3400 / 3417 / 2b Historischer Hintergrund und einige Pioniere Allgemeines Was ist Kognitionswissenschaft? Gemeinsame Hauptfragestellungen bzw. Forschungsgegenstände Kognitivismus - Vorlesung Prof. Renner SS 2009 radikal-behavioristischen S-R-Ansatz: keine Berücksichtigung interner, mentaler Prozesse in der psychologischen Forschung • Probleme: Erklärung von Sprache, etc. • Kognitive Wende in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts • Kognition: Sammelbegriff für alle geistigen bzw. mentalen Prozesse des Menschen • 1956: Symposium on Information Theory am MIT (Allen Newell, Herbert Simon, Marvin Minsky, Noam Chomsky) • Seit 1977: Zeitschrift „Cognitive Science“ Weitere wichtige Wegbereiter: Alan Turing, George Kelly (Psychologie) • Turing-Test zur Entscheidung der Frage, wann ein Computer als intelligent gelten kann • Kritik: Chinesisches-Zimmer-Argument (Searle) • Grundannahme: Geist als Computermodell, Unterscheidung zwischen Hardware (Gehirn) und Software (Geist) • Mensch als informationsverarbeitendes System: Rezeptoren, Effektoren, Gedächtnis, Vorrat an elementaren informationsverarbeitenden Prozessen • Kognition als Gesamtheit der informationsverarbeitenden Prozesse und Strukturen eines intelligenten Systems unabhängig vom materiellen Substrat • Kritik: embodiedcognitivescience(z.B. Gibbs, 2006) • KW als Gefüge interdisziplinärer Beziehungen zwischen Teilbereichen der Ausgangsdisziplinen • Gesamtheit dieser Teilbereiche als neue Disziplin: „Interdisziplin“ (Tack, 1997) • Welche Disziplinen sind beteiligt? kognitives Sechseck (Bara, 1995) • Philosophie • Psychologie • Künstliche Intelligenz (Informatik) • Linguistik • Kognitive Anthropologie • Neurowissenschaften • Wie funktioniert der Geist? • Wissenserwerb und Wissensnutzung • Studium mentaler Repräsentationen • Erforschung intell. Leistungen und Prozesse mit dem Ziel einer allg. Theorie der Intelligenz • Allgemeine Theorie der Intelligenz: natürliche und künstliche Intelligenz Abstraktion von den materiellen Spezifikades Trägers der Intelligenz 1 Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften (3) CRUM und einige grundlegende Konzepte Kognitive Psychologie Kognitive Psychologinnen und Psychologen wollen wissen, wie es uns gelingt, Treppenstufen auch im Halbdunkel CRUM = Computational-Representational (Thagard, wahrzunehmen, Gegenstände wie Häuser, Bäume, Wolken usw. Understanding zu erkennen, Vorgänge of wie Mind einen Diebstahl oder1999) zu verstehen, uns an das gestrige Abendessen zu erinnern, unsere Aufmerksamkeit auf einer Party bei •Autounfall Allgemeinste und grundlegendste Hypothese der Kognitionswissenschaft unserem Gesprächspartner zu behalten, usw. Allgemein gesagt interessieren Sie sich also dafür, wie unser Geist Haben sie ein neurokognitives interesse,Denken, dann interessieren sie sich dafür, wiezu/metaphorisch unser Gehirn diese •funktioniert. Mentale Prozesse, insbesondere werden in auch Analogie Leistungen zustande bringt. (Engelkamp & Zimmer, 2006, S. 1) als aktive Computerprogramme konzipiert CRUM = Computational-Representational Understanding of Mind (Thagard, 1999) CRUM und einige grundlegende • „Denken kann am besten im Sinne von repräsentationalen geistigen Strukturen • Allgemeinste und grundlegendste Hypothese der Kognitionswissenschaft Konzepte • Mentale Prozesse, insbesondere Denken, werden in Analogie zu/metaphorisch und computationalen Verfahren, die auf diese Strukturen angewendet werden, als aktive Computerprogramme konzipiert verstanden werden“ (Thagard, 1999, S.geistigen 22) Strukturen • „Denken kann am besten im Sinne von repräsentationalen und computationalen Verfahren, die auf diese Strukturen angewendet werden, verstanden werden“ (Thagard, 1999, S. 22) Programm/Computer Geist/Gehirn Datenstrukturen + Algorithmen = aktive Programme Mentale Repräsentationen + computationale Prozesse = Denken • Kochmetapher: Liste von Zutaten + Kochinstruktionen = Gericht CRUM-basiertes Erklärungsschema Anmerkungen zu CRUM • Kochmetapher: Liste von Zutaten + Kochinstruktionen = Gericht Erklärungsziel • Warum zeigen Menschen ein bestimmtes intelligentes Verhalten? Lehrgebiet Psychologische Methodenlehre, Diagnostik und Evaluation FolieErklärungsmuster 9 Online-Vorlesung zu Kap. 6, Kurs 03400 Prof. Dr. Karl-Heinz Renner • Menschen haben mentale Repräsentationen. • Menschen wenden algorithmische Verfahren an, die mit diesen Repräsentationen arbeiten • Das Verfahren angewendet auf die Repräsentationen, produziert das Verhalten • Wissenschaftstheoretisch: Erklärung empirischer Phänomene durch Angabe von generativen Systemen und darin ablaufenden Prozessen und nicht von Auftretensbedingungen • Komplexe Drei-Weg-Analogie zwischen Geist, Gehirn und Computer • Unterschiedliche Vorstellungen zur Art der Repräsentation und Computation • Zwei grundlegende Perspektiven zur Art der Repräsentation: symbolorientiert vs. konnektionistisch 2 Symbolorientierte und konnektionistische Modelle Symbolorientierte Modelle • Informationen werden durch Symbole (z.B. Wörter) und Symbolstrukturen repräsentiert • Wörter, Sätze, Geschichten = Repräsentationen von Sachverhalten • Beispiel: schemagesteuerte Informationsverarbeitung Konnektionistische Modelle • Aktuelle Informationen als Muster von Aktivierungen von Knoten eines (künstlichen neuronalen) Netzwerks • Information als Aktivierungsmuster (spezifisches Neuronenfeuer) aller Einheiten eines Netzes; ein Konzept, z.B. Hund, ist also nicht ein bestimmter Knoten, sondern ein Aktivierungsmuster von miteinander vernetzten Knoten Konzept- bzw. schemagesteuerte Informationsverarbeitung • Schemata: abstrahierte Wissensstrukturen, die einen Teil eines Stimulusgebiets in Form von aufeinander bezogenen Kategorien repräsentieren • Beispiel: Kurs-Schema - Eine Art von: Prozeß (systematische Handlungsabfolge) - Arten von Kursen: Vorlesung, Seminar, Moodle-Kurs… - Kursleiter: - Raum: - Beginn: - Voraussetzungen: Kursbelegung, Prüfungen, Arbeiten etc. - Beispiele: 03400, 03401… - Kategorie: Klasse von Stimuli mit bestimmten gleichen Merkmalen - Kategorie als Informations- oder Leerstelle, in die bestimmte Stimuli mehr oder weniger passen Schema/Konzept als Satz von Informationsstellen Konzept- bzw. schemagesteuerte Informationsverarbeitung • Hierarchische Organisation: - Kurs als „eine Art von“ Prozeß - „Teil-von-Relation“: Zehe als Teil des Fußes, Fuß als Teil des Beines, Bein als Teil des Körpers - Vorteil der hierarchischen Organisation für die Informationsverarbeitung - Schnelle Ableitung über Konzepte durch Verwendung der Informationsstelle „Art von“, Teil von - Schemata werden durch passende Stimuli aktiviert, nachfolgende Informationen werden dann vor dem Hintergrund der gerade aktiven Schemata interpretiert und ergänzt Ausbreitung der Aktivierung auf andere Schemata Zwei kritische Schritte: Vergleichen, ob ein Stimulus in ein Schema passt (matching) Ableitung von Folgerungen Symbolorientierte und konnektionistische Modelle Zusammenfassung der Verarbeitungsprozesse • Das informationsverarbeitende System (menschlicher Geist, Computerprogramm) umfasst aktivierbare Konzepte/ Schemata, die bestimmte Stimulusgebiete repräsentieren • Die Schemata übertragen ihre Aktivierungen auf andere, potentiell relevante Schemata • Es werden einige Schemata ausgewählt, die mit den gegenwärtigen Stimulusbedingungen am besten übereinstimmen • Das System macht vor dem Hintergrund der ausgewählten Schemata Folgerungen über das Stimulusgebiet 3 • Aktuelle Informationen als Muster von Aktivierungen von Knoten eines (künstlichen neuronalen) Netzwerks • Information als Aktivierungsmuster (spezifisches Neuronenfeuer) aller Einheiten eines Netzes; ein Konzept, z.B. Hund, ist also nicht ein bestimmter Knoten, sondern ein Aktivierungsmuster von miteinander • Aktuelle Informationen als Muster von Aktivierungen von Knoten eines (künstlichen neuronalen) Netzwerks Konnektionistische Modelle vernetzten Knoten (4) Symbolorientierte und konnektionistische Modelle • Information als Aktivierungsmuster (spezifisches Neuronenfeuer) aller Einheiten eines Netzes; ein Konzept, z.B. Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften (4) Symbolorientierte und konnektionistische Modelle Hund, ist also nicht ein bestimmter Knoten, sondern ein Aktivierungsmuster von miteinander vernetzten Knoten Konnektionistische Modelle Modelle der Informationsverarbeitung Konnektionistische Modelle Klassische Modelle Quelle: Kosslyn/Koenig (1992) Folie 18 Online-Vorlesung zu Kap. 6, Kurs 03400 Ergänzung Folie 17 Online-Vorlesung zu Kap. 6, Kurs 03400 Lehrgebiet Psychologische Methodenlehre, Diagnostik und Evaluation Prof. Dr. Karl-Heinz Renner Quelle:Diagnostik Kosslyn/Koenig und (1992)Evaluation Lehrgebiet Psychologische Methodenlehre, Lehrgebiet Psychologische Methodenlehre, Diagnostik und Evaluation Folie 18 Online-Vorlesung zu Kap. 6, Kurs 03400 Prof. Dr. Karl-Heinz Renner Prof. Dr. Karl-Heinz Renner • Computeranalogie • Sequentielle Verarbeitung 19 4 Dr. Tobias C. Haupt - www.haupt-uni.de Konnektionistische Modelle Ziel der Erklärung Warum zeigen Menschen intelligentes Verhalten? Erklärungsmuster • Menschen haben Repräsentationen, die in einfachen Verarbeitungseinheiten generiert werden. Diese Einheiten sind untereinander durch exzitatorische und inhibitorische Verknüpfungen verbunden • Menschen verfügen über Verfahren, die die Aktivierung zwischen den Einheiten über deren Verbindungen weiterverbreiten, und auch solche die Verknüpfungen modifizieren • Aus der Anwendung der sich ausbreitenden Aktivierung und des Lernens auf diese Einheiten entsteht das Verhalten Kognitive Modellierung und Architekturen • Kognitive Modellierung: Versuch der Erklärung empirisch gefundener Phänomene natürlicher Intelligenz durch Konstruktion künstlicher Systeme, die sich ähnlich „verhalten“ wie natürliche Systeme • Kognitive Architekturen: komplexere kognitive Modelle, die verschiedene empirisch gefundene Phänomene simulieren können -SOAR (Lehman, Laird & Rosenbloom, 1998) -3CAPS (Carpenter & Just, 1995) -EPIC (Meyer & Kieras, 1997) -ACT-R (Anderson, 1990) Beispiel: PSI - Eine psychologische Theorie als Computerprogramm (Dörner, 2001) • Theorie zur Modellierung von Hypothesen über die Interaktion von Kognition, Emotion und Motivation • Zu diesem Zweck wurde die Gesamttheorie eines lebenden Wesens entwickelt ( Buch: Bauplan für eine Seele)und in ein Computerprogramm umgesetzt • Erleben und Handeln in komplexen Systemen • Vergleich von simulierten Versuchspersonen mit realen Versuchspersonen • Psi – eine beseelte Dampfmaschine 5 Ergänzung: Informationsverarbeitungs-& neurowiss. Paradigma ACT – Modell von Anderson ACT* – Modell von Anderson • Deklaratives Wissen (= Fakten) ! Knoten und gerichtete Verbindungen ACT –Modell von Anderson •Deklaratives Wissen (= Fakten) Knoten und gerichtete Verbindungen • Prozedurales Wissen (= Regeln und Strategien) ! „Wenn – dann“ - Regeln •Prozedurales Wissen (= Regeln und Strategien) „ Wenn – dann“ -Regeln 4 5 Dr. Tobias Dr. Tobias C. Haupt - www.haupt-uni.de 6