3 1 Implementierung des Marketing Zur Lernorientierung Nach der Bearbeitung dieses Kapitels sollten Sie: ! die Bedeutung unterschiedlicher Organisationsformen für die Realisierung der gewählten Marketingstrategien und des Instrumenteneinsatzes erläutern können; ! Aspekte der finanziellen, zeitlichen und personellen Ressour- cen für die erfolgreiche Umsetzung einer Marketingkonzeption kennen; ! nachvollziehen können, dass der Marketing-Management- Prozess sinnvoll nur in Kooperation mit betrieblichen und gesellschaftlichen Anspruchsgruppen gestaltet werden kann und damit das Beziehungsmarketing eine strategische Rolle spielt. Die TUI AG führt ab Mai 2004 vier Profit-Center ein, die den bisherigen Area-Management-Ebenen entsprechen. Die neuen Bereiche verantworten jedoch nicht nur die Produktplanung (wie bei der vorher gültigen Stuktur), sondern auch Kalkulation, Verkaufssteuerung und Abwicklung. Neu ist zudem die Zuordnung von Italien und Kroatien zu den erdgebundenen Reisen und des Linienflugs zu den Fernreisen. (Quelle: Pressemitteilung, touristik aktuell, 11. 3. 2004) Tourismusmarketing (TMM) – Studienheft „Implementierung und Customer-Relationship-Management, © 04/2004 – IST-Studieninstitut Praxisbeispiel 4 Im vorangegangenen Studienheft haben Sie die strategischen und operativen Aspekte des Marketing-Management-Prozesses kennen gelernt. An die Phase der strategischen Planung und der konkreten Gestaltung der Marketinginstrumente schließt sich die Aufgabe an, die getroffenen Entscheidungen umzusetzen. Dazu ist es nötig, • das Marketing in die gesamte Unternehmensstruktur zu integrieren (Ziel: Aufbau einer marketinggerechten Unternehmensorganisation), • das Marketing in Bezug auf Personal-, Zeit- und Finanzressourcen zu organisieren (Ziel: die Ressourcen sinnvoll auf anfallende Aufgaben zu verteilen), • das Marketing in Bezug auf Anspruchsgruppen – betriebsintern, Markt, Öffentlichkeit – umzusetzen (Ziel: Beteiligung der entsprechenden Gruppen für eine hohe Akzeptanz der Maßnahmen). 1.1 Begriffsdefinition und theoretische Ansätze der Implementierung Zunächst einmal sollten Sie sich vergewissern, ob Sie die Stellung der Implementierung im Marketing-Management-Prozess wirklich richtig einordnen können. Es soll deshalb noch einmal daran erinnert werden, dass „Marketing“ kein statisches Modell ist, sondern ein sehr dynamischer Prozess, in dem alle Rädchen ineinander greifen und in dem alle Entscheidungen sinnvoll aufeinander abgestimmt sein müssen. Ebenfalls sollte beachtet werden, dass dieser Prozess keinen zeitlich statischen Ablauf bedeutet. Zwar sprechen wir von den einzelnen „Phasen“ im Marketing oder bei der Erstellung einer Marketing-Konzeption. Aber es handelt sich hier nicht um ein starres Modell mit einer linearen zeitlichen Abfolge. Betrachten Sie dazu folgenden Fall: In einem touristischen Unternehmen soll für neue marketingstrategische Entscheidungen eine Betriebsanalyse durchgeführt werden. Im Rahmen der konkreten Umsetzung dieses Teilaspekts im Marketing müssen Sie entscheiden: • Welche Abteilung im Unternehmen ist für die Analyse zuständig? • Welche Personen sollen das machen? • Wann wollen Sie diese Analyse durchführen? • Bis wann sollten die Ergebnisse auf dem Tisch liegen? • Wie teuer wird es? Wann muss was bezahlt werden? Tourismusmarketing (TMM) – Studienheft „Implementierung und Customer-Relationship-Management, © 04/2004 – IST-Studieninstitut 5 Das sind Fragen, die Sie – das ist sehr offensichtlich – nicht erst am Ende eines Marketingprozesses zu entscheiden haben. Nur wenn die operativen Ressourcen bekannt sind, kann eine realistische Marketingkonzeption erstellt werden. Um aber unserem theoretischen Modell einer Marketingkonzeption gerecht zu werden, ist die Aufgabe der Implementierung die Realisation der in den ersten Phasen des Marketingprozesses festgelegten Entscheidungen. Insofern lässt sich sagen: die Implementierung ist den konzeptionellen Entscheidungen nachgelagert. „Implementierung meint die Verwirklichung von Lösungen, die in konzeptioneller Form vorhanden sind und durch Umsetzen zu konkretem Handeln führen. Die Begriffe Einführung, Durchsetzung, Umsetzung, Erfüllung, Ausführung, Realisation und Durchführung werden alternativ dazu verwendet.” (Quelle: HILKER, 1993; zitiert nach FREYER, 2001, S. 621) Einfach gesagt: Die Implementierung des Marketing beschäftigt sich mit dem Wer? – personelle Zuständigkeiten, Wo? – Organisation des Marketing im Rahmen der allgemeinen Managementstruktur, Wann? – zeitliche Planung, Wie? – finanzielle Budgets, Personalplanung, Abstimmung mit Anspruchsgruppen. Diese Aufgaben werden wir nun im Folgenden näher betrachten. FREYER (2001, S. 623 ff.) referiert unterschiedliche wissenschaftliche Ansätze der Implementierung im Marketing. Er unterscheidet „Partialansätze“ – die nur einzelne Aspekte der Umsetzung betonen – und „Totalansätze“, die allerdings auf einem hohen Grad der Verallgemeinerung verbleiben. Tourismusmarketing (TMM) – Studienheft „Implementierung und Customer-Relationship-Management, © 04/2004 – IST-Studieninstitut Definition 6 Abbildung 1: Wissenschaftliche Implementierungsansätze im Marketing (Quelle: FREYER, 2001, S. 623) Von Interesse sind hier vor allem die „marketingbezogenen Totalansätze“ und die „prozessbezogenen/dynamischen Totalansätze“. Zwei wichtige Aspekte sollen an dieser Stelle beispielhaft dokumentiert werden: BONAMA (1986, S. 59 ff.) definiert die mitarbeiterbezogenen Kern- fähigkeiten so: • Interaktion: Fähigkeit, das eigene Verhalten und das Verhalten anderer zu steuern, wie z. B. Überzeugungskraft, Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit, Einfühlungsvermögen, Cleverness, Engagement/Initiative, Selbstvertrauen, Beobachtungsgabe. • Allokationsfähigkeit: Fähigkeit, zeitliche, personelle und finanzielle Ressourcen auf anfallende Aufgaben zu verteilen. • Überwachung/Kontrolle: Fähigkeit, von vielen Detailfragen auch abstrahieren zu können, Zusammenhänge zu erkennen und auch theoretisch-strategisch zu arbeiten; Fähigkeit zu Informationsmanagement; soziale und kommunikative Kompetenzen. • Organisation: Fähigkeit, Ablauf- und Aufbauorganisation erfolgreich zu strukturieren. Kreativität, Flexibilität, Kooperations- und Teambereitschaft. Tourismusmarketing (TMM) – Studienheft „Implementierung und Customer-Relationship-Management, © 04/2004 – IST-Studieninstitut 42 Lernkontrollfragen zu Kapitel 1 Aufgabe 1: Was ist die grundsätzliche Aufgabe der Marketing-Implementierung? In welchen Bereichen ist sie zu leisten? Aufgabe 2: Was bedeutet „Structure follows Strategy” im Rahmen der Implementierung des Marketings in die betriebliche Organisationsstruktur? Führen Sie ein Beispiel an. Aufgabe 3: Kennzeichnen Sie einige Nachteile der funktionalen Organisationsstruktur. Aufgabe 4: Unterscheiden Sie hinsichtlich betrieblicher Organisation „CostCenter“ und „Profit-Center“. Aufgabe 5: Unter Gesichtspunkten modernen Marketings bietet die Prozessorganisation einige Vorteile. Welche sind das? Aufgabe 6: Skizzieren Sie aus verschiedenen touristischen Bereichen mindestens drei Beispiele für unterschiedliche Zeithorizonte, die für die Realisierung des Marketings eine Rolle spielen. Aufgabe 7: Auf welche konkreten Bereiche kann sich die kurzfristige Finanzplanung beziehen? Aufgabe 8: Sie wollen als Managerin in Ihrem Unternehmen eine neue Marketingkonzeption entwickeln. Mit welchen Widerständen Ihrer Mitarbeiterinnen müssten Sie bei der Implementierung der Konzeption rechnen? Tourismusmarketing (TMM) – Studienheft „Implementierung und Customer-Relationship-Management, © 04/2004 – IST-Studieninstitut