Aktuell „Wir waren als Trauringanbieter zu klein“ Warum Bruno Mayer neue Wege geht Im Interview mit „Blickpunkt Juwelier“ erklärt Inhaber Götz Mayer, warum er die Trauringproduktion geschlossen hat und künftig verstärkt auf Markenschmuck setzt. Die Partnerschaft mit dem Fachhandel spielt für ihn auch in Zukunft eine wichtige Rolle. „Wir müssen umdenken“, sagt Götz Mayer und meint dabei nicht nur sein Unternehmen: Pforzheim müsse sich fragen, warum so etwas wie Pandora oder Thomas Sabo nicht aus der Goldstadt gekommen ist. Blickpunkt Juwelier: Herr Mayer, Gold-, Silber-, Diamantpreise steigen, Schmuckfirmen in Pforzheim schließen, Uhrenfirmen sind kaum noch vorhanden. Wie steht es um die Branche? Götz Mayer: Wir sind mitten in einer Um- und Aufbruchphase. Pforzheim funktioniert aber nicht mehr als reiner Produktionsstandort. Es verlagert sich in Richtung Marketing und spezialisierten Anbietern. Blickpunkt Juwelier: Wird es der Masse-Goldanbieter schaffen? Mayer: Er wird es schwer haben. Ich sehe keine deutsche Firma, die im großen Stil Gold verkaufen und auch im eigenen Land herstellen könnte. Trauringe sind aus logistischen Gründen hiervon teilweise ausgenommen, wobei auch hier der Mainstream zum Teil aus dem Ausland kommt, zum Beispiel aus der Türkei. Auch hier kann nur 48 durch Innovation und Technologieführerschaft der Vorsprung gehalten werden. Der generelle Trend zu Silber oder Stahl auch im Trauringbereich sorgt für stärkeren Kostendruck. Blickpunkt Juwelier: Sie haben Mitte des Jahres Ihre Trauringproduktion geschlossen. Warum war dieser Schritt notwendig? Mayer: Wir waren als Trauringanbieter zu klein. Bis vor einigen Jahren war dies noch möglich. Heute können nur Anbieter einer bestimmten Größe das Rennen machen. Gefordert werden Unecht-Sortiment, Konfigurator, Shop-in-Shop- beziehungsweise Präsentations-System und natürlich Produktentwicklung mit verschiedenen Materialien. Hierzu kommt eine technisch hochwertige Ausstattung. Diese Investition hätte bei uns keinen Sinn gehabt, weil wir uns sehr stark mit unseren Marken Viventy, Elaine Firenze und Bruno Mayer fine jewellery engagieren. Außerdem ist organisches Wachstum im Verdrängungswettbewerb der Trauringhersteller kaum möglich. Wachstum durch sehr aggressive Preispolitik, wie von manchen Anbietern praktiziert, halten wir für schädlich und hat in den vergangenen Jahren die Branche unter starken Druck gebracht, bis zu unseriösen und irreführenden Aussagen. der getragen wird. Dies bedeutet, dass etwas richtig gemacht wurde. Was können Sie als traditioneller Anbieter davon lernen? Mayer: Wir müssen in Marketing und Marke denken. Die bekannten Anbieter haben beispiellose Marketingkampagnen und entsprechende Produktpolitik umgesetzt. Aber die Methoden, vor allem die Vertriebspolitik, sind sicherlich teilweise zweifelhaft bis rigoros. Blickpunkt Juwelier: Der Trauring läuft also nicht mehr nebenher? Mayer: Auch um den Trauring muss man sich intensiv bemühen und mit starkem Personalund Werbeaufwand arbeiten. Blickpunkt Juwelier: Weil dabei nicht langfristig gedacht wird? Mayer: Es ist eine Frage der Treue. Als ein in Pforzheim verwurzelter Traditionshersteller habe ich über Jahrzehnte eine ganz andere Kundenbindung als die Newcomer-Markenhersteller. Blickpunkt Juwelier: Erfolge von Pandora oder Thomas Sabo zeigen, dass Schmuck wie- Blickpunkt Juwelier: Sie sehen sich als Partner des traditionellen Fachhandels. Viel- Aktuell leicht suchen die neuen Marken einen Vertrieb, bei dem es mehr auf Standort und Verkaufsfläche ankommt? Mayer: Das stimmt sicherlich und ist auch legitim. Aber all diese Marken haben den Fachhandel gebraucht, um groß zu werden. Somit war der Händler nur der Steigbügelhalter für die Marke, die sich danach zurückgezogen hat. Dass es für die Verabschiedung aus dem Handel auch Gründe gibt, will ich nicht verschweigen. Allein das Erscheinungsbild mancher Geschäfte ist nicht zeitgemäß. Deswegen gehen viele Marken ihren eigenen Weg, um ein passendes Umfeld zu schaffen. Blickpunkt Juwelier: Wie steht es um die Innovationskraft der traditionellen deutschen Hersteller? marke Viventy und dann Bruno Mayer fine jewellery. Ist Ihnen Silber wichtiger als Gold? Mayer: Nein. Die Marke Viventy ist uns sehr wichtig, deshalb investieren wir sehr viel Zeit und Geld in die Marke. Wir haben hier in den vergangenen Jahren ein ständiges Wachstum erzielt und sehen hier noch viel Potential für die Zukunft, denn Viventy hat eine Lücke geschlossen und einen ungenützen Platz besetzt, mit der klassischen Zirkonialinie im Brillant-Look und der FashionLinie. Durch die umfangreichen Marketingmaßnahmen und den großen Bekanntheitsgrad von Viventy haben wir auf der Website die meisten Zugriffe, deswegen steht die Marke oben. Dennoch werden wir die Goldkunden nicht vernachlässigen – ganz im Gegenteil. Vielmehr gibt es Vorteile und Synergien, da wir Komplettanbieter in Gold und Silber sind. Kundin kauft heute Silber, weil wir ihr nichts mehr bieten konnten. Außerdem haben sich die Silbermarken stark weiterentwickelt, so dass beispielsweise die jüngere Generation mit Gold eigentlich gar nichts mehr anfangen kann. So wie sie mit Uhren nichts mehr anfangen kann, weil es Handys gibt. Blickpunkt Juwelier: Ist der Erfolg einer Goldmarke unterhalb des Preisniveaus von Chopard, Wellendorff, Pomellato oder Bulgari überhaupt möglich und für den Hersteller realisierbar? Mayer: Ich denke, der ganz untere Bereich ist sehr schwierig. Trotzdem ist die Kundschaft für Schmuck in den Anfangspreislagen von 1.000 oder 2.000 Euro vorhanden. In diesem Bereich ist noch Platz und Volumen, um eine Marke zu entwickeln und zu etablieren. Blickpunkt Juwelier: Welche Distribution braucht diese Preislage? Mayer: Es braucht die Topkundschaft außerhalb der großen Städte oder eine gute Adresse in den Zentren. Blickpunkt Juwelier: Was fehlt, damit Gold in der Auslage wieder den Platz bekommt, den es früher hatte? Mayer: Eine grundsätzliche Sensibilität für Gold ist vorhanden, aber sie wird überschattet von dem hohen Goldpreis und der starken Präsenz der Silbermarken. Der Juwelier muss umdenken. Als erstes muss er die Trennung zum Silber vollziehen. Bei Gold habe ich eine andere Klientel, ich muss anders argumentieren und es letztendlich auch anders verkaufen – Charms für 30 bis 50 Euro verkaufen sich fast von allein. Als zweites muss der Händler davon überzeugt sein, dass er Gold verkaufen kann. Das schafft er aber nur, wenn entsprechende Marketingansätze und Strategien vor allem bei der Präsentation befolgt werden. „Gold geht nicht, wenn es nicht im Fenster liegt.“ Götz Mayer Mayer: Gute Frage. Warum hat sich die Erfolgsstory Pandora nicht in Pforzheim ereignet? Darüber kann man schon mal nachdenken. Blickpunkt Juwelier: Und Ihre Rückschlüsse führen wohin? Mayer: Wir müssen umdenken. Vermutlich waren andere im Denken weiter, beispielsweise beim Marketing. Blickpunkt Juwelier: Bei den Uhren hat es schon nicht funktioniert. Mayer: Das stimmt. Man hätte umdenken müssen. Wenn die Uhren nicht funktioniert haben, dann haben wir nicht richtig gedacht. Swatch hat vorgemacht, wie es geht. Blickpunkt Juwelier: Wenn man auf Ihre Homepage geht, dann sieht man zuerst die Silber- Blickpunkt Juwelier: Sie wollen das eine tun, ohne das andere zu lassen? Mayer: Ganz genau. Leider sind es inzwischen die wenigsten Juweliere, die sich auf Gold konzentrieren und keine Silbermarken haben. Umgekehrt gibt es wesentlich mehr, die sich nur noch auf Silber konzentrieren. Dies halte ich auch nicht unbedingt für gut. Wir brauchen Gold als beständige Größe. Es wäre falsch, eine Kundengeneration ohne Gold aufwachsen zu lassen. Blickpunkt Juwelier: Vielleicht ist die Goldkundin schon längst nicht mehr existent und bereits zur Silberkundin geworden? Mayer: Ich denke, dass es die Goldkundin noch gibt, aber viele kaufen die Anfangspreislagen. Vor zehn Jahren konnten wir Aktionen machen mit einem schicken Goldteil, möglicherweise sogar 14 Karat, für 99 DM. Diese Blickpunkt Juwelier: Was konkret ist notwenig, um erfolgreich Gold verkaufen zu können? Mayer: Gold geht nicht, wenn es nicht im Fenster liegt. Es ist auch nicht damit getan, ein Display mit Gold zwischen Silber und Uhren zu legen. Eine Ausrichtung auf Gold muss mit aller Konsequenz erfolgen. Der Juwelier muss dahinter stehen und es mit Engagement, Können und Glaubhaftigkeit verkaufen. Blickpunkt Juwelier: Sie haben in den vergangenen Jahren Ihre Silbermarke Viventy stark in Verbrauchermedien beworben. Wird dies fortgeführt? Mayer: Ja, denn die Verbraucherwerbung ist ein ganz wichtiger Teil der gesamten Strategie. Allerdings ist die Produktinnovation ebenso wichtig. Man hat ja in der jüngeren Vergangenheit auch bei einigen Silbermarken festgestellt, dass es zu einem gewissen Stillstand gekommen ist. Wir sind mit Viventy in den vergangenen Jahren 25 Prozent gewachsen. Jahr für Jahr. Dies müssen wir auch. Aber das Marketing allein nützt nichts, wenn die Produktentwicklung hinterherhinkt. Blickpunkt Juwelier: Ist ein vergleichbares Engagement auch für Ihre beiden Goldmarken angedacht? Mayer: Bei Elaine Firenze werben wir schon seit mehreren Jahren in der „Elle“, beinahe ganzjährig. In der zweiten Jahreshälfte sind wir auch in der „Vogue“ vertreten. Wir können die Werbetrommel aber nicht so schnell rühren wie bei Viventy. Allerdings werden Werbeaufwand und Werbewirksamkeit bei den Goldmarken langfristig sein. „Ich hoffe, dass kein 750er-Silber kommt.“ Götz Mayer Blickpunkt Juwelier: Wie lange dauert der Silberhype noch an? Mayer: Das Silber wird sicherlich seinen Stellenwert halten. Je höher der Goldpreis steigt, desto attraktiver wird Silber als Alternative für diejenigen Kunden, die sich das Gold einfach nicht mehr leisten können oder nicht mehr leisten wollen. Das Silber hat neben dem Gold absolut seine Berechtigung, teilweise sogar bei den selben Kunden. Blickpunkt Juwelier: Ist Silber also nur die billige und einfache Goldalternative? Mayer: Nicht, dass wir uns falsch verstehen. Wir setzen auf 925 Sterling-Silber als echtes Edelmetall. Wir stehen hinter Silber. Denn wenn ich mir als Verbraucher keine Goldmünze leisten kann, weil es doch ein bisschen viel ist, dann kaufe ich eine Silbermünze … Blickpunkt Juwelier: ... so wie der Erstplatzierte die Goldmedaille und der Zweitbeste die Silbermedaille bekommt? Mayer: Genau. Der zweite Platz ist weiß Gott kein schlechtes Ergebnis. Silber ist ein Edelmetall, und ich denke, das muss man auch sagen können. Wir kommunizieren es durch den Wortbegriff „925 Sterling-Silber“. Und ich hoffe, dass andere Hersteller nicht auf die Idee kommen werden, 750er- oder gar 585er-Silber auf den Markt zu bringen. Bruno Mayer Die Firma Bruno Mayer aus Keltern bei Pforzheim ist einer der wenigen noch am Markt existierenden Hersteller von Goldund Silberschmuck. Im Juni dieses Jahres hat Bruno Mayer die Trauringproduktion geschlossen und verstärkt damit ihr Engagement für den Markenschmuck. Künftig gibt es drei Standbeine mit Viventy (Silber) und Elaine Firenze sowie Bruno Mayer fine jewellery (Gold). Götz Mayer ist Inhaber und Geschäftsleiter. 49