei Aspekte
beachten:24
1. Größe und Wachstum der Segmente
2. strukturelle Attraktivität der Segmente (z.B. Deckungsbeitrag, crossselling-Potential, durchschnittliche
Bindungsdauer, …)
3. Zielsetzung und Ressourcen des
Unternehmens
22 Kotler & Bliemel, 2001, 427
23 Meffert & Bruhn, 2009, 125
24 Kotler & Bliemel, 2001, 452 f.
SCIAMUS – Sport und Management
Nach der Bewertung der verschiedenen
Kundensegmente muss das Fitnessstudio
nun entscheiden, welche und wie viele
Segmente es ansprechen möchte.25 Bei
den strategischen Überlegungen stellt
sich auch die Frage, ob einige Segmente
überhaupt bearbeitet werden sollen. Ausgehend vom Wert bzw. Potential des Kunden für das Fitnessstudio ergeben sich
fünf verschiedene strategische Optionen:26
1. Aussonderung unattraktiver Kunden,
2. Bindung attraktiver Kunden,
3. Entwicklung von Kunden mit hohem
Potential,
4. Rückgewinnung
Kunden,
abgewanderter
5. Nicht-Bearbeitung von Kunden.
3.3 Segmentbearbeitung
Ziel der Segmentbearbeitung ist es, das
Leistungsangebot des Fitnessstudios so zu
gestalten, dass die von den Kunden wahrgenommenen Eigenschaften mit den von
ihnen gewünschten Soll-Eigenschaften in
Übereinstimmung gebracht werden.27
Dazu müssen die Bearbeitungsrichtung
25 Kotler & Bliemel, 2001, 453
26 Freter & Hohl, 2010, 191
27 Meffert & Bruhn, 2009, 125
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
38
Abb. 4: Kundenbearbeitungsstrategien
(Quelle: Freter & Hohl, 2010, 193)
und die Bearbeitungsintensität für die
Segmente festgelegt werden. Dabei sind
die eigenen Kunden anders zu behandeln
als die Soll-Kunden (aus Sicht des einzelnen Fitnessstudios). Letztere müssen noch
von der Leistungsfähigkeit des Anbieters
überzeugt werden und brauchen Argumente, welche die Kaufunsicherheit ausräumen. Ist-Kunden dagegen kennen die
Leistungen des Fitnessstudios und erfordern daher Argumente zur Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehung, um sie nicht
an die Konkurrenz zu verlieren.28
Beim Einsatz einer Bearbeitungsstrategie
lassen sich grundsätzlich die vier in
Abbildung 4 dargestellten Strategien
unterscheiden. Die Kundensegmentierung
stellt dabei auf ein individualisiertes Marketing (auch als Segment-Marketing
bezeichnet) ab.
Individualisiertes
Marketing
beschreibt die Anpassung der
Marketinginstrumente an spezielle
Kundensegmente.29
Ein Fitnessstudio, das Segment-Marketing
betreibt, hat Unterschiede zwischen den
Kundengruppen erkannt und richtet seine
Maßnahmen nach dem, was die Mitglieder eines Segments gemeinsam haben.
Sie sollen durch höheren Produktnutzen,
besseren Kundendienst oder zielgenauere
Kommunikation an das Unternehmen
gebunden werden.30 „Dieses Vorgehen
empfiehlt sich immer dann, wenn eine
vollständige Differenzierung nicht mög28 Freter & Hohl, 2010, 190
29 Freter & Hohl, 2010, 194
30 Kotler, Keller & Bliemel, 2007, 358 f.
SCIAMUS – Sport und Management
lich oder sinnvoll ist“.31 Bei den Fitnessstudios betrifft dies vor allem die Angebotsgestaltung (Trainingsgeräte, Kursangebote, …) und die Kommunikation nach
außen. Aber gerade beim Kundenkontakt
im Studio direkt ist es unerlässlich, jeden
individuell zu betreuen (Trainingsplangestaltung, Korrekturen bei der Übungsausführung, …).
Die strategische Positionierung des jeweiligen Fitnessstudios erfolgt dann in drei
Schritten:32
1. Analyse der IST-Positionierung
durch Platzierung des eigenen
sowie
der
Konkurrenz-Fitness-Studios
hinsichtlich
der vorhandenen Angebote.
2. Vergleich der IST-Position mit der
angestrebten SOLL-Position.
3. Ableitung notwendiger Veränderungen des Fitnessangebots.
4. Typische Kundengruppen im Fitnessstudio
Die Darstellung der folgenden Kundengruppen basiert auf einer Befragung von
621 Fitnessstudiokunden, die im Zeitraum
von vom 20.04.2010 bis zum 31.07.2010
durchgeführt wurde. Die Befragten
besuchten zum überwiegenden Teil Studios aus dem Medium-Segment. Lediglich
5% der Kunden nutzen eine Discount-Anlage. Nutzer von Premium-Anlagen waren nicht unter den Befragten. Der
31 Freter & Hohl, 2010, 194
32 Anlehnung an Meffert & Bruhn, 2009, 125 f.
Themenheft
39
Strategisches Management für Fitnessstudios
Abb. 5: Motive und Angebotsnutzung in den einzelnen Clustern (eigene Darstellung)
Anteil der männlichen Teilnehmer betrug
54% (weiblich 46%). Die Altersverteilung
gestaltete sich wie folgt: £ 29 Jahre (33%);
30 – 49 Jahre (36%) und ³ 50 Jahre (31%).
Sowohl Alters-, als auch Geschlechterverteilung entsprechen der in den DeloitteStudien33 gefundenen Verteilung der Fitnessstudiokunden.
Die Daten der insgesamt 621 befragten
Fitness-Studio-Besucher wurden zunächst
nach Faktoren in der Motivstruktur und
hinsichtlich der Angebotsnutzung untersucht. Bei den Motiven wurden sechs und
bei den Angeboten sieben Faktoren extrahiert. Dabei hat sich gezeigt, dass nicht
alle Merkmale exklusiv einem einzigen
Faktor zugeordnet werden können. Die
Faktorwerte wurden dann gemeinsam
einer Clusterzentrenanalyse unterzogen.
Auf Basis der Teststatistiken (Fehlerquadratsumme) erwies sich eine Einteilung in
fünf Cluster als die statistisch beste
Lösung.
4.1 Strukturelle Zusammenhänge und
Unterschiede der Cluster
Gemäß den Ergebnissen der Clusteranalyse ergab sich die Zuordnung der Besucher von Fitnessstudios zu fünf Gruppen.
Abbildung 6 zeigt die Kundenanteile der
einzelnen Cluster. Es fällt auf, dass der
Familientyp im Vergleich zu allen anderen
Gruppen nur einen recht kleinen Anteil
ausmacht.
Abb. 6: Kundenanteil pro Cluster
(eigene Darstellung)
33 Vgl. Deloitte, 2010, 14, 16
SCIAMUS – Sport und Management
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
Einen ersten groben Überblick über die
Zusammenhänge und Unterschiede der
einzelnen Cluster liefert Abbildung 5. Die
Abbildung kann auf Grund der Reduktion
nur einen groben Überblick bieten, aber
es werden die wesentlichen Gemeinsamkeiten und Unterschiede deutlich. Die
Zuordnung ergibt sich auf Grund der relativen Unterschiede zwischen den Gruppen. Über die absoluten Werte wird in der
Beschreibung der einzelnen Cluster eine
Aussage getroffen.
Die rot eingefärbten Bereiche zeigen entweder Motive, die die Kunden nur sehr
wenig motivieren oder Angebote, die nur
sehr selten genutzt werden. Grüne Bereiche deuten hohe Motivation oder intensive Nutzung an.
40
Die „Kursangebotsfixierten“ nutzen Trainingsgeräte signifikant am seltensten.
Mit Blick auf die Angebotsnutzung zeigt
sich, dass die meisten der Zusatzangebote
nur selten genutzt werden. Gerade Angebote zum Faktor Wellness spielen für alle
Gruppen eine untergeordnete Rolle. Und
auch die kostenpflichtigen Zusatzleistungen wie Getränke und Snacks werden
kaum nachgefragt.
In den folgenden Abschnitten werden die
einzelnen Cluster anhand ihrer einzelnen
Merkmale beschrieben, um so ein detailliertes Bild der Nutzer zu zeichnen.

Betrachtet man zunächst die Motivkomplexe, so fällt auf, dass „Gesundheit“ ein
übergeordnetes Motiv darstellt. Für
nahezu alle Gruppen haben gesundheitliche Aspekte eine hohe Bedeutung. Lediglich bei den „Hantel-Jungs“ ergibt sich ein
signifikanter Unterschied zu allen anderen
Clustern. Ebenso stellt der Ausgleich ein
übergreifendes Motiv dar. Zwischen den
Gruppen gibt es diesbezüglich keine
besonders
kennzeichnenden
Unterschiede. Alle Cluster werden lediglich
etwas durch Motive wie „Stressabbau“,
„Ausgleich zum Alltag“, „Zeit für sich
selbst haben“ beeinflusst.
Weiterhin kann man feststellen, dass die
„Individualisten“ und die „Fitnesseltern“
hinsichtlich der Motivstruktur und den
genutzten Angeboten sehr ähnlich sind.
Allerdings ist, im Gegensatz zu den „Individualisten“, der Singleanteil bei den „Fitnesseltern“ sehr gering und die meisten
dieser Kunden haben Kinder. Dadurch
erklärt sich auch der deutliche Wunsch
nach Kinderbetreuung in dieser Gruppe.
Die Gewichtsreduzierer werden stark
dadurch angetrieben, abnehmen zu wollen, was sich auch in der Angebotsnutzung
widerspiegelt. Diese Gruppe nutzt signifikant am häufigsten die Ausdauergeräte.
SCIAMUS – Sport und Management
Themenheft
41
Strategisches Management für Fitnessstudios
4.2 Hantel-Jungs
Die Kunden in diesem Segment sind überwiegend männlichen Geschlechts im Alter
von 16 bis 29 Jahren. Der Single-Anteil ist
mit 67% hoch und nur ein geringer Anteil
hat schon Kinder. Auf Grund des jungen
Alters sind die „Hantel-Jungs“ überwiegend noch in Ausbildung bzw. studieren
oder sind angestellt. Die „Hantel-Jungs“
trainieren etwa zwölfmal im Monat für
jeweils 80 min. pro Trainingseinheit. Mit
einer Trainingserfahrung von durchschnittlich drei Jahren gehören sie zu den
Anfängern im Fitnessbereich. Immerhin
22% dieser Gruppe trainiert zusätzlich in
einem Verein und 40% gaben an, auch zu
Hause Fitnesstraining zu betreiben. 20%
dieser Fitnessstudiobesucher nutzen eine
Discount-Anlage. Für ihre sportlichen
Aktivitäten geben die „Hantel-Jungs“ 60
bis 70 Euro pro Monat aus.
Motiviert werden die Kunden dieser
Gruppe hauptsächlich durch den Faktor
„Aussehen“. Muskelaufbau und eine
attraktivere Figur haben einen sehr hohen
Stellenwert. Im Vergleich zu den anderen
Segmenten spielt der Gesundheitsaspekt
eine signifikant geringere Rolle.
Zum Training nutzen diese Kunden hauptsächlich Kurz- und Langhanteln und auch
Kraftmaschinen werden sehr oft einbezogen. Signifikant zu allen anderen Segmenten nutzen die „Hantel-Jungs“ Ausdauergeräte und sonstige Zusatzangebote wie
Wellness oder Getränke und Speisen fast
gar nicht und auch die Beratung durch
einen Trainer wird nur selten in Anspruch
genommen.
Abb. 7: Profil: Hantel-Jungs
(eigene Darstellung)
SCIAMUS – Sport und Management
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
42
4.3 Individualisten
In diesem Segment überwiegt der Anteil
der männlichen Fitnessstudiobesucher
mit 64%. Die dominante Altersgruppe
sind die Middle Ager zwischen 30 und 49
Jahren. Etwas mehr als die Hälfte der Kunden sind in einer Partnerschaft, haben
aber überwiegend noch keine Kinder und
gehen einer beruflichen Tätigkeit nach.
Die „Individualisten“ trainieren durchschnittlich 12 mal pro Monat für jeweils 90
min. pro Trainingseinheit Ihre Trainingserfahrung liegt zwischen fünf und acht Jahren. 16% dieser Kunden trainiert zusätzlich noch im Verein und 37% gaben an,
auch zu Hause Fitnesstraining zu betreiben. Für ihre sportlichen Aktivitäten
geben die Individualisten monatlich zwischen 70 und 120 Euro aus.
Im Vordergrund stehen in diesem Segment neben gesundheitlichen vor allem
soziale Motive. Im Vergleich zu allen anderen Clustern spielen Aspekte wie „soziale
Kontakte knüpfen und pflegen“, „sich präsentieren“ oder auch der Vergleich mit
anderen eine signifikant größere Rolle.
Darüber hinaus streben diese Kunden
auch stark nach einer attraktiveren Figur
und dem damit – gerade für die männlichen Kunden dieser Gruppe – verbundenen Muskelaufbau.
Von den Fitnessstudioangeboten nutzt
dieses Segment sowohl die Ausdauergeräte und Kraftmaschinen als auch Kurzund Langhanteln. Signifikant zu den anderen Gruppen spielt für diese Besucher
persönliche Betreuung durch den Trainer
eine große Rolle und sie sind auch für
Personal-Training offen.
Abb. 8: Profil: Individualisten
(eigene Darstellung)
SCIAMUS – Sport und Management
Themenheft
43
Strategisches Management für Fitnessstudios
4.4 Fitnesseltern
Dieses Segment wird mit 62% weiblichem
Anteil von Frauen mittleren Alters dominiert. 68% der Kund(inn)en sind im Alter
zwischen 30 und 49 Jahren. Mit 83% ist der
überwiegende Teil dieser Fitnessstudiobesucher mit einem Partner zusammen
und mehr als die Hälfte haben bereits Kinder. Obwohl mehr als 70% dieser Gruppe
einer beruflichen Tätigkeit nachgehen,
geben sie im Schnitt nur etwa 52 Euro pro
Monat für ihre sportlichen Aktivitäten aus.
Der Anteil an Rentnern beträgt in dieser
Gruppe lediglich zwei Prozent. Fitnesseltern trainieren achtmal pro Monat für
jeweils etwa 75 min. Die Trainingserfahrung liegt zwischen fünf und sieben Jahren. Neben dem Fitnessstudio treiben
21% noch Vereinssport und 26% gaben
an, auch zu Hause Fitnesstraining zu
betreiben.
Von den Motiven her ähnelt dieses Cluster
sehr den „Individualisten“. So spielen
auch hier gesundheitliche Aspekte eine
große Rolle. Allerdings liegt der weitere
Schwerpunkt nicht so stark auf der sozialen Interaktion, als vielmehr auf dem
„Ausgleich“.
Zum Training nutzen diese Kund(inn)en
sehr oft die Ausdauergeräte und Kraftmaschinen, aber auch der Kursbereich wird
häufig gewählt. Hierbei werden ähnliche
Werte wie bei den „Kursangebotsfixierten“ erreicht. Während des Trainings
legen die Kund(inn)en aus diesem Segment Wert auf eine persönliche Betreuung
durch den Trainer. Im Gegensatz zu den
„Individualisten“ besteht bei diesen Fitnessstudiobesuchern
allerdings
kein
Bedarf für Personal-Training.
Abb. 9: Profil: Fitnesseltern
(eigene Darstellung)
SCIAMUS – Sport und Management
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
44
4.5 Gewichtsreduzierer
Die „Gewichtsreduzierer“ sind von der
Geschlechterverteilung eine sehr homogene Gruppe. Der Anteil an Kunden, die
mit einem Partner zusammenleben ist mit
71% verhältnismäßig hoch, aber die meisten in diesem Segment haben keine Kinder. Das Durchschnittsalter in dieser
Gruppe liegt bei 44 Jahren. 38% der Kunden sind älter als 50 und auch bei den 30
bis 49-jährigen sind 69% über 40 Jahre alt.
Das monatliche Budget für sportliche Aktivitäten liegt zwischen 60 und 90 Euro. Die
geringe Trainingserfahrung von durchschnittlich 3 bis 6 Jahren deutet darauf hin,
dass es sich in dieser Gruppe um Späteinsteiger in den Fitness-Sport handelt. Im
Mittel trainieren diese Kunden achtmal
pro Monat für etwa 90 min. pro Trainingseinheit. Lediglich etwa 14% der
„Gewichtsreduzierer“ trainieren zusätzlich noch im Verein und rund 31% gaben
an, auch zu Hause Fitnesssport zu betreiben.
Neben gesundheitlichen Aspekten werden die Kunden aus diesem Segment
hauptsächlich durch den Faktor „abnehmen/Gewichtsreduktion“ und eine damit
verbundene attraktivere Figur motiviert.
Soziale Kontakte und Leistungsorientierung spielen nur eine untergeordnete
Rolle.
Bei der Angebotsnutzung stehen im Vergleich zu den anderen Gruppen signifikant die Ausdauergeräte im Vordergrund
und auch das maschinengestützte Training
wird sehr oft genutzt. Sonstige Zusatzangebote werden in diesem Segment nicht
nachgefragt und auch die Beratung durch
einen Trainer wird nur selten in Anspruch
genommen.
Abb. 10: Profil:
Gewichtsreduzierer
(eigene Darstellung)
SCIAMUS – Sport und Management
Themenheft
45
Strategisches Management für Fitnessstudios
4.6 Kursangebotsfixierte
In diesem weiblich dominierten Segment
leben 78% der Kunden mit einem Partner
zusammen und etwa ebenso viele sind
nicht an Kinder gebunden. Mit 21% ist der
Anteil an Rentnern in dieser Gruppe am
höchsten und die über 50-jährigen
machen den Hauptanteil bei der Altersgruppe aus. Monatlich geben diese Kunden im Durchschnitt zwischen 60 und 90
Euro für Sport aus. Mit sieben - zehn Jahren haben diese Fitnessstudiobesucher
die meiste Trainingserfahrung. Sie trainieren etwa achtmal pro Monat für ca. 60 min.
pro Trainingseinheit. Damit wird die
geringste Trainingszeit unter allen Segmenten erreicht. 19% aus dieser Gruppe
trainiert zusätzlich noch in einem Verein
und 31% gaben an, auch zu Hause etwas
für ihre Fitness zu tun.
Bei den Motiven steht der Gesundheitsfaktor an erster Stelle. Alle anderen spielen nur eine untergeordnete Rolle. Gleiches gilt für die Angebotsnutzung. Die
„Kursangebotsfixierte“ besuchen vorwiegend Kurse und gesundheitsorientierte
Angebote. Darüber hinaus werden nur
noch die Ausdauergeräte und selten kostenfreie Wellnessangebote genutzt.
Abb. 11: Profil:
Kursangebotsfíxierte
(eigene Darstellung)
SCIAMUS – Sport und Management
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
5. Implikationen für die Praxis
Fitness-Studio-Betreiber, die Kunden langfristig an sich binden wollen, stehen vor
der Aufgabe, ihre Fitness-Anlage erfolgreich im Markt zu platzieren. Die vorgestellten Segment-Profile können nun dazu
genutzt werden, sich strategisch optimal
auszurichten.
5.1 Segmentauswahl
Nach der Segmentierung steht die Entscheidung darüber, welche Segmente
bearbeitet werden sollen. Dazu ist es
zunächst erforderlich, die IST-Positionierung des eigenen sowie relevanter Konkurrenzfitnessstudios hinsichtlich der
Angebotsstruktur und der Zielgruppen zu
analysieren.34 Befindet sich im Einzugsgebiet des eigenen Fitnessstudios z. B. eine
Discount-Anlage ist die Wahl des Kundensegments „Hantel-Jungs“ für MediumAnlagen nicht zu empfehlen. Man würde
in direkte Konkurrenz mit dem Discounter
treten und sich in einen Preiskampf verwickeln.
Neben der Konkurrenzstruktur spielen
aber auch die Größe und das Wachstum,
die strukturelle Attraktivität der Segmente
sowie die Zielsetzung und Ressourcen des
Unternehmens eine Rolle.35 Wie aus
Abbildung 5 erkennbar ist, handelt es sich
beim „Fitnesseltern“ mit sieben Prozent
Marktanteil um das kleinste Segment. Die
separate Bearbeitung dieser Gruppe
lohnt sich daher nur in Regionen, in denen
Familien mit Kindern und beruflicher Einbindung einen hohen Anteil an der Bevölkerung haben. Ist diese Voraussetzung
nicht erfüllt, empfiehlt es sich, zusätzlich
strukturell ähnliche Segmente mit zu
bearbeiten. Für das Segment der „Fitnesseltern“ besteht hier die Gemeinsamkeiten
mit den „Individualisten“ und den „Kursangebotsfixierten“.
34 Meffert & Bruhn, 2009, 125 f.
35 Kotler & Bliemel, 2001, 452 f.
SCIAMUS – Sport und Management
46
Zur Beurteilung der Attraktivität einzelner
Segmente kann auch der zugehörige
Deckungsbeitrag herangezogen werden.
In den Segment-Profilen ist jeweils das
Budget angegeben, das die Kunden
monatlich für Sport ausgeben. Allerdings
wird nicht der gesamte Betrag für die Mitgliedschaft im Fitnessstudio ausgegeben.
Bei den „Hantel-Jungs“ z. B. sind 40%
zusätzlich auch im Verein sportlich aktiv.
Damit entfällt ein Teil des Sportbudgets
auf Vereinsbeiträge und eventuelle Ausrüstungen. Ähnliches gilt für die „Individualisten“. Allerdings ist hier die Spanne
mit 70 bis 120 Euro deutlich größer,
sodass hier durch den Verkauf von Zusatzprodukten zusätzliche Erlöse möglich
sind. Das Segment der „Fitnesseltern“
bietet mit etwa 50 Euro für Sportausgaben
pro Monat das geringste Umsatz- und
Cross-Selling-Potential.
Auch die zur Verfügung stehenden Unternehmensressourcen beeinflussen die Auswahl der zu bearbeitenden Segmente.
Gerade große Unternehmen vermeiden
häufig kleinere Kundengruppen, da sich
die Bearbeitung auf Grund des geringeren Umsatzvolumens nicht lohnt. Umgekehrt ist mit großen Segmenten ein höherer Ressourceneinsatz verbunden. Neben
dem eigentlichen Marktanteil der einzelnen Segmente ist auch die Angebotsnutzung zu bedenken. Die „Hantel-Jungs“ z.B.
bevorzugen Kurz- und Langhanteln sowie
Kraftmaschinen. Ein darauf ausgerichtetes
Fitnessstudio muss für Ausdauergeräte
und Zusatzangebote keine hohen Investitionen einplanen. Dagegen erfordern die
„Individualisten“ für die individuellere
Betreuung einen hohen Personalbestand
und eine vielfältige Ausstattung mit Geräten. Auch die „Kursangebotsfixierten“
erfordern einen höheren Personaleinsatz,
da jeder Trainer nur eine gewisse Anzahl
an Kunden pro Kurs betreuen kann. Durch
die Begrenzung der Teilnehmer in
Gesundheitskursen, die von der Krankenkasse anerkannt werden sollen, verstärkt
sich dieser Effekt zusätzlich.

Themenheft
47
Zum Schluss entscheidet noch das Wachstumspotential über die Attraktivität der
Segmente. Angesichts des Trends einer
immer dicker und älter werdenden
Gesellschaft dürften die „Gewichtsreduzierer“ und die „Kursangebotsfixierten“
die Cluster mit dem höchsten Potential
sein. Bei letzteren liegt der Anteil an Rentnern mit 21% am höchsten.
Am Ende dieser Überlegungen steht die
Auswahl derjenigen Segmente, die in
Zukunft bearbeitet werden sollen. Ein Vergleich der IST-Position mit der angestrebten SOLL-Position ermöglicht es, gezielt
Maßnahmen für deren Bearbeitung abzuleiten.
5.2 Segmentbearbeitung
Ist die Auswahl der zu bearbeitenden
Segmente getroffen, muss nun die entsprechende Bearbeitungsstrategie entwickelt werden.
Die Ausführungen zu den Unterschieden
und Gemeinsamkeiten der Cluster hat
gezeigt, dass jede Gruppe ihre Eigenheiten, sowohl in der Motivstruktur als auch
bei der Angebotsnutzung, aufweist. Vergegenwärtigt man sich diese Besonderheiten, so lassen sich daraus gezielte Handlungsstrategien ableiten, die letztlich über
die Befriedigung der speziellen Bedürfnisse zu einer stärkeren Bindung des Kunden an das Fitnessstudio führen. Diese
Besonderheiten müssen in der Angebotsgestaltung sowie in den Marketingmaßnahmen berücksichtigt werden.
Die „Hantel-Jungs“ z. B. haben hinsichtlich
der Trainingsgeräte recht spartanische
Anforderungen und sonstige Zusatzangebote werden nicht nachgefragt. Die aktuell wachsende Zahl an Discount-Studios
erfüllt ziemlich genau diese Anforderungen. Wollen Medium-Studios diese Kundengruppe an sich binden, besteht über
die Modularisierung36 ein Weg, den
36 Bei der Modularisierung wird den Kunden
durch abgegrenzte Bereiche und spezielle
SCIAMUS – Sport und Management
Strategisches Management für Fitnessstudios
„Hantel-Jungs“ ein zugeschnittenes Angebot bereitzustellen.
Möchte sich ein Fitnessstudiobetreiber
mit seinen Angeboten auf eine oder
wenige Gruppen spezialisieren, bieten
die einzelnen Profile hilfreiche Informationen. So ist für die „Individualisten“ ein
größerer Betreuungsaufwand nötig, was
einen umfangreicheren Personalbestand
erfordert. Dafür können in dieser Gruppe
aber auch höhere Beiträge erzielt werden.
Die „Fitnesseltern“ erfordern lediglich
ein kleines, familiär angelegtes Studio,
das auf ein umfangreiches Hantelsortiment verzichten kann und ausgewählte
Kurse nach den Wünschen der Kunden
anbietet. Hier besteht auch eine gute
Möglichkeit, durch umfangreichere Kursangebote und einen relativ kleinen Gerätepark zusätzlich die „Kursangebotsfixierten“ anzusprechen. Diese fragen grundsätzlich Kursangebote nach, die gesundheitliche Aspekte in den Vordergrund
stellen. Abhängig von der tatsächlichen
Besucherstruktur besteht auch die Möglichkeit, einen Schwerpunkt entweder auf
fitnessorientierte Kurse wie Aerobic und
TaeBo oder auf präventive Kurse wie
Rückenschule und „Fit im Alter“ zu legen.
Möchte man die „Gewichtsreduzierer“
gezielt werben, wird dies am ehesten
durch eine reiche Ausstattung mit Ausdauergeräten und der klaren Botschaft einer
schlankeren Figur möglich sein. Auch
empfiehlt sich evtl. die Integration einer
Ernährungsberatung, wie es bei den Mrs.
Sporty- oder Moves-Studios der Fall ist.
Diese Studie zeigt, dass die Analyse der
Kundenmotive hilfreiche Ansatzpunkte
strategischer und operativer Art für das
Marketing, insbesondere Produktgestaltung und Werbemaßnahmen, liefert.

Zugangsregelungen ermöglicht, den Umfang
ihrer genutzten Angebote selbst zu bestimmen,
was sich dann natürlich auch im monatlichen
Beitrag niederschlägt.
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
Zu den Autoren
Robin Heinze
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Institut für Sportwissenschaft
Lehrstuhl für Sportökonomie
Seidelstr. 20
07749 Jena
Telefon: 03641/9-45677
E-Mail: [email protected]
Robin Heinze ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am
Lehrstuhl für Sportökonomie der Friedrich-Schiller-Universität Jena und Chefredakteur der onlineFachzeitschrift Sciamus – Sport und Management.
Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich bei seiner
Forschung mit Management im Fitnesssport, Ökonomie und Management von Sport und Gesundheit
sowie der Internationalisierung von Sport und
Sportarten.
Benedikt Römmelt
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Institut für Sportwissenschaft
Lehrstuhl für Sportökonomie
Seidelstr. 20
07749 Jena
Telefon: 03641/9-45703
E-Mail: [email protected]
Benedikt Römmelt ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Sportökonomie des Instituts
für Sportwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Seine Forschungsschwerpunkte sind
die Anwendung strategischer Analyseinstrumente
auf Sportmärkte sowie das Qualitätsmanagement
von Sportverbänden. Benedikt Römmelt ist zudem
Geschäftsführer der Sciamus Gesellschaft für Beratung und Weiterbildung mbH.
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Bausteine eines exzellenten Unternehmens. München: Beck.
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48
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Themenheft
49
SCIAMUS – Sport und Management
Strategisches Management für Fitnessstudios
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
50
Ralf Kriegel
Kundenbindung in Fitnessanlagen
Abstract
Für die deutsche Fitnessbranche kommen
etwa 9% der deutschen Bevölkerung als
realistisches Kundenpotential in Frage.
Um diesen Markt zu erschließen, gehört
es zur gängigen Praxis, einen Großteil der
Ressourcen dem Vertrieb und all den
dazugehörigen verkaufsfördernden Mechanismen zuzuteilen und somit den
Schwerpunkt der betriebsinternen Energie auf die Kundenakquise zu legen.
Dadurch wird aber oftmals die eigentliche
Werterhaltung, nämlich eine nachhaltige
Bindung der Kunden, vernachlässigt. Dies
drückt sich nicht zuletzt in den zum Teil
sehr unterschiedlich ausfallenden Kündigungs- und Fluktuationsquoten aus, mit
denen sich Fitnessanlagen konfrontiert
sehen. Der folgende Beitrag legt daher
den Fokus der Betrachtungen auf Erfolgsfaktoren der Kundenbindung und zeigt
die Bedeutung und praktischen Möglichkeiten im Fitnessstudio auf.
Einleitung
Laut aktueller Studien1 verzeichnet die Fitnessbranche einen stetig steigenden
Zuspruch durch Kunden. Erstmalig engagieren sich mit über 7 Millionen Mitgliedern sogar mehr Menschen im Fitnesssport als im Fußball, obwohl hier angemerkt werden muss, dass dieser Vergleich
einige offene und noch zu klärende Fragen bereithält. Dies liegt mitunter zum
einen an den in Deutschland sicherlich
einzigartigen Organisationsstrukturen des
Sports, der Vereine und Verbände, in
denen klassische Sportarten wie der Fußball organisiert sind und an der fehlenden
Berücksichtigung des vereinsorganisierten Fitnesssports. Zum anderen bleibt zu
klären, inwieweit die verwendete Reaktionsquote oder auch Penetrationsrate2 tat1 Vgl. Deloitte 2012, S. 6
2 Prozentanteil der Mitglieder in Fitness- und
SCIAMUS – Sport und Management
sächlich potenzielle Zielgruppen wiederspiegelt. Während Vereine meist keine für
die Statistik nennenswerten Regeln zur
Alterseinschränkung bereithalten, haben
die Betreiber und Verantwortlichen der
Fitnessbranche diesbezüglich sehr unterschiedliche Auffassungen. In aller Regel
dürfen Kinder und Jugendliche frühestens
ab dem vollendeten 16. Lebensjahr Mitglied eines Fitnessstudios werden. Insofern bleibt eine beträchtliche sportaffine
Population unberücksichtigt, sieht man
zusätzlich von all den „unorganisierten
Sportlern“ ab, die meist in Eigenregie
aktiv sind und unregistriert bleiben. International betrachtet lassen sich noch weitere Schwierigkeiten in Bezug auf Branchenkennzahlen identifizieren, worauf an
dieser Stelle lediglich verwiesen wird3.
Nach aktueller Definition der Reaktionsquote sind in Deutschland knapp 9 %,
europaweit ca. 11 % der Bevölkerung 4
registrierte Fitnesssportler. Hierbei ist
nicht das tatsächliche Sportverhalten oder
Fitnessengagement gemeint, sondern es
sind lediglich jene durch die Betreiber
selbst „gemeldeten“ zahlenden Mitglieder erfasst.
Ein weiterer wichtiger Aspekt sind so
genannte Mega-Trends, welche maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung von
Sport- und Freizeitanlagen haben. Ein solcher Trend ist der allgemeine Strukturwandel im Sport, der durch die sich
ändernde demografische Entwicklung,
durch stetig steigende Kosten innerhalb
des Gesundheitssystems und durch stetig
steigende Ansprüche der Sportkonsumenten gekennzeichnet ist. Für die Fitnessbranche relevant sind zudem auf den Konsummarkt drängende technische und
Wellnessanlagen bezogen auf die Gesamtpopulation
3 Vgl. Rutgers, 2012, S. 16 ff.
4 Vgl. Deloitte 2012; S. 23 sowie Rutgers, 2012, S.
22
Themenheft
51
Strategisches Management für Fitnessstudios
elektronische Entwicklungen wie bspw.
Spielekonsolen, aber auch sich verändernde und zunehmend differenziertere
Angebotsstrukturen und Positionierungsstrategien sowohl der kommerziellen als
auch der nicht-kommerziellen Sportanbieter.
der Interpretation von Nenner und Zähler,
zum anderen sehr unterschiedliche vertragliche Bindungsmodalitäten praktiziert
werden6. Die eigens berechneten Quoten
der Fitnessanbieter reichen hierbei von
unter 15 % bis über 50 %.
Glücklicherweise verändert sich das
Image der Fitnessbranche. Fitnessanlagen
sind salonfähig geworden und werden
zunehmend bei einer breiten Bevölkerungsschicht
als
ernstzunehmendes
Sport-, Gesundheits- und Freizeitangebot
wahrgenommen. Trotz dieser positiven
Einschätzung, die es empirisch quer- und
längsschnittlich zu untersuchen gilt, bleibt
die Vermutung im Raum stehen, dass die
aktuelle für die Branche relevante Population faktisch nur die oben genannten fitnessaffinen 9 % der deutschen Bevölkerung umfasst. Um den Markt gänzlich zu
erschließen, gehört es deshalb immer
noch zur gängigen Praxis, einen Großteil
der Ressourcen dem Vertrieb und all den
dazugehörigen verkaufsfördernden Mechanismen zuzuteilen und somit den
Schwerpunkt der betriebsinternen Energie auf Kundenakquise zu legen. Mitunter
aufgrund hoher Akquisekosten wird leider dadurch oftmals die eigentliche Werterhaltung, nämlich eine nachhaltige Bindung des Kunden vernachlässigt. Dies
drückt sich nicht zuletzt in den zum Teil
sehr unterschiedlich ausfallenden Kündigungs- und Fluktuationsquoten aus, mit
denen sich Fitnessanlagen konfrontiert
sehen. Eine gängige, wenn auch kritische
Berechnungsform der Fluktuationsquote
setzt über einen 12-monatigen Zyklus hinweg die absolute kumulierte Anzahl aller
wirksamen Kündigungen mit der durchschnittlichen Mitgliederzahl in Beziehung5. Jedoch lassen sich auch diese
Kennzahlen innerhalb der Branche nur
schwer folgerichtig einordnen, vergleichen und als Leistungsindex verwenden,
da zum einen oftmals keine Einigkeit in
Theoriegeleitete Aspekte der Kundenbindung
5 Vgl. Deloitte, 2008, S. 16 sowie Middelkamp/
Steenbergen, 2012, S. 129
SCIAMUS – Sport und Management
Kundenbindung, dessen Management und
erfolgversprechende Maßnahmen können
in der Praxis nur nachhaltig funktionieren,
wenn man über ein paar wesentliche
theoretische Annahmen und Postulate
Einigung erzielt.
Kundenbindung
Kundenbindung wird per definitionem als
„…die Stabilisierung und Ausweitung der
Kunde-Anbieter-Beziehung…“ beschrieben und „…umfasst sämtliche Maßnahmen eines Dienstleistungsunternehmens,
die darauf abzielen, sowohl die tatsächlichen Verhaltensweisen als auch die
zukünftigen Verhaltensabsichten des Kunden gegenüber dem Anbieter positiv zu
gestalten.“7 Die Einflussnahme auf tatsächliches und beabsichtigtes Kundenverhalten lässt sich durch verschiedene Formen der Kundenbindung realisieren. In
diesem Kontext, und für den Dienstleistungssektor Fitness relevant, können die
faktische, d.h. vertragliche Bindung, die
ökonomische und emotionale Bindung
genannt werden.8 Eine vertragliche Bindung erfolgt hierbei durch Mitgliedschaftslaufzeiten und ökonomische Bindungsformen zielen darauf ab, im Preiskampf günstiger zu sein als der Wettbewerb. Unter
Nachhaltigkeitsaspekten
scheint eine emotionale Kundenbindung
offensichtlich eine herausragende Stellung einzunehmen, zumal hiermit Konstrukte wie Kundenzufriedenheit, Loyalität,
Vertrauen, Weiterempfehlung und Tole6 Vgl. ebd.
7 Vgl. Meffert/Bruhn, 2009, S. 101
8 Vgl. Bruhn, 2007, S. 126
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
52
Abb. 1: Kundenbeziehungszyklus (Quelle: vgl. Bruhn, 2007, S. 117)
ranz seitens des Kunden gegenüber dem
Anbieter verbunden sind.
Chronologisch betrachtet lassen sich Kunden und deren Verhältnis zum Anbieter in
einem Kundenbeziehungszyklus darstellen9 (vgl. Abbildung 1).
Wie deutlich wird, sind die einzelnen Stadien
-
Neukundengewinnung inkl. aller damit
verbundenen Maßnahmen des aktiven
und passiven Verkaufs;
-
Kundenbindung inkl. aller Maßnahmen, Kunden vor allem emotional zu
überzeugen und somit eine stabile
Beziehung zwischen Kunden und
Anbieter herzustellen;
ren Verlauf maßgeblich ist an dieser
Stelle, wie die Beziehung zum Kunden
begonnen wird. Menschliche Urteils-„fehler“ wie der Primacy/Recency-Effekt10,
wie man dieses Phänomen in der Wahrnehmungspsychologie
nennt, wirken
nämlich auch während des ersten Kontakts zwischen Kunden und Fitnessanbieter bzw. beeinflussen die Wahrnehmung
der gesamten Branche. Wirkungsvolle
Mechanismen des Aufbaus einer stabilen
Kundenbeziehung können im weiteren
Verlauf dazu beitragen, den Beginn einer
Abwendung vom Anbieter zu verzögern
oder ggf. auch ganz zu vermeiden.
unmittelbar aneinander gekoppelt und
können nur im Gesamtkontext betrachtet
werden. So beginnt bereits während der
Akquise von Kunden, spätestens am sogenannten POS (point of sale) eine faktische
Bindung. Entscheidend und für den weite-
Indikatoren für erfolgreiche Kundenbindung lassen sich schließlich anhand des
tatsächlichen Kundenverhaltens aber auch
anhand der Verhaltensabsichten erkennen.
Tatsächliches
Kundenverhalten
äußert sich in Fitnessclubs durch Fortführung der Mitgliedschaft oder auch durch
Erneuerung eines Fitness-Abos und lässt
sich an der Erneuerungsrate bzw. Fluktuationsrate bemessen. Darüber hinaus sind
wesentliche Indikatoren das sogenannte
Cross-Buying, Weiterempfehlungsquoten
und letztlich auch die Akzeptanz von
Preis- und Beitragserhöhungen. Zufriedene Mitglieder sind demnach toleranter
gegenüber Preisveränderungen und zei-
9 Vgl. ebd., S. 117
10 Vgl. Hackfort/Regös/Schlattmann, 2005, S. 95
-
Kundenrückgewinnung inkl. aller Maßnahmen, die Abwendung der Kunden
vom Anbieter zu vermeiden, die
Zuwendung und Überzeugung zu
reanimieren und somit eine endgültige
Abwanderung bzw. Kündigung abzuwenden
SCIAMUS – Sport und Management
Themenheft
53
Strategisches Management für Fitnessstudios
Abb. 2: Intentionsbildung und -realisierung
gen eine messbare Bereitschaft, ihren
Club Freunden, Bekannten und auch
Fremden zu empfehlen.
Motive für ein Fitness-Engagement
Wie beschrieben, beginnt Kundenbindung bereits während des ersten Kontakts
zwischen Kunden und Anbieter. Eine
wesentliche Voraussetzung dafür, dass ein
solcher Kontakt zustande kommt, ist ein
grundlegendes Interesse des Kunden, Fitnesssport zu treiben, sich dementsprechend an einen Fitnessanbieter zu binden
sowie die Bereitschaft, entsprechende
damit verbundene Aufwendungen zu leisten. Dieses grundlegende Interesse „an
etwas“ lässt sich im Kontext mit der Intentionalität menschlichen Handelns herleiten11. Abbildung 2 zeigt übersichtsartig
die Phasen der Intentionsbildung und
-realisierung.
Wünsche, Absichten und Vorsätze lassen
sich unweigerlich mit Beweggründen und
Motiven zum Sporttreiben in Verbindung
bringen. Es existiert eine Vielzahl an möglichen Motiven, sich dem Sport zuzuwenden12. Im Grunde genommen lassen sie
sich unter physischen Aspekten (wie
Gesundheit, körperliche Fitness, Prävention, Rehabilitation u.a.), sozialen Aspekten (wie Kontakte knüpfen, mit Freunden
und in der Gemeinschaft Sport treiben
11 Vgl. Kriegel, 2004, S. 36
12 Vgl. Baart de la Faille-Deutekom/Middelkamp,
2012, S. 116 ff.
SCIAMUS – Sport und Management
u.a.) sowie unter psychischen Aspekten
(wie Stressabbau, Entspannung, Ausgleich
u.a.) zusammenfassen. Außerdem ist festzuhalten, dass zwischen Zuwendungs-,
Fortführungs- und Abwendungsmotiven
unterschieden werden kann13. So kann es
passieren, dass sich ursprüngliche Beweggründe, sich für eine Fitnessmitgliedschaft
zu entscheiden, im Laufe der Zeit ändern,
ja sogar völlig in den Hintergrund treten
und dafür andere Motive oder ein Komplex an Motiven das Handeln bestimmen.
Spaß und Freude ist hierbei sicherlich
eine hauptsächliche Antriebsfeder, ergibt
sich jedoch aus der Summe intrinsischer
und extrinsischer Motivatoren und ist
daher als Globalmotiv zu kennzeichnen.
Die Motive von Kunden seriös und ernsthaft zu ermitteln, sie zu kennen und einordnen zu können und entsprechende
persönliche Handlungs- und Fitnessempfehlungen abzugeben, ist ein wesentlicher
Aspekt der Kundenbindung und beeinflusst insbesondere zu Beginn einer Kundenbeziehung den weiteren Beziehungsverlauf.
Kundenzufriedenheit
Es ist unstrittig, dass sich nur zufriedene
Kunden auch tatsächlich an einen Fitnessanbieter binden. Während einige Fitnessanbieter gänzlich darauf verzichten, sich
mit der Zufriedenheit ihrer Kunden auseinanderzusetzen, unternehmen andere
13 Vgl. Hackfort, 2001, S. 211 ff.
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
Anbieter, teils durchaus erfolgreich, den
Versuch, systematisch ihre Kunden und
Mitglieder zu befragen. Abgesehen
davon, dass dabei Grundlagen empirischer Befragungsmethoden beachtet werden sollten, fällt es einigen Fitnessanbietern schwer, die gewonnenen Daten auswerten und interpretieren zu können. Insbesondere die Herleitung sinnvoller
Handlungsmaßnahmen aus den Befragungsergebnissen können jedoch dazu
beitragen, nachhaltig die Zufriedenheit
und somit die Bindungsbereitschaft der
Kunden zu beeinflussen. Abbildung 3
zeigt in Anlehnung an Bruhn14 in vereinfachter Darstellung eines so genannten
C/D-Paradigmas (Confirmation/Disconfirmation-Paradigma) die Zusammenhänge
zwischen Kundenerwartungen, Kundenwahrnehmung und jeweiligen „Zufriedenheitsgraden“.
Abb. 3: Konstrukt der Kundenzufriedenheit
(Quelle: in Anlehnung an Bruhn, 2007, S. 116)
54
Hierbei geht es nicht um die einzelnen
Instrumente, die zur Kundenzufriedenheit
führen, sondern vielmehr darum, dass
Kunden grundsätzlich mit einer dargebotenen und entsprechend auch wahrgenommen Leistung zufrieden sind, die
Erwartungen also mindestens erfüllt, bestenfalls übererfüllt werden. Aus dieser
Perspektive betrachtet ist Kundenzufriedenheit somit ein Ergebnis verschiedener
umfangreicher Verarbeitungsprozesse.
Wie aus der Abbildung zu erkennen ist
und wie es sicherlich auch jeder durch
Selbstbeobachtung erfahren kann, nehmen Kunden stets eine gewisse Erwartungshaltung ein, bevor sie eine Dienstleistung in Anspruch nehmen. Am Fitnesssport interessierte Menschen, die sich
erstmalig dazu entschlossen haben, Mitglied in einem Fitnessclub zu werden,
betreten die Einrichtung mit besonderen
Erwartungen und Einstellungen. Diese
Einstellungen sind unter anderem durch
das Image der Branche und des Clubs im
speziellen geprägt, werden aber auch
beeinflusst durch antizipierte Situationen
innerhalb einer jeweils unbekannten und
oftmals auch beängstigenden Umgebung.
In solchen Situationen können Mitarbeiter
von Fitnessclubs durch ausgeprägte
soziale Fähigkeiten und der Kompetenz
das „Eis zu brechen“, vorherrschende
Zweifel, Bedenken oder Vorurteile eingrenzen und das beabsichtigte Leistungsspektrum authentisch präsentieren. Im
Anschluss an die eben in Kurzform dargestellte Situation nimmt der Kunde einen
Vergleich zwischen den ursprünglichen
Erwartungen einerseits und der empfundenen Wahrnehmung der Leistung andererseits vor und ist letztlich begeistert,
zufrieden oder unzufrieden. Dieses
Zusammenspiel lässt sich generell sowohl
auf aktuelle Einzelsituationen (z. B. eine
Beratungsstunde), aber auch auf langandauernde Umstände (z. B. eine bereits seit
längerer Zeit bestehende Mitgliedschaft)
übertragen.
14 Vgl. Bruhn, 2007, S. 116
SCIAMUS – Sport und Management
Themenheft
55
Strategisches Management für Fitnessstudios
Abb. 4: Kano-Modell zur Kundenzufriedenheit (Quelle: Bruhn, 2008, S. 44 ff.)
Im Zusammenhang mit dem Konstrukt der
Kundenzufriedenheit (siehe Abb. 3) lassen
sich weiterführende Erklärungsmodelle
anführen. So formulierten Parasuraman,
Zeithaml und Berry (1986)15 durch empirische Analysen so genannte GAPs, mit
Hilfe derer die Interaktionsbeziehungen
und potenziellen Konfliktfelder zwischen
Kunden und Dienstleister identifiziert wurden. Daraus resultierte ein Diskrepanz-Modell (GAP-Modell) der Dienstleistungsqualität, auf das an dieser Stelle verwiesen wird16.
Ein weiterer wesentlicher Aspekt der Kundenzufriedenheit und Kundenbindung
lässt sich mit Hilfe des Kano-Modells zur
Kundenzufriedenheit17
darstellen.
In
Ergänzung zu den oben genannten Faktoren und Zusammenhängen geht es stets
um die Erwartungen der Kunden einerseits und um den Erfüllungsgrad seitens
des Dienstleistungsanbieters anderer15 Vgl. Bruhn, 2008, S. 91 ff.
16 Ebd., S. 89 ff.
17 Ebd., S. 44 ff.
SCIAMUS – Sport und Management
seits.
Entscheidend sind hierbei die Anforderungsdimensionen des Kunden. So kann
man zwischen Grundforderungen, Leistungsforderungen und Begeisterungsanforderungen unterscheiden.
Grund- oder auch Basisforderungen
(„Muss-Anforderungen“)
werden
als
Selbstverständlichkeit
gefordert,
die
durch Kunden in keinem nennenswerten
Umfang honoriert oder gar als besonderes Dienstleistungsmerkmal wahrgenommen werden. Während die Erfüllung vorausgesetzt wird, führt die Nichterfüllung
zur Unzufriedenheit. Für Fitnessclubs können als Grundforderungen Hygiene, Sauberkeit, Funktionalität und Funktionsfähigkeit von Trainingsgeräten formuliert werden.
Leistungsforderungen („Soll-Anforderungen“) hingegen sind explizit vom Kunden
geäußerte Erwartungen an die propagierte Dienstleistung. Ein Fitnessanbieter,
der mit individuellen Beratungs- und
Betreuungsleistungen wirbt, wird dementThemenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
sprechend auch an der Abrufbarkeit und
Verfügbarkeit dieser Leistungen gemessen.
Begeisterungsanforderungen
(„KannAnforderungen“) schließlich sind jene
Leistungskriterien, mit denen Kunden in
aller Regel nicht rechnen und somit auch
nicht automatisch als Dienstleistung
erwarten. Die Erfüllung von Leistungsanforderungen führt bei Kunden zu einer
überproportional hohen Wahrnehmung
der gesamten Qualität, eine Nichterfüllung wirkt sich hingegen nicht aus. Beispiele hierfür sind die namentliche Nennung von Mitgliedern durch Mitarbeiter,
die Beschenkung der Mitglieder an speziellen Tagen (Valentinstag) oder auch ausgewählte und besonders inzenierte Kundenevents.
Bringt man diese drei Arten der Anforderungen bzw. Kundenerwartungen in einen
zeitlichen Kontext, ergeben sich entsprechende Herausforderungen an den
Dienstleistungsanbieter. Der Grund liegt
darin, dass im Laufe der Zeit und einer
kontinuierlichen Bereitstellung der Kundenforderungen die Erwartungen an die
Dienstleistung wachsen. Mehrmals dargebotene Begeisterungsleistungen werden
nämlich irgendwann als „normal“ und
selbstverständlich betrachtet und somit
vorausgesetzt. Diese Veränderung des
Erwartungsniveaus zeigt Homburg18 und
verwendet hierfür die sechs Typologisierungen der Zufriedenheit (progressive
Zufriedenheit/Unzufriedenheit,
stabile
Zufriedenheit/Unzufriedenheit und resignative Zufriedenheit/Unzufriedenheit).
Erfolgsfaktoren der Kundenbindung
Die Frage, welche Faktoren unmittelbar
dazu beitragen, Kunden zufrieden zu stellen und dadurch zu einer wirkungsvollen
und nachhaltigen Kundenbindung beitragen, lässt sich pauschal nicht klären. Je
nach wissenschaftstheoretischer Perspek18 Vgl. Homburg, 2008, S. 29
SCIAMUS – Sport und Management
56
tive findet sich eine Vielzahl an Erklärungsansätzen. Aus Autorensicht lassen
sich Faktoren, die für eine generalisierte
und nachhaltige Kundenbindung verantwortlich gemacht werden können und
somit gleichsam auch kritische Faktoren
sind, aus dem handlungstheoretischen
Ansatz ableiten19.
Ausgehend davon, dass menschliche
Handlungen immer intentional sind, ergeben sich Handlungssituationen stets aus
einem Beziehungsgefüge bestimmter
Grundkomponenten. Diese Komponenten,
die eine Handlung erst ermöglichen, sind
die handelnden Personen an sich, die
Umwelt, in der sich die Personen bewegen sowie Aufgaben, die sich aus dem reinen Person-Umwelt-Bezug ergeben.
Abb. 5: Grundkomponenten einer
Handlungssituation
Menschliche Handlungen, und zu denen
gehören auch aus der Mikroperspektive
alle erdenklichen Tätigkeiten, Aktionen,
Interaktionen usw. (Handlungsebene),
aber auch bereichsspezifische Handlungen aus der Makroperspektive, die sich
innerhalb
verschiedener
(Lebens-)Umstände wie Arbeitssituation,
Freizeitsituation usw. (Tätigkeitsebene)
erfassen lassen, werden also durch die
drei Grundkomponenten bestimmt und
definiert. Da Handlungen stets subjektiven
Charakter haben, lassen sich die drei
19 Vgl. Nitsch/Hackfort, 1981; Hackfort, 1986;
Hackfort/Munzert/Seiler, 2000; Nitsch, 2004
Themenheft
57
Strategisches Management für Fitnessstudios
Tab. 1: subjektive Situationsdefinitionen
genannten Handlungskomponenten in
subjektive Situationsdefinitionen klassifizieren. Solche subjektiven Situationsdefinitionen20 zeigt Tabelle 1.
Deutlich wird, dass die Komponenten aller
Handlungen sowohl aus der Fähigkeitsals auch aus der Wertigkeitsperspektive
subjektiv betrachtet, bewertet und verfolgt bzw. realisiert werden. Es geht also
darum, dass Subjekte (Personen), die sich
innerhalb einer Umgebung (Umwelt) aufhalten und dementsprechend immer eine
Aufgabe erledigen [selbst, wenn man
nichts unternimmt, handelt man], diese
Situation nach dem Muster bewerten und
einschätzen; a) Kompetenz/Können: „Kann
ich das?, „Sind die örtlichen Gegebenheiten angemessen?“, „Schaffe ich die Aufgabe?“ und b) Valenz/“Wollen“: „Bin ich
bereit dazu?“, „Sind die örtlichen Gegebenheiten reizvoll?“, „Ist die Aufgabe
reizvoll?“.
Vor diesem theoretischen Hintergrund
lassen sich also drei Faktoren markieren,
die als Schlüssel oder Stellschrauben für
eine erfolgreiche Kundenbindung identifiziert werden können21. Es sind demnach
immer die handelnden Personen eines
Fitnessclubs, die mit ihrem Engagement,
ihren Fähigkeiten und ihrer Bereitschaft
für eine positive Kundenbeziehung sor20 Vgl. Nitsch/Hackfort, 1981; Hackfort, 1986;
Nitsch, 2004
21 Vgl. Middelkamp/Steenbergen, 2012, S. 133
SCIAMUS – Sport und Management
gen. Ergänzend sind es die räumlichen
Gegebenheiten oder auch physical facilities, die Atmosphäre, das oft zitierte „look
& feel“, die Hygiene, der Zustand sanitärer Anlagen, die Aufteilung der Trainingsgeräte, Lichtkonzepte usw., die für
ein hohes Maß an Wohlbefinden der Kunden sorgen. Aus einer anderen Perspektive sind obendrein Standortparameter
(Mikro- und Makrostandort), wie Anbindung, Erreichbarkeit, Umgebung und
Parkmöglichkeiten zu nennen. Schlussendlich sind es die Angebote, sowohl aus
qualitativer als auch aus quantitativer
Sicht, welche das Ausmaß der Zufriedenheit und damit auch den Grad der Kundenbindung bestimmen. Hierzu zählen
sowohl klassische Kräftigungs- und Ausdauerangebote, Kurse und Wellness, aber
auch spezielle und/oder exklusive Formen des Trainings wie Personal Training,
Training mit Sondergruppen, zielgruppenspezifische Trainingsangebote uvm.
Kunden gleichen, wie oben bereits erläutert, erwartete und wahrgenommene Leistungen fortwährend ab. Wie ebenfalls
beschrieben, bemisst sich daran auch
eine gewisse Preisakzeptanz und -toleranz. Eine große Herausforderung für Fitnessclubs ist es also, stets an den genannten Erfolgsfaktoren zu arbeiten und somit
nachhaltig Kunden von dem Angebot und
der dargebotenen Leistungen zu überzeugen.
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
58
Kundenbindungsmanagement (CRM)
Das Management von Kundenbindung
(CRM) orientiert sich klassischerweise an
den Werkzeugen und Instrumenten, die
auch in anderen Bereichen des Managements zur Anwendung kommen. Es ist die
systematische Planung, Durchführung,
Kontrolle und Anpassung sämtlicher auf
den aktuellen Kundenstamm gerichteten
Maßnahmen mit dem Ziel, dass die Kunden auch zukünftig treu bleiben und ihre
emotionale Verbundenheit weiter ausgebaut werden kann. Hierzu gehört im
Wesentlichen
•
Stammkundenorientierung
•
Ein tatsächlich gelebter und praktizierter Managementprozess
•
Kundenbindungsmanagement
allen Geschäftsebenen
•
Nachhaltigkeit,
Zukunftsorientierung und Kontinuität
auf
Als entscheidend hat sich herausgestellt,
dass sich Geschäftsleitungen und Verantwortliche in Fitnessanlagen selbst zu
einem Management der Kundenbindung
bekennen müssen und es, ähnlich wie
auch für Qualitätsmanagement-Systeme
zutreffend, als ein Führungsinstrument
erkannt und gelebt wird. Management
bedeutet hierbei, an den Erfolgsfaktoren
(Personen, Umgebung/Umwelt, Angebote)
systematisch und nicht zufällig zu
arbeiten und sie stets nach dem Prinzip
des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP) zu optimieren. Ein wesentlicher Mechanismus zur Gewährleistung
dieser Systematik besteht in dem System
selbst. Was sich in Unternehmen der Produktion seit Jahrzehnten längst etabliert
hat und im Laufe der Zeit auch in Dienstleistungsbereichen
zur
Anwendung
kommt, sind prozessorientierte Arbeitsweisen. Insbesondere für die Fitnessbranche und den zukünftigen Chancen, aber
auch den großen Herausforderungen
scheint eine Etablierung des prozessge-
leiteten Arbeitens inklusive damit verbundener Kennzahlensysteme, hier im Speziellen für ein Kundenbindungsmanagement, von großer Bedeutung zu sein.
Praxisrelevante Maßnahmen
Kundenbindung
zur
Nachdem wesentliche theoretische Kernaspekte zur Kundenzufriedenheit und Kundenbindung erläutert wurden, geht es nun
darum, wesentliche praxisrelevante Möglichkeiten zum Kundenbindungsmanagement aufzuzeigen.
Entscheidend für ein effektives und kundenorientiertes Bindungsmanagement ist
zunächst die Kenntnis darüber, wer
eigentlich die Kunden sind, was die
Bedürfnisse sind und welche Erwartungen
sie an den Fitnessclub stellen. Wie oben
bereits angedeutet lassen sich nämlich
hier gegebenenfalls verschiedene Diskrepanzen zwischen Kunden und Fitnessanbieter identifizieren (Gap-Modell). Zur
Kenntnis einer tatsächliche Erwartung und
Zufriedenheit gelangt man durch Messmethoden zur Dienstleistungsqualität, die
sich durch eine Vielzahl an unterschiedlichen Ansätzen abbilden lassen22.
Ein solcher Ansatz ist z. B. die Servqual-Methode, deren Name sich aus Service und Qualität zusammensetzt. Hieraus
gingen mittels empirischer Vorgehensweise und im Kontext mit der Formulierung des Gap-Modells (siehe oben) durch
Parasuraman, Zeithaml und Berry (1986)
insgesamt fünf Qualitätsdimensionen hervor.
•
Tangibles Umfeld, wozu sowohl das
äußere Erscheinungsbild als auch
der Zustand der Räumlichkeiten
und des Personals zu zählen ist.
•
Zuverlässigkeit als Fähigkeit, versprochene Leistungen auch erfüllen
zu können.
•
Reaktionsfähigkeit, was Bereitschaft
22 Vgl. Bruhn, 2008, S. 129ff.
SCIAMUS – Sport und Management
Themenheft
59
Strategisches Management für Fitnessstudios
und Geschwindigkeit beschreibt,
die Kundenwünsche zu erfüllen.
•
Leistungskompetenz als Merkmal
der grundsätzlichen Fähigkeit, insbesondere der Mitarbeiter
•
Einfühlungsvermögen als Bereitschaft und Fähigkeit, Kundenwünsche zu erfassen und zu erfüllen
(vgl. Situationsdefinitionen).
Unabhängig davon, mit welchen Messmethoden die Ausprägung solcher Qualitätsdimensionen ermittelt wird, ist offenkundig, dass die oben beschriebenen
Erfolgsfaktoren Personen/Personal/Mitarbeiter, die Umwelt/Umgebung/räumliche
Gegebenheiten und die Aufgabe/die
Angebote jene Stellschrauben darstellen,
mit Hilfe derer Qualität maßgeblich
beeinflusst werden kann. Letztendlich
geht es darum, Erwartungen der Kunden
mindestens zu erfüllen (Kundenzufriedenheit), besser noch über zu erfüllen (Kundenbegeisterung) und keinesfalls zu enttäuschen (Kundenunzufriedenheit). Die
Fokussierung auf diese Faktoren ermöglicht es demnach, Grundforderungen der
Kunden zu gewährleisten und zu garantieren, Leistungsforderungen zu erfüllen und
regelmäßig durch außergewöhnliche
Maßnahmen zu begeistern.
Faktor Personen/Personal/Mitarbeiter
Dienstleistungen ist es zu Eigen, dass sie
durch Mitarbeiter erbracht werden.
Dementsprechend müssen auch die zur
Erbringung der geforderten Qualitätsstandards notwendigen Kompetenzen und
Valenzen vorhanden sein. Mitarbeiter sollten also Fähigkeiten und Anlagen besitzen, um von Kunden erwartete Dienstleistungen in vollem Umfang erbringen zu
können. Es geht aber, wie bereits geschildert, nicht nur um die Fähigkeiten, sondern auch um die Bereitschaft und den
Willen, diese Fähigkeiten täglich im Cluballtag auch abzurufen. Folgender Anforderungskatalog für Mitarbeiter ist erfolgSCIAMUS – Sport und Management
versprechend:
Fachkompetenz:
• Fachliche Qualifikationen die zur
Ausübung notwendig sind, wie z. B.
Trainerqualifikationen
• Gewisses Maß an Allgemeinbildung
• ggf. Berufserfahrung
Sozialkompetenz:
• Fähigkeit zur Rücksichtnahme
• Einfühlungsvermögen
• Kommunikations-, Kontakt- und
Teamfähigkeit
• Kritik- und Konfliktfähigkeit
• (Fremd-)Motivationsfähigkeit
Personale Kompetenz:
• Fähigkeit zur Selbsteinschätzung
und -reflexion
• Spezifische Ausprägungen der elementaren
Persönlichkeitseigenschaften der Bereiche emotionale
Stabilität, Extraversion, Kreativität,
Verträglichkeit und Gewissenshaftigkeit
• Toleranz
• Selbständigkeit
• (Selbst-)Motivation
Methodenkompetenz:
• Techniken und Methoden, die zur
Anwendung der fachlichen Fähigkeiten notwendig sind (z. B.
Umgang mit speziellen Testgeräten
oder Computersystemen)
• Ausdrucksfähigkeit in Wort, aber
auch in Schrift
Spezifische Kompetenz:
• Entscheidungsfähigkeit
• Führungskompetenz (vorrangig für
Führungskräfte)
„Knigge“:
• Umgangsformen
• Auftreten
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
•
Erscheinungsbild
Aktivierungskompetenz:
• Umsetzungs- und Realisierungsfähigkeit
Solche Anforderungen an Mitarbeiter
müssen sowohl im Rahmen der Personalauswahl als auch innerhalb von regelmäßigen Personalentwicklungsprogrammen
geprüft, geschult und weiterentwickelt
werden. Hierdurch werden nicht nur
Fähigkeiten der Mitarbeiter kontinuierlich
verbessert, sondern dies wirkt sich im
ganz erheblichen Maße auch positiv auf
die Zufriedenheit des Personals aus. Wie
bekannt ist und getreu dem Philosophen
Aurelius Augustus (354 – 430 n. Chr.)23,
beeinflusst die Zufriedenheit von Mitarbeitern unmittelbar die Zufriedenheit der
Kunden. Darüber hinaus sind Maßnahmen
des internen Marketings sinnvoll, um den
Mitarbeitern einen deutlichen Mehrwert
der Mitarbeiterschaft zu offerieren.
Wesentlicher Bestandteil einer effektiven
Kundenbindung ist an dieser Stelle auch
die Schaffung, Pflege und Moderation von
Community-Programmen. Hierbei geht es
darum, Mitarbeiter als „personifizierte
Unternehmensgesichter“ und Kunden
zusammenzubringen und somit sowohl
einen inter- als auch intra-kommunikativen Austausch zu ermöglichen. Kunden
können somit Teil der Gemeinschaft im
Sinne eines Wir-Gefühls werden und die
notwendige Emotionalität entwickeln.
Faktor Umwelt/Umgebung/räumliche
Gegebenheiten
Die räumlichen Bedingungen und Gegebenheiten lassen sich nur schwer beeinflussen, zumindest lässt sich dies für den
Standort an sich und die unmittelbare
Umgebung (Mikro- und Makrostandort)
behaupten. Hier kann man als Fitnessclub
jedoch Maßnahmen ergreifen, indem Kunden über aktuelle Verbindungen öffentli23 „Nur wer selbst brennt, kann Feuer in anderen
entfachen.“
SCIAMUS – Sport und Management
60
cher Verkehrsmittel informiert werden.
Weiter kann es sinnvoll sein, Fahrgemeinschaften zu fördern und zu initiieren. Die
Nutzbarkeit vorhandener Parkplätze sollte
zudem gewährleistet sein, indem z. B.
gegen Parknomaden vorgegangen wird.
Betrachtet man die räumlichen Bedingungen aus der Mikroperspektive als „physical facilities“, so lassen sich eindeutige
Maßnahmen nennen, um positiv auf die
Zufriedenheit von Kunden einzuwirken.
Wie bereits oben erwähnt, gehört
Hygiene und Sauberkeit nicht, wie oft
angenommen, zu besonderen und nennenswerten Merkmalen einer Fitnessanlage. Wer hat schon einmal im Leistungskatalog einer Werbebroschüre den Claim
„gut gereinigter Fitnessclub“ gelesen?
Hygiene und Sauberkeit ist als Selbstverständlichkeit zu gewährleisten, die durch
Kunden nur selten ausdrücklich honoriert
wird. Eine entsprechend gut organisierte
und effektive Reinigung, sichtbare Reinigungskontrollen und Vermerke sind deshalb Möglichkeiten, auf Kundenbindung
positiv einzuwirken.
Weiterhin lässt sich die Atmosphäre, Temperatur und Beleuchtung aller verfügbaren Räume je nach Nutzungsbestimmung
unmittelbar beeinflussen, indem Mitarbeiter stets aufmerksam sind und situationsgerecht reagieren.
Faktor Aufgabe/Angebot
Betrachtet man das Angebot als einen
weiteren Aspekt, der unmittelbar Kundenzufriedenheit beeinflusst, so lassen sich
folgende praxisrelevante Maßnahmen
festhalten. Wird eine Angebotspalette
definiert, so sollte diese regelmäßig auf
Akzeptanz der Kunden überprüft und
angepasst werden. Wie oben bereits
erwähnt, gilt auch hier der Community-Gedanke, der sich realisieren lässt,
indem Mitglieder aktiv und systematisch
danach befragt werden, inwieweit sowohl
angebotene als auch existierende Programme und Produkte er- und gewünscht
Themenheft
61
werden. Der Bedarf kundenorientierter
und zielgruppenspezifischer Trainingsformen wie bspw. Abnehmkurse, Training für
Kinder, so genannte small group – Trainings, Bewegung für und mit Schwangeren
uvm. lässt sich leicht ermitteln und einführen, wenn entsprechende Umfragen
durchgeführt, ausgewertet und umgesetzt
werden. Das „Ohr am Kunden“ betrifft
hier sowohl die Quantität als auch die
Qualität der Angebote.
Prozesse
Die in Kurzform beschriebenen Maßnahmen, um die relevanten Erfolgsfaktoren
Personen (P), Umgebung (U) und Angebot
(A) zur Kundenzufriedenheit positiv zu
beeinflussen und somit zur Kundenbindung beizutragen, dürfen nicht dem Zufall
überlassen bleiben, sondern müssen systematisch, nachvollziehbar, nachhaltig und
gemäß vorgegebener interner Standards
arrangiert werden. Diese Systematik lässt
sich nur durch prozessorientiertes Arbeiten auf allen Ebenen realisieren. Hierzu
sind Managementprozesse genauso notwendig, wie die Beschreibung von
Arbeitsabläufen im direkten Umgang mit
Kunden.
Kundenbindungsmanagement
stellt somit eine allumfassende Sichtweise
und Unternehmenskultur dar, weshalb es
nicht, wie in der Praxis oft angenommen,
explizit die Aufgabe einzelner Personen
ist. Vielmehr ist Kundenbindung und dessen systematische Planung und Organisation eine Führungsaufgabe, woraus eindeutige, aber dennoch individuell durch
Mitarbeiter und Kunden gemeinsam
gestaltbare Handlungsanweisungen abgeleitet werden können. Prozessorientierte
Arbeitsabläufe tragen demnach indirekt
immer wirkungsvoll zum Kundenbindungsmanagement bei.
SCIAMUS – Sport und Management
Strategisches Management für Fitnessstudios
Schlussbetrachtung
Bevor über ein Management von Kundenzufriedenheit und Kundenbindung nachgedacht wird, muss man sich über verschiedene grundlegende theoretische
Aspekte verständigen. Werden diese
Aspekte als Paradigmen angenommen,
beginnt danach die eigentliche Konstruktion von Maßnahmen, die in der Praxis
und im Alltag eines Fitnessclubs zu einer
wirksamen Kundenbindung führen. Hierbei ist es zunächst irrelevant, welche technischen
Instrumente,
Computerprogramme oder CRM-Tools verwendet werden. Sie sollten als unterstützende Werkzeuge eingesetzt werden, um eine Kultur
und Unternehmensphilosophie effizient
umsetzen zu können. Kundenbindung ist
eine Führungsaufgabe und durchdringt
die gesamte Architektur clubinterner
Abläufe sowie die gesamte Aufbauorganisation. Sie ist nicht nur Aufgabe einzelner
Mitarbeiter, die sich diverser vorgegebener Hilfsmittel bedienen.
Kundenbindungsmanagement wird erst
dann zu einer wesentlichen Fragestellung,
wenn es über vertragliche Kundenbindung hinaus geht. Effektiv und nachhaltig
ist es, Kunden auf emotionaler Ebene zu
überzeugen und zu begeistern. Dies
geschieht über Interaktion und Kommunikation. Emotionalität darf hierbei aber
keine zufällige Momentaufnahme sein,
sondern sollte systematisch erfolgen.
Positiv gerichtete Emotionalität kann aber
nur erzeugt werden, wenn Mitarbeiter, die
täglich direkten Kundenkontakt haben
und somit in jedem Augenblick für die
Kundenbindung
verantwortlich
sind,
selbst im tiefsten Inneren überzeugt sind.
Kurzum lässt sich Kundenbindung managen, wenn man
•
alle wesentlichen Arbeitsweisen
innerhalb des Unternehmens prozessorientiert organisiert
•
die an der Dienstleistung beteiligten Mitarbeiter gezielt und systeThemenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
matisch auswählt, weiterbildet und
motiviert
•
Kundenwünsche und -erwartungen
kennt und berücksichtigt
•
Kunden und Mitarbeiter in die Leistungsgestaltung aktiv integriert
•
Örtliche Gegebenheiten kommuniziert sowie die Räumlichkeiten in
erwartetem Zustand bereitstellt
•
Das Leistungs- und Angebotsspektrum kundenorientiert erstellt und
stets anpasst.
Zum Autor
Prof. Dr. Ralf Kriegel
Carl-Spitzweg-Ring 15
82178 Puchheim
Tel: 0173-7228952
E-Mail: [email protected]
[email protected]
Ralf Kriegel studierte Pädagogik und Sportwissenschaften an den Bundeswehruniversitäten Hamburg und München. Er promovierte zum Dr. phil.
mit dem Thema: „Eine am Situationskonzept orientierte Sportartenempfehlung – Theorie, methodische Entwicklung und Realisierung im Internet“.
Darüber hinaus verfügt er über zahlreiche Qualifikationen: Ausbildung zum QM-Beauftragten (QMB) und zum QM-Auditor (QM-A) bei der TÜV-Akademie GmbH Süddeutschland, Ausbildung zum
Sportpsychologen (asp/bdp) durch das Curriculum „Sportpsychologie im Leistungssport“ der Arbeitsgemeinschaft Sportpsychologie (asp) und des
Bundes Deutscher Psychologen (bdp) sowie Ausbildung zum Projektleiter bei der TÜV-Akademie
GmbH Süddeutschland. Seit 2008 ist er als Professor für Sportmanagement in Teilzeit an der Fachhochschule für angewandtes Management Erding
(FhaM) tätig. Seine praktische Erfahrung im Fitnessbereich sammelte er bei body + soul Group
AG & Co. KG sowie der Migros Freizeit Deutschland GmbH, Marke ELEMENTS.
SCIAMUS – Sport und Management
62
Literatur
Bruhn. M. (2007). Kundenorientierung, Bausteine für ein exzellentes Customer Relationship Management (CRM). 3. überarbeitete Auflage. München: dtv-Verlag.
Bruhn, M. (2008). Qualitätsmanagement für
Dienstleistungen, Grundlagen – Konzepte – Methoden. 7. überarbeitete und erweiterte Auflage. Berlin, Heidelberg:
Springer-Verlag.
Gronau, N. & Ludwig, S. (2012). Der Deutsche Fitnessmarkt – Studie 2012. Düsseldorf: Deloitte.
Hackfort, D. (1986). Theorie und Analyse
sportbezogener Ängstlichkeit. Ein situationsanalytischer Ansatz. Schorndorf:
Hofmann-Verlag.
Hackfort, D. (2001). Psychologische
Aspekte des Freizeitsports. In: H.
Gabler, J.R. Nitsch & R. Singer (Hrsg.),
Einführung in die Sportpsychologie. Teil
2: Anwendungsfelder. 2. erweiterte und
überarbeitete Auflage (S. 207-236),
Schorndorf: Hofmann-Verlag.
Hackfort, D., Munzert, J., Seiler, R. (2000).
Handlungstheoretische
Perspektiven
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Frank Daumann & Lev Esipovich
Markenaufbau – Der Weg zum Erfolg
Abstract
Für den Geschäftserfolg ist das Vorhandensein einer starken Marke von hoher
Bedeutung. Diese sorgt für eine nachhaltige Sicherung der Wettbewerbsposition,
woraus sich eine höhere Rentabilität
ergibt und der gesamte Unternehmenswert gesteigert wird. Auch auf dem heutigen Fitnessmarkt wird die Marke immer
mehr zum zentralen Erfolgsfaktor für die
Anbieter, indem sie für eine Präferenzbildung bei Konsumenten dient und eine Differenzierung von mehr oder weniger
homogenen
Fitnessdienstleistungen
schafft. Dadurch stützt sie entscheidend
die Kundenbindung und Kundengewinnung in Fitnessstudios.
Aber was ist überhaupt eine Marke? Welche konkreten Funktionen erfüllt sie im
Wettbewerb und wie kann eine Marke aufgebaut werden? Der vorliegende Beitrag
strebt an, diesen drei Fragen nachzuge-
SCIAMUS – Sport und Management
hen, indem einige Grundgedanken der
Markenbildungstheorie aufgegriffen werden. Dabei werden Besonderheiten des
Markenaufbaus bei Fitnessanbietern als
Dienstleistungsunternehmen
herausgestellt.
1. Was ist eine Marke?
In der Fachliteratur finden sich für den
Begriff „Marke“ eine Vielzahl von Definitionen, die sich stark voneinander unterscheiden. Eine Analyse des Markenbegriffs ergibt drei Definitionsebenen.
Nach dem ursprünglichen Verständnis ist
eine Marke (griech. Marka = Zeichen)
eine äußere physische Markierung bzw.
Kennzeichnung, die auf die Herkunft des
Artikels hinweist. Demgemäß stellt eine
Marke im Sinne von Markierung einen
Namen, Begriff, ein Zeichen, eine spezielle Gestaltungsform oder eine Kombina-
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
64
Abb. 1: Begriff "Marke" (eigene Darstellung)
tion aus diesen dar.1
Der Begriff „Marke“ wird auch im Rechtswesen verwendet. Unter einer Marke wird
im juristischen Sinne ein gewerbliches
Schutzrecht verstanden. Die Marke im
Sinne des Schutzrechtes wird im Markengesetz geregelt.2
Die beiden dargelegten Betrachtungsweisen sind rein formaler Natur und greifen
zu kurz, wenn man die besondere Wirkung von Marken auf die Wahrnehmung
der Konsumenten betrachtet: Durch eine
kurze Begegnung mit einfachen Markensymbolen wie einem Apfel oder wenigen
Buchstaben wie IBM werden in den Köpfen der Konsumenten gleich konkrete
Meinungen und Vorstellungen von der
jeweiligen Marke hervorgerufen. Diese
schlagen sich in unbewussten und
bewussten Wert- und Nutzenassoziationen
in Bezug auf die Marke nieder, wodurch
das Kaufverhalten entscheidend geprägt
wird.
Marke als soziales Phänomen stellt einen
Signalcode für ein Unternehmen dar, der
ein einzigartiges Bündel an Werten verkörpert, das für den Konsumenten sofort
wahrnehmbar und wiedererkennbar ist.
Nach der Bewertung dieser Werte entsteht
dabei beim Konsumenten ein bestimmtes
Bild vom Nutzen der jeweiligen Marke.
Demgemäß wird ein Fitnessanbieter bzw.
sein Name erst dann zur Marke, wenn er
in der Psyche des Konsumenten und sons1 Vgl. Esch, 2007, S.18
2 Vgl. ebd., S. 19
SCIAMUS – Sport und Management
tigen Bezugsgruppen als ein einzigartiges, wiedererkennbares Set an Werten
wahrgenommen wird.3
Den Kern der Marke bilden dabei sachlich-funktionale Werte wie Leistung, Innovation, Garantie usw. Beim Fitnessstudiobesuch können das beispielsweise die
hervorragende Kompetenz des Personals
und das Training an hochmodernen Fitnessgeräten sein. Daneben steht jede
Marke für bestimmte emotionale, ästhetisch-kulturelle und/oder ethische Werte,
die über das Produkt bzw. die Dienstleistung hinausgehen. Beispielsweise kann
eine Marke Prestige, Status, Echtheit,
Freude und andere Werte vermitteln. Zu
unterstreichen ist an dieser Stelle, dass
aufgrund der zunehmenden Austauschbarkeit von Produkten und der zunehmenden Sättigung der Märkte aktuell vor
allem emotionale, ästhetisch-kulturelle
oder ethische Werte einer Marke in den
Vordergrund treten.4
2. Funktionen von Marken: Marke
ist für alle ein Vorteil
Eine Marke erfüllt zahlreiche Funktionen,
indem sie den Konsumenten die Vorstellung über ein konkretes Bündel an Werten
und Nutzenassoziationen vermittelt. So
sind Menschen grundsätzlich aus ihrem
Bequemlichkeitsstreben
heraus
dazu
geneigt, den Suchaufwand zu reduzieren.
3 In Anlehnung an Börkirchner & Genler, 2005,
S.29
4 Vgl. Essig, Soulas der Russel & Bauer, 2010, S.85
Themenheft
65
Strategisches Management für Fitnessstudios
Abb. 2: Funktionen der Marke aus Sicht des Konsumenten und
Anbieters (eigene Darstellung)
Marken kommen diesem Streben entgegen, indem sie den Nachfragern sofort
bestimmte Informationen, beispielsweise
über ein konkretes Fitnessstudio, vermitteln. Dadurch erleichtern sie den Konsumenten die Bewertung und Entscheidungsfindung, was
schließlich
zur
Beschleunigung und Vereinfachung des
Kaufentscheidungsprozesses führt (Entlastungsfunktion). Weiterhin schaffen Marken
Klarheit in der Angebotsvielfalt und bieten damit für die Nachfrager eine bedeutende Orientierungshilfe, wie beispielsweise bei der Auswahl von Fitnessstudios
(Orientierungsfunktion). Darüber hinaus
vermitteln Marken durch ihre Bekanntheit,
Kompetenz,Werte und Vertrauen (Vertrauensfunktion), indem sie als Garantie für
eine bestimmte Qualität empfunden werden, was zur Minderung des subjektiv
empfundenen Risikos beiträgt. Schließlich
erfüllen Marken einige symbolische Funktionen wie Prestigeverleihung und Identitätsvermittlung (Symbolfunktion).5
im Dienstleistungsbereich (darunter auch
bei Fitnesseinrichtungen) noch wichtiger
als bei standardisierten Sachgütern.6
Dadurch, dass Marken für den Konsumenten Orientierung und Vertrauen schaffen,
erlangen sie eine besondere Bedeutung
im Dienstleistungsbereich. Aufgrund der
Komplexität des Wertschöpfungsprozesses unterliegen Dienstleistungen einer
komplizierteren Qualitätsstandardisierung
als Sachgüter, was sich in einem höheren
subjektiven Kaufrisiko für den Nachfrager
niederschlägt. Aus diesem Grund ist das
Schaffen von Vertrauen und Orientierung
Durch die dargelegten Funktionen erlangen Marken für den Anbieter einen finanziellen Wert, was zur Steigerung des
gesamten Unternehmenswerts führt. Der
Markenwert wird dabei als der Barwert
aller zukünftigen Einzahlungsüberschüsse
definiert, die ursächlich auf die Marke
zurückzuführen sind. Diese Einzahlungsüberschüsse ergeben sich dadurch, dass
5 Vgl. Burmann, Meffert & Koers, 2005, S.10ff.
SCIAMUS – Sport und Management
Die diversen Funktionen einer Marke aus
Sicht der Konsumenten bieten dem (Fitness-) Anbieter zahlreiche Chancen. So
schafft eine Marke eine Profilierung des
Fitnessstudios. Dadurch hebt sich das
eigene Leistungsangebot von konkurrierenden Angeboten ab, und Konsumenten
können das Fitnessstudio durch besondere Eigenschaften deutlich von anderen
Wettbewerbern auf dem Markt unterscheiden
(Differenzierungsfunktion).
Durch die Zufriedenheit mit einer Marke
kann auch eine höhere Kundenbindung
erreicht werden (Kundenbindungsfunktion). Weiterhin kann über die generierten
Präferenzen und die Kundenbindung
unter Umständen auch ein höheres Preisniveau im Wettbewerb durchgesetzt und
parallel das Risiko in der Absatzentwicklung reduziert werden (Risikoreduktionsfunktion).7
6 Vgl. Burmann, Schleusener & Weers, 2005, S.415
7 Vgl. Burmann, Meffert & Koers, 2005, S.13f.
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
66
Abb. 3: Zusammenspiel von Markenidentität und Markenimage
(Quelle: Burmann & Meffert, 2005, S. 52)
Marken in der Lage sind, künftige CashFlows eines Unternehmens zu beschleunigen (z.B. aufgrund des entgegengebrachten Vertrauens reagieren Konsumenten
schneller auf Erneuerungen), auszuweiten
(z.B. Markentransfer auf neue Produktbereiche) und deren Risiko zu reduzieren
(durch eine hohe Markentreue). Daher
gelten Marken generell als wichtiges
Instrument zur Steigerung der Rentabilität
und stellen daher eine langfristige Investition dar.8
(Selbstbild der Marke). Wie externe Zielgruppen die Hinweise der Markenidentität entschlüsseln und übersetzen, wird im
Image der Marke abgebildet (Fremdbild
der Marke). Unter dem Markenimage ist
dabei die Gesamtheit von Gefühlen, Einstellungen, Erfahrungen und Meinungen
bewusster und unbewusster Art zu verstehen, die externe Zielgruppen (z.B. Kunden, Lieferanten) mit einer Marke verbinden.9 Bekanntheit ist hier die Grundvoraussetzung dafür, dass ein Markenimage
überhaupt entsteht.10
3. Grundlagen des Markenkonstrukts
Markenidentität und Markenimage sind
eng miteinander verknüpft und beeinflussen sich gegenseitig. Wie schon erläutert,
stellt die Markenidentität einerseits die
Grundlage für das Markenimage dar.
Andererseits soll die Markenidentität, um
eine erfolgreiche Marke auszubauen den
Interessen, Anforderungen und Wünschen
der externen Zielgruppen ständig angepasst werden (siehe Abbildung 3). Das
zeigt grundsätzlich, dass eine Marke kein
statisches Konstrukt ist, sondern sich in
einem permanenten Veränderungspro-
Das Konstrukt „Marke“ gründet im
Wesentlichen auf dem Zusammenspiel
zwischen der Markenidentität und dem
Markenimage, das zu Vertrauen und
Begehrlichkeit auf Seiten der Konsumenten führen soll. Die Markenidentität definiert, wofür eine Marke stehen soll und
wird von internen Zielgruppen (z.B. Führungskräfte oder Eigentümer) formuliert
und verkörpert strategische Vorstellungen
des Unternehmens zur grundsätzlichen
inhaltlichen Ausrichtung der Marke
8 Vgl. Esch, Hermann & Sattler, 2011, S.426f.
SCIAMUS – Sport und Management
9 Vgl. Essig, Soulas der Russel & Bauer, 2010, S.89
10 Vgl. Burmann, Meffert & Feddersen, 2007, S.10
Themenheft
67
Strategisches Management für Fitnessstudios
Abb. 4: Bestandteile der Markenidentität (eigene Abbildung)
zess befindet.
11
Der Erfolg einer Marke hängt dabei im
Wesentlichen von dem Grad der Übereinstimmung der Markenidentität und des
Markenimages ab. Demgemäß besteht
das grundlegende Ziel beim Aufbau von
Marken darin, eine Markenidentität festzulegen und diese in den Köpfen der Konsumenten so zu verankern, dass der maximale Grad der Übereinstimmung zwischen Identität und Image der Marke
erreicht wird.
4. Markenaufbau
In diesem Abschnitt wird der Prozess des
Aufbaus einer Marke näher erläutert.
Dabei wird zunächst auf den strategischen
Aufbau und dann auf die operative Umsetzung eingegangen.
4.1 Strategischer Markenaufbau
Der Ausgangspunkt beim Aufbau der
Marken besteht darin, eine Markenidentität zu entwickeln. Im Rahmen der Markenidentitätsentwicklung ist dabei die
Gesamtheit der charakteristischen und
wesensprägenden Werte einer Marke aus
Sicht der Führung des Unternehmens herauszustellen.12
Bestandteilen. Die Wurzeln der Markenidentität liegen in der regionalen, kulturellen und institutionellen Herkunft der
Marke, welche eng mit der Historie des
Unternehmens verbunden ist (Markenherkunft). Ein wichtiger Bestandteil der Markenidentität ist das Leistungsversprechen,
das die jeweilige Marke einhalten muss,
damit sie als verlässlich wahrgenommen
wird (Markenleistung). Daneben spiegeln
Abbildungen der Wertvorstellungen der
internen Zielgruppen wie Eigentümer,
Management und Mitarbeiter (Markenwerte)
symbolisch-emotionale Werte
wider. Zudem wird im Prozess der Identitätsbestimmung der Auftritt der Marke mit
bestimmten Persönlichkeitseigenschaften
beschrieben, für die sie steht. Das sind
Eigenschaften, die auch einem Menschen
zugeschrieben werden können wie z.B.
attraktiv, modern, dynamisch usw. Ressourcen und organisatorische Fähigkeiten
(Markenkompetenz) sowie eine langfristige Entwicklungsrichtung (Markenvision)
stellen weitere Bestandteile der Markenidentität dar.13 Den grundlegenden Rahmen für die Entwicklung der Markenidentität bilden dabei die Unternehmensmission und die Unternehmensvision, die der
Marke eine glaubwürdige Stellung verleihen sollen.14

Die Markenidentität besteht aus mehreren
11 Vgl. Burmann & Meffert, 2005, S.52
12 Vgl. Sattler & Völckner, 2007, S.53ff.
SCIAMUS – Sport und Management
13 Vgl. Burmann, Meffert & Feddersen, 2007, S.5ff.
14 Vgl. Esch, 2007, S.83
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
Eine langfristige Fixierung der Markenidentität erfolgt durch die Entwicklung
einer
Markenpositionierungsstrategie.
Darunter ist „die strategische Steuerung
einer Marke hin zur gewünschten SollImage-Position in Übereinstimmung mit
der Markenidentität“15 zu verstehen.
Im Prozess der Markenpositionierung sollen konkrete Eigenschaften gewählt werden, die die Markenidentität für die Nachfrager eindeutig reflektieren. Neben der
Eindeutigkeit sollen auch solche Positionierungseigenschaften gewählt werden,
die der Marke eine einzigartige Position
in den Köpfen der Konsumenten verleihen
können. Der Erfolg bei der Markenpositionierung hängt im Wesentlichen auch
davon ab, inwieweit das Unternehmen,
das hinter der Marke steht, glaubwürdig
erscheint.16 Wenn ein Kunde beispielsweise im „Fitnessstudio Innovation“ an
technisch veralteten Geräten trainieren
muss, ist die Glaubwürdigkeit der Marke
offenbar nicht gegeben. Schließlich stellt
die Attraktivität eines der wichtigsten
Grundkriterien für die Entwicklung der
Markeneigenschaften dar. Deswegen sollen sich die gewählten Eigenschaften nach
den Bedürfnissen der Konsumenten richten. Damit sich die Marke von den Konkurrenten deutlich abhebt, ist es bei dem
Festlegen der Positionierungseigenschaften wichtig, die aktuellen und künftigen
Positionierungen der Wettbewerber zu
berücksichtigen.
Nur wenn die zuvor erläuterten Anforderungen an die Positionierungseigenschaften (Eindeutigkeit, Einzigartigkeit, Glaubwürdigkeit, Attraktivität) erfüllt sind, kann
die Marke erfolgreich zur Differenzierung
beitragen und sich langfristig auf Vertrauen, Sympathie und Loyalität der externen Zielgruppen positiv auswirken.
68
vorteil gegenüber Konkurrenten bieten. 17
So realisieren im aktuellen Fitnessmarkt
viele Anbieter die Positionierung hinsichtlich des Preises, indem ein niedrigeres
Preisimage in einem billigen Massenmarkt im Discountbereich (z.B. clever fit)
und ein hohes Preisimage im teuren Premiummarkt bei Luxusfitnessstudios angestrebt werden.
Heutzutage genügen jedoch solche produkteigenschaftsbasierten Positionierungen, wie der Preis oder die Qualität, nicht
mehr, um die eigene Marke von der Konkurrenz eindeutig abzugrenzen und dauerhaft positiv in den Köpfen der Konsumenten zu verankern. Eine moderne
Marke muss mehr auf die Emotionalität
einwirken können, indem sie sinnliche
Erlebnisse schafft, die die Gefühls- und
Erfahrungswelt der Konsumenten beeinflussen.18
4.2 Operativer Markenaufbau
Im Bereich des operativen Markenaufbaus
soll die festgelegte Positionierungsstrategie in einem unverwechselbaren, einheitlichen und attraktiven Markenauftritt
umgesetzt werden. Dieser umfasst neben
der Entwicklung des entsprechenden
Markendesigns (Markenlogo, Signets, Slogan) eine zielgerichtete Markenkommunikation und das Verhalten der Mitarbeiter,
die als Vermittler der Markenwerte fungieren. Damit der Kunde ein widerspruchsfreies Bild von einer Marke
bekommt, sollen alle drei Bereiche miteinander abgestimmt sein und dadurch eine
klare Botschaft über die Markenidentität
entsprechend der gewählten Positionierungseigenschaften vermitteln. Dabei ist
es von entscheidender Bedeutung, dass
die Marke über längere Zeit in einem
gleichartigen Auftritt geführt wird.
In der Regel fokussiert man sich bei dem
Positionierungsprozess auf wenige relevante Merkmale, die einen Wettbewerbs-
Das grundlegende Instrument zum Aufbau
einer starken Markenidentität ist die Mar-
15 Bünte, 2006, S.49
16 Vgl. Essig, Soulas der Russel & Bauer, 2010, S.98
17 Vgl. Esch, 2007, S.150
18 Vgl. Essig, Soulas der Russel & Bauer, 2010, S.98
SCIAMUS – Sport und Management
Themenheft
69
kenkommunikation. Das Hauptziel der
Markenkommunikation ist es, die Marke
bekannt zu machen und die Markenwerte
wahrnehmbar sowie lebendig zu vermitteln, was schließlich zur Übereinstimmung
des Markenselbstbilds und Markenimages führen soll.19
Markenkommunikation muss unter dem
Einbezug der Konsumentenpräferenzen
bezüglich der Kommunikationskanäle
erfolgen. Beispielsweise erwarten heutige
Verbraucher nicht nur mehr Informationen als früher, sondern vor allem Dialog
mit der Marke. Aus diesem Grund gewinnt
die dialogorientierte und direkte Kommunikation mit den relevanten Zielgruppen
immer mehr an Bedeutung. Weiterhin
haben
solche
Kommunikationsinstrumente eine besondere Stellung in der
Markenkommunikation, die Erlebnisse
schaffen (z.B. Events).20
Einen bedeutenden Beitrag zur Markenkommunikation leistet auch eine wirksame Markierung (Branding) mit symbolhaften optischen, verbalen und auditiven
Mitteln. Die Markierung umfasst vor allem
die Gestaltung von Markenname, Markenlogo, Slogan und Jingle. Damit die Differenzierung zu Wettbewerbern möglich
wird, soll die Markierung für ein einzigartiges und für die Nachfrager attraktives
Image sorgen.21
Aufgrund der Immaterialität der von den
Fitnessstudios angebotenen Dienstleistungen ist keine direkte Markierung des Produktes möglich. Aufgrund dessen müssen
alternative Maßnahmen zum Aufbau der
visuellen Markeneindrücke durchgeführt
werden. Dazu gehören beispielsweise bei
einem Fitnessstudio die (Farb-)Gestaltung
von Räumlichkeiten und der Außenfassade, die Kleidung des Studiopersonals, die Markierung der Kundenkarten
usw.
Auch die Mitarbeiter präsentieren durch
19 Vgl. Weber, 2010, S.53
20 Vgl. Burmann, Meffert & Feddersen, 2007, S.19
21 Vgl. Esch, 2007, S.205
SCIAMUS – Sport und Management
Strategisches Management für Fitnessstudios
ihr Verhalten gegenüber den Kunden die
Marke nach außen und schaffen dadurch
bestimmte Markenerlebnisse. Besonders
bei Dienstleistungsanbietern stellen die
Mitarbeiter einen höchstbedeutenden
Faktor für die erfolgreiche Markenkommunikation dar, weil sie in der Regel in
einer ständigen Interaktion mit dem Kunden stehen. Um die Botschaft der Marke
entsprechend nach außen tragen zu können, müssen alle Mitarbeiter die Markenidentität verstanden und verinnerlicht
haben. Unter diesen Gesichtspunkten sollen ein markenorientiertes Personalmanagement und eine nach innen gerichtete
Kommunikation erfolgen.22
5. Markenüberwachung
Nachdem eine Marke aufgebaut wurde,
muss beachtet werden, dass es zahlreiche
Gefahren gibt, die einer Marke drohen.
Grundsätzlich wird zwischen internen und
externen Gefahren unterschieden, die
zum Vertrauensverlust seitens der Konsumenten führen können. Die internen
Gefahren resultieren grundsätzlich aus
Fehlentscheidungen bzw. Fehleinschätzungen des Managements. So können beispielsweise ständige Re-Positionierungen,
kaum vorhandene Differenzierungsmerkmale im Kommunikationswettbewerb, fehlende Abstimmung der Markenkommunikationsinstrumente oder fehlende laufende Anpassung der Marke an die Wettbewerbsverhältnisse und Kundenbedürfnisse einen massiven Imageschaden zur
Folge haben. Externe Bedrohungen
umfassen vor allem den Bereich des Markenmissbrauchs (z.B. Markenpiraterie,
Markenausbeutung oder Imageschädigung seitens der Konkurrenz).23
Aufgrund der vielen Gefahren für die
Marke muss diese ständig gepflegt und
überwacht werden. Dafür ist es wichtig,
ein wirksames Controlling und Risikomanagement für Marken im Unternehmen zu
22 Vgl. Burmann, Schleusener & Weers, 2005, S.421
23 Vgl. Schiller, 2005
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
70
integrieren. Um gegen externe Bedrohungen vorzugehen, muss für die Marke (z.B.
für Logo, Slogan, Farbkombination usw.)
ein rechtlicher Schutz erlangt werden.24
Lev Esipovich
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Institut für Sportwissenschaft
Lehrstuhl für Sportökonomie
Seidelstr. 20
07749 Jena
Telefon: 03641/9-45635
6. Fazit
Der Aufbau und die Pflege einer Marke
stellt eine komplexe Aufgabe dar, die
nicht nur ein gewisses Budget, sondern
auch Geduld, Kontinuität und herausragende Marketingfähigkeiten benötigt.
Dennoch hat die Wichtigkeit einer starken
Marke auf den gesättigten Märkten für die
Wettbewerbsfähigkeit enorm zugenommen. So kann die Marke auch mittelständischen Fitnessstudiobetreibern helfen, sich
im Wettbewerb mit übermächtig erscheinenden Fitnessstudioketten erfolgreich zu
behaupten. Dabei sind die in diesem Artikel dargelegten Grundmechanismen zum
Markenaufbau für kleine und mittelständische Fitnessstudios sowie für große Ketten
gleich. Jedoch ist es aufgrund der Komplexität
des
Markenaufbauprozesses
durchaus empfehlenswert, den Markenaufbau unter Mitwirkung von Marketingexperten durchführen zu lassen.
Zu den Autoren
Prof. Dr. Frank Daumann
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Institut für Sportwissenschaft
Lehrstuhl für Sportökonomie
Seidelstr. 20
07749 Jena
Telefon: 03641/9-45641
E-Mail: [email protected]
Frank Daumann ist Inhaber des Lehrstuhls für
Sportökonomie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und wissenschaftlicher Leiter des MBAStudiengangs Sportmanagement. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Sportökonomie
und die Gesundheitsökonomie. Im Bereich der
Sportökonomie setzt sich Frank Daumann insbesondere mit der Analyse einzelner Sportmärkte,
Fragen des Dopings, dem Qualitätsmanagement in
Sportorganisationen sowie der Vermarktung des
Sports auseinander.
E-Mail: [email protected]
Lev Esipovich ist wissenschaftlicher Mitarbeiter
am Lehrstuhl für Sportökonomie der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Seine Forschungsinteressen liegen in den Bereichen Management in
Sportvereinen und Sportverbänden, Fundraising in
Sportvereinen und Sportverbänden sowie Customer Relationship Management bei kommerziellen
Sportanbietern.
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24 Vgl. Schiller, 2005
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Themenheft
71
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Thomas Rieger
Differenzierung durch Qualität – Ansätze zur
Entwicklung eines ganzheitlichen Qualitätskonzepts für gesundheitsorientierte Fitnessstudios
Abstract
Fitnessdienstleistungen sind durch eine
hohe Intimität und Kundenfokussierung
gekennzeichnet. Die Sicherstellung einer
hohen Qualität im Kontext der Leistungserstellung rückt für viele Fitnessstudios in
den Mittelpunkt. Das Qualitätsmanagement in Fitnessstudios ist nicht mit dem
von Gesundheitsorganisationen wie Krankenhäusern oder anderen medizinischen
Dienstleistern
gleichzusetzen.
Forschungsarbeiten zeigen, dass die Ambition zur Implementierung eines wie auch
immer gearteten Qualitätsmanagements
sich unweigerlich aus der Notwendigkeit
zur Gewinnmaximierung ergibt. Qualitätsaspekte werden also nicht an der Optimierung von gesundheitlichen Parametern der Kunden festgemacht, sondern
basieren auf einer marketingbezogenen
Interpretation des Qualitätsbegriffs. Inso-
SCIAMUS – Sport und Management
fern könnten auch nicht primär gesundheitsorientierte Kundenbedürfnisse anschlussfähig werden.
1. Einleitung
Der Markt für Fitnessstudios hat das Stadium der Stagnation bereits durchschritten. Zur Erreichung von Konkurrenzfähigkeit und langfristigen Etablierung am
Markt benötigen Fitnessstudios nachhaltige Produkt- und Leistungsinnovationen.
Demgemäß ist die Fokussierung auf
Dienstleistungsqualität zu einem markanten Wettbewerbsfaktor geworden. Die vorliegenden Marktbedingungen rücken
Strategien in den Mittelpunkt, die neben
der Neukundengewinnung primär die
langfristige Bindung von Kunden an das
Fitnessstudio in den Vordergrund stellen.
Die Dienstleistungsqualität ist ein Kernaspekt für die Erzielung von Kundenzufrie-
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
denheit1. Dies ist von entscheidender
Bedeutung, da über die gezielte Bedienung der Kundenerwartungen Kundenzufriedenheit erzielt werden kann und sich
hieraus ein positiver Einfluss auf die Kundenbindung und den ökonomischen
Erfolg ergibt.2 Sämtliche Wertschöpfungsprozesse des Fitnessstudios sind uneingeschränkt auf die Erfüllung von Kundenerwartungen auszurichten. In Zeiten kritischen Wettbewerbs können Merkmale
von Fitnessdienstleistungen nicht objektiv
vom Anbieter sondern müssen subjektiv
aus Kundensicht formuliert werden3. Vor
diesem Hintergrund kommt dem Bestreben nach einer hohen Dienstleistungsqualität eine große Bedeutung zu. Eine institutionelle Verankerung erfolgt häufig im
Rahmen eines Qualitätsmanagements.
Basierend auf den zuvor genannten
Aspekten ist eine einleitende Auseinandersetzung mit den Qualitätsbestrebungen von Fitnessanbietern sowie den
Besonderheiten von Fitnessdienstleistungen sinnvoll. Die qualitätsbezogenen Aktivitäten der Fitnessbranche waren bis
heute von dem Ziel dominiert – so wurde
es zumindest nach außen kommuniziert –
Anschlussmodelle an den stark regulierten ersten Gesundheitsmarkt zu generieren. Sowohl zentrale Branchenvertreter
(z.B. Arbeitsgemeinschaft der führenden
Fitness- und Sportstudioverbände) als
auch der TÜV-Rheinland entwickelten
eigene Qualitätszertifizierungen4, die als
Anschlussverbindungen
zum
ersten
Gesundheitsmarkt
fungieren
sollten.
Resultat dieser Aktivitäten war eine
durchaus als diffus zu bezeichnende Zertifizierungslandschaft in der weder Entscheidungsträger des Gesundheitssystems geschweige denn Endverbraucher
1
2
3
4
Vgl. Crosby, DeVito & Pearson, 2003, S. 18.
Vgl. Meffert & Bruhn, 2009, S. 53.
Vgl. Simon, 1988, S. 474.
Unter Zertifizierung wird in Anlehnung an Meffert & Bruhn (2009, S. 227) „die Durchführung
eines umfassenden Qualitätsaudits durch einen
unabhängigen Dritten verstanden.“
SCIAMUS – Sport und Management
72
den Überblick behielten5. Nach Einigung
der Akteure auf einen gemeinsamen Konsens erfolgte die Zusammenführung des
Prae-Fit-Siegels und des TÜV-Rheinland-Fitnesssiegels zu einer einheitlichen
Zertifizierung. Seit dem 01. Juli 2009 können sich Fitnessstudios durch den TÜVRheinland mit dem TÜV-Rheinland-PraeFit-Siegel zertifizieren lassen6. Das Qualitätssiegel beinhaltet die Prüfung unterschiedlicher Kriterien wie z.B. Ausbildung
des betreuenden Personals, Vertragswesen, Geräteausstattung und Hygiene. Die
Prüfkriterien sind durch eine deutliche
gesundheitssportliche
Orientierung
7
gekennzeichnet. Die Zertifizierung ist
jedoch nur ein Bestandteil eines ganzheitlichen Qualitätskonzepts, denn eine mit
Kosten verbundene Zertifizierung wird in
Studios nur dann dauerhaft Bestand
haben, wenn durch sie mehr Kunden
gewonnen, Bestandskunden dauerhafter
gehalten und die ökonomische Effizienz
verbessert werden können als ohne das
Qualitätssiegel. Im Fitnessstudio wird der
Umgang mit Gesundheit permanent unter
den Bedingungen der Gewinnmaximierung reflektiert. Fitnessstudios sind kommerziell und damit ökonomisch orientiert,
sie sind keineswegs Gesundheitsorganisationen, die einer differenten Entscheidungslogik folgen. Dieser Umstand dient
als primäre Prämisse bei der Entwicklung
eines ganzheitlichen Qualitätskonzepts in
diesem Artikel.
Ziele dieses Beitrags sind, die bisherigen
Qualitätsaktivitäten der Fitnessbranche zu
beleuchten, theoretische Ansätze vorzustellen und daraus Implikationen für die
Implementierung von Qualitätskonzepten
in Fitnessstudios abzuleiten. Es geht somit
5 Vgl. hierzu die Studie von Rieger, 2007.
6 Vgl. Prae-Fit, 2009, S. 1.
7 Besonders auffällig in diesem Zusammenhang
sind das Prüfkriterium Nr. 6 Gesundheitliche
Risikoabklärung sowie der Titel des Arbeitspapiers des TÜV-Rheinland: Kriterien und Arbeitspapiere fur gesundheitsorientierte Fitness-Studios gemaß Prufgrundlage 2 PfG 1217
(vgl. Prüfkatalog des TÜV-Rheinland, 2008).
Themenheft
73
um die Entwicklung eines Ansatzes für ein
ganzheitliches
Qualitätskonzept
für
gesundheitsorientierte
Fitnessstudios
unter der Berücksichtigung der organisationalen Entscheidungslogik und den
damit einhergehenden Voraussetzungen
und Barrieren.
Im folgenden Kapitel wird zunächst die
Entscheidungslogik von Fitnessstudios
untersucht. Diese wirkt sich auf die Bereitschaft zur Implementierung eines Qualitätskonzepts und dessen primäre inhaltliche Orientierung aus. Im Anschluss
erfolgt eine Kennzeichnung der wichtigsten Aspekte des Qualitätsmanagements
von Fitnessdienstleistungen unter besonderer Berücksichtigung der Besonderheiten im Vergleich zu anderen Dienstleistungsformaten. Darauf aufbauend werden
die wichtigsten Elemente zur Initiierung
eines Qualitätskonzepts im Fitnessstudio
erläutert. Neben der Analyse und Planung
wird vor allem auf die Steuerung und die
Wirtschaftlichkeit eingegangen. Einen
inhaltlichen Anker bildet im Kapitel Steuerung die Auseinandersetzung mit dem Für
und Wider von brancheneigenen Zertifizierungsverfahren. Der Beitrag schließt
mit einer Zusammenfassung und Implikationen.
2 Grundlagen zur Entscheidungslogik in Fitnessstudios
Die Selbstwahrnehmung der Fitnessbranche ist vielfach geprägt durch eine Orientierung an gesundheitssystemischer Entscheidungslogik. Diese unterscheidet sich
jedoch von der tatsächlichen Entscheidungslogik. Fitnessstudios entscheiden
nicht im Sinne der Logik des Gesundheitssystems ‚gesund/krank’8, sie sind demnach keine Gesundheitsorganisationen,
sondern unterliegen den Bedingungen
des Wirtschaftssystems. Fitnessstudios
sind kommerzielle Organisationen, die
sämtliche Beobachtungen und Entscheidungen an der Prämisse des maximalen
8 Vgl. Luhmann, 1984, S. 602.
SCIAMUS – Sport und Management
Strategisches Management für Fitnessstudios
Gewinns ausrichten9. Hieraus ergeben
sich weitreichende Konsequenzen für den
Umgang mit Gesundheit innerhalb der
Organisation. Jede gesundheitsbezogene
Entscheidung z.B. Zertifizierung des Studios oder die Einstellung eines Physiotherapeuten
mit
gesundheitssportlicher
Zusatzqualifikation wird letztendlich durch
die
ökonomische
Leitorientierung
bestimmt. Sind Strategien, Maßnahmen
oder andere Interventionen im Sinne der
ökonomischen
Rationalität
nicht
anschlussfähig, finden sie keine Berücksichtigung in der Organisation bzw. werden eliminiert.10 Die Entscheidung zur
Implementierung bzw. zur organisationalen Auseinandersetzung mit Qualitätsmanagement erfolgt somit nicht primär vor
dem Hintergrund einer optimalen Ausrichtung auf gesundheitsorientierte, präventive, therapeutische oder rehabilitative
Standards, sondern erfolgt nach der
Maxime, ob damit Geld zu verdienen ist
oder nicht. Ohne Frage spielen gesundheitssportliche Aspekte bei der Gestaltung von Dienstleistungen eine zentrale
Rolle, allerdings sind parallel dazu andere,
nicht zwangsläufig gesundheitsorientierte
Ansätze anschlussfähig, wenn sie einer
ökonomischen Rationalität folgen.11
Die Gestaltung eines ganzheitlichen Qualitätskonzepts von Fitnessstudios kann sich
nicht an vergleichbaren Aktivitäten von
Gesundheitseinrichtungen12 orientieren.
Vielmehr ist eine stete Orientierung am
Kunden erforderlich, denn maßgebend für
den Unternehmenserfolg und die ökono9 Zur Theorie organisationaler Entscheidungsprämissen vgl. Luhmann, 2011.
10 Vgl. hierzu die von Rieger (2007) durchgeführte
Interviewstudie zur Implementierbarkeit eines
Qualitätsmanagements der Gesundheitsförderung in Fitnessstudios.
11 Man stelle sich bspw. Kunden vor, die keine
gesundheitliche Zielsetzung verfolgen, sondern
eher ästhetische oder leistungsorientierte
Motive mit dem Fitnesstraining verbinden.
12 Nach § 135a SGBV besteht für Gesundheitseinrichtungen eine Verpflichtung zur Qualitätssicherung.
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
mische Sinnhaftigkeit von Entscheidungen
wird immer die Qualitätsbeurteilung der
Kunden sein.13 Demgemäß erfolgt in diesem Beitrag eine Konzentration auf Qualitätsmanagementaspekte, die nicht durch
gesundheitssystemische
Qualitätsstandards geleitet ist. Die kundenorientierte
Optimierung der Fitnessdienstleistungserstellung unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Rationalität steht im Vordergrund.
3 Basale Aspekte des Qualitätsmanagements von Fitnessdienstleistungen
Die von Fitnessstudios erbrachten personenbezogenen Dienstleistungen weisen
einige Besonderheiten auf14, die einen
nachhaltigen Einfluss auf die Dienstleistungsqualität und deren Management ausüben. Hierzu zählen:
3.1 Das Intimitätsniveau
Die Kernleistung eines Fitnessstudios ist
die Kundenbetreuung auf der Gerätefläche. Im Verhältnis von Trainer und Kunde
ergeben sich fortlaufend Situationen die
durch einen intimen Charakter gekennzeichnet sind. Der Trainer korrigiert die
Körperhaltung, berührt zur Fixierung das
Gelenk oder die Muskulatur des Kunden.
Im Mittelpunkt der erbrachten Leistung
stehen die Physis und Gesundheit des
Kunden. Dies erzeugt einen Intimitätsgrad,
der in dieser Form nur bei medizinischen
Leistungen zu finden ist.15
3.2 Die physische Beanspruchung des
Kunden
Die wichtigsten Motive von Fitnessstudiokunden sind: ‚Etwas für die Gesundheit zu
13 Vgl. Meffert & Bruhn, 2009, S. 95.
14 Zu den allgemeinen Besonderheiten von
Dienstleistungen vgl. Meffert & Bruhn, 2009, S.
32-45.
15 Zur Bedeutung von Kundenkontakten bei
Dienstleistungen vgl. Zollner, 1995, S. 53.
SCIAMUS – Sport und Management
74
tun’ und ‚Das Wohlbefinden steigern’. Des
Weiteren spielen körperlich-ästhetische
Zielsetzungen eine Rolle.16 Zielsetzungen,
die ein regelmäßiges Training und ein
gewisses Maß an körperlicher Anstrengung erfordern. Im Dienstleistungsprozess besteht daher die anbieterseitige
Herausforderung, die Kunden davon zu
überzeugen, dass die Aktivität im Studio
alternativlos ist und der damit verbundene finanzielle Aufwand gerechtfertigt
ist. Sicher ist eine Erreichung der genannten Zielsetzungen auch durch nahezu kostenfreie Aktivitäten wie bspw. regelmäßiges Laufen oder Heimgymnastik zu erreichen. Die operativen Dienstleistungsersteller (Trainer, Übungsleiter) benötigen
demgemäß bestimmte persönliche Kompetenzen wie Überzeugungskraft und
Motivationsfähigkeit.
3.3 Die kollektiven Einflüsse
Nutzen Kunden die gerätegestützte Trainingsfläche oder nehmen sie an einem
Fitnesskurs teil, sind sie im Regelfall von
Mittrainierenden umgeben. Fitnessdienstleistungen haben vielfach den Charakter
von personenbezogenen Kollektivdienstleistungen17, weil der Interaktionsgrad
unter den Mitgliedern sehr hoch ist.18 Die
von Kunde A wahrgenommene Dienstleistungsqualität kann sowohl positiv als auch
negativ vom Verhalten des Kunden B oder
dem Outfit des Kunden C beeinflusst werden. Die Herausforderung für Fitnessdienstleister besteht darin, die ggf. vorliegenden negativen Einflüsse zu minimieren
und die positiven Einflüsse zu betonen.
In der Marketingliteratur finden sich zahlreiche Ansätze zur Systematisierung von
Dimensionen der Dienstleistungsqualität,
wobei der Fokus auf einer Differenzierung
in Potenzial-, Prozess- und Ergebnisdi16 Vgl. hierzu die Studie von Dietrich, Heinemann
& Schubert, 1990.
17 Zu den Charakteristiken personenbezogener
Kollektivdienstleistungen vgl. auch Chatrath,
2010, S. 8-21.
18 Vgl. Ko & Pastore, 2004, p. 164.
Themenheft
75
mension liegt.19 Die benannten Besonderheiten von Fitnessdienstleistungen spiegeln sich in den drei Dienstleistungsdimensionen wider. Der hohe Grad an Intimität erfordert auf der Ebene der Potenziale, also der sachlichen, organisatorischen und persönlichen Leistungseigenschaften des Fitnessstudios eine Umsetzung, die beim Kunden durch Visualisierung des Immateriellen, z.B. in Form einer
einwandfreien Hygiene oder der Dokumentation von Mitarbeiterqualifikationen
und Qualitätszertifizierungen Vertrauen
aufbaut. Es gilt, durch die Potenziale die
kundenseitige Unsicherheit, die sich vor
allem aufgrund des individuellen Gesundheitsbezugs ergibt, zu reduzieren. Auf der
Ebene der Prozesse sind Intimität, physische Beanspruchung des Kunden und kollektive Einflüsse von vergleichbarer Wichtigkeit. Der Mensch rückt in den Mittelpunkt, sowohl kunden- als auch anbieterseitig. Die Ausgestaltung der sog.
‚Mensch-Mensch-Schnittstelle’20 ist ein
wesentlicher Faktor, ob Kunden dauerhaft
für privatwirtschaftlich organisierte physische Beanspruchung motiviert und negative Kollektiveinflüsse ausgeblendet werden können. Die Primärkontaktmitarbeiter
(Trainer, Übungsleiter etc.) werden zu
ganz wesentlichen Bausteinen in einem
ganzheitlichen Qualitätskonzept, insbesondere bei der Analyse und Planung der
Prozesse.21 Auf der Ebene der Ergebnisse
rückt erneut der von Kunden zu leistende
finanzielle und physische Aufwand in den
Fokus. Die Evaluation von Trainingsfortschritten ist ein elementarer Bestandteil
der Qualitätssicherung. Ohne eine stetige
Dokumentation des Trainingsfortschritts
werden Kunden die Sinnhaftigkeit des
Trainingsaufwands in Verbindung mit
19 Diese Differenzierung basiert auf dem Ansatz
von Donabedian, 1980. Weitere Ansätze finden
sich u.a. bei Berry, 1986; Grönroos 2007; Parasuraman, Zeithaml & Berry, 1985.
20 Hiermit ist die Kontaktsituation zwischen Trainer und Trainierendem gemeint.
21 Donabedian bezeichnete die Prozessqualität als
„primary object“ (1980, p. 79).
SCIAMUS – Sport und Management
Strategisches Management für Fitnessstudios
einem entsprechenden finanziellen Aufwand in Form des Mitgliedsbeitrags hinterfragen.
Wesentlicher Zweck eines Qualitätsmanagements von Fitnessdienstleistungen ist
die Schaffung und Sicherung der Qualitätsfähigkeit des Fitnessstudios.22 Demgemäß ist eine Systematisierung von Bausteinen vorzunehmen, die sich zu einem
ganzheitlichen Qualitätskonzept zusammenfügen23:
1. Analyse der Dienstleistungsqualität,
2. Planung des Qualitätsmanagements,
3. Steuerung des Qualitätsmanagements,
4. Evaluation der Wirtschaftlichkeit
des Qualitätsmanagements.
Im weiteren Verlauf dieses Beitrags werden die jeweiligen Bausteine mit den zur
Verfügung stehenden Instrumenten vorgestellt.
4 Analyse und Planung der Qualität
von Fitnessdienstleistungen
Die Grundlage zur Analyse der Dienstleistungsqualität in Fitnessstudios als elementarer Bestandteil eines ganzheitlichen
Qualitätskonzepts bilden die in der Managementliteratur
ausdifferenzierten
Modelle der Dienstleistungsqualität. Eine
komplette Darstellung sämtlicher Modelle
würde dem Umfang dieses Beitrags nicht
gerecht und würde selbst im Ansatz einen
zu großen Rahmen einnehmen.24 Zentraler
22 In Anlehnung an Horváth & Urban, 1990, S. 14.
23 Vgl. hierzu den Ansatz von Meffert & Bruhn,
2009, S. 189.
24 Im Wesentlichen sind in diesem Kontext das
GAP-Modell von Zeithaml, Berry & Parasuraman, 1988, das dynamische Prozessmodell von
Boulding, Kalra, Staelin & Zeithaml, 1993, das
Beziehungsqualitätsmodell von Liljander &
Strandvik, 1995 und das qualitative Zufriedenheitsmodell von Stauss & Neuhaus, 1997 zu nennen.
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
Querschnitt der Modelle ist die Bedeutung der Erfüllung kundenseitiger Anforderungen durch die anbieterseitige Leistung. Bei Nicht-Erfüllung entstehen qualitätsrelevante Lücken (z.B. GAP-Modell),
bei Erfüllung oder Über-Erfüllung der
Erwartungen
positive,
emotionale
Zustände (z.B. Zufriedenheit, Begeisterung). Leitendes Ziel eines Qualitätskonzepts für Fitnessstudios muss daher die
dauerhafte Erfüllung von Kundenerwartungen sein.
Anbieter sollten Kundenerwartungen kennen, wenn sie diese erfüllen wollen. Eine
ganz wesentliche Voraussetzung ist somit
die Messung von Anforderungen an die
Dienstleistungsqualität im Fitnessstudio.
Sie ist die Schnittstelle zwischen dem
„qualitätsliefernden“ Fitnessstudio und
den „qualitätswahrnehmenden“ Trainierenden.25 Welches Verfahren bei der Messung zur Anwendung kommt ist letztendlich von unterschiedlichen Faktoren
abhängig. Folgende Fragen sollten beantwortet werden26: Sind die gemessenen
Qualitätskriterien aus Kundensicht relevant für die Kaufentscheidung? Ermöglicht das Messverfahren eine vollständige
Erfassung von Qualitätsdimensionen?
Sind die Qualitätsbeurteilungen aktuell?
Sind die Verbindungen zwischen Messergebnissen und tatsächlichen Qualitätsbeurteilungen eindeutig? Ergeben sich aus
den Ergebnissen Anknüpfungspunkte für
Qualitätsinterventionen? Rechtfertigen die
Ergebnisse den entstandenen Kostenaufwand?
Bei der Messung von Anforderungen an
die Dienstleistungsqualität sind grundsätzlich zwei Ansätze zu differenzieren: 1.
die kundenorientierten Messansätze (z.B.
Kundenzufriedenheitsmessungen,
Critical-Incident-Technik,
Beschwerdeanalyse) und 2. die anbieterorientierten
Messansätze.27 Neben den zuvor genann25 Vgl. Hentschel, 1999, S. 294.
26 Vgl. Meffert & Bruhn, 2009, S. 196-197.
27 Eine detaillierte grafische Darstellung der einzelnen Messmethoden liefern Meffert & Bruhn,
SCIAMUS – Sport und Management
76
ten Fragen spielen auch die Spezifika
einer Dienstleistung eine zentrale Rolle.
Bei Fitnessdienstleistungen sind der hohe
Grad an Intimität sowie die Relevanz des
Kundenkontaktpersonals an der MenschMensch-Schnittstelle von Bedeutung.28
Letztere muss zu einer stärkeren Integration von mitarbeiterbezogenen Messmethoden innerhalb der anbieterorientierten
Ansätze führen. Ein anforderungsgerechtes Design von Messansätzen ist hinreichende Bedingung um auf Basis von
Untersuchungsergebnissen eine Planung
der Dienstleistungsqualität vornehmen zu
können.
Während die Messung von Dienstleistungsqualität den informationellen Einstieg darstellt, bildet die Planung des
Managements von Qualität den Handlungsrahmen in dem die strategische
Qualitätsausrichtung des Fitnessanbieters
bestimmt wird. Eine vollständige Planung
erfordert eine Entscheidung über folgende Aspekte: strategische Qualitätsposition, Qualitätsstrategie, Qualitätsprinzipien und Qualitätsziele des Fitnessstudios.29
Die strategische Qualitätsposition bildet
den Ausgangspunkt eines Qualitätsmanagementkonzepts. Es erfolgt eine deutliche
Positionierung mit Schwerpunktsetzungen
im Vergleich zum Wettbewerb. Entscheidet sich der Fitnessanbieter für eine
Fokussierung in den Bereichen Gesundheitssport und Gesundheitsförderung,
sind strengere Maßstäbe an ein Qualitätsmanagement anzusetzen, da häufig ein
Zugang zum stark regulierten ersten
Gesundheitsmarkt angestrebt wird.30 Zur
Erreichung der Qualitätsposition sind ent2009, S. 196.
28 Vgl. Kap. 3.
29 In Anlehnung an Meffert & Bruhn, 2009, S. 217.
30 Auf dem Fitnessmarkt lassen sich derzeit Differenzierungsstrategien erkennen. Anbieter
unterscheiden sich bewusst vom Gesundheitssport und richten ihr Angebot beispielsweise auf
Athletik bzw. den leistungsorientierten Kraftsport aus.
Themenheft
77
Strategisches Management für Fitnessstudios
sprechende Qualitätsstrategien zu entwickeln, die eine eindeutige Setzung des
Anbieters im Markt befördern. Ferner
sind Qualitätsleitlinien mit der Aufgabe
auszudifferenzieren, die Qualitätsstrategien in der täglichen Arbeit im Fitnessstudio greifbar zu machen. Abbildung 1 veranschaulicht die Formulierung von Qualitätsprinzipien am Beispiel eines gesundheitsorientierten Fitnessstudios. Die Ausrichtung an den gesundheitsbezogenen
Bedürfnissen der Kunden steht dabei im
Zentrum der unternehmerischen Aktivitäten.
Abb. 1: Mögliche Qualitätsleitlinien eines
gesundheitsorientierten Fitnessstudios
Eine Konkretisierung der genannten Qualitätsleitlinien innerhalb der strategischen
Qualitätsplanung erfolgt durch die Festlegung auf lang- und kurzfristige Qualitätsziele durch das Studiomanagement. Aufgrund der starken Ausrichtung am Kunden sind Qualitätsmanagementziele den
Marketingzielen unterzuordnen, sie unterteilen sich ihrerseits in sog. marktgerichtete Ziele (z.B. Kundenzufriedenheit, Kundenbindung, Wahrnehmung als Qualitätsanbieter) und unternehmensgerichtete
Ziele (z.B. Effizienzsteigerung der Prozesse, Senkung der Qualitätskosten).31
31 Vgl. Bruhn, 2010, S. 233; Weber, 1989, S. 56f.
SCIAMUS – Sport und Management
Zusammenfassend
lassen
sich
die
Aspekte der Analyse und Planung im Qualitätsmanagement von Fitnessdienstleistungen pyramidenartig darstellen (vgl.
Abbildung 2).
5 Steuerung der Qualität von Fitnessdienstleistungen
Im Anschluss an die Qualitätsplanung, die
durchgeführten Maßnahmen (z.B. Einstellung von Trainern mit besonderer Qualifikation) und die Qualitätsprüfung (z.B.
Durchführung von Mitarbeiter- und Kundenbefragungen) erfolgt eine Dokumentation der Qualität im Rahmen der externen und internen Kommunikation32. Ein
wichtiger Ansatz in diesem Zusammenhang ist die Steuerung und Hervorhebung
von Qualitätsorientierung mittels Zertifizierungen und Prädikaten.
Im ersten Gesundheitsmarkt herrscht aufgrund der gesetzlichen Notwendigkeit zur
Zertifizierung ein hohes Maß an Erfahrung im Umgang mit Prüfungsprozessen
und Prüfungssystemen33. Die kommerzielle Fitnessbranche hat als Teil des zweiten Gesundheitsmarkts dieses Vorgehen
in Teilen auf die eigenen Strukturen übertragen. Mit Ende der 90er Jahre hat sich
eine rege Aktivität bei der Entwicklung
von Zertifizierungsverfahren für Fitnessstudios eingestellt, an der zahlreiche Institutionen beteiligt waren. Mit der Einführung und Verabschiedung eines einheitlichen Prüfungszertifikats unter Organisation des TÜV Rheinland (vgl. Kap. 1) ist es
der Branche gelungen, mehr Transparenz
in Sachen Qualitätsfitness zu schaffen.
Grundsätzlich besteht jedoch keine Not32 Vgl. Bruhn, 2010, S. 359.
33 Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind im
deutschen Gesundheitssystem die folgenden
Zertifizierungsverfahren von Bedeutung: European Foundation for Quality Management
(EFQM), Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen (KTQ), Europäisches
Praxisassessment (EPA), Qualitätsmanagementsystem der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (QEP).
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
78
Abb. 2: Planungspyramide eines Qualitätsmanagements für
Fitnessdienstleistungen (Quelle: In Anlehnung an Bruhn, 2010, S. 236)
wendigkeit einer Zertifizierung für die
Betreiber von Fitnessstudios. Für jeden
Anbieter gilt es abzuwägen, ob eine Zertifizierung sinnvoll ist. Leitendes Kriterium
für die Sinnhaftigkeit eines derartigen
Steuerungsinstruments sind die Ziele des
Qualitätsmanagements. Gelingt es, durch
die Implementierung eines Zertifikats und
der damit verbundenen Modifikationen in
den Potenzialen und Prozessen das Hauptziel jeder kommerziellen Sportorganisation, nämlich die Gewinnmaximierung
unter besonderer Berücksichtigung kundenbezogener Teilziele (z.B. Zufriedenheit
und Bindung), zu erreichen? Leitendes
Motiv der Zertifizierung ist somit nicht die
Sicherstellung eines qualitätsorientierten
Gesundheitssportangebots, sondern der
wirtschaftliche Vorteil, der sich durch eine
verbesserte Kundenakzeptanz ergibt34. Bei
Betrachtung der Inhalte der TÜV Rheinland-Zertifizierung offenbart sich ein
hoher Grad an Komplexität. Zur Erfüllung
der Anforderungen sind neben den Prüfungsgebühren unter Umständen weitere
Investitionen in die apparative Ausstattung, das Personal oder das Dokumentationsmanagement zu leisten, um letztend-
lich das Siegel zu erhalten. Aus Sicht einer
kommerziellen Organisation sind diese
Investitionen nur zu rechtfertigen, sofern
Kunden und potenzielle Nachfrager die
Zertifizierung kennen, sie mit Qualität
assoziieren und ihre Kaufentscheidung
darauf basiert. Eine Zertifizierung ist
zunächst keine Garantie zur Erhöhung der
Mitgliederanzahl oder Steigerung der
Kundenzufriedenheit. Vielmehr bedarf es
einer dezidierten Marktforschung mit
Fokus auf Kundenakzeptanz der Qualitätszertifizierungen, um begründet eine Zertifizierung durchzuführen und zu installieren.
Neben den Qualitätsprädikaten lässt sich
mit Hilfe anderer Maßnahmen eine Qualitätsorientierung intern dokumentieren.
Grundlage ist die Analyse der Qualität
von Fitnessdienstleistungen und deren
bereits im Kapitel 4 beschriebenen Messmethoden. Ergebnisse von Qualitätsanalysen eignen sich zur internen Veröffentlichung. Anhand von zwei Beispielen soll
diese verdeutlicht werden.
1. Direkte Messung der Kundenzufriedenheit mit dem Zwei-Komponenten-Ansatz.
34 Vgl. die Interviewstudie von Rieger, 2007.
SCIAMUS – Sport und Management
Themenheft
79
Strategisches Management für Fitnessstudios
Die auf den Ausprägungen ‚Wichtigkeit’
und
‚Zufriedenheit’
bestimmter Merkmale der Fitnessdienstleistung (z.B. Freundlichkeit
der Flächentrainer) basierte Untersuchung ermöglicht eine strukturierte Analyse der vorliegenden
Qualität35. Die Ergebnisse sollten
den Kunden zugänglich gemacht
werden. Die ausschließliche interne
bzw. managementbezogene Nutzung der Analyseergebnisse greift
zu kurz. Eine Veröffentlichung der
Ergebnisse fördert Transparenz und
Glaubwürdigkeit. Die aus Kundenperspektive bemängelten Merkmale, also jene mit geringer Zufriedenheit und hoher Wichtigkeit sind
mit entsprechenden Kommentaren
seitens des Managements zu versehen, die eine Interventionsabsicht
signalisieren. Demgegenüber sind
positiv bewertete Merkmale ebenfalls zu kommunizieren. Diese Vorgehensweise lässt sich mit dem Beispiel 2 (Beschwerdemanagement)
sinnvoll kombinieren.
2. Beschwerdemanagement
blemorientierter Ansatz
als
pro-
Das Aufstellen sog. ‚Kummerkästen’
ist lediglich der finale operative
Schritt eines Beschwerdemanagements und kann ohne eine zielorientierte Steuerung zu unbefriedigenden Ergebnissen führen. Folgende Voraussetzungen müssen
geschaffen werden, um einen maximalen Nutzen aus einem Beschwerdemanagement zu ziehen: 1. Information der Kunden über die Möglichkeit zur Beschwerde, 2. Sicherstellung einfacher Zugänge zu
Beschwerdekanälen für die Kunden36, 3. Individuelles Beschwerdefeedback für die Kunden37 und 4.
35 Vgl. Hentschel, 1999, S. 300.
36 Vgl. Stauß & Seidel, 2007, S. 116.
37 Sofern keine Anonymität vorliegt.
SCIAMUS – Sport und Management
Veröffentlichung von Beschwerden
mit ergänzenden Kommentaren seitens des Managements. Hier ergeben sich Anschlussofferten zu den
Ergebnissen einer direkten Messung der Kundenzufriedenheit oder
anderen Messverfahren. Eine kombinierte, interne Veröffentlichung
erweitert das Spektrum einer internen Qualitätsdokumentation.
6 Wirtschaftlichkeit eines Qualitätskonzepts im Fitnessstudio
Das Entscheidungsverhalten von Fitnessstudiomanagern im Hinblick auf die
Implementierung von Qualitätsmanagementsystemen beruht in erster Linie auf
der Reflexion des Kosten-Nutzen-Verhältnisses38. Sofern die implementierten Maßnahmen zu einem positiven Saldo führen,
ist von einer dauerhaften Fortführung der
Qualitätsaktivitäten auszugehen. Dies ist
zunächst unabhängig davon, ob sich die
ergriffenen Maßnahmen an den Bedingungen
eines
qualitätsorientierten
Gesundheitssports anlehnen. Nutzen definiert sich somit nicht über den gesundheitlichen Nutzen, den die Kunden erfahren, sondern über eine ausschließliche
Quantifizierung von Gewinnen oder Verlusten. Bei Betrachtung der Kosten, die
sich durch ein Qualitätskonzept ergeben,
den sog. qualitätsbezogenen Kosten, sind
die folgenden Kategorien zu differenzieren39:
1. Fehlerverhütungskosten
Hierunter sind Kosten der Qualitätsplanung und -sicherung zu verstehen. Beispiel im Fitnessstudio: Kosten für die Zertifizierung durch den TÜV Rheinland.
2. Prüfkosten
Hierzu zählen Aufwendungen für die
Durchführung von Analysen und Kontrol38 Vgl. hierzu die qualitativ-empirische Studie von
Rieger, 2007.
39 Vgl. die Ausführungen von Kamiske, 2007.
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
len. Beispiel im Fitnessstudio: Kosten für
die Durchführung von Befragungen des
Kundenkontaktpersonals wie Trainer und
Servicemitarbeiter.
3. Fehlerkosten
Treten intern und extern auf. Interne Fehlerkosten ergeben sich aus Situationen
und Ereignissen, bevor der Fitnessstudiokunde in den Prozess einbezogen wird.
Beispiel im Fitnessstudio: Ein Trainer
bemerkt vor der Geräteeinweisung, dass
ein für den Termin geplantes Gerät defekt
ist. Externe Fehlerkosten entstehen erst
nach Beteiligung des Kunden im Prozess.
Beispiel: Ein unbemerkt defektes Trainingsgerät führt zum Abbruch eines Personaltrainings, da sich der Kunde verletzt
hat.
Kosten, die durch das Verfehlen eines
kundenseitig geforderten Kundenniveaus
entstehen, sind schwer quantifizierbar.
Häufig wirken sich Qualitätsdefizite unmittelbar auf den Kunden aus und führen zu
einer höheren Fluktuation, die wiederum
Erlöseinbußen zur Folge hat. Ein auf Wirtschaftlichkeit ausgerichtetes Qualitätskonzept stützt sich auf erlössteigernde Nutzenwirkungen. Die Ausrichtung von Maßnahmen zur Qualitätssteigerung sollte
sich nicht wie bisher an der Gewinnung
neuer Kunden, sondern an dem Erhalt
bereits bestehender Kunden orientieren.
In diesem Kontext sind vor allem Aspekte
der Trainingsbetreuung zu priorisieren,
die den Trainingserfolg von Kunden in
den Vordergrund rücken40. Die Erreichung
von Trainingszielen spielt eine zentrale
Rolle für die Kundenbindung im Fitnessstudio. Werden Trainingsziele nicht
erreicht, wird es Anbietern dauerhaft
schwer fallen ihre Kunden davon zu überzeugen, eine monatlich nicht unbeträchtliche Summe für den Mitgliedsbeitrag zu
entrichten.
40 Vgl. Rieger, 2009; 2011, S. 45.
SCIAMUS – Sport und Management
80
7 Fazit und Implikationen für die
Ausgestaltung eines Qualitätskonzepts in Fitnessstudios
Fitnessstudios sind keine Gesundheitsorganisationen. Fitnessstudios sind Unternehmen mit einer streng kommerziellen
Orientierung. Ein implementiertes Qualitätskonzept muss sich somit an den Bedingungen der Gewinnerzielung orientieren.
Insofern unterscheidet sich das Qualitätsmanagement in Fitnessstudios nicht oder
nur geringfügig von dem in anderen wirtschaftlich ausgerichteten Dienstleistungsorganisationen. Durch den hohen Intimitätsgrad kommt dem operativen Betreuungspersonal eine große Bedeutung zu.
Sie agieren als wesentliche Schnittstelle
zwischen Anbieter und Kunde und müssen
bei der Analyse, Planung und Steuerung
von Qualität eine entsprechende Berücksichtigung finden. Grundsätzlich ist ein
Qualitätskonzept kundenseitig anzusetzen;
es muss den Kunden mit seinen individuellen Zielen in den Mittelpunkt stellen.
Eine Qualitätszertifizierung als isolierte
Steuerungsmaßnahme greift zu kurz, da
diese kundenseitig nur bedingt wahrgenommen wird. Vielmehr ist ein ganzheitlicher Prozess anzustoßen, der auf Basis von
kunden- und anbieterseitigen Qualitätsanalysen die Planung von Maßnahmen
begründet, die die Kernleistung eines Fitnessstudios, nämlich die Trainingsbetreuung, kontinuierlich verbessert. Aus dieser
Prozessoptimierung können Ergebnisse,
z.B. in Form von Trainingserfolgen, positiv
beeinflusst werden. Wesentliche Bestandteile
eines
Qualitätskonzepts
sind
zunächst die Formulierung normativer
Grundsätze in Form einer Qualitätsphilosophie, die Bestimmung von Zielen und
einer strategischen Qualitätsposition, die
Analyse des aktuell bestehenden Qualitätsniveaus sowie die Ableitung von Maßnahmen mit anschließender Bewertung.
Aus wissenschaftlicher Sicht ergeben sich
bei einer weiterführenden Betrachtung
interessante Forschungsfragen. So liegen
Themenheft
81
Strategisches Management für Fitnessstudios
derzeit keine Untersuchungen vor, die
sich mit den Qualitätsaktivitäten von Fitnessstudios beschäftigen. In diesem
Zusammenhang wäre es interessant zu
untersuchen, ob und inwieweit Ansätze
zur Messung von Dienstleistungsqualität,
also z.B. multiattributive Verfahren oder
Beschwerdeverfahren, bereits zum Einsatz
kommen.
Zum Autor
Prof. Dr. Thomas Rieger, MPH
BiTS - Business and Information
Technology School
Fachbereich International Service
Industries
Reiterweg 26b
D - 58636 Iserlohn
Telefon: 02371 / 776-546
E-Mail: [email protected]
Thomas Rieger ist Professor für Sportmanagement
an der Business and Information Technology
School - BiTS in Iserlohn. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Sportmarketing,
Management von Sportorganisationen, Green
Sport Management und Health Care Management.
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
Themenheft
83
Strategisches Management für Fitnessstudios
Andreas Haderthauer
Wettbewerb um Vertriebskanäle
Abstract
Der Verkauf von Mitgliedschaften ist für
ein Fitnessstudio einer der wichtigsten
Erfolgsfaktoren. Von der Gewinnung
neuer Mitglieder hängt im Wesentlichen
der wirtschaftliche Erfolg ab und da eine
gewisse Fluktuation - auch bei bester
Betreuung
- nicht verhindert werden
kann, nimmt der Verkauf zu Recht eine
zentrale Stellung innerhalb eines Fitnessstudios ein. Daher soll im Folgenden dargestellt werden, was die wichtigsten Maßnahmen für einen erfolgreichen Vertrieb
im Fitnessstudio sind und wie man Vertriebskanäle optimal nutzen kann.
1. Einleitung
Der Verkauf von Mitgliedschaften ist für
ein Fitnessstudio einer der wichtigsten
Erfolgsfaktoren. Dies erscheint bei Fluktuationsraten von 30 bis 40%, teilweise
sogar über 50% mehr als verständlich.
Denn diese Fluktuationsraten bedeuten
gleichzeitig, dass man bis zu mehr als
50% neue Mitgliedschaften pro Jahr verkaufen muss, nur um den aktuellen Mitgliederstand zu halten.
Obwohl das Problem bei derart hohen
Kündigungsraten wohl weniger im Verkauf
liegt, sondern eher an der Motivation und
an der Betreuung der Mitglieder, stellt der
Verkauf eine der größten Herausforderungen für ein Fitnessunternehmen dar. Denn
von der Gewinnung neuer Mitglieder
hängt im Wesentlichen der wirtschaftliche
Erfolg ab und da eine gewisse Fluktuation
- auch bei bester Betreuung - nicht verhindert werden kann, nimmt der Verkauf
zu Recht eine zentrale Stellung innerhalb
eines Fitnessstudios ein.
interessant ist und wie positioniert man
sich, um einen möglichst großen Anteil
davon zu gewinnen.
Im Folgenden soll dargestellt werden, was
die wichtigsten Maßnahmen für einen
erfolgreichen Vertrieb im Fitnessstudio
sind und wie man Vertriebskanäle optimal
nutzen kann.
2. Die unterschiedlichen Arten von
Vertriebskanälen
Die Grundlage einer neuen Mitgliedschaft
ist zuallererst ein Interessent, dessen Kontaktdaten generiert werden müssen. Dies
kann über unterschiedliche Vertriebskanäle geschehen. Ziel des Verkäufers ist
hier, ein sogenanntes Lead zu erhalten.
Unter einem Lead versteht man die Kontaktdaten eines Interessenten, den man für
sein Fitnessstudio gewinnen möchte. Entscheidend ist, dass für den Verkäufer die
Möglichkeit entsteht, Kontakt zu dem
Interessenten aufzunehmen.
Ideal ist hierfür die Telefonnummer
geeignet, da der Kontakt schnell und kostengünstig entsteht. Auch bei einer Mailadresse kann der Verkäufer kostengünstig
Kontakt aufnehmen, ist aber auf eine
schriftliche Reaktion des Interessenten
angewiesen. Eine Postadresse ermöglicht
das Zusenden von Werbematerial. Je nach
Marketingstrategie ist es aber auch möglich, dass aufgrund der hohen Kosten darauf verzichtet wird und das Lead somit
wertlos ist.
Bei diesen Leads bzw. den Vertriebskanälen, über die Sie gewonnen werden, gibt
es verschiedene Vor- und Nachteile. Im
Folgenden werden die einzelnen Vertriebskanäle näher vorgestellt.

Die Frage ist nun, woher die Neumitglieder gewonnen werden können. Wo findet
man Menschen, für die Fitnesstraining
SCIAMUS – Sport und Management
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
84
2.1.Unterscheidung aktiv – passiv
c) Bring a friend
Aktiv bedeutet in diesem Zusammenhang
mit dem Vertriebskanal, dass der Verkäufer selbst und direkt durch Engagement
und Zeitaufwand Anzahl und Qualität der
Leads beeinflussen kann.
Eine abgewandelte Form des Walk Ins. In
diesem Fall ist es aber so, dass der Interessent nicht alleine kommt, sondern von
einem Bestandsmitglied des Fitnessstudios zum Training mitgebracht wird.
Im Gegensatz dazu ist ein passives Lead
dadurch gekennzeichnet, dass der Verkäufer auf ein Reagieren des Interessenten auf Werbung angewiesen ist. Eine
Beeinflussung, ob und wann der Interessent zu einem Studio kommt oder das
Lead gesammelt wird, ist nicht möglich.
d) E-Lead
Der Interessent informiert sich im Internet
über Fitnessstudios und registriert sich
anschließend auf der Homepage. Den
Kontakt erhält der Verkäufer per Internet
und
kontaktiert
den
Interessenten
anschließend telefonisch.
2.2. Die einzelnen Leadquellen
2.2.1. Passive Leads
2.2.2. Aktive Leads
a) Der Walk In
a) Empfehlungsmarketing
Ein „Walk In“, oder im Deutschen Laufkundschaft, ist die wohl klassischste Form
eines Interessenten in Fitnessstudios. Er
kommt ohne Voranmeldung in das Fitnessstudio und äußert Interesse an Fitnesstraining.
Im Empfehlungsmarketing werden die
Leads durch den Verkäufer über die eigenen Mitglieder des Fitnessstudios gewonnen. Dies geschieht entweder beim Verkauf einer Mitgliedschaft selbst, dem Point
of Sale (POS) oder danach bei Bestandsmitgliedern, After Sale (AS).
Die Anzahl kann zwar durch einen höheren oder niedrigeren Aufwand im Marketing und durch die Auswahl der Kommunikationsmedien beeinflusst werden, hängt
aber in erster Linie von der Lage des Fitnessstudios und der über lange Zeit aufgebauten Bekanntheit ab.
b) Der Call In
Verhält sich analog zum Walk In, kontaktiert das Fitnessstudio aber im Voraus per
Telefon.
In den meisten Fällen informiert sich der
Anrufer über Preise. Hier ist entscheidend, dass die Erklärung nicht ausführlich
am Telefon stattfindet, sondern der Interessent in das Studio eingeladen wird.
Nach der Terminvereinbarung werden die
Kontaktdaten, Name und Telefonnummer
durch den Verkäufer gesichert, um bei
Nichterscheinen nachtelefonieren zu können.
SCIAMUS – Sport und Management
Am POS fällt es leichter Empfehlungen zu
generieren, da das Neumitglied kurz nach
Kauf der Mitgliedschaft eine starke emotionale Bindung zu dem Verkäufer aufweist. Somit wird auch klar, dass von einer
POS-Empfehlung nur direkt nach Verkauf
der Mitgliedschaft gesprochen werden
kann.
Als AS-Empfehlung sind alle Kontakte zu
bezeichnen, die der Verkäufer durch
Ansprache
der
Bestandsmitglieder
bekommt. Auch hier gilt wieder, dass der
Verkäufer Name und Kontaktdaten generieren muss, um den neuen Interessenten
kontaktieren zu können.
Eine weitere Form der Empfehlungsgenerierung sind Service Calls, bei denen der
Verkäufer die Bestandsmitglieder des Studios nicht auf der Trainingsfläche beim
Training anspricht, sondern per Telefon
zuhause kontaktiert. In erster Linie dieThemenheft
85
nen diese Service-Anrufe der Abfrage von
Kundenzufriedenheit oder der Aktivierung bei Mitgliedern, die längere Zeit
nicht mehr im Studio waren. Allerdings
kann hier natürlich auch nach Empfehlungen gefragt werden, um zum Beispiel
einen neuen Trainingspartner zur höheren
Motivation zu gewinnen.
b) Promotion
Leads, die der Verkäufer oder ein speziell
für diese Arbeit angestellter Promoter
(meist eine studentische Aushilfskraft)
außerhalb des Clubs bei einer PromotionAktion oder einem Event sammelt. Oft
werden diese Leads auch über externe
Agenturen generiert, die sich darauf spezialisiert haben.
c) Firmen-Fitness:
Die Kontaktdaten werden auf einem
Firmen-Event generiert, zum Beispiel
einem Gesundheitstag – oder der Interessent meldet sich aufgrund eines Angebots
in seiner Firma. Grundlage hierfür sind
Kooperationen, die mit Firmen abgeschlossen werden, bei denen zum Beispiel
ein günstigerer Beitrag für Firmenangehörige gewährt wird und im Gegenzug
gezielte Werbeaktionen in den Räumen
der kooperierenden Firma erlaubt werden.
3. Neue Vertriebskanäle
Bis vor wenigen Jahren reichte es aus,
wenn sich ein Fitnessstudio zur Leadgenerierung auf Empfehlungsgeschäft, ein
bisschen Werbung per Zeitung oder Flyer
und das Durchführen von Promotion-Veranstaltungen auf Straßenfesten
oder Ähnlichem beschränkte. In der heutigen Zeit jedoch ist dies längst nicht mehr
genug. Die Anzahl der Fitnessstudios ist in
den letzten Jahren stark gestiegen und der
gegenseitige Verdrängungswettbewerb
ist hart. Besonders was das Werben von
neuen Mitgliedern angeht, ist ein regelSCIAMUS – Sport und Management
Strategisches Management für Fitnessstudios
rechter Wettkampf um die Vertriebskanäle
entbrannt. Dies macht es erforderlich,
alternative Wege zu gehen, um Leads zu
generieren und neue Interessenten zu finden.
Zu diesen neuen Vertriebskanälen gehören Internetverkaufsportale wie City Deal
oder Vente Privée. Aber auch eine Kooperation mit Payback stellt einen möglichen
Vorteil für den Kunden dar und kann als
Vertriebskanal gewertet werden. Ebenso
rücken Kooperationen mit Organisationen
wie Medical Fitness Deutschland oder
Apotheken in den Fokus von Fitnessstudios.
4. Der ideale Mix für die Vertriebskanäle
Es gibt also intern wie extern, aktiv wie
passiv Möglichkeiten, Interessenten zu
gewinnen. Die große Frage ist, auf welches Pferd man setzten soll.
Die passiven Leadquellen kann man zwar
mit gezielter Werbung, Investitionen im
Internet oder dem Begeistern der eigenen Mitglieder stärken, was aber am Ende
im Club ankommt ist nicht genau berechenbar. Insofern empfiehlt es sich
immer, den Schwerpunkt auf das aktive
Generieren von Leads im Empfehlungsmarketing zu setzen.
Der große Vorteil beim Generieren von
Empfehlungen sind die geringen Kosten,
denn nötig ist nur die gezielte Ansprache
der eigenen Mitglieder vor Ort im Studio.
Ein weiterer Vorteil ist, dass dies unabhängig von Dritten oder langer Planung
jederzeit geschehen kann.
Das Empfehlungsmarketing sollte also die
Basis eines jeden Vertriebs sein und etwa
50% der neuen Mitglieder sollten diesem
Vertriebskanal entstammen. Im nächsten
Punkt wird das Empfehlungsmarketing
noch einmal etwas näher beleuchtet.
Der zweite Stützpfeiler der Leadgewinnung sollte das externe Geschäft sein,
Themenheft
Strategisches Management für Fitnessstudios
sprich die Laufkundschaft, die wegen der
Bekanntheit und des guten Rufes das Studio aufsuchen. Entscheidend hierfür ist
die Lage des Fitnessstudios. Als optimal
haben sich Standorte an vielbefahrenen
Straßen oder Innenstadtlagen in Einkaufszentren erwiesen. Diese Laufkundschaft
sollte etwa 30% der Neumitglieder bringen. Natürlich kann der Zustrom an Walk
Ins und Call Ins über gezielte Werbung
erhöht werden. Hier empfiehlt sich ein
konstantes und beständiges Marketing mit
Wiedererkennungswert.
Die übrigen 20% der Neumitglieder richten sich nach der Schwerpunktlegung des
Studios. Während hier bis vor 5 Jahren
noch Promotion im Hauptfokus stand, hat
sich das externe Werben über Promotionteams langsam aber sicher reduziert:
Wegen des starken Wettbewerbs lassen
sich Qualität und Menge kaum noch in ein
gewinnbringendes Verhältnis zu den Kosten setzen. Stattdessen sind FirmenFitness, das Internet und die „neuen Vertriebskanäle“ auf dem Vormarsch. Zudem
fangen die Themen soziales Netzwerk und
App an, in der Bewerbung von Fitnessstudios eine Rolle zu spielen.
5. Empfehlungsmarketing
Schnell, günstig, Empfehlungsmarketing!
Im Folgenden werden die drei möglichen
Arten POS, AS und Service-Call zur Leadgenerierung noch einmal genauer erläutert.
Im Gesamten geht es darum, die Begeisterung des Mitglieds für ein Studio zu nutzen, um neue Mitglieder zu gewinnen. Des
Weiteren bietet das Empfehlungsmarketing die Chance, eine optimale Vorselektierung zu nutzen. Menschen neigen dazu,
sich mit Ähnlichem zu umgeben. Das
bedeutet, mit Menschen, die ähnliche
Interessen, ähnliche Ziele, ähnliche Probleme (Übergewicht) und ähnliche
Gedanken haben. Ein Kontakt, der die
Empfehlung von einem Mitglied ist, wird
also zu 90% auch Interesse an einer MitSCIAMUS – Sport und Management
86
gliedschaft haben und die Überzeugung
beim Beratungsgespräch fällt sehr viel
leichter.
Empfehlungen am Point of Sale
Es empfiehlt sich, dem neuen Mitglied
Gästekarten zu überreichen. Unter Gästekarten versteht man Gutscheine, mit
denen der Kunde Freunde und Bekannte
einladen kann. Diese Gutscheine ermöglichen es, neue Kontakte zu knüpfen und
darüber zusätzliche Mitglieder zu gewinnen. Die Gästekarten sollten aber nie
ohne eine Begründung vergeben werden.
Gerade wenn der Kunde noch neu im
Club ist und noch wenige Mitglieder
kennt, hat er ein großes Interesse,
Freunde und Bekannte mitzubringen.
Das ist die einfachste und kostengünstigste Art, neue Kunden zu gewinnen. Dennoch sollten die Gastkarten eine
begrenzte Gültigkeit besitzen und der
entsprechende Wert darauf angegeben
sein.
Bei After-Sale-Empfehlungen, sowohl im
Club gesammelt als auch bei sogenannten
Service-Anrufen, ist das Entscheidende,
wieder eine Bindung zu dem vielleicht
schon vor längerer Zeit gewonnenen Mitglied aufzubauen. Idealerweise werden
immer fünf Stufen im Lauf eines solchen
Gesprächs durchlaufen, damit die Anfrage
nach einer Empfehlung nicht zu plump
wirkt.
Schritt 1: (Erneutes) Vorstellen des
Sales-Mitarbeiters.
Schritt 2: “Etwas Altes” aufgreifen,
um das Verhältnis wieder herzustellen.
Schritt 3: “Etwas Neues” vorstellen,
zum Beispiel die aktuelle Empfehlungs-Promotion.
Schritt 4: Empfehlungen aufnehmen.
Schritt 5: Das Mitglied mit einem
Moment of Magic zurücklassen.
Themenheft
87
6. Die Bedeutung des Internets zur
Leadgenerierung
Die Wichtigkeit des Internets wächst
immer weiter und wird in Zukunft der entscheidende Faktor bei der Bewerbung
des Studios sein. Hierbei zählt neben
einem professionellen Auftritt auf der
Homepage sowohl das Affiliate Marketing
als auch eine SEM/SEO Optimierung.
Zur Definition:
Affiliate Marketing
Unter Affiliate Marketing versteht man das
Bewerben des Studios über Dritte, die
eine Werbung auf Ihrer Internetseite platzieren. Gelangt nun ein Interessent über
diesen Link auf die eigene Homepage,
fließt dafür Geld.
SEM = Search Engine Management
Dieses beschreibt das Managen der
Ergebnisse, die zum Beispiel auf Google
unter einer bestimmten Suche angezeigt
werden. Hier ist entscheidend, die bei
Suchen nach Fitnessstudios eingegebenen
Wörter zu identifizieren und dann das
eigene Studio möglichst optimal zu platzieren.
SEO= Search Engine Optimisation
Hier wird auf Suchportalen nach einem
sogenannten Content gesucht. Bedeutet:
Je besser die eigene Webseite von Sinn
und Inhalt her zu einem Suchbegriff passt,
umso höher taucht sie nach einer Suche
auf. Nach neuesten Studien wird bei Google nach einer Suche zu 90% eines der
ersten vier Ergebnisse gewählt. Wenn
man sich nun in Erinnerung ruft, dass 78%
bei der Suche nach einem Fitnessstudio
auf das Internet und damit auf Suchmaschinen zurückgreifen, wird die Wichtigkeit dieser Punkte mehr als deutlich.
SCIAMUS – Sport und Management
Strategisches Management für Fitnessstudios
7. Zukünftige Entwicklung
Für die Zukunft kann man erwarten, dass
sich der Wettkampf weiter verstärkt und
einfache
Kundengewinnungsmethoden
wie Promotion oder das Verteilen von Flyern keinerlei Wirkung mehr zeigen und
somit auch keinen Erfolg verursachen.
Täglich liegen bis zu 15 Flyer, Beileger
und Prospekte in einer Zeitung, so dass
diesen keine Beachtung mehr geschenkt
wird.
Der Werbemarkt und die Vertriebskanäle
werden sich also weiter spezialisieren und
es werden nur noch die Fitnessstudios
Zulauf haben, die innovative, originelle
Werbung in neuen Medien oder auf
modernen Plattformen machen. So wird
auch in der Fitnessbranche der Markt
zukünftig von Stichworten wie Virales
Marketing, Apps und sozialen Netzwerken
dominiert werden.
Zum Autor
Andreas Haderthauer
Fitness First Germany GmbH
Hanauer Landstraße 148a
60314 Frankfurt am Main
E-Mail: [email protected]
Andreas Haderthauer studierte Fitness Ökonomie
an der Deutschen Hochschule für Prävention und
Gesundheitsmanagement. Nach dem Studium
wechselte er zu Fitness First Germany, wo er als
Clubmanager insgesamt 14 Fitness Clubs leitete.
Nach einem Jahr als Sales Trainer, in dem er die
firmeninterne Vertriebsschulung für alle neuen
Vertriebsmitarbeiter abhielt, verantwortet er als
National Sales Manager seit Frühjahr 2011 das
deutsche Vertriebsergebnis von Fitness First.
Sein Fachbereich erstreckt sich von Pricing Management über das managen der unterschiedlichen
Vertriebskanäle bis hin zum Standardisieren des
Salesprozess.
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