Florian Illies 1913 Uraufführung Sergej Lubic Konstantin Buchholz Ellen Céline Günther, Anja Schweitzer, Martin Müller-Reisinger, Anna Polke Am Flügel Robert Weinsheimer Lise Wolle, Moritz Peschke Klaus Zwick Martin Müller-Reisinger, Ellen Céline Günther Lise Wolle, Henry Meyer Hartmut Stanke Konstantin Buchholz, Klaus Zwick Make Love, Not War Wenn im kommenden Jahr 2014 hundert Jahre nach Beginn des Ersten Weltkriegs unzählige Publikationen, Filme, Rundfunksendungen und Dokumentationen erscheinen, wird dies niemanden überraschen: Der Epochenwechsel, der mit dieser „Ur-Katastrophe“ des 20. Jahrhunderts einhergeht, ist offensichtlich. Dass aber das „Vorkriegsjahr“ 1913 zur Zeit derart häufig und intensiv thematisiert wird, ist schon erstaunlich: Florian Illies’ Sachbuch-Bestseller 1913 – dessen Theateruraufführung Sie im Theater Oberhausen erleben – erfährt im Herbst 2013 seine elfte Auflage und wird in zahlreiche Sprachen übersetzt. Der WDRHörfunk widmet am 21. September 2013 einen ganzen Tag der Rückschau auf das Jahr 1913. In Großbritannien erschien ein Bestseller mit dem Titel 1913 des Histo­ rikers Charles Emmerson. Was ist so faszinierend an diesem Jahr 1913? Der Journalist und Kunsthistoriker Florian Illies widerlegt die These, dass der Urknall der Moderne erst durch die Erfahrung des Krieges, der blutigen Stellungs­ kriege, der Giftgasangriffe und des Massensterbens auf den Schlachtfeldern provoziert wurde: „Bislang behauptete man ja gerne, dass der Erste Weltkrieg notwendig war, um in der Kunst und der Kultur so viele Dinge nach vorne zu bringen. Wenn man sich dieses Jahr, 1913, nun aber so genau anguckt, würde man eher sagen, eigentlich ist alles schon da, der Erste Weltkrieg würgt das nur alles ab.“ Tatsächlich überwindet der Russe Kasimir Malewitsch mit seinem monochromen Bild Das schwarze Quadrat schlagartig jede Gegenständlichkeit. Marcel Duchamp erschafft das erste Ready-made der Kunstgeschichte. Arnold Schönberg erlebt einen Triumph bei der Uraufführung seiner spätromantischen Gurre-Lieder – doch die hat er zehn Jahre zuvor komponiert. Mit seinen 1913 aktuellen Werken der Zwölftonmusik verstört er sein Publikum. Derweil arbeiten Joyce, Musil und Proust an ihren Meisterwerken und entwickeln den Bewusstseinsstrom als bestimmendes Element ihrer Prosa. Auch wenn damals nur wenige Zeitgenossen davon wussten. Als „Zeitgenosse“ habe auch er sich verhalten wollen, sagt Illies: „Ich habe versucht, hineinzuschauen in das Lebensgefühl und die Sprache des Jahres.“ Vor allem aber vermied er, die Geschehnisse mit der ein Jahr später einsetzenden Katastrophe zu verknüpfen. Schließlich wussten die Menschen 1913 nicht, dass sie in einer Vorkriegszeit leben. Ein möglicher großer Krieg ist 1913 zwar ein Thema. Immerhin ist gerade der Zweite Balkankrieg ausge­ brochen, was Franz Marc zu seinem Bild Die Wölfe (Balkankrieg) inspiriert. Und in der „Welt der Frau“ hofft Marie Möller in einem Silvestergedicht, „dass des Weltkriegs Melodie nicht länger drohend schalle!“ Interessant. Denn einen „Weltkrieg“ kannten die Menschen 1913 doch noch gar nicht … Aber hatte nicht der damals viel gelesene us-amerikanische Autor Norman Angell anschaulich belegt, dass ein großer Krieg in Europa aufgrund der internationalen Verflechtung von Industrie und Kapital – heute würde man von Globalisierung sprechen – undenkbar sei? Droht also ein Krieg? Mag sein. Doch Else LaskerSchüler und Dr. Gottfried Benn, Alma Mahler und Oskar Kokoschka oder Franz Kafka und Felice Bauer sind viel mehr mit ihren persönlichen Affären, Beziehungen und Krisen beschäftigt, mit ihren heftigen Gefühlen, die sie im Idealfall zu großer Kunst inspirieren: zu Lasker-Schülers und Benns hochemotionalen Gedichten, zu Kokoschkas Meisterwerk Die Windsbraut oder zu Franz Kafkas Novelle Die Verwandlung. Make love (and art!), not war! Florian Illies’ Collage 1913 konfrontiert die Kunst und das Leben, das Alte und das Neue, das Politische und das Private. Vor allem aber macht sein Buch – und hoffentlich auch unser Theaterabend! – Lust: Darauf, die Bilder von Picasso, Kokoschka oder Schiele zu sehen, die Musik von Schönberg oder Strawinsky zu hören, die Gedichte von Benn, Lasker-Schüler oder Rilke und die Prosa von Kafka, Musil oder Thomas Mann zu lesen. Rüdiger Bering Anja Schweitzer, Michael Witte Uraufführung Florian Illies 1913 Bühnenadaption von Vlad Massaci, Rüdiger Bering und Peter Carp Mit Nora Buzalka/Ellen Céline Günther, Anna Polke, Anja Schweitzer, Lise Wolle / Konstantin Buchholz, Sergej Lubic, Henry Meyer, Martin Müller-Reisinger, Moritz Peschke, Hartmut Stanke, Michael Witte, Klaus Zwick Am Flügel Robert Weinsheimer Regie Vlad Massaci Bühne und Kostüme Manuela Freigang Originalmusik Vasile Şirli Choreografie Florin Fieroiu Musikalische Einstudierung Robert Weinsheimer Dramaturgie Rüdiger Bering Regieassistenz Katalin Naszály Bühnenbildassistenz Anne Manss Kostüm­ assistenz Ines Koehler Regiehospitanz Aurélien Foster Dramaturgiehospitanz Katrin Beuting Licht Stefan Meik Ton Heiko Jooß, Kevin Berlauwt Bühnenmeister Gunther Elsasser Maske Thomas Müller Requisite Hermann Schulz Soufflage Markus Henkel Inspizienz Stephanie Simons Aufführungsrechte S. Fischer Verlag, Frankfurt/Main Premiere 20. September 2013 im Großen Haus Dauer 2,5 Stunden. Eine Pause. Theater Oberhausen Spielzeit 13 / 14, Nr. 1 Will-Quadflieg-Platz 1 46045 Oberhausen Telefon 0208/85 78 - 184 Telefax 0208/800 703 [email protected] Intendant Peter Carp Redaktion Rüdiger Bering Design Benning, Gluth & Partner, Oberhausen Probenfotos Thomas Aurin Druck Walter Perspektiven www.theater- oberhausen.de