Rabi’a al-Adawiyya 1. Die Frau - Islam - Poesie Frauen sowie das weibliche Element haben in der islamischen Kultur eine bedeutende Rolle gespielt: Fatima, die Tochter des Propheten Mohammed gilt als weibliche Vorbildgur aus der Familie des Propheten und wird von einigen Muslimen als Heilige vergöttlicht. Die Dynastie der Fatimiden (909-1171 in Nordafrika-Maghreb) leitet ihren Namen von ihr ab. Und die gnostischen Kreise der Schia glauben, dass Fatima am Ende der Zeit dafür sorgen wird, dass Gerechtigkeit einkehren wird (Shiiten - Ali). In der islamischen Mystik - also in einigen Suorden - gilt Fatima als 1. Qutb, d.h. als geistiges Oberhaupt der Sugemeinschaft. Als vorbildlich anerkannte Frau des frühen Islam gilt auch die Witwe Chadidscha Bint Chuweilid, die 1. Frau Mohammeds, die ein ansehnliches Vermögen hatte und Handel betrieb, indem sie Kamelkarawanen nach Syrien ausrüstete. Als 40jährige attraktive, arabische Witwe aristokratischer Herkunft bot sie Mohammed - damals 25 Jahre alt - die Ehe an. Sie hatten gemeinsam 6 Kinder, betrieben erfolgreich das Handelsunternehmen und Chadidscha unterstützte und beriet Mohammed in seinem Ringen um die Gründung des Islam. Und auch Aischa, Mohammeds jüngste und Lieblings-Frau, war eine Autorität für Mohammeds Sunna (Brauch, Traditionen), die neben dem Koran die wichtigste Quelle im Islam sind. Man schreibt Aischa 1200 Traditionen zu und somit stammen 2/3 des islamischen Glaubens von Aischa ab. Aischa war sehr gebildet, sie hatte eine ausgezeichnete Kenntnis der alt-arabischen Dichtung und der Genealogie. Sie war wortgewandt, eine Kritikerin - streitete sich viel auch mit dem Propheten - und zog sogar für ihre Ansichten als kriegerische Dichterin in den Kampf gegen Ali. Die Amazone wie auch die kriegerische Dichterin - wie aus dem iranischen Nationalepos der Schamehane auch bekannt - sind nicht nur als literarische Figuren in der islamischen Kultur verankert. Aischa und Fatima gelten beide als rhetorisch begabte Frauen, die Mohammed in einer kunstvollen Ansprache in Reimprosa würdigten, welche in der Tradition der altarabischen Trauerpoesie steht, um den verstorbenen männlichen Angehörigen zu preisen. Beide Frauen gelten bei den Sus als Heilige. 2. Die Frau und der Koran Die Gleichheit der Geschlechter und die Verehrung der Frau gehört somit zu den Grundprinzipien des Islam. Denn der Islam spricht der Frau nicht die Seele ab - im Gegensatz zu unseren christlichen Brüdern, die noch im 17. Jh an der protestantischen Universität zu Wittenberg darüber disputierten, ob “Weiber Menschen seien”. Deshalb gelten auch die religiösen Pichten im Islam gleichermaßen für Mann und Frau. Auch die koranische Darstellung des Sündenfalls unterscheidet sich deutlich von dem biblischen: im Koran war es nicht Eva, die Adam verführt wie in der Bibel, sondern Satan verleitete beide. In diesem Sinne spricht man von dem unverfälschten Islam Chadidschas, Fatimas und der kriegerischen Dichterinnen, einem Islam nämlich der die volle Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern vorsieht. 3. Die Frau und der Susmus Der große islamische Theosoph und Gelehrte Ibn’Arabi bezeichnet den Susmus - also den mystischen Weg der Liebe und der Erkenntnis - als die weibliche Seite des Islam. Die Liebe zu den Frauen geht auf Mohammeds Ausspruch (Hadith) zurück: “Mir ward die Liebe zu den Frauen und dem Parfum gegeben, und meinen Augentrost fand ich im Gebet.” Ibn’Arabis Liebesmystik kreist um diese berühmte Tradition; denn er glaubte das Göttliche durch das Medium weiblicher Schönheit und das Weibliche als wahre Offenbarung von Gottes Gnade und Schöpferkraft zu erkennen. So gehört für ihn “die Liebe zu den Frauen zu den Vollkommenheiten der Gnostiker; denn sie ist vom Propheten ererbt und ist göttliche Liebe. Für Ibn’Arabi erfüllt somit die Frau das Geheimnis des barmherzigen Gottes. Im Gegensatz zum orthodoxen Islam, wo nur Männer Prediger sind - und auch Heilige verboten sind - gibt es im Susmus seit Anbeginn Lehrerinnen (Murshidas) und Meisterinnen (Sheikhas). Die hohe Stellung, welche die Sufrauen innehalten, wird durch die Tatsache bezeugt, dass die Sus selbst einer Frau - nämlich Rabi’a al-Adawiyya - den ersten Platz unter den frühsten muslimischen Mystikern gaben und sie auserwählt haben als Repräsentantin der ersten Entfaltung der Mystik im Islam. 4. Rabi’a al-Adawiyya Rabi’a al-Adawiyya ist die erste wirkliche Su-Heilige, die man auch als zweite (makellose) Maria bezeichnet. Sie lebte im 8. Jh. in Basra (Irak). Deshalb nennt man sie auch Rabia von Basra. Rabia wurde als Tochter armer Eltern geboren, verwaiste jedoch früh und wurde in die Sklaverei verkauft. Ihr Halter ließ sie frei, als er eines Nachts einen hellen Lichtschein über ihrem Kopf bemerkte, der das ganze Haus erhellte - sie war tief ins Gebet versenkt -. Danach zog sie sich zuerst in die Abgeschiedenheit der Wüste zurück bis dann später nach Basra zurückkehrte. Rabia führte die wahre Gottesliebe in das damals von strenger Askese geprägte Leben der ersten Sus ein. Dies wird deutlich in der folgenden Geschichte: Man sah Rabia in den Straßen von Basra mit einem Eimer Wasser in der einen Hand und einer Fackel in der anderen Hand. Als sie gefragt wurde, was dies zu bedeuten habe, antwortete sie: “Ich will Wasser in die Hölle gießen und Feuer ans Paradies legen, damit diese beiden Schleier verschwinden und niemand mehr Gott aus Furcht vor der Hölle oder in Hoffnung aufs Paradies anbete, sondern nur noch um Seiner ewigen Schönheit willen.” Und in ihrem Gebet: Ein Gebet, das ihr zugeschrieben wird, lautete wie folgt: “O Herr, wenn ich Dich aus Angst vor der Hölle liebe, verbrenne mich dort, und wenn ich Dich in der Hoffnung auf das Paradies liebe, schließe mich dort aus, doch wenn ich Dich aus Liebe zu Dir selbst liebe, entziehe mir nicht Deine göttliche Schönheit.” Sowie auch im folgenden Ausspruch über den Teufel: Rabia wurde einmal gefragt: “Liebst Du Gott?” Sie antwortete: “Ja.” - “Hasst Du den Teufel?” Sie antwortete: “Nein. Meine Liebe zu Gott lässt mir keine Zeit, den Teufel zu hassen.” Entgegen vieler fromme Muslime ihrer Zeit vertrat Rabia die Meinung, dass die Beschäftigung mit Himmel und Hölle Zeitverschwendung sei, man sollte anstelle Gott selbst lieben. Alles was den Menschen von der Gottesliebe abhält war für sie ohne Bedeutung, selbst die Traditionen, denn sie pegte zu sagen: “Die verführerische Macht der Traditionen ist stärker als die Verführung durch Besitz und Kinder.” Trotz zahlreicher Heiratsanträge und der Picht eines jeden Muslim zu heiraten, entschied sich Rabia für das Zölibat. Ihre Liebe zu Gott war absolut und vollkommen, heißt es. In ihrem Leben verwirklichte sie die suschen Ideale der reinen Gottesliebe und der persönlichen Zwiesprache mit Gott. Sie predigte die desinteressierte Liebe, die zur Vereinigung mit der göttlichen Kraft (mit dem göttlichen Geliebten) führen würde, welches das höchste Ziel der Sus ist, die sich in ihrer Mehrzahl offen auf Rabias Lehre berufen und sie als eine ihrer hervorragendsten Autoritäten zitieren. Das Volk schrieb ihr Wunder zu wie z.B. mit wilden Tieren reden zu können, oder mit dem Gebetsteppich iegen zu können. Quellen: “Oh, mein Herr, du genügst mir” Margaret Smith Rabi’a al Adawiyya - Internet Suzentrum BS “Die Frau im Islam” Wiebke Walther “Schwestern unterm Halbmond” Naila Minai