Kapitel 1 - Institut für Risikomanagement und Versicherung

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1. Schadenprozesse und Schadenverteilungen
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INRIVER
Grundlagen der Versicherungsproduktion
Dr. Andrea Boos
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ersetzen kann. Die Folien bilden das Gerüst für die Vorlesung und werden in den
Veranstaltungen um wesentliche Inhalte und Beispiele ergänzt.
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1. Schadenprozesse und Schadenverteilungen
1.1. Stochastische Prozesse
Charakteristika der Dienstleistung Versicherung:


zeitraumbezogen (Zeit) und
stochastisch (Zufall)
Modellierung:


dynamische und
stochastische Beschreibungsmodelle
 Stochastische Prozesse
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Denn: stochastische Prozesse modellieren stochastische Zeitabläufe.
Beispiel: (endliche) Zeitreihe
x1 = x(t1), x2 = x(t2), ... , xn = x(tn),
wobei xi der Wert einer Zufallsgröße zum Zeitpunkt ti ist, also z.B.:
Schadenzahl einer versicherungstechnischen Einheit in gleichlangen Beobachtungsintervallen oder Gesamtschadensumme eines
Kollektivs zu bestimmten Zeitpunkten.
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Abb. 1.1.: Zeitreihe
N(ti)
t1
t2
t3
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t4
t5
t
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Zeitreihe (Abb. 1.1.) ist Beispiel für stochastischen Prozess
{N(ti) i} mit diskretem Zeitparameter t.
Beispiel für einen stochastischen Prozess {X(t) t  0} mit stetigem
Zeitparameter t: die Gesamtschadensumme eines Kollektivs im
Zeitintervall [0,t] (Abb. 1.2.).
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Abb. 1.2.: stochastischer Prozess
X(t)
t1
t2
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t3
t4
t
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Es sei N(t) die Anzahl der Schäden im Zeitintervall [0,t].
Dann geben die Realisationen des stochastischen Prozesses
{N(t)t  0} eine Antwort auf die Frage:
Wieviele Schäden sind im Zeitintervall [0,t] eingetreten?
Die Realisationen des Schadenzahlprozesses können in Form von
 Punktprozessen
bzw.
 Zählprozessen
abgebildet werden.
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Der Punktprozess bildet Eintrittszeitpunkte ti der zufälligen
Ereignisse (Schäden) ab, der zugehörige Zählprozess gibt an,
wieviele zufällige Ereignisse (Schäden) innerhalb eines bestimmten
Zeitintervalles eingetreten sind. Der Zählprozess ist also die
Summe der zufälligen Ereignisse eines Punktprozesses.
Abb. 1.3.: Punktprozess
n(ti)
1
t1
t2
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t3
t4
t
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Abb. 1.4.: Zählprozess
n(ti)
t1
t2
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t3
t4
t
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Charakteristika stochastischer Prozesse bzw. von Punkt- und
Zählprozessen sind die Eigenschaften der
 Zuwächse eines Zählprozesses
Für s < t ist N(t) – N(s) die Anzahl der Schäden im Zeitintervall
(s,t].
Insb.: N1 = N(1) – N(0), N2 = N(2) – N(1), ....
N1, N2, N3, ... modelliert die Schadenzahl eines
Versicherungsnehmers oder eines Kollektivs im Jahr 1, 2, 3, ....
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Sind für alle disjunkten Zeitintervalle (ti-1,ti], i = 1,..., n, die
Zuwächse N(ti) – N(ti-1) stochastisch unabhängig, d.h.
 Schadenzahl im Jahr ti-1 beeinflusst Schadenzahl im Jahr ti
nicht,
dann ist dies ein Prozess mit
 Unabhängigen Zuwächsen
Prozesse mit unabhängigen Zuwächsen lassen epidemische Effekte
(Wahrscheinlichkeitsansteckung) oder Lerneffekte (“aus Schaden
wird man klug”) nicht zu.
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Ist die Wahrscheinlichkeit von n Schäden in einem Zeitintervall nur
abhängig von der Länge des Intervalls, nicht aber von dessen Lage
auf der Zeitachse (“Stationarität in der Zeit”), d.h.,
 ist die Eintrittswahrscheinlichkeit von Schäden im Sommer
im Vergleich zum Winter gleich,
dann ist dies ein Prozess mit
 stationären Zuwächsen
 (homogenen Zuwächsen)
Gegenbeispiel: Wahrscheinlichkeit von Waldbränden oder die bei
winterlichen Straßenverhältnissen höhere Unfallwahrscheinlichkeit
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Die Zuwächse N(t + h) – N(s + h) haben für alle h  0 die gleiche
Verteilung wie N(t) – N(s) für alle s  t, d.h.
h
h
(
]
(
]
s
t
s+h
t+h
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Ist die Wahrscheinlichkeit, dass in einem kleinen Zeitintervall mehr
als ein Ereignis eintritt, klein im Vergleich zur Länge des
betrachteten Zeitintervalls, d.h. es gibt keine
 “Massenkarambolagen”, also mehrere Schadenereignisse
gleichzeitig,
dann ist dies ein
 Regulärer Prozess
Folge: Der zu einem regulären Prozess zugehörige Zählprozess ist
eine Treppenfunktion mit Sprunghöhe 1 (vgl. Abb. 1.3. und 1.4.).
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Sind in einem Zeitpunkt mehrere Ereignisse möglich, ist die Höhe
der Treppenstufe im Zählprozess also nicht mehr notwendigerweise
gleich 1, erhält man Modelle für die Schadensumme bzw. den
Gesamtschaden in einem Kollektiv innerhalb bestimmter Zeitintervalle oder für das Phänomen der Massenkarambolage, das durch
das zeitgleiche Eintreten mehrerer zufälliger Ereignisse (Schäden)
charakterisiert ist. Modellierung:
 Verallgemeinerter Punktprozess
 Verallgemeinerter Zählprozess
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Abb. 1.5.: Verallgemeinerter Punktprozess
n(ti)
t1
t2
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t3
t4
t
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Abb. 1.6.: Verallgemeinerter Zählprozess
n(ti)
t1
t2
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t3
t4
t
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1.2. Homogener Poisson-Prozess und gemsichter PoissonProzess
Ein Zählprozess {N(t) t  0} heißt
 homogener Poisson-Prozess,
wenn
1.
2.
3.
4.
5.
N(0) = 0
N(t) besitzt unabhängige Zuwächse,
N(t) besitzt stationäre Zuwächse,
N(t) ist ein regulärer Prozess,
für alle t > 0 gilt: 0 < P(N(t) > 0) < 1.
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Aus diesen Axiomen kann gefolgert werden, dass es eine Konstante
 > 0 gibt, mit
e  t (t ) n
P( N( t )  n ) 
n!
Die Anzahl der Schäden im Intervall [0,t] folgt somit einer PoissonVerteilung:
E(N(t)) = Var(N(t)) = t
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Zu den Bedingungen 1. bis 5.:
1. Normierung
2. unabhängige Zuwächse, also keine Kettenreaktionen,
3. stationäre Zuwächse, also Ausschluss saisonaler Effekte,
4. regulärer Prozess, also Ausschluss multipler Ereignisse,
5. im Intervall [0,t] kann ein Schaden eintreten, muss aber nicht.
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Gemischter Poisson-Prozess
Erweiterung des homogenen Poisson-Prozesses:
 Heterogenitätsmodell
oder
 Modell der schwankenden Grundwahrscheinlichkeiten
 homogene Kollektive
sind durch für alle Risiken (versicherungstechnische Einheiten)
identische Zufallsgesetzmäßigkeiten charakterisiert.
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Jeder VN eines homogenen Kollektivs besitzt den gleichen Schadenerwartungswert, die gleiche Schadenvarianz usw..
Rechtfertigung homogener Kollektive:
Die Kollektive werden auf der Basis
 objektiver,
 messbarer Kriterien,
 die ex ante bekannt sind
 also auf der Basis: objektiver Risikofaktoren bzw.
Tarifvariablen, gebildet.
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 Subjektive Risikofaktoren, also solche Kriterien, die
 i.d.R. ex ante unbekannt sind,
 die meist nicht messbar sind,
 da an eine Person gebunden sind,
bleiben bei dieser Form der Risikoklassifikation unberücksichtigt.
Konsequenz: Die Kollektive sind nicht so homogen, wie unterstellt.
Das Kollektiv ist relativ homogen bzgl. der objektiven Risikofaktoren.
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Die individuellen Zufallsgesetzmäßigkeiten, der individuelle Schadenerwartungswert, die individuelle Schadenvarianz usw. sind nicht
für alle Risiken des Kollektivs gleich, vielmehr rufen die unberücksichtigten Risikofaktoren eine beträchtliche Heterogenität in dem Kollektiv hervor.
In einem homogenen Kollektiv ist die durchschnittliche Schadenzahl für alle Risiken des Kollektivs identisch. Liegt als Schadenzahlmodell der homogene Poisson-Prozess zugrunde, gilt für alle
Risiken des homogenen Kollektivs pro Periode:
E(N) = Var(N) = .
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Um die durch subjektive Risikofaktoren hervorgerufene
Heterogenität abzubilden, wird die durchschnittliche Schadenzahl 
als Zufallsvariable mit Verteilungsfunktion U aufgefasst.
Die Verteilungsfunktion U heißt:
 Strukturfunktion
oder
 mischende Verteilung
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1. Risiken eines homogenen Kollektivs sind identisch bzgl. der
objektiven Risikofaktoren. Die vorhandene relative Homogenität wird durch eine für alle Risiken des Kollektivs identische
Strukturfunktion modelliert.
2. Die durch subjektive Risikofaktoren hervorgerufene Heterogenität wird durch die für jedes Risiko unterschiedliche ex-post
Ausprägung (Realisation)  der Zufallsvariablen 
modelliert.  spiegelt die individuelle Schadenneigung wieder.
U(): Wählt man aus einem Kollektiv zufällig ein Risiko aus, dann
ist die Wahrscheinlichkeit, dass die individuelle Schadenneigung
dieses Risikos kleiner oder gleich einem 0 ist, gerade gleich U(0) .
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Für die Schadenzahlverteilung eines solchen Risikos gilt:

P( N( t )  n ) 

t n e  t dU()
n!
0
Falls U eine Dichte u besitzt:

P( N( t )  n ) 

t n e t u ()d
n!
0
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Ist die Strukturfunktion eine Gammaverteilung mit Dichte
u()  1 ckeck 1
(k)
Dann gilt:
p n (t) 
 t

0
e
(t ) n 1

 c k e c k 1d 
n!
( k )
 k  n  1 c   t 


 

c

t
t

c
n
 



k
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n
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1. Schadenprozesse und Schadenverteilungen
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Dies ist eine negative Binomialverteilung, mit
kt
E( N( t )) 
c
kt  t 
Var ( N( t ))  1  
c  c
Ein mit einer Gammaverteilung gemischter Poisson-Prozess heißt:
 Pólya-Prozess
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1. Schadenprozesse und Schadenverteilungen
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1.3. Schadensummenverteilungen
 Exponentialverteilung
nur ein Parameter, wenig flexibel, theoretisches Interesse
(n-fache Faltung ist berechenbar, vgl. Kap. 1.3. Modelle des
Gesamtschadens)
 0
f ( x )    x
e
1
E(X) 

, x0
, x0
Var (X) 
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 0
F( x )  
 x
1

e

,x0
,x0
1
2
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1. Schadenprozesse und Schadenverteilungen
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INRIVER
Exponentialverteilung für  = 2

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1. Schadenprozesse und Schadenverteilungen
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 Logarithmische Normalverteilung
Zufallsgröße X ist lognormalverteilt mit Parametern µ und σ2,
wenn die Zufallsvariable Y mit Y = logX normalverteilt mit
Parametern µ und σ2 ist.
E(X) 
1
 2
e 2
Var (X)  e
E(Y)  
2   2   2
e

 1

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Var (Y)   2
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1. Schadenprozesse und Schadenverteilungen
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Logarithmische Normalverteilung für verschiedene Parameter

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 Gammaverteilung
hohe Flexibilität, 2 Parameter (a,b), für a = 1: Exponentialverteilung, häufige Anwendung z.B. als Strukturfunktion beim gemischten Poisson-Prozess (vgl. VT II, Kap. 1.1.5. und 1.2.2.)
b a a 1  bx
f (x) 
x e
,
 (a )
E(X) 
a
b
x0
a
und Var (X)  2
b
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Gammaverteilung für b = 1 und verschiedene a
a=1
a=2
a=5
a = 0,5

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 Pareto-Verteilung
logarithmische Form der Exponentialverteilung

f (x)   
x

E(X) 
 1
 1

F( x )  1   
x

( x  )
 2   
Var (X) 


  2   1
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2
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Pareto-Verteilung für β = x0= 1000 und α = 3
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 Betaverteilung
Definitionsbereich: ]a,b[ mit Parametern p,q (p,q > 0). Sehr
flexibel; Modell für Schadensatzverteilung, falls a = 0 und b =
1. Für a und b beliebig, ideal als Modell für den
Gesamtschaden.
1 x  a p 1 b  x q 1
f (x) 
B(p, q)
b  a pq 1
E(X)  a  b  a 
p
pq
a  x  b; p, q, a , b  0
Var (X)  b  a 2
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pq
p  q 2 p  q  1
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1. Schadenprozesse und Schadenverteilungen
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Betaverteilung für verschiedene Verteilungsparameter
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VP Kapitel 1. Seite 39
1. Schadenprozesse und Schadenverteilungen
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 Normalverteilung:
„Gaußsche Glockenkurve“. Normalverteilung hat zentrale
Bedeutung als Schadensummen- und Gesamtschadenverteilung. (Zentraler Grenzwertsatz).
Definitionsbereich: ]-,+ [ bzw. [0, + [.
2 Parameter:  = E(S) und 2 = Var(S).
 Standardnormalverteilung:  = 0 und  = 1.
Transformation u = (x-)/ führt jede Normalverteilung in die
Standardnormalverteilung über.
f (x) 

1
2
2
e
x  2
2 2
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VP Kapitel 1. Seite 40
1. Schadenprozesse und Schadenverteilungen
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Standardnormalverteilung Φ(0,1)
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VP Kapitel 1. Seite 41
1. Schadenprozesse und Schadenverteilungen
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1.4. Gesamtschadenprozesse
Möglichkeiten der Modellierung des Gesamtschadens bzw. der
Gesamtentschädigung eines Versicherungsnehmers bzw. eines
Kollektivs.
1. Diskrete Modellierung:
S1, S2, S3, ..., Sn Gesamtschaden im Jahr 1, 2, 3, ..., n.
Kritik: großer Informationsverlust bezüglich der Zusammensetzung des Gesamtschadens aus Schadenzahl und Einzelschadenhöhe. Darüber hinaus werden Schwankungen innerhalb einzelner Perioden nicht erfasst.
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VP Kapitel 1. Seite 42
1. Schadenprozesse und Schadenverteilungen
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2. Zeitstetige Modellierung:
S(t) Gesamtschaden im Zeitintervall [0,t]
Zusammenhang zwischen diskreter und zeitstetiger Modellierung: Betrachte Zuwächse: S(t) – S(t-1) = Gesamtschaden in der
Periode t, d.h. aus zeitstetiger Modellierung folgt die diskrete
Modellierung des Gesamtschadens.
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VP Kapitel 1. Seite 43
1. Schadenprozesse und Schadenverteilungen
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3. zeitstetige Modellierung unter Berücksichtigung der Komponenten des Gesamtschadens, der Schadenzahl und der
Schadensumme
Es sei:
N(t) Schadenzahlprozess
Xi Höhe des i-ten Schadens. Dann ist der Gesamtschaden S(t) die
Summe der Einzelschäden Xi:
N(t)
S(t)   X
i
i 0
Problem: doppelt stochastische Summe
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VP Kapitel 1. Seite 44
1. Schadenprozesse und Schadenverteilungen
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Beachte: Schadenhöhe ist zeitunabhängig, d.h. z.B. inflations- oder
trendbereinigt.
Realisationen eines Gesamtschadenprozesses S(t) darstellbar als
verallgemeinerte Punkt- und Zählprozesse.
Stochastische Gesetzmäßigkeit von S(t)?
Annahmen:
1. Schadenhöhe zeitunabhängig
2. Einzelschadenhöhen Xi sind i.i.d. (identically, independent
distributed), X ~ F
3. Schadenzahl N und Schadenhöhe X sind stochastisch unabhängig
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VP Kapitel 1. Seite 45
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P(S(t)  1000) = ?
Das Ereignis, dass die Gesamtschadensumme im Zeitintervall [0,t]
kleiner gleich 1000.-- ist, kann auf verschiedene Weise eintreten:
1. im Zeitintervall [0,t] kein Schaden
oder
2. im Zeitintervall [0,t] ein Schaden und die Schadenhöhe dieses
Schadens ist kleiner gleich 1000
(x1  1000)
oder
3. im Zeitintervall [0,t] zwei Schäden und die Schadenhöhe dieser
beiden Schäden ist kleiner gleich 1000
(x1 + x2  1000)
oder
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VP Kapitel 1. Seite 46
1. Schadenprozesse und Schadenverteilungen
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4. im Zeitintervall [0,t] drei Schäden und die Schadenhöhe dieser
drei Schäden ist kleiner gleich 1000
(x1 + x2 + x3  1000)
oder
5. usw.
P(S(t)  x) = P(N(t) = 0) + P(N(t) = 1)P(X1  1000) +
P(N(t) = 2)P(X1 + X2  1000) +
P(N(t) = 3)P(X1 + X2 + X3  1000) + ...
„“ entspricht „und“ (stochastische Unabhängigkeit)
„+“ entspricht „oder“
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VP Kapitel 1. Seite 47
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 n

P(S(t)  x)   P(N(t)  n)  P  Xi  x 
 i 0

n 0

 n

P
Xi  x  ist die bedingte Wahrscheinlichkeit , dass die


i

0


Gesamtschadensumme  x ist, wenn die Anzahl der eingetretenen
Schäden gleich n ist. Diese Wahrscheinlichkeit wird über die
 n-fache Faltung F*n(x) berechnet

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VP Kapitel 1. Seite 48
1. Schadenprozesse und Schadenverteilungen
P(S(t)  x) 

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
n
P
(
N
(
t
)

n
)

F
*
(x )

n 0
F*n(x) = F  F  F  F F (n-mal)
F  G   G(z  x)dF(x)  F(z  y)dG(y)
z
z
0
0
f  g   g(z  x)f (x)dx   f (z  y)g(y)dy
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VP Kapitel 1. Seite 49
1. Schadenprozesse und Schadenverteilungen
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Beispiel: Berechnung der 2-fachen Faltung der Exponentialverteilung
Dichte der Exponentialverteilung: f(x) = ae-ax
z
 a (z  x )
f  f   ae
ax
 ae
z
2 az
dx   a e
0

2 az
dx  a e
x

z
0
 a 2eaz  z
0
Die n-fache Faltung einer Verteilung ist nur in selten Fällen - wie
z.B. bei der Exponentialverteilung - in einer geschlossenen Form,
hier eine Gammaverteilung, darstellbar.
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 Verallgemeinerter Poisson-Prozess
Gesamtschadenprozess, bei dem der Schadenzahlprozess ein Poisson-Prozess ist.
P(S(t)  x) 

n
P
(
N
(
t
)

n
)

F
*
(x )

n 0
mit
et (t)n
P(N(t)  n) 
n!
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VP Kapitel 1. Seite 51
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Gemischter verallgemeinerter Poisson-Prozess
Gesamtschadenprozess, bei dem der Schadenzahlprozess ein gemischter Poisson-Prozess ist.
P(S(t)  x) 

n
P
(
N
(
t
)

n
)

F
*
(x )

n 0
 e  t t n
P( N( t )  n )  
dU()
n!
0
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INRIVER
Kontrollfragen zu
“Schadenprozesse und Schadenverteilungen ”
1.
Gegeben sei der folgende Punktprozess. Leiten Sie den assoziierten Zählprozess ab.
Abb.1: Punktprozess
f(ti)
t1
t2
t3
t4
t5
t
2.
Erläutern Sie an mindestens zwei Beispielen, welche zufälligen Ereignisse durch den Punktprozess der Abbildung 1 modelliert werden
können.
3.
Beschreiben Sie die Eigenschaften des homogenen Poisson-Prozesses.
4.
Erläutern Sie anhand von drei Beispielen, inwieweit der homogene Poisson-Prozess ein idealtypisches Abbild der Realität ist.
5.
Beschreiben Sie das Konzept des gemischten Poisson-Prozesses.
6.
Beschreiben Sie den Pólya-Prozess.
7.
Was wird mit der Strukturfunktion modelliert?
8.
Beschreiben Sie drei allgemeine Formen zur Modellierung des Gesamtschadens. Erläutern Sie die Vor- und Nachteile dieser Modelle.
9.
Erklären Sie charakteristische Eigenschaften der Exponentialverteilung, der Pareto-Verteilung und der Gammaverteilung.
10.
Beschreiben Sie die Komponenten des Gesamtschadenprozesses.
INRIVER Institut für Risikomanagement und Versicherung der LMU München
VP Kapitel 1. Seite 53
1. Schadenprozesse und Schadenverteilungen
11.
Beschreiben Sie den verallgemeinerten Poisson-Prozess.
12.
Beschreiben Sie den gemischten verallgemeinerten Poisson-Prozess.
INRIVER Institut für Risikomanagement und Versicherung der LMU München

INRIVER
VP Kapitel 1. Seite 54
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