_ Direktionen der allgemein bildenden Pflichtschulen, der allgemein

Werbung
Sonnensteinstraße 20
4040 Linz
Direktionen
der allgemein bildenden Pflichtschulen,
der allgemein bildenden höheren Schulen,
der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen,
der Anstalten der Lehrer- und Erzieherbildung sowie
der Berufsschulen
in O B E R Ö S T E R R E I C H
Bearbeiter:
Hr. Maximilian Haider
Hr. Mag. Alexander Mayrhofer
Tel: 0732 / 7071-2271 od. 2261
Fax: 0732 / 7071-2250
E-Mail: [email protected]
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A3-92/3-15
vom
23.7.2015
Kommerzielle Werbung an Schulen
Verbot aggressiver Geschäftspraktiken
Sehr geehrte Damen und Herren
Das Bundesministerium für Bildung und Frauen hat mit Rundschreiben 10/2015 vom 12.6.2015,
GZ 10.010/27-III/11/2015, Folgendes mitgeteilt:
„Kommerzielle Werbung an Schulen
1. Schulgesetzlicher Rahmen
§ 46 Abs 3 Schulunterrichtsgesetz (SchUG) gestattet seit 1996 in Schulen, bei Schulveranstaltungen
und bei schulbezogenen Veranstaltungen das Werben für schulfremde Zwecke. Werbung für schulfremde Zwecke hat schon begrifflich nichts mit den Anliegen von Schulen zu tun. Die in diesem Zusammenhang nur folgerichtige Einschränkung des Gesetzes ordnet daher an, dass schulfremde Werbeaktivitäten die Aufgaben der Schule nicht beeinträchtigen dürfen. Dabei wird auf die vergleichsweise
abstrakt formulierte Zielbestimmung des § 2 Schulorganisationsgesetz (SchOG) verwiesen, die seit
2005 vor dem Hintergrund von Art. 14 Abs 5a B-VG gelesen werden muss.
Ob an Schulen für schulfremde Zwecke geworben wird, entscheiden die Schulleitungen. Das ergibt sich
indirekt aus § 56 Abs 1 SchUG. Gemäß Abs 4 des Gesetzes haben die Schulleitungen dabei ‚für die Einhaltung aller Rechtsvorschriften‘ zu sorgen. Diese Verpflichtung bezieht sich nicht bloß auf das Schulrecht, sondern auf sämtliche rechtliche Regelungen, die in Verbindung mit Werbung Relevanz für Schulen haben. Weil es sich bei der Entscheidung, ob Werbeaktivitäten an Schulen zugelassen werden sollen
oder nicht, um eine wichtige Frage des Unterrichts sowie der Erziehung handelt, steht dem Schulforum
bzw. dem Schulgemeinschaftsausschuss ein Beratungsrecht zu (§ 63a Abs 2 Z. 2 lit. a und b bzw. § 64
Abs 2 Z. 2 lit. a und b SchUG). Die Entscheidung selbst wird aber immer den Schulleitungen zugerechnet.
Von der Entscheidung, Werbung für schulfremde Zwecke an Schulen zuzulassen, ist die Befugnis zum
Abschluss von Verträgen zu trennen. Bei öffentlichen Schulen steht sie ausschließlich dem jeweiligen
gesetzlichen Schulerhalter zu, der im Bereich der mittleren und höheren Schulen, für die der Bund
Schulerhalter ist, von den Landesschulräten vertreten wird. Gesetzlicher Schulerhalter der allgemeinbildenden Pflichtschulen sind die Gemeinden. Bei den Berufsschulen liegt die Schulerhalterschaft bei den
Ländern. Ohne Ermächtigung des gesetzlichen Schulerhalters können Schulleitungen keine Werbeverträge schließen. Die Ermächtigung kann sich auf einen konkreten Vertragsabschluss beziehen, aber
auch allgemeiner Natur sein und einen Rahmen vorgeben, innerhalb dessen Schulleitungen Verträge
eingehen können.
DVR.0064351
http://www.lsr-ooe.gv.at
Parteienverkehr Montag bis Freitag 08.00 - 12.30 Uhr
2. Beeinträchtigung der Schule durch Werbeaktivitäten für schulfremde Zwecke
Die einzige und damit entscheidende Bedingung für das Zulassen von schulfremder Werbung in Schulen
besteht darin, dass die gesetzlichen Aufgaben der Schule nicht beeinträchtigt werden dürfen. Beeinträchtigung bedeutet jede Art und jeden Grad von Störung. Störungen sind nicht bloß Erschwerungen
im Unterrichtsablauf. Auch die durch Werbeaktivitäten verursachte verzerrte öffentliche Wahrnehmung
einer Schule als Werbeplattform ist eine Beeinträchtigung im Sinn von § 46 Abs 3 SchUG (siehe zu dieser Frage auch Punkt 2.3). Schulen sind nicht erst dann in der Erfüllung ihrer Aufgaben beeinträchtigt,
wenn die Unterrichtsarbeit und dabei vor allem die Lehrstoffvermittlung (§ 17 SchUG) unmöglich werden.
2.1 Grundsätzliches
Die zentrale Aufgabe der Schule ist der bestmögliche Unterricht. Die pädagogische Qualität des Unterrichts, nicht das Erschließen von Werbegeldern, steht im Vordergrund aller schulischer Bemühungen.
Werbung für schulfremde Zwecke darf folglich nie auf Kosten der pädagogischen Glaubwürdigkeit gehen
und dabei in Widerspruch zu den Zielsetzungen der Schule geraten, zu denen in diesem Zusammenhang auch das Unterrichtsprinzip ‚Wirtschaftserziehung und Verbraucher/innenbildung‘ gehört. Der Umstand, dass Schülerinnen und Schüler im Alltag ständig mit Werbebotschaften konfrontiert sind, relativiert das Beachten dieser Verpflichtung nicht. Er kann nicht als Rechtfertigung dafür dienen, Werbung
an Schulen unkritisch zur Kenntnis zu nehmen.
2.2 Missachtung von Rechtsvorschriften
Rechtsverletzungen beeinträchtigen immer die gesetzliche Aufgabenerfüllung der Schule. Diese Feststellung beschränkt sich nicht bloß auf Verstöße gegen das Schulrecht. Die Verpflichtung von Schulen,
das Recht zu wahren, umfasst, wie eingangs betont, jede Norm, die in einem konkreten Fall in Bezug
zu schulischem Handeln steht; gleichgültig, aus welchem Rechtsbereich sie stammt. § 56 Abs 4, erster
Satz SchUG, lässt daran nicht den geringsten Zweifel.
2.2.1 Das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
Zu den zentralen, nicht zum Schulrecht zählenden Bestimmungen in Verbindung mit schulfremder Werbung in Schulen gehört § 1a Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Die Bestimmung
untersagt aggressive Geschäftspraktiken. Darunter versteht das UWG Handlungen, die geeignet sind
‚die Entscheidungs- oder Verhaltensfreiheit des Marktteilnehmers in Bezug auf das Produkt durch Belästigung, Nötigung, oder durch unzulässige Beeinflussung wesentlich zu beeinträchtigen und ihn dazu
veranlassen, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Marktteilnehmer sind im Fall der Schulen die Erziehungsberechtigten sowie die Schülerinnen und Schüler.
Anhang 1 des Gesetzes benennt als aggressiv einzustufende Geschäftspraktiken. Kinder direkt aufzufordern, beworbene Produkte käuflich zu erwerben oder die Erziehungsberechtigten bzw. andere Erwachsene zu überreden, ihnen diese Produkte zu kaufen, wird in der Liste explizit als eine mögliche
aggressive Geschäftspraktik ausgewiesen (Ziffer 28). Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs werden unter Kinder im Sinn des UWG jedenfalls Minderjährige unter 14 Jahren verstanden. Der
Begriff kann also in Einzelfällen bis zur Volljährigkeit reichen.
2.2.1.1 Mangelnde Durchschaubarkeit von Werbung – Belästigung der Erziehungsberechtigten
Das UWG untersagt an Kinder und Jugendliche gerichtete Werbung nicht generell. Sie gilt aber als aggressive Geschäftspraktik, wenn sie von Personen der jeweiligen Altersstufe nicht als Werbung durchschaut werden kann. Werbung muss für Schülerinnen und Schüler jeder Altersstufe sofort und unmittelbar als solche erkennbar sein. So hat das Oberlandesgericht Wien das Verteilen eines Mitteilungsheftes mit Werbung an Volksschulkinder durch Lehrkräfte als aggressive Geschäftspraktik eingestuft,
weil Kinder dieses Alters das Mitteilungsheft als Schulutensil und nicht als Werbemaßnahme wahrnehmen. Bedrängen sie ihre Erziehungsberechtigten, ihnen die beworbenen Produkte zu kaufen, ist das
eine Belästigung im Sinn von § 1a UWG, weil die Konsumwünsche der Kinder mit rechtswidrigen Werbeaktivitäten geweckt wurden. In solchen Fällen ist es Erziehungsberechtigten nicht zuzumuten, das
Verlangen von Kindern ständig korrigieren zu müssen. Unternehmen, die darauf setzen, Erziehungsberechtigte werden, um innerfamiliären Konflikten aus dem Weg zu gehen, den Wünschen keinen Widerstand entgegensetzen, verletzen die für die Erziehung Verantwortlichen in ihrem Recht auf Erziehung
und erschweren es ihnen, ihrer gesetzlichen Pflicht nachzukommen (§ 160 ABGB). Schulen dürfen ein
solches, eine aggressive Geschäftspraktik darstellendes Verhalten weder zulassen noch auf irgendeine
Weise fördern. Sie verstoßen damit nicht bloß gegen § 46 Abs 3 SchUG, sie setzen sich darüber hinaus
auch über ihre Mitwirkungspflicht an der Erziehung nach § 47 Abs 1 SchUG hinweg. Die Regelung verlangt von der Schule die Erziehungsberechtigten bei ihrer Erziehungsarbeit zu unterstützen. Die Schule
darf den Erziehungsberechtigten das Erfüllen von gesetzlich übertragenen Verpflichtungen (§ 160
ABGB) weder erschweren noch verunmöglichen. Schulen sind auch für das Handeln Dritter mit verantwortlich, wenn es in ihrem Einflussbereich geschieht.
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Ein weiterer Fall von aggressiver Geschäftspraktik stellte das Verteilen von Geschenkboxen eines Geldinstitutes durch Schulleitungen im Zuge von Schuleinschreibungen dar. In den Boxen befand sich u. a.
ein Büchlein in der Aufmachung eines bekannten Kinderformats, das die Geschichte einer Schulanfängerin erzählt. Aus Anlass des Schulbeginns erhält das Mädchen von seinen Eltern Taschengeld, das
direkt auf ein zu diesem Zweck eröffnetes Jugendkonto eingezahlt wird. Mittels eines Handys, ein in
diesem Zusammenhang ebenfalls beworbenes Produkt, holt das Mädchen von seiner Mutter die Erlaubnis ein, von seinem Konto Geld beheben zu dürfen, um einem bedürftigen Mitschüler eine Jause kaufen
zu können. Werden Werbegeschenke mit Botschaften dieser Art von Schulen an künftige Schülerinnen
und Schüler verteilt, müssen diese darin eine Empfehlung der Schule für Jugendkonten und den sozial
offenkundig nützlichen Handys sehen. Das Geldinstitut spekuliert damit, dass Kinder versuchen werden,
ihre Erziehungsberechtigten entsprechend unter Druck zu setzen. Der Hinweis auf die mit einem Jugendkonto und einem Handy vollbringbaren ‚guten Taten‘ dient ganz augenscheinlich diesem Zweck.
Die Voraussetzungen für das Einstufen der Werbeaktion als aggressive Geschäftspraktik liegen vor. Die
Beteiligung schulischer Organe unterläuft das Erziehungsrecht und die Erziehungspflicht der Eltern (siehe zu dieser Frage auch 2.2.1.2).
Bei der Frage, ob ein an Schülerinnen oder Schüler für Schulzwecke verteiltes Heft, Buch oder eine
sonstige Unterlage eine aggressive Geschäftspraktik darstellt, kommt es nicht auf den Umfang der darin enthaltenen Werbung an. Auch das wurde vom Gericht aus Anlass des Mitteilungsheftfalls ausdrücklich klargestellt. Einziges Kriterium ist die für die betreffende Altersgruppe problemlose Erkennbarkeit
als Werbung. Bereits eine Werbeeinschaltung kann ausreichen, um ein Vorgehen als aggressiv im wettbewerbsrechtlichen Sinn und damit auch als schulrechtlich verboten einzustufen.
2.2.1.2 Aktives Beteiligen von Schulen an schulfremder Werbung – unzulässige Beeinflussung – Ausnutzen eines Autoritätsverhältnisses
Das in Rede stehende Mitteilungsheft wurde von den Schulleitungen bzw. von Lehrkräften an die Schülerinnen und Schüler verteilt, die Geschenkbox im Zuge der Schuleinschreibung von Schulleitungen
ausgegeben. Im Fall des Mitteilungsheftes mussten sich die Schulen, die die kostenlosen Hefte angefordert hatten, zur Verteilung sogar ausdrücklich gegenüber der auf Werbung in Schulen spezialisierten
Vermarktungsagentur verpflichten. All das verleiht der ohnehin schon bestehenden rechtlichen Unhaltbarkeit solcher Werbeaktionen zusätzliche Brisanz.
Gemäß § 1a UWG gilt neben dem Beeinträchtigen von Kaufentscheidungen durch Nötigung oder Belästigung auch die unzulässige Beeinflussung als aggressive Geschäftspraktik. Von einer unzulässigen
Beeinflussung ist jedenfalls auszugehen, wenn der Schule zurechenbare Personen das Verteilen von
Werbematerial übernehmen oder sich daran beteiligen. Durch das Einbinden von Schulpersonal in Werbemaßnahmen Dritter wird Schülerinnen und Schülern vorgespiegelt, die Schule habe die beworbenen
Produkte oder Dienstleistungen geprüft und für gut befunden. Es wird ein Qualitätssiegel ausgestellt,
das tatsächlich aber nicht besteht. Schülerinnen und Schüler können sich, wie im Fall des Mitteilungsheftes, verpflichtet fühlen, für Schulzwecke gedachte Werbegeschenke deswegen zu benutzen, weil sie
meinen, der Schule würde dadurch ein finanzieller Vorteil erwachsen, dem sie nicht im Weg stehen
möchten. Unter diesen Umständen ist das Mitmachen von Schulpersonal bei schulfremder Werbung als
Ausnützen eines Autoritätsverhältnisses anzusehen. Die Schule wirkt aktiv an der unzulässigen Beeinflussung der Entscheidungs- und Verhaltensfreiheit (§ 1a UWG) von Schülerinnen und Schülern bzw.
der Erziehungsberechtigten mit. Sie duldet und unterstützt in ihrem Verantwortungsbereich eine nach
dem UWG untersagte aggressive Geschäftspraktik. Sie lässt zu, dass ihre Autorität zum wirtschaftlichen
Vorteil eines Dritten instrumentalisiert wird. Das ist aus schulrechtlicher Sicht nicht tragbar.
Die Teilnahme von Lehrkräften an Werbeaktivitäten gehört niemals zu den lehramtlichen Pflichten im
Sinn der einschlägigen schul- und dienstrechtlichen Bestimmungen (§ 51 SchUG; § 211 BDG 1979;
§ 31 Abs 1 LDG 1984). Schulen haben darauf zu achten, dass das berechtigte Vertrauen der Öffentlichkeit in die unparteiliche sowie gesetzeskonforme Wahrnehmung ihrer Aufgaben nicht in Zweifel gezogen
werden kann. Schon aus diesem Grund verbietet sich das Beteiligen von Schulpersonal an schulfremder
Werbung.
2.2.1.3 Werbung während des Unterrichts
Während des Unterrichts Produkte oder Dienstleistungen zu bewerben oder bewerben zu lassen, stellt
ohne jede Frage einen massiver Verstoß gegen § 46 Abs 3 SchUG und, damit in Zusammenhang stehend, gegen § 1a UWG dar. Zwar ist das Einbeziehen außerschulischer Experten im Rahmen der in § 17
Abs 1 SchUG geregelten pädagogischen Eigenverantwortlichkeit von Lehrerinnen und Lehrern zulässig,
doch gilt das ausschließlich in Verbindung mit dem Erarbeiten und Festigen des Lehrstoffs. Niemals darf
der Unterricht als Vorwand zum Präsentieren oder verdeckten Anpreisen von Produkten oder Dienstleistungen dienen. Auch das Verteilen von Werbegeschenken, etwa, wie jüngst geschehen, von Markenrucksäcken durch ein Geldinstitut, ist in keinem Fall zulässig. Dabei ist unerheblich, wieviel Unterrichtszeit für das Vorstellen von Produkten oder Dienstleistungen oder für das Verteilen von WerbegeSeite 3 von 7
schenken verwendet wird. Der bloße Umstand, dass im Unterricht für Schulfremdes geworben wird,
reicht aus.
Wegen der Teilnahmepflicht am Unterricht besteht für Schülerinnen und Schüler keine Möglichkeit einer
Werbung während des Unterrichts auszuweichen. Neben den in § 1a UWG genannten Tatbeständen der
Belästigung und der unzulässigen Beeinflussung wird damit auch der Tatbestand der Nötigung erfüllt.
Darüber hinaus ist der Missbrauch von Unterricht für Werbezwecke, auch wenn er aus bloßer Unbedarftheit geschieht, als gravierender Verstoß gegen das Indoktrinationsverbot (Art. 2 Erstes Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention) zu werten. Damit ist das Grundrecht auf Bildung verletzt. Das Erteilen eines indoktrinationsfreien Unterrichts aber ist die Kardinalpflicht der Schule
schlechthin.
2.2.1.4 Scheinbar verlockende Geschäfte – Anwerbung künftiger zahlender Kunden
Aus dem Schulverhältnis, das § 2 SchUG als Zusammenwirken zwischen Lehrkräften, Schülerinnen und
Schülern sowie Erziehungsberechtigten definiert, leiten sich für die Schule Schutzpflichten ab. Diese
Schutzpflichten betreffen jede Form schulischen Handelns, womit sie auch für schulfremde Werbung
gelten. So darf an Schulen keine Werbung stattfinden, die zur unüberlegten Preisgabe gesetzlich eingeräumter Rechtspositionen verleitet. In diesem Zusammenhang wurden Schülerinnen und Schüler von
einem Geldinstitut aufgefordert, die örtliche Zweigstelle aufzusuchen, um sich dort einen Markenrucksack abzuholen. Sie bräuchten dafür nichts weiter zu tun, als ihre Daten zur Eröffnung eines kostenlosen Jugendkontos bekannt zu geben. Mit dieser Art von Werbung wird den Betreffenden ein scheinbar
günstiges Geschäft vorgetäuscht. Für das Bekanntgeben einiger weniger, prima vista als belanglos eingestufter Informationen zu seiner Person, erhält man einen Markenartikel als Geschenk und eröffnet als
Zugabe ein gebührenfreies Konto, verbunden mit Ermäßigungen bei diversen Veranstaltungen. Dulden
Schulleitungen in den Schulen solche oder ähnliche Formen von Werbung, lassen sie nicht nur zu, von
den geschäftlichen Interessen Dritter einspannt zu werden, sie beteiligen sich noch zusätzlich am Unterminieren der datenschutzrechtlichen Stellung ihrer Schülerinnen und Schüler. Sie untergraben damit
ein Bewusstsein, zu dessen Festigung sie auch in Verbindung mit dem Unterrichtsprinzip ‚Wirtschaftserziehung und VerbraucherInnenbildung‘ beitragen sollten. Nämlich: Informationen zu seiner Person nicht
vorschnell, eines kurzfristigen Vorteils willen preiszugeben; Lockangebote kritisch zu prüfen. Der eigene
Unterricht wird konterkariert.
Abgesehen davon ist es nicht Aufgabe der Schule, Unternehmen beim Anwerben künftig zahlender
Kunden zu unterstützen, weder aktiv noch passiv. In keinem Fall dürfen sich Schulen daher als Rekrutierungsplattformen zum Auffüllen oder Erweitern des Kundenstamms von Unternehmen hergeben.
Schulen sind nicht dazu da, um die Geschäftsfelder von Firmen abzusichern oder zu erweitern.
Lassen Schulen Werbung der beschriebenen Art zu, ermöglichen sie das unzulässige Beeinflussen der
Entscheidungs- und Verhaltensfreiheit von Schülerinnen und Schüler durch Dritte und damit eine agressive Geschäftspraktik nach § 1a UWG.
2.2.2 Werbeverbote und Werbebeschränkungen
Dass ein Hinwegsetzen über Werbeverbote Schulen beim Erfüllen ihrer gesetzlichen Aufgaben beeinträchtigt, bedarf keiner weiteren Ausführungen. Nur der Vollständigkeit halber sei auf das Tabakgesetz
(§ 11) verwiesen, das ein praktisch absolutes Werbe- und Sponsoringverbot für Tabakwaren enthält.
Für alkoholische Produkte aller Art lässt sich ein auf die Schule bezogenes absolutes Werbeverbot ohne
große Mühe aus § 9 Schulordnung ableiten.
Ebenfalls auf der Hand liegt, dass für Produkte nicht geworben werden darf, die aus pädagogischen
Überlegungen abzulehnen sind.
In Verbindung mit schulfremder Werbung muss jedoch auch beachtet werden, dass an Schulen nicht
Produkte beworben werden, die aus Ernährungsgründen problematisch oder dafür bekannt sind, dass
sie unter menschenunwürdigen, ausbeuterischen Bedingungen oder unter Zerstörung der Umwelt und
natürlicher Lebensräume hergestellt bzw. vertrieben werden.
2.3 Schulen als Werbeträger
Die Schulen selbst transportieren weder Werbebotschaften noch Logos, Embleme, Marken, Muster,
Firmennamen oder sonstige Produkt- bzw. Unternehmensbezeichnungen. Als Teil der öffentlichen Verwaltung dürfen Schulen nach außen nicht einmal den Anschein erwecken, sie würden sich als Institution
mit bestimmten Herstellern, Anbietern, Produkten oder Dienstleistungen unmittelbar identifizieren. Aus
diesem Grund ist es Schulen untersagt, auf ihren Drucksorten (Briefpapiere, Informationsschreiben
etc.) solche Hinweise aufscheinen zu lassen. Entsprechende von den Schulbehörden des Bundes eingegangene Verpflichtungen sind ehestmöglich zu kündigen. Neue Verpflichtungen dieser Art dürfen in
Hinkunft nicht mehr begründet werden.“
Ergänzend wurde vom Bildungsministerium mit Schreiben vom 15.7.2015, GZ 10.010/73-III/11/15,
ausgeführt:
Seite 4 von 7

„Schulen sind nicht erst in der Erfüllung ihrer Aufgaben beeinträchtigt, wenn das Unterrichten durch Werbung nachhaltig erschwert oder sogar unmöglich wird. Beeinträchtigungen im Sinn von § 46 Abs 3 SchUG brauchen sich nicht auf den Unterrichtsablauf
auszuwirken. Jede durch Werbung verzerrte Wahrnehmung der Schule in der Öffentlichkeit ist eine Beeinträchtigung im Sinn von § 46 Abs 3 SchUG. Eine derartige Verzerrung
ist jedenfalls gegeben, wenn Schulen durch Werbung erkennbar vereinnahmt werden;
die werbenden Unternehmen so präsent sind, dass man ihren Werbebotschaften im
Schulbereich letztlich nicht entgehen kann.

Das Erschließen von Werbegeldern steht nicht im Vordergrund schulischer Aktivitäten.
Werbung geht nicht auf Kosten der pädagogischen Glaubwürdigkeit der Schule. Sie darf
unterrichtliche und lehrplanmäßige Zielsetzungen nicht unterlaufen.

Das Missachten von Rechtsvorschriften stellt immer eine Beeinträchtigung nach § 46
Abs 3 SchUG dar. Zu diesen Rechtsvorschriften zählen nicht bloß gesetzliche Werbeverbote.

An Kinder gerichtete Werbung, die eine aggressive Geschäftspraktik im Sinn von § 1a
UWG darstellt, ist wettbewerbsrechtlich und damit auch schulrechtlich untersagt.

Kinder im Sinn des UWG sind jedenfalls Minderjährige unter 14 Jahren. Im Einzelfall
können auch ältere Minderjährige noch darunter fallen.

Eine Werbung stellt nur dann keine aggressive Geschäftspraktik dar, wenn sie Kinder
bzw. Jugendliche des betreffenden Alters sofort und unmittelbar als Werbung erkennen
können. Je stärker Organe der Schule in schulfremde Werbung eingebunden werden, je
massiver werbende Unternehmen an Schulen präsent sind, desto schwerer ist es für
Schülerinnen und Schüler Aktivitäten als Werbung zu erkennen, desto ununterscheidbarer werden Werbung und schulische Aufgabenerfüllung.

Organe der Schule beteiligen sich nicht an Werbeaktivitäten. Das gilt auch für UWG-konforme Werbung, weil es nicht zu den dienstlichen Obliegenheiten von Lehrkräften gehört,
sich für schulfremde Vorhaben zu verwenden. Es ist nicht Aufgabe der Schule und ihrer
Organe, Unternehmen beim Promoten zu unterstützen.

Nehmen Organe der Schule an ungesetzlicher Werbung teil oder dulden sie solche Art
von Werbung, verletzen sie das Mitwirkungsrecht der Schule an der Erziehung (§ 47
Abs 1 SchUG). Sie behindern die Eltern bei der Erfüllung des ihnen übertragenen gesetzlichen Erziehungsauftrages (§ 160 ABGB). Dieser Erziehungsauftrag ist eine zentrale Elternpflicht.

Werbung während des Unterrichts ist strikt untersagt. Das Einbeziehen außerschulischer
Experten in den Unterricht im Rahmen von § 17 Abs 1 SchUG darf nicht zu Werbezwecken missbraucht werden. Werbung während des Unterrichts ist (versuchte) Indoktrination, die der Schule natürlich auch dann zuzurechnen ist, wenn sie mit ihrer Duldung
durch Dritte erfolgt.

In Schulen darf es keine Werbung geben, die Schülerinnen und Schüler zur Preisgabe
gesetzlich eingeräumter Rechtspositionen verleitet. Dazu zählt etwa das Grundrecht auf
Datenschutz. Die sich aus dem Schulverhältnis (§ 2 SchUG) gegenüber Eltern sowie
Schülerinnen und Schülern ergebenden Treuepflichten sind ernst zu nehmen und nach
Kräften zu wahren. Sich von diesen Pflichten wegen eines Vorteils einseitig loszusagen ist
selbst dann nicht möglich, wenn Schülerinnen und Schüler von diesem Vorteil profitieren
sollen. Das Schulrecht ist nicht disponibel.

Die Schule ist kein Platz, um Unternehmen das Anwerben zukünftiger Kunden zu ermöglichen und die Bindung an eine Marke zu fördern. Darauf wäre etwa in Verbindung mit
dem Schulsparen zu achten.
Seite 5 von 7

Auch Werbung für an sich unbedenkliche Produkte ist unerwünscht, wenn diese Produkte
etwa unter menschenunwürdigen Bedingungen oder unter Missachtung grundlegender
Umweltstandards hergestellt oder vertrieben werden. Gleiches gilt für Produkte, die aus
ernährungswissenschaftlicher Sicht problematisch sind.

Schulen ist es untersagt, auf ihren Drucksorten (Briefpapiere, Informationsschreiben,
etc.) Werbeaufschriften oder Logos von Unternehmen anzubringen.
Erkennbarkeit von Werbung
Wenn Werbeaktivitäten in der Schule für Schüler/innen der Altersstufe nicht unmittelbar erkennbar sind, stellen sie jedenfalls eine aggressive Geschäftspraktik dar und sind
verboten. Dieses Verbot basiert aber nicht auf dem Rundschreiben, sondern auf § 1a UWG in
Verbindung mit § 46 Abs 3 SchUG. Das Rundschreiben weist lediglich auf die Rechtslage hin.
Ist die Werbeaktivität für Schüler/innen ohne weiteres erkennbar, kann ein Untersagen nicht
mehr unter Berufung auf die mangelnde Durchschaubarkeit gerechtfertigt werden. Dennoch
braucht die Schulleitung die Werbung nicht zuzulassen. Weil § 46 Abs 3 SchUG keinen
Rechtsanspruch auf Werbung vermittelt, steht es der Schule frei, die Aktivität aus pädagogischen, unterrichtlichen oder prinzipiellen Erwägungen abzulehnen. Das ist eine Wertentscheidung der Schulleitung. Die Schule ist dem anfragenden Unternehmen dabei nicht rechenschaftspflichtig.
Tritt ein Unternehmen als Sponsor eines Schulprojektes an einer BMHS auf, kann man davon
ausgehen, dass die Schüler/innen die damit verbundene Werbung als solche erkennen. Die
Werbung stellt in Bezug auf das Alter und die Reife keine aggressive Geschäftspraktik dar.
Ob sie in Hinblick auf § 46 Abs 3 zulässig ist, hängt von den Umständen ab. Ist das Unternehmen an der Schule in einem Ausmaß präsent, das wie eine Vereinnahmung wirkt, ist die
Schule schon wegen des verzerrten Bildes in der öffentlichen Wahrnehmung bei der Erfüllung
ihrer Aufgaben beeinträchtigt. Die Werbung verletzt § 46 Abs 3 SchUG. Öffentliche Wahrnehmung ist nicht bloß die Wahrnehmung durch unbeteiligte Dritte, sondern selbstverständlich auch die Wahrnehmung durch die Schulöffentlichkeit.
Ergänzung: Sumsi-Rucksäcke
Wie ausgeführt, sollen Schulen von Unternehmen nicht für Werbezwecke vereinnahmt werden. Das aber ist der Fall, wenn an Schulen Werbegeschenke wie in einer Geschäftsstelle
ausgelegt werden. Im konkreten Fall verlegt das Geldinstitut eine für Filialen typische Werbeaktion in die Schulstandorte, die wie Außenstellen der Bank wirken. Damit ist eine übermäßige Präsenz des Geldinstitutes gegeben und die Schulen in der Wahrnehmung ihrer Aufgaben beeinträchtigt. Es ist nicht die Aufgabe von Schulen oder Schulbehörden Unternehmen
Wege zu öffnen, damit diese ihre Werbegeschenke an Kinder und Jugendliche bringen.
Dem Rundschreiben ist ferner zu entnehmen, dass sich Lehrkräfte nicht an Werbeaktionen
beteiligen dürfen. Eine Beteiligung liegt nicht erst vor, wenn das Lehrpersonal Werbegeschenke an Schülerinnen und Schüler ausgibt. Eine unzulässige Beteiligung ist auch gegeben,
wenn Schulleitungen als für die Wahrung des Hausrechtes am Schulstandort verantwortliche
Organe, Werbung gestatten. Wenn sie eine Werbung zulassen, deren Ziel es ist, sich durch
ein Ausmaß an Präsenz, dem Schülerinnen und Schüler nur schwer entgehen können, in deren Bewusstsein zu verankern. Das Hausrecht zu wahren bedeutet für die Einhaltung des
Rechts an der Schule und den sich daraus ergebenden pädagogischen Prinzipien Sorge zu
tragen (§ 56 Abs 4 SchUG). Dazu gehört es auch dem Ausbilden eines Markenbewusstseins
nicht leichtfertig Vorschub zu leisten, weil dadurch die Zielsetzungen einer bewussten Verbraucher/innenerziehung unterlaufen werden. Zwar liegt eine Beteiligung der Schulleitung an
Werbung auch vor, wenn sie einem Unternehmen das Anbringen eines Plakats an einer speziell für Werbung ausgewiesenen Anschlagtafel gestattet, doch erreicht diese Art von Werbung noch nicht das Ausmaß an Vereinnahmung, durch das die Grenze zum Tolerierbaren
überschritten wird.
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Aufgrund dieser Erwägungen ist die Ausgabe der Rücksäcke von § 46 Abs 3 SchUG nicht
mehr gedeckt, womit sie auch einen Verstoß der Schulen gegen § 47 SchUG sowie § 160
ABGB darstellt. Ein Verstoß gegen § 1a UWG ist nicht auszuschließen und müsste im Einzelfall geprüft werden. Es muss den Schulleitungen bewusst sein, dass das Vollziehen von § 46
Abs 3 SchUG nicht zu ihren zentralen Aufgaben gehört.“
Mit freundlichen Grüßen
Für den Amtsführenden Präsidenten
Dr. Sonnberger
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