Johann Sebastian Bach – Englische Suiten BWV 806¬-811

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10.05. Bach zur Nacht
Johann Sebastian Bach – Englische Suiten BWV 806-811
Ein Streifzug durch die Welt der Tasteninstrumente
Um 1700 revolutionierte der italienische Instrumentenbauer Bartolomeo Cristofori die (Klang-) Welt
des Klaviers. Mit der Bezeichnung seines Hammerflügels als „Cembalo che fà il piano e il forte“
(wörtlich: Cembalo, das laut und leise spielen kann) prägte er bis heute den Namen „Pianoforte“.
„Clavier“ blieb bis ins 19. Jahrhundert ein Sammelbegriff, sodass Johann Sebastian Bach unter diesem
Namen eine Vielzahl von Instrumenten kannte, die sich in Bauart, Tonumfang und Klang zum Teil
stark unterschieden. Neben der Orgel war das Clavichord sein wichtigstes Arbeitsinstrument. Diese
frühesten Klaviere zeichneten sich vor allem dadurch aus, dass man nicht nur die Lautstärke
variieren, sondern auch ein Vibrato erzeugen konnte. Von Vorteil war auch die Handlichkeit dieser
Instrumente: Sie beanspruchten wenig Platz und waren bei Bedarf leicht zu transportieren. Jedoch
war die Lautstärke sehr gering, weshalb sie sich hauptsächlich zum Einsatz im häuslichen Rahmen
oder als Übeinstrumente eigneten. Ein weiteres Instrument, das ähnlich genutzt wurde, war das
Orgelpositiv – eine stark verkleinerte Orgel, die in einem normalen Wohnhaus Platz finden konnte.
Das Instrument steht für gewöhnlich auf einem Unterbau, in dem sich das Gebläse verbirgt. Der
obere Teil besteht aus dem Manual und dem Pfeifenwerk, das im Barock üblicherweise hinter einem
kunstvoll gestalteten Gehäuse verborgen wurde.
Dass Bach neben dem Clavichord auch mit anderen Instrumenten arbeitete, zeigt sich an den
Englischen Suiten. Die erste und dritte Suite überschreiten mit einem Tonumfang von mehr als vier
Oktaven den üblichen Ambitus des Clavichords. Entstanden zwischen 1715 und 1722, ist der
Ursprung des Titels „Englische Suiten“ unklar. Vermutungen des ersten Bach-Biografen Johann
Nikolaus Forkel, die Suiten seien für „einen vornehmen Engländer“ geschrieben worden, lassen sich
nur auf wenige formale Indizien stützen, wie etwa der große Ambitus der Stücke und die
Schreibweise der oberen Stimme im Violinschlüssel, die sich in Großbritannien bereits durchgesetzt
hatte. In der Musik finden sich dagegen nur wenige Merkmale, die eindeutig für einen englischen Stil
sprechen. Im Gegenteil zeigen die einzelnen Suiten in Aufbau, Rhythmik und Melodik eine
Auseinandersetzung mit dem französischen Kompositionsstil. Indem er vier der sechs Giguen als
Fugenexpositionen gestaltet, bringt Bach jedoch auch deutsche Stilelemente in die Komposition ein.
Darüber hinaus erinnern die Läufe der Allemanden an die Violinmusik italienischer Komponisten.
Neben dem Clavichord war das flügelförmige Cembalo wohl das am meisten verwendete
Tasteninstrument der Bach-Zeit. Anders als beim Clavichord wird der Ton durch das Anreißen von
Saiten mithilfe von Plektren aus Federkielen erzeugt. Durch diese Bauweise kann der Spieler die
Lautstärke beim Anschlag jedoch nicht variieren. Neben den bereits genannten Instrumenten befand
sich auch ein Hammerklavier aus der Werkstatt des berühmten sächsischen Orgelbauers Gottfried
Silbermann in Bachs Besitz. Während Cembalo und Clavichord sich in der Musikwelt schon etabliert
hatten, traten die Hammerklaviere gerade erst ihren Siegeszug an. Der Tonumfang der Instrumente
in der Bach-Zeit betrug in der Regel 5 Oktaven. Die Klangerzeugung erfolgt durch Hämmer, die die
Saiten anschlagen und beim Loslassen der Taste dämpfen. Die Bauweise des Hammerklavieres
(Holzrahmen statt Stahl), sowie die Besaitung und die Konstruktion der Hämmer verleihen dem
Hammerklavier seinen individuellen Klang, der im Vergleich zu modernen Klavieren leiser und in den
verschiedenen Lagen sehr unterschiedlich ist.
Die Geschichte der Tasteninstrumente endet jedoch nicht in Gestalt unserer modernen
Konzertflügel. Insbesondere das technische Zeitalter blieb nicht ohne Einfluss auf den Klavierbau.
Eine Antwort auf den Bedarf nach transportablen Klavieren, die den akustischen Anforderungen der
durch neue Medien geprägten Musikwelt des 20. Jahrhunderts gerecht werden, ist das „Fender
Rhodes Electric Piano“, benannt nach seinem Erfinder Harold Rhodes. Durch seinen glockenähnlichen
Klang, der vom traditionellen Klavierklang abweicht, wurde es vor allem im Jazz- und
Popmusikbereich schnell beliebt. Die Klangerzeugung erfolgt mechanisch. Die Tasten bewegen
Hämmer, die eine Art Stimmgabel anschlagen. Die so erzeugten Schwingungen werden dann von
einem Tonabnehmer (wie bei einer E-Gitarre) abgenommen und durch einen Verstärker
wiedergegeben. Noch einen Schritt weiter in geht der Synthesizer. Anders als beim Rhodes Piano
wird der Klang hier vollständig elektronisch erzeugt.
Auch wenn der Klang der modernen Instrumente sicherlich ein anderer ist, als der, den Bach beim
Komponieren seiner Suiten im Kopf hatte, so bleibt es doch spannend, seine Musik auch im
modernen Konzertalltag einmal auf ganz verschiedenen (Tasten-)Instrumenten zu erleben.
Luisa Mersch
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