Hopkinson Smith

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Hopkinson Smith
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Saitenzauber
Keiner spielt die Laute, Barockgitarre
oder Vihuela so luftig leicht wie der bald
sechzigjährige, amerikanische Gitarrist
Hopkinson Smith. Er ist in erster Linie
Spezialist für französische Lautenmusik
der Renaissance und des Barock, aber
auch für italienische Musik des 17.
Jahrhunderts und den deutschen Barock.
Mit dieser CD - ‚dowland a dream’,
erschienen bei naÏve - zeigt er, dass das
noch
lange
nicht
alles
ist.
Mit
spielerischer Leichtigkeit und gleichzeitig
komplexer
Virtuosität
begegnet
Hopkinson Smith hier der englischen
Musik
des
16./17.
Jahrhunderts.
Stimmungsvoll
und
authentisch
erscheinen dem Hörer die liebevoll
umgesetzten Tabulaturen Dowlands. Mit
einem
unglaublichen
Gefühl
für
Stimmungen und einer selten so stark zu
erhörenden Sensibilität umschreibt Smith
die
Melodiebewegungen
in
einem
ungeheuer fein abgestuften dynamischen
Feld ohne dabei das Gespür für
Authentizität zu verlieren. In einmalig
wohlklingender Intonation versetzt er
seine Hörer in die Welt des englischen
Musikers zurück, der im selben Jahr wie
Thomas
Morley
den
Grad
des
Baccalaureus Musicus in Oxford erlangte.
Dowland, der zu den zehn besten
Liederkomponisten der Welt zu zählen
ist, widmete sich in erster Linie der
Komposition von Vokal-, Violen- und
Lautenwerken. Die Bedeutung seines
Schaffens liegt dabei nicht unbedingt in
seiner kontrapunktischen Instrumentalmusik, sondern vielmehr in den vokalen
Werken. Denn er war der erste
Komponist, der seinen instrumental
begleiteten Liedern eine vokale ad
libitum-Stimme hinzusetzte. Unglaublich
ergreifend spielt Hopkinson das Thema
seines
wohl
berühmtesten
Stückes
Lachrymae, das in der Zeit entstand, als
sich der Komponist wieder von seiner
gerade neu errungenen, katholischen
Konfession zu lösen begann. Fast
unerträglich klagend erklingt das Werk
semper dowland semper dolens. Die
präzise Phrasierung von Hopkinson Smith
lässt das Herz eines jeden DowlandLiebhabers höher schlagen; doch nicht
jeder Fan der klassischen Musik wird
einen Zugang zu der Interpretation
dieser einmaligen, aber auch recht
unpopulären Musik, finden können.
Das Booklet der CD trumpft auf mit
Abbildungen der Tabulaturen Galliards
for the Lute und Pavins for the Lute
(beide London 1610). Eine schöne
Abwechslung, die sicher bei allen Lesern
des Heftchens Gefallen finden wird. Denn
schließlich hat nicht jeder Liebhaber der
Musik
des
16.
Jahrhunderts
eine
konkrete
Vorstellung
von
der
Musikaufzeichnung in Griffschrift. Ein
kleines, aber zu verkraftendes Manko ist
die Französisch- und Englischsprachigkeit
des
Booklets.
Gerade
musikalische
Fachbegriffe mögen den ein oder
anderen davon abschrecken, sich durch
den hochinteressanten und kompetent
gestalteten Sachverhalt zu kämpfen.
Erfreulich hingegen ist der Versuch einer
Beschreibung der Musik Dowlands und
auch der Entstehungsgeschichte der
einzelnen Stücke: So wird z.B. Dowlands
frogg galliard näher betrachtet. Dem
Leser wird hiermit die große Bandbreite
an Stimmungswerten - von tiefster
Verzweiflung bis hin zu Frohsinn und
Frivolität und die lyrische Welt der
Melancholie - verdeutlicht. Auch werden
die Stücke zweifelhafter Herkunft, wie a
dream, genannt und die Urheberschaft
diskutiert. Alles in allem ist diese CD
absolut hörenswert und zudem dazu
geeignet,
kleine
Wissenslücken
im
Bereich englische Musik des 16./17.
Jahrhunderts zu schließen, der immerhin
das Festland zu dieser Zeit nichts
Gleichwertiges entgegenzusetzen hatte.
(Franziska Mair, 11.06.2005)
klassik.com, 11.6.2005
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