Der Solist Konzert des Städtischen Orchesters Schwaz mit Vorkonzert des Jugendstreichorchester der LMS Schwaz im Bundesschulzentrum Ost am 3. 12. 2011 Ronny Wiesauer wurde in Gmunden geboren und erhielt im Alter von 6 Jahren seinen ersten Gitarrenunterricht. Mit 18 Jahren begann er am Mozarteum Salzburg in der Klasse von Univ. Prof. Matthias Seidel Konzertfach klassische Gitarre zu studieren. Ab dem Jahr 2000 erhielt er regelmäßig Unterricht bei Prof. Marco Tamayo, einem der international führenden Gitarristen der jungen Generation. Aus Alt mach Neu Während seines Studiums am Mozarteum besuchte er auch Meisterkurse u.a. bei Alvaro P ­ ierri, Pavel Steidel, Ricardo Gallen, Walter Haberl und Dale Kavanagh. Konzerte führten ihn nach Deutschland, Österreich, Griechenland und Frankreich. Außerdem war er aktiver ­Musiker für die Stiftung „Live Music Now Salzburg“. Im Jahr 2006 schloss er sein Konzertfach­studium mit Auszeichnung ab. In der folgenden Zeit beschäftigte sich Ronny Wiesauer besonders mit historischer Aufführungspraxis und dem Spiel der Laute. Im Jahr 2009 veröffentlichte er seine erste CD „Guitar Music of the 19th Century“, im Jahr 2010 folgte die CD „Suite Breve“ mit Werken zeitgenössischer Komponisten. Demnächst wird seine erste CD mit Lautenmusik von Bach und Zamboni, gespielt auf einem Arciliuto veröffentlicht. Derzeit lebt Ronny Wiesauer als Gitarrist und Lautenist in Wien und unterrichtet dort an der ­städtischen Musikschule. Weitere Informationen über Ronny Wiesauer sind auf seiner Homepage www.­RonnyWiesauer.com und auf Facebook zu finden. Das Jugendstreichorchester der LMS Schwaz spielt in folgender Besetzung: Violine I | Oliver Peer, Andreas Sauermoser, Verena Mair, Eva Neurauter, Anna Knapp, Anna Egger Violine II | Martina Nisandzic, Theresa Mayr, Pia Meller, Julia Peer, Elisabeth Egger Viola | Viktoria Hirschhuber, Ineke Hofstätter, Elisabeth Giacomuzzi Violoncello | Antonia Neussl, Rahel Rupprechter, Antje Schreyer, Carla Veltman Kontrabass | Roland Dibiasi (Programmnotizen verfasst von Michael Plattner) Gegen Ende des 19. Jahrhunderts stand die europäische Musikgeschichte an einem Scheideweg wie wohl kaum jemals zuvor. Während auf der einen Seite die klanglichen Möglich­keiten der Romantik noch bis zum Letzten ausgereizt wurden (Richard Strauß, Gustav Mahler), ­waren andere Komponisten auf ihrer Suche nach neuen musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten schon damit beschäftigt, die vertrauten harmonisch-tonalen Gefielde zu zertrümmern und etwas grundlegend Neues zu entwickeln (Arnold Schönberg und die Zweite Wiener S ­ chule). Wiederum andere fanden ihr Neuland in der B ­ eschäftigung mit den volksmusikalischen Wurzeln ihrer jeweiligen Herkunftsländer (Bartok) oder – und dieser Faktor verbindet wohl alle Werke, die heute Abend zur Aufführung gelangen – sie ­entdeckten Musizierformen weit zurück liegender Epochen neu für sich, um sie mit den musikalischen Ausdrucksmitteln der Gegenwart in ein reizvolles neues Kleid zu stecken. Dies zeigt sich bereits in Satzbezeichnungen, wie sie in Renaissance und Barock üblich waren, vorwiegend in den beliebten „­Suiten“, in welchen die beliebtesten Tanzformen der Zeit zusammengefasst wurden. Notizen zu den aufgeführten Kompositionen: Vorkonzert: Jugendorchester der Landesmusikschule Schwaz Leitung | Markus Oberladstätter Peter Warlock (1894–1930): Capriol Suite für Streichorchester (1926) Der englische Komponist und Musikkritiker Philip Arnold Heseltine schrieb seine Kompositionen ­unter dem Pseudonym Peter Warlock. Er begeisterte sich für die Musik der Renaissance und griff in seinen Werken auch immer wieder auf Vorlagen aus jener Zeit zurück, verlieh diesen aber durch modern klingende Verfremdungen einen durchaus persönlichen Charakter. Die Capriol Suite, sein beliebtestes Werk, das nur vier Jahre vor seinem frühen Tod (an einer Gasvergiftung) entstand, gibt davon beredtes Zeugnis. Bei den sechs Stücken, von denen heute fünf erklingen werden, handelt es sich um Tänze nach den Beschreibungen des französischen Tanzmeisters Thoinot Arbeau aus dem 16. Jahrhundert. • Der erste Satz (Basse Danse) ist ein ein langsamer, majestätischer Schreittanz aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Die Bezeichnung bas („niedrig“, im Gegensatz zum haute danse) bezieht sich auf das völlige Fehlen von Hüpfen und Springen. • Ebenso in Mode war an den europäischen Fürstenhöfen die Pavane, ein würdevoller ruhiger Schreittanz spanisch-italienischer Herkunft. Der oben erwähnte Arbeau schrieb dazu bissig: „Den Königen, Fürsten und großen Herren dient die Pavane dazu, sich aufzublähen und sich prunkend zu zeigen.“ Ihr Name bezieht sich auf die italienische Stadt Padua, wo nach einigen Quellen der Ursprung des Tanzes zu suchen ist. Andere Quellen sehen den Ursprung in dem spanischen Wort pava, das übersetzt Pfau bedeutet. • Auf die Pavane folgte meist ein lebhafter Springtanz im 6/8 Takt, entweder eine ­Galliarde oder – wie hier – ein Tourdion (abgeleitet vom französischen Verb „tordre“ – sich ver­drehen). • Der vierte Satz, Pieds en l‘air („Füße in der Luft“), bezeichnet eigentlich einen charakteristischen Tanzschritt aus der Galliarde. Bei Warlock erklingt hier eine elegisch-verträumte Melodie. • Den Abschluss bildet ein Mattachins, der als Tanz einen Schwertkampf imitierte. Unvermittelt holt uns Warlock am Ende seiner Capriol Suite mit schroffen Dissonanzen aus den Träumen von vergangenen Tagen in die Gegenwart des 20. Jahrhunderts zurück. Städtisches Orchester Schwaz Leitung | Michael Plattner Maurice Ravel (1875–1937): Pavane pour une infante défunte (Orchesterfassung 1910) Noch einmal erklingt eine Pavane, diesmal vom Großmeister des französischen Impressionismus, ­einem akribischem Tüftler und Entdecker faszinierender orchestraler Farben. Wohl wenige Komponisten können ihm in Sachen Instrumentationskunst das Wasser reichen. 1899 ursprünglich für Klavier geschrieben, bearbeitete Ravel dieses feierlich-ruhige Stück zehn Jahre später für Orchester. Laut ­seiner eigenen Erklärung wählte er den Titel (Pavane für eine verstorbene Infantin) nicht mit programmatischen Hintergedanken, sondern weil ihm der Klang der Worte gefiel. Statt einer wehmütigen ­Klage über ein verstorbenes Mädchen wollte er vielmehr die Stimmung des eleganten Tanzes aus dem 16. Jahrhundert heraufbeschwören, wie ihn die junge Prinzessin in den berühmten Darstellungen von ­Diego Velásquez am spanischen Hof getanzt haben mag. Gustav Holst (1874–1934): Brook Green Suite für Streichorchester (1933) Maurice Ravel (1875–1937): Le Tombeau de Couperin (Orchesterfassung 1919) Gustav Holst war ein englischer Komponist lettisch-schwedischer – und weit entfernt auch spanischer – Abstammung, der musikalisch der Spätromantik zugerechnet werden kann. Bekannt ist er heute vor allem durch seine opulente Orchestersuite The Planets, in deren weit ausholenden Teilen er dem Wesen der Planeten gemäß ihren Namensgebern nachgeht. Aber auch einige seiner kleineren Werke sind – vor allem im englischen Sprachraum – nach wie vor beliebt, darunter auch die Brook Green Suite, die er einer englischen Schule mit ehrgeizigen jungen Musikerinnen widmete (so wie übrigens auch die St. Paul‘s Suite, die unser Orchester in einem früheren Konzert aufführte). Der Besuch der Uraufführung seiner Suite war zugleich Holsts letzter öffentlicher Auftritt vor seinem Tod 1934. • Das einleitende Prelude ist geprägt durch absteigende Tonleitern in den Celli und Bässen, über denen sich ein feines Stimmengewebe der Oberstimmen entspinnt, welches schließlich in zarten Pizzicato-Tönen zum Stillstand kommt. • Der lyrische zweite Satz (Air) erinnert an typische englisch Volkslieder, ist sehr schlicht gehalten, und bereichert die zugrunde liegenden Melodien durch immer wieder neue Begleitmuster. • Zum abschließenden, ausgelassen dahin eilenden Dance wurde Holst laut eigenen Angaben durch eine Tarantella angeregt, die er bei der Aufführung eines Puppentheaters in Sizilien hörte. Salvador Bacarisse (1898–1963): Concertino in a-Moll Op. 72 für Gitarre und Orchester (1959) Solist | Ronny Wiesauer Auch der Spanier Salvador Bacarisse, der in seinen Werken weitgehend der klassisch-romantischen Tradition verpflichtet war, wurde bei seinem Gitarrenkonzert von der Musik der Renaissance inspiriert. Dies spüren wir vor allem im ersten Satz, wo das feine Figurenwerk der Sologitarre immer wieder von intradenartigen Klängen des begleitenden Orchesters in den verschiedenen klanglichen Registern der Streicher, Holz- und Blechbläser durchbrochen wird. In der darauf folgenden Romanza bricht nach einer entrückt verträumten Einleitung schließlich leidenschaftliches spanisches Kolorit durch. Das duftig instrumentierte Scherzo überrascht durch raffinierte unregelmäßige Rhythmen. Das Rondo als Finale wiederum erinnert uns in seinem wiederkehrenden Thema an eine polnische Mazurka und gibt dazwischen dem Solisten immer wieder Raum zu virtuosen Einwürfen und einer weit ausholenden abschließenden Kadenz. Auch seine Tombeau de Couperin komponierte Ravel ursprünglich für das Klavier als eine Suite mit sechs Sätzen. Vier dieser Sätze instrumentierte er einige Zeit später für Orchester und bewies wieder einmal, welche faszinierende Farben er den Orchesterinstrumenten entlocken konnte. Einerseits w ­ ollte er das Werk als eine Hommage an die französische Musik des 18.Jahrhunderts verstanden wissen, deren bedeutendster Vertreter neben Jean-Philippe Rameau der Komponist François Couperin war (unter Tombeau versteht man soviel wie einen „musikalischen Grabstein“). Andererseits gewinnt das Werk einen schmerzhaften Bezug zu Ravels Gegenwart, indem jeder einzelne Satz jeweils einem im ­Ersten ­Weltkrieg gefallenen Freund gewidmet ist. Sein eigener Kriegsdienst endete aus gesundheitlichen Gründen im Jahr 1917. Zu all den Belastungen in dieser Zeit kam auch noch der Tod seiner verehrten Mutter im selben Jahr. Von Ravels einschneidender Lebenskrise ist in diesem Werk allerdings nicht viel zu spüren – vielmehr besticht es durch seine wunderbare Klarheit und Eleganz. • Der erste Satz – Prélude – ist eine in flinken ornamentalen Sechzehntelläufen dahin huschende Ouvertüre, die in ihrer ständigen Bewegung an die barocke Cembalomusik eines Couperin oder Scarlatti erinnert, allerdings in Ravels ureigener virtuoser Klangsprache. Wie im ganzen Werk, kommt musikalisch eine tragende Rolle den Holzblasinstrumenten zu, dabei wiederum speziell der konzertierenden Oboe. • Von besonderem Reiz ist auch die Forlane, die einem norditalienischen Tanz im 6/8‑Takt aus der Renaissance nachempfunden ist (in der Bezeichnung verbirgt sich die geographische Herkunft aus dem Friaul). Eine öfters wiederkehrende refrainartige Melodie wird von mehreren zarten Einschüben solistisch auftretender Blasinstrumente unterbrochen, wobei Ravel immer wieder durch raffinierte Harmonien fasziniert. • Den dritten Satz bildet ein höfisches Menuet, dessen Mittelteil mit ihren erst geheimnisvoll ­ruhigen, sich dann zu einem dramatischen Fortissimo-Ausbruch steigernden Melodiebögen über liegenden Basstönen an die Dudelsackklänge einer Musette erinnert. Auch in diesem Satz werden der Oboe wunderbare solistische Aufgaben zugeteilt. • Dem abschließenden Rigaudon liegt eine alte französische Tanzform aus der Provence z­ ugrunde. Auf den überschäumenden Schwung des Anfangsteils folgt ein langsamer pastoralartiger Abschnitt, in dem die „Hirteninstrumente“ Oboe, Englischhorn, Flöte und Klarinette einander ablösen. Die Beschaulichkeit wird jedoch jäh unterbrochen durch die fulminante Wiederkehr des Anfangsteils, mit dem das Werk zu einem fulminanten Ende geführt wird.