4.6 Was ein gutes unternehmerisches Konzept leisten muss

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4 Stiefkind Konzept – Es lohnt, an der Idee zu arbeiten
nicht der Normalfall. Etwas noch so brillant Erfundenes oder
Erforschtes ist nicht automatisch auch marktfähig. Forschungslogik und Marktlogik sind grundverschieden.
4.6 Was ein gutes unternehmerisches
Konzept leisten muss
An das Entrepreneurial Design müssen wir hohe Anforderungen stellen, weil es eine ganze Reihe von Problemen für
den Gründer lösen muss.
Was gutes Entrepreneurial Design leisten muss
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6.
klare Marktvorteile herausarbeiten
einen Vorsprung vor Imitatoren sichern
vor technologischer Obsoleszenz schützen
vor wirtschaftlicher Obsoleszenz schützen
den Finanzierungsaufwand minimieren
das Marketing muss integraler Bestandteil des Entrepreneurial Design werden
Das erste und wichtigste Kriterium ist, dass das Ideenkonzept
Marktvorteile gegenüber den etablierten Konkurrenten aufweist. Betriebswirtschaftler kennen die unique selling proposition, das Alleinstellungsmerkmal, mit dem Sie im Markt
auftreten. Es geht aber um mehr. Eine Gründung hat Erfolgschancen, je größer dieser Marktvorteil ist. Es lohnt also, so
lange an der Architektur Ihres Designs zu tüfteln, bis ein
erheblicher Marktvorteil herausgearbeitet werden kann. Am
Beispiel Teekampagne: der niedrige Preis. Je klarer der Vorsprung vor Ihren Konkurrenten, desto besser natürlich. Der
Vorteil muss aber auch deutlich erkennbar sein. Jeder Metzger behauptet, sein Schweinebauch sei der beste und preiswerteste. Das heißt, Kunden müssen den Vorteil wahrnehmen
und in seinem Umfang beurteilen können. Bei der Teekam-
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pagne war dies die Wahl einer bekannten, als hohe Qualität
eingeschätzten Teesorte.
Sollten Sie Erfolg haben, ist Ihnen eines sicher: Imitatoren.
Die aber können Ihnen sehr gefährlich werden. Wenn sie über
etablierte Vertriebsnetze verfügen, über viel Kapital und hohe
Werbebudgets, ist das Risiko groß, dass Sie überholt werden.
Würde ein Patent hier schützen? Die moderne Antwort lautet:
Ja, aber nur kurze Zeit. Sobald die Konkurrenz erkennt, dass
es eine neue Lösung gibt, findet man auch andere Wege. Eine
technologische Innovation, sagen Mitchell und Coles, gebe
einem Unternehmen höchstens einen Vorsprung von sechs bis
zwölf Monaten; ein Vorteil im Konzept könne sich länger
auswirken, vor allem, wenn man es kontinuierlich weiterentwickle.21
Schauen wir uns den Business-Wettbewerb Berlin-Brandenburg 1998 an: Einer der ersten Preise geht an das Team
„Cortologic“. Es hat ein Spracherkennungsmodul entwickelt,
das bei den Juroren hohe Anerkennung findet. Nicht nur
diese, auch Geldgeber finden das Konzept überzeugend und
investieren in das Unternehmen. Gibt es das Unternehmen
im Jahre 2007 noch? Die Antwort lautet: Nein. Kann dies
überraschen? Ebenfalls: Nein. Auf der ganzen Welt wird an
verbesserten Techniken zur Spracherkennung geforscht. Unter diesem Aspekt ist es eine hervorragende Leistung, dass
ein Berliner Team – und sei es nur für kurze Zeit – an der
Spitze der Entwicklung steht. Aber wie lange? Kann nicht
übermorgen in Taiwan, Singapur, Silicon Valley oder München eine, und sei es nur leicht verbesserte Technologie erarbeitet werden? Dies wird sogar mit hoher Wahrscheinlichkeit
eintreten. Unter diesem Gesichtspunkt ist es höchst riskant,
ja geradezu fast aussichtslos, auf Dauer die Spitzenstellung
halten zu wollen. Sie müssen also eine Antwort darauf finden,
wie Sie der raschen technologischen Obsoleszenz (Veralterung) begegnen können. Wenn Sie in einem international gut
aufgestellten und vernetzten Forschungskontext tätig sind,
wird dies realistisch sein. Aber für wen von uns Normalmenschen trifft das zu?
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4 Stiefkind Konzept – Es lohnt, an der Idee zu arbeiten
Aber selbst wenn es gelänge, technologisch an der Spitze
zu bleiben, reicht das ja allein für den Erfolg nicht aus. Auch
auf der Ebene der wirtschaftlichen Obsoleszenz müsste sich
das Unternehmen behaupten. Wenn morgen in China diese
oder eine vergleichbare Leistung in einer größeren Serie, mit
besseren Economies of Scale gefertigt wird, wird das Gründungsunternehmen das Nachsehen haben.
Aus diesen Überlegungen folgt im Grunde paradoxerweise, dass die Überlebenschancen steigen, wenn die Gründung
gerade nicht auf eigene Hightech-Entwicklung setzt. Sondern
offen und flexibel bleibt und jeweils die technologisch am
weitesten entwickelte oder preiswerteste Lösung am Markt
einkauft.
Natürlich gibt es erfolgreiche technologieorientierte Gründungen. Man muss aber fairerweise die hohen Risiken betonen, die für Gründer mit einer Hightech-Entwicklung angesichts der weltweiten Forschungs- und Wettbewerbsintensität
gegeben sind.
Je geringer Ihr Finanzierungsaufwand ist, den Ihr Entrepreneurial Design erfordert, desto besser für Sie. Nicht nur
ersparen Sie sich die vielen Canossa-Gänge zu Banken und
anderen Kapitalgebern, Sie liegen auch insgesamt mehr auf
der sicheren Seite. Vor allem, je weniger Fremdkapital Sie
benötigen, also Kapital, das Sie zurückzahlen müssen, und
das nicht zum Kapitalstock Ihrer Company gehört, desto
geringer ist die Gefahr, dass Sie durch ängstliche Kapitalgeber,
die vorschnell den Glauben an Ihren Erfolg verlieren und ihre
Kapitaleinlage zurückfordern, in einen Liquiditätsengpass
getrieben werden. Es lohnt also, lange zu tüfteln, um den
Kapitalaufwand so niedrig wie möglich zu halten. Wichtig
ist, dass Sie die Frage des Kapitalaufwands zu einem Teil und
Maßstab der Qualität Ihres Entrepreneurial Design machen.
Gleiches gilt für das Marketing. Die Fragen, wie Ihr Marketing funktionieren soll, gehört zu den Aufgaben in Ihrem
Ideenkonzept. Als Grundsatz können wir formulieren: Je
ausgefallener die Idee ist, desto größer sind Ihre Chancen, in
der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Schrägheit ist
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in Sachen Marketing ein positiver Faktor. Wie muss mein
Marktvorteil aussehen, damit das Marketing leichtfällt? Ihre
Idee vor allem entscheidet mit darüber, wie erfolgreich Ihr
Marketing sein kann. Das Marketing entsteht bei der Entwicklung des Konzepts, darf nicht erst im Nachhinein hinzugefügt werden. Marketing ist integraler Bestandteil eines
guten Konzepts. Nicht: Wir haben ein Produkt – ja, wie verkaufen wir es denn jetzt?
Halten wir uns alle diese Punkte vor Augen, wird deutlich,
wie viel mehr in einem guten Ideenkonzept steckt als nur ein
Einfall oder eine Anfangsidee. Abraham Lincoln wird der
Satz zugeschrieben: „Wenn ich zehn Stunden Zeit hätte, einen
Baum zu fällen, würde ich neun Stunden davon auf das Schärfen der Axt verwenden.“ So sollte man es auch beim Gründen
halten. Im Bereich der Konzept-kreativen Gründungen ist das
Entrepreneurial Design die entscheidende Voraussetzung für
den Erfolg eines Unternehmens.
Wirklich exzellent wird Ihr Entrepreneurial Design, wenn
es gelingt, drei weitere Prinzipien bei der Ausarbeitung des
Ideen-Puzzles zu befolgen.
Prinzipien eines High Potential Entrepreneurial Design
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Das Konzept muss Skalierbarkeit ermöglichen. Die Leistungen müssen sich vervielfältigen lassen. Möglichst in dem Sinne, dass bei Wachstum die Kapazitäten nicht proportional
erweitert werden müssen, sondern Synergieeffekte auftreten.
Software ist das bekannteste Beispiel dafür. Eine professionell
programmierte Software ermöglicht das. Selbst bei unerwartet hohen Kapazitätsausweitungen sollten die Programme
nicht neu geschrieben werden müssen. (Also anders als beim
Start der Teekampagne, als wir in Sachen Software während
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des Wachstums des Unternehmens dreimal völlig neu beginnen mussten.)
Einfachheit ist ein hilfreiches Prinzip. Die meisten Fehler
bei der Gründung entstehen durch nicht bewältigte Komplexität. Besonders bei raschem Wachstum multiplizieren sich
die Probleme und führen zu typischen Wachstumskrisen in
neu gegründeten Unternehmen. Ein altes Sprichwort sagt:
Jeder Schwachkopf kann Dinge kompliziert machen. Es verlangt mehr Hirn, Dinge so zu durchdenken, dass sie möglichst
einfach und überschaubar bleiben.
Complexity kills.
It sucks your energy, flow and creativity.
UNBEKANNTER AUTOR
„Seien Sie risikobereit!“ Das ist ein oft gehörter, aber trotzdem richtig dummer Satz. Jedenfalls, wenn er gegenüber
Gründern ausgesprochen wird. Das Prinzip muss stattdessen
heißen: „Als Gründer müssen Sie so viel Risiken wie möglich
vermeiden.“
Wir können uns diesen Gedanken am Beispiel des alpinen
Bergsteigens verdeutlichen. Für die Besteigung der Eigernordwand müssen Sie sich nicht nur gut vorbereiten, Sie müssen
auch möglichst alle erkennbaren Risiken ausschalten. Es bleiben dann selbst für erfahrene Bergsteiger noch genügend
Risiken übrig. Gerade weil Sie sich in hoch riskantem Gelände bewegen – auch als Gründer –, müssen Sie so viele Risiken
wie möglich vermeiden. Ein einziger falscher Schritt kann
den Tod bedeuten. Ihr Einsatz und die Absturzrate sind einfach zu hoch. Im Flachland oder als Beamte sollten wir vielleicht risikobereiter sein. Aber als Gründer können wir es uns
nicht leisten.
„Viele Probleme erkennt man doch erst in der Praxis!“
Ja, das ist ein wahrer Satz. „The moment you have started,
hell breaks loose“, sagt der erfahrene Gründer Guy Kawasaki.
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Aber die Konsequenz kann doch nur lauten: Gerade wenn
die Hölle losbricht, und man das vorher weiß, sollte man gut
vorbereitet sein und die erkennbaren Risiken vorher bedacht
haben. Wenn Sie einen guten Berater für solche Fälle brauchen, nehmen Sie Winston Churchill: „If you go through hell,
keep going!“
Natürlich sind Theorie und Praxis verschieden. Sehr verschieden sogar. Stellen Sie sich vor, Sie sollen über ein Hochseil laufen. Links und rechts sehen Sie in die Tiefe. Ihr Coach
sagt Ihnen, es sei ganz einfach. Sie müssten nur die Balance
halten. Recht hat er. Jedenfalls in der Theorie. Er kann sogar
die Formel für Balance an die Tafel schreiben. Die Formel ist
richtig. Aber was nützt Sie Ihnen? Geht es wirklich um Balance? Wenn Sie auf einem Seil zehn Zentimeter über dem
Boden laufen, ist das ein Kinderspiel. Wenn das Seil 20 Meter hoch gespannt ist, ist es theoretisch immer noch eine Frage der Balance. Aber praktisch ist es ein Riesenunterschied:
Plötzlich kommt Angst ins Spiel, Versagenserlebnisse aus Ihrer Kindheit werden wach, Ihre Stressstabilität spielt eine
große Rolle.
Suchen Sie sich Vorbilder oder Berater, die möglichst viele Male über das Hochseil gelaufen sind.
Die hier aufgeführten Punkte sollen unterstreichen: Sie
brauchen ein wirklich gutes und ausgereiftes Konzept. Das
braucht seine Zeit. Das heißt nicht, dass Sie langsam arbeiten,
immer nur Bedenken wenden oder besonders zögerlich sein
sollten. Aber das Ausreifen eines Konzepts und Zeitdruck
passen nicht gut zueinander. Lassen Sie sich auch nicht von
Freunden oder Bekannten in eine Gründung hineindrängen.
„Jetzt hast du schon so lange darüber geredet, wann machst
du es denn endlich?“ Seien Sie taub auf diesem Ohr.
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