Theater KOSMOS Spielplan 2007 Das Maß der Dinge von Neil LaBute Thom Pain von Will Eno österr. Erstaufführung My Name is Rachel Corrie nach Aufzeichnungen von Rachel Corrie deutschsprachige Erstaufführung Zwillingsbrut von Nicky Silver österr. Erstaufführung KOSMOSPLUS Nordost von Torsten Buchsteiner Theater KOSMOS Produktion Das mass der dinge VON NEIL LABUTE Premiere 1. Februar 2007 Derniere 4. März 2007 Aufgrund der ungebrochen großen Nachfrage konnten wir zu den ursprünglich angesetzten 13 Vorstellungen noch zwei Zusatzvorstellungen einschieben. Die Auslastung der bisher gespielten 11 Vorstellungen betrug sensationelle 98 %, bis zur Derniere am 4. März werden weit über 2.000 Zuschauer die Vorstellungen besucht haben. Theater KOSMOS Produktion Thom Pain VON WILL ENO "Gibt es so etwas wie einen Stegreif-Existentialisten? Wenn nicht, hat Will Eno ihn gerade erfunden. …Enos Monolog ist so unaufwendig in seinen Mitteln wie erstaunlich in seiner Wirkung. Er ist einer dieser raren Abende im Theater - raren Abende überhaupt - der einen sowohl atemlos vor Erheiterung als auch tränengebadet zurücklassen kann, je nach Neigung zum Grübeln über die düsteren und schönen Geheimnisse der menschlichen Existenz. … Und auf jeden Fall sprachlos…. Enos Stimme, oder eher die Stimme von Thom Pain, ist abwechselnd lyrisch und emotionslos, ekstatisch und schal, boshaft und ehrlich. Mit ihren verwirrenden Rhythmen und Schattierungen spiegelt sie die Palette der Empfindungen im Monolog wieder. Das Leben ist ehrfurchtserregend wundervoll. Es ist hinreißend geheimnisvoll. Es ist absolut enttäuschend. Ein Riesenwitz. Eine rätselhafte Reise. Ein reiches Geschenk. Aber eines, das man gern umtauschen möchte gegen etwas, das besser sitzt um die Hüften. … Um das mehr oder weniger Unbeschreibbare zusammenzufassen: Thom Pain ist im Grunde eine surreale Meditation über die leeren Versprechungen, die das Leben macht … Aber es ist auch, in seiner sonderbaren, verzaubernden Schönheit, lebensbejahend. Ein kleiner Beweis dafür sogar. Fast die letzten Worte von Urbaniak sind: "Ich weiß, das war nicht viel, aber es soll genügen." Tut es. Ein kleines Meisterwerk sollte das, Herrgottnochmal." WILL ENO Der vierzigjährige Autor Will Eno wuchs in Boston auf. Sein Studium an der University of Massachusetts brach er ab, zog nach New York, wo er zu schreiben begann und sich u.a. als Anstreicher und Wall Street Broker durchschlug. Er erhielt eine Reihe von Stipendien, wie z.B. die Helen Merrill Playwriting Fellowship und die Guggenheim Fellowship, und wurde von Edward Albee unterstützt, der ihn als "one of the finest young playwrights I've come across in a number of years" bezeichnet. Der Durchbruch gelang ihm mit Thom Pain, das für den Pulitzer Preis 2005 nominiert wurde. 2005/06 war der Autor, der heute in Brooklyn lebt, Gastdozent an der Princeton University. Theater KOSMOS Produktion My Name is rachel corrie NACH AUFZEICHNUNGEN VON RACHEL CORRIE Deutschsprachige Erstaufführung Am 16. März 2003 wurde die 23-jährige amerikanische Friedensaktivistin Rachel Corrie in Rafah, Okkupiertes Gaza, von einem israelischen Bulldozerfahrer ermordet. Rachel Corrie stammt aus Olympia/Washington. Sie hielt sich in Gaza auf, um als Freiwillige der 'Internationalen Solidaritätsbewegung' gegen das Niederbulldozern eines palästinensischen Hauses zu protestieren. E-mail-Report des 'Palestine Monitor': "Rachel Corrie, 23 Jahre alt, aus dem US-Staat Washington, starb, als sie versuchte, israelische Armee-Bulldozer davon abzuhalten, ein palästinensisches Heim niederzureißen. Mehrere andere Ausländer, die auch dabei waren, gaben an, der Bulldozerfahrer hätte gewusst, dass Rachel da war und hätte dennoch weitergemacht mit dem Abriss des Hauses. Er hätte Sand und schwere Trümmerteile auf die junge Frau gehäuft und sie anschließend mit dem Bulldozer zu Boden geworfen; dann sei er über sie hinweggefahren. Dabei wurden Rachel beide Arme, Beine sowie der Schädel gebrochen. Man brachte sie ins Krankenhaus, wo sie später starb. Rachel Corrie Alan Rickman und Katharine Viner brachten ein Buch mit schriftlichen Aufzeichnungen von Rachel Corrie heraus. Aus diesen Texten entstand das Stück Rachel Corrie, das unter der Regie von Alan Rickman am 7. April 2005 im Royal Court Theatre London uraufgeführt wurde. Auszüge aus einer Mail von Rachel am 7. Februar 2003: Ich bin jetzt 14 Tage und eine Stunde in Palästina und ich habe noch immer wenig Worte, um das zu beschreiben, was ich sehe. Es ist sehr schwierig für mich, darüber nachzudenken, was hier abläuft, wenn ich einen Brief in die USA schreibe.... Ich weiß nicht, ob viele Kinder hier jemals ohne Raketen-Löcher in den Wänden ihrer Wohnungen gelebt haben und ohne Türme einer Besatzungsarmee, die sie ständig aus nächster Nähe beobachtet. Ich denke, bin mir aber nicht ganz sicher, dass selbst die kleinsten Kinder begreifen, dass das Leben nicht überall so ist. Vor zwei Tagen wurde ein Achtjähriger von einem israelischen Panzer angeschossen und getötet und viele flüstern mir gegenüber seinen Namen "Ali" oder zeigen auf das Poster von ihm an den Wänden. Aber auf jeden Fall gibt es hier Achtjährige, die mehr davon verstehen, wie globale Machtstrukturen arbeiten, als ich vor wenigen Jahren, zumindest was Israel betrifft. Trotzdem denke ich über die Tatsache nach, dass egal wie viel man liest, auf Konferenzen hört, Dokumente studiert und mündlichen Zeugen lauscht, mich nichts auf die Realität der Situation hier vorbereiten konnte. Ihr könnt es euch nicht vorstellen, wenn Ihr es nicht selbst seht - und selbst dann, ist man sich ständig bewusst, dass die eigene Erfahrung ganz und gar nicht die Realität ist. Welche Schwierigkeiten die israelische Armee wohl hätte, wenn sie auf einen unbewaffneten US-Bürger geschossen hätte? Und die Tatsache, dass ich Geld habe, um Wasser zu kaufen, wenn die Armee die Quellen zerstört und natürlich die Tatsache, dass ich jederzeit die Möglichkeit habe, das Land zu verlassen. Keiner in meiner Familie wurde erschossen, keiner im Wagen fahrend von einer Granate getroffen, die von einem der Türme am Ende einer Hauptstraße in meiner Heimatstadt abgeschossen wurde. Ich habe ein Zuhause. Mir ist es erlaubt, das Meer zu sehen. Theater KOSMOS Produktion ZWILLINGSBRUT VON NICKY SILVER österr. Erstaufführung Auf der Beerdigung ihrer Mutter – sie wurde von einem herabfallenden Duschkopf erschlagen – treffen sich nach langen Jahren die Zwillinge Sebastian und Bernadette wieder, beide emotionale Krüppel. Sebastian, homosexuell, Journalist, hat elf Jahre zuvor seinen Lover verloren und ist seitdem zu Gefühlen kaum noch fähig. Lediglich mit dem zu lebenslanger Haft verurteilten Mörder Dylan unterhält er einen Briefkontakt. Seine Therapie bricht Sebastian ab, nachdem ihm seine Psychotherapeutin ihre Liebe gestanden hat. Die wiederum beschließt vor Verzweifelung, sich selbst zu bestrafen. Auch Sebastians hysterische Schwester Bernadette ist alles andere als glücklich. Ein Wahn treibt sie in den nächsten, während sich ihr Ehemann, bis dato ein sachlicher Zahnarzt, auf eine „innere Reise“ begibt: Ziel unbekannt… Die Neurotiker der Großstadt, wie sie der zeitgenössische amerikanische Autor Nicky Silver in Zwillingsbrut zeichnet, schonen weder sich noch ihre Mitmenschen, ihr Zynismus hält sie über Wasser. Doch tief im Herzen sind es Desperados auf der Suche nach Liebe. Dieser „Sister-Brother-Act“ ist eine düstere Farce mit beinahe surreal wirkenden Charakteren. Die absurden Situationen bestechen durch brillante Dialoge und mitreißenden Wortwitz. Doch im Stück tobt ein für die Figuren ganz alltäglicher Horror… nicky silver 1960 in Philadelphia geboren, zählt der Autor Nicky Silver heute zu den bekanntesten und erfolgreichsten Vertretern des amerikanischen Boulevardtheaters. Seine pointenreichen, häufig überdrehten Stücke beziehen sich auf chaotische Familienverhältnisse, Inzest, homosexuelle Beziehungsdramen und andere Katastrophen. Prägend wirkte nach eigenen Aussagen Silvers Herkunft aus einer jüdischen Familie, der Vater Finanzmakler, die Mutter sozial engagierte Pharmareferentin. Durch seine jüdische Herkunft und seine Homosexualität erlebte er sich immer wieder in belastenden Außenseiterpositionen. 1977 ging Silver nach New York, wo er sich in den Studiengang "Experimentelles Theater" einschrieb, zahlreiche Stücke verfasste und an kleinen Bühnen selbst inszenierte. Anfang der 90er Jahre erfolgte sein Durchbruch in den USA, ab 1996 war er zunehmend in Deutschland erfolgreich. Die künstlerische Leitung bei dieser Produktion wird zur Gänze ein junges Team übernehmen. Regie führt der junge Bregenzer Stephan Kasimir – zur Zeit freiberuflicher Regisseur in Hamburg, für die Ausstattung werden die beiden in Wien lebenden Künstler Maria Anwander und Ruben Aubrecht verantwortlich zeichnen - ebenfalls zwei junge Bregenzer. Theater KOSMOSplus Produktion NORDOST VON TORSTEN BUCHSTEINER Moskau nach dem Tschetschenienkrieg. Die junge Zura hat ihren Mann im Krieg verloren und sich aus Einsamkeit den „Schwarzen Witwen“ als Terrorkämpferin angeschlossen. Geplant ist eine Geiselnahme von über 800 Zuschauern in der Musicalvorstellung „Nordost“. Auch Tamara, eine russische Ärztin, hat ihren Mann im Krieg verloren. Sie hat sich lange auf den gemeinsamen Abend mit ihrer Tochter gefreut. Sie wollten sich das neue Musical ansehen, doch Tamara musste im letzten Moment den Notfalldienst des Kollegen übernehmen. Olga ist mit ihrer Familie als Besucherin des Musicals anwesend, als die Katastrophe im Theater ihren Lauf nimmt und auch Tamara als Ärztin zur Geiselnahme gerufen wird. "Nordost" erzählt die Geschichte der drei Tage währenden Geiselnahme von 2002, ohne Schuldfragen aufzuwerfen. In drei schonungslosen nebeneinander stehenden Gedankenprotokollen, jenseits sensationeller Effekte wird das Thema Terrorismus überraschend dokumentarisch verhandelt. Allein durch die Intensität und Intimität der Figuren wird das politische Ereignis gleichzeitig zum theatralen Ereignis. torsten Buchsteiner Geboren 1964 in Hamburg, ist Autor und Schauspieler. Er spielte u.a. am Deutschen Theater Berlin, am Schiller Theater und an der Freien Volksbühne in Berlin sowie in diversen Kino- und TV-Produktionen. Sein erstes Theaterstück „Spieler“ wurde 2001 am Volkstheater Rostock uraufgeführt, es folgte „Tango Sólo“ (Uraufführung 2005 am Divadlo na Vinohradech in Prag). Für „Nordost“ erhielt er 2005 den Else-LaskerSchüler-Dramatikerpreis und den Jurypreis der 1. St. Galler Autorentage. Die Uraufführung erfolgte 2006 am Dramaten in Stockholm. Nach der österreichischen Erstaufführung am Schauspielhaus Graz sind weitere Aufführungen in Oslo, Kopenhagen, Helsinki, Zürich, Dresden, Stuttgart, Lübeck und Nürnberg in Planung. Außerdem wurde 2004 ein Hörspiel verfasst. Buchsteiner, der auch Drehbücher und Prosa schreibt, lebt in Berlin.