Luzern: BÉATRICE ET BÉNÉDICT, 23.01.2016

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Luzern: BÉATRICE ET BÉNÉDICT, 23.01.2016
Opéra comique in zwei Akten | Musik: Hector Berlioz | Libretto: vom Komponisten, nach
Shakespeares Komödie VIEL LÄRM UM NICHTS | Uraufführung: 9. August 1862 in BadenBaden | Aufführungen in Luzern: 23.1. | 28.1. | 31.1. | 5.2. | 14.2. | 19.2. | 21.2. | 27.2. | 4.3. |
20.3. | 28.3. | 16.4.2016
Kritik:
Auch in seiner zwölften und letzten Spielzeit präsentiert Intendant
Dominique Mentha dem Luzerner Publikum selten auf den
Spielplänen anzutreffende Werke, positioniert sein Haus als
Entdeckertheater und als Theater für Neugierige. Aus seinem
letzten Spielplan ragen u.a. Brittens ALBERT HERRING, John
Blows VENUS UND ADONIS, Tippetts A CHILD OF OUR TIME und
eben Berlioz' BÉATRICE ET BÉNÉDICT hervor. Dieses letzte
grosse Werk, welches der französische Meister der Romantik
copyright: Ingo Hoehn,
vollendet hatte, besticht durch seine lichte Schwerelosigkeit, seine
mit freundlicher
Genehmigung Luzerner
zauberhafte, leicht melancholisch angehauchte Poesie. Und gerade
Theater
bei diesem Werk mit seinen „nur“ sieben Gesangssolisten kommt
ein anderer Aspekt von Menthas Leistung als Intendant zum
Tragen: Die an den meisten Opernhäusern so schmerzhaft selten
gewordene Pflege des Ensembles. Auch in dieser Beziehung kann
das Luzerner Theater auf ein sehr erfolgreiches Jahrzehnt
zurückblicken und auf das Erreichte stolz sein. Diese Pflege des
Ensembles schafft eben auch eine ganz besondere Beziehung
zwischen KünstlerInnen und Publikum, man nimmt Anteil an der
Entwicklung der Sängerinnen und Sänger, findet
Identifikationsmöglichkeiten, ist gespannt darauf, sie in immer
wieder neuen Rollen, mit neuen Herausforderungen zu erleben. Bei
BÉATRICE ET BÉNÉDICT erfreut man sich an den schönen
Stimmen der schon länger am Haus tätigen Sänger Flurin Caduff
(Don Pedro), Todd Boyce (Claudio), Utku Kuzuluk (Bénédict),
Szymon Chojnacki (Somarone), den wunderbar harmonierenden
Stimmen der Sängerinnen Carla Maffioletti (Héro), Jutta Maria
Böhnert (Béatrice) und des neuen Ensemblemitglieds Eunkyong
Lim (Ursule). Den musikalischen Höhepunkt der 15 Musiknummern
stellt zweifelsohne das Nocturne am Ende des ersten Aktes dar. In
dieser „Nuit paisible“ verschmelzen die beiden kostbaren Timbres
von Carla Maffioletti und Eungkyong Lim zu purem Wohlklang,
traumhaft schön und zart gerät diese Rousseausche Evokation der
Natur. Dass auch die resolute Béatrice zu Kantilenen von tiefer
Empfindsamkeit fähig ist und unter der rauen Schale ein weicher
Kern schlummert, demonstriert Jutta Maria Böhnert in ihrer grossen
Arie Que viens-je d'entendre? im zweiten Akt. Die Stimme fliesst
bruchlos mit perfekter Ausgeglichenheit, wunderschön phrasierend.
Die abgerundete Tongebung und die reichhaltige Ausdruckspalette berühren und begeistern. Utku Kuzuluk ist ein
herrlich lausbübischer, etwas tolpatschiger Bénédict. Mit seinem hellen, manchmal etwas zu schneidend laut
eingesetzten, aber in allen Lagen herrlich direkt und sicher ansprechenden Tenor meistert er die Partie
problemlos, spielt mit erfrischendem Witz und überzeugt mit seiner Mimik. Sehr gut gelingt ihm das Rondo Ah, je
vais l'aimer im ersten Akt. Mit grossem Spielwitz und wunderschön geführten, markanten Stimmen wissen Todd
Boyce als Claudio, Flurin Caduff als Don Pedro und Szymon Chojnacki als eingebildet vertrottelter Kapellmeister
Somarone zu gefallen. Das phantastisch gut gelungene Trio der Männer Boyce, Kuzuluk und Caduff Me marier?
Dieu me pardonne im ersten Akt findet seine Entsprechung im zweiten Akt mit dem Trio Je vais d´un coeur aimant
der Damen Maffioletti, Böhnert und Lim, in welchem die dynamisch fein abgestufte Balance der unforcierten
Stimmführungen zu einem Klang voller Raffinesse und Eleganz führt. Mit seinem agilen Bassbariton sorgt Szymon
Chojnacki als Somarone für erheiternde Momente, wenn er den kleinen, aber mit ausgesprochenem Wohlklang
singenden Chor des Theaters Luzern (Einstudierung: Mark Daver) zur Interpretation seiner Kompositionen zu
motivieren versucht. Am Pult des Luzerner Sinfonieorchesters, das wunderschöne Stimmungen (vor allem im
Wechselspiel der Streicher und der Holzbläser) aus dem Graben zaubert, steht Boris Schäfer und sorgt mit
seinem vorwärtsdrängenden, zupackenden, aber auch die melancholischeren Momente schön auskostenden
Dirigat für einen musikalisch abwechslungsreichen Gesamtklang. Als Opéra Comique lebt das Werk natürlich
auch von den Dialogen, da nur sie die Handlung vorantreiben. In Luzern hat man sich klugerweise dafür
entschieden, die Dialoge deutsch sprechen zu lassen, die Arien und Ensembles hingegen im französischen
Original zu belassen. Der Dramaturg Christian Kipper hat dazu eine witzige und spritzige Dialogfassung erstellt,
welche die ZuschauerInnen ab und an zum Schmunzeln bringt.
Witzig ist auch der Kostümmix von Nele Ellegiers: Vom spanischen Grande (Don Pedro) über die an Audrey
Hepburns Kostüme in den Sechzigerjahre-Filmen erinnernde Héro, den grotesken Stummfilmkomiker (Somarone)
bis zur matronenhaften Cio Cio San (Ursule) und der maskulin und mit Kurzhaarfrisur ausgestatteten Béatrice.
Etwas steif wirkt die Inszenierung dennoch. Das liegt weniger an der Personenführung durch die Regisseurin
Béatrice Lachaussée, welche von viel Einfallsreichtum zeugt, sondern an der allzu karg geratenen
Bühnenausstattung von Werner Hutterli. In den nackten schwarzen Bühnenraum hat er eine Menge nüchterner,
hohler Holzquader gestellt, welche anscheinend das Labyrinth eines französischen Gartens darstellen sollten,
dessen Muster aber vom Parkett aus nicht zu erkennen ist. Immerhin geraten die Holzelemente dann im zweiten
Akt etwas durcheinander, wenn das Chaos der Gefühle überhandnimmt. Trotzdem bleibt festzuhalten: Weniger ist
nur manchmal mehr, nicht immer!
Inhalt:
Ort der Handlung: Messina, Sizilien, zur Zeit der Kriege gegen die Mauren
Nach einer Schlacht gegen die Mauren erwarten die Sizilianer die Rückkehr ihrer siegreichen Krieger. Leonato,
der Gouverneur der Provinz, seine Tochter Hero und ihre Cousine Béatrice jubeln dem Anführer Don Pedro und
seinen Mannen zu. Hero erwartet natürlich sehnsüchtig ihren Verlobten Claudio, Béatrice erkundigt sich mit viel
spöttischem Unterton nach Bénédict. Claudio und Hero sollen sich als Höhepunkt der Feierlichkeiten vermählen
und sinken sich selig in die Arme. Ganz anders sieht es bei Béatrice und Bénédict aus: Die beiden ergehen sich in
Sticheleien. Don Pedro prophezeit Bénédict, dass auch er in den Hafen der Ehe einlaufen werde. Doch Bénédict
gibt vor, die Frauen zu hassen und beteuert, niemals heiraten zu wollen. Pedro, Leonato und Claudio spinnen
eine Intrige: Sie wissen, dass Bénedict sich in der Nähe aufhält und ihr Gespräch belauscht. Lautstark unterhalten
sie sich über die grosse Liebe, welche Béatrice für Bénedict empfinde. Das gleiche Spiel treiben Hero und ihre
Vertraute Ursula mit Béatrice, welch nun glaubt, Bénédict sei ihr treu ergeben. Die ehefeindliche Einstellung der
beiden gerät ins Wanken.
Während Hero und Claudio in der Kirche getraut werden, bleiben Béatrice und Bénedict im Festsaal zurück. Nach
anfänglich erneut aufflackerndem Gezänk kommen sie schliesslich doch überein, es miteinander zu versuchen.
Als Hero und Claudio den notariellen Vertrag unterzeichenen, erklären sich auch die beiden Streithähne bereit,
den (schon vorbereitet vorhandenen) Ehevertrag zu unterschreiben. Der „Waffenstillstand“ zwischen den
Geschlechtern ist (vorläufig) besiegelt, zum grossen Amüsement der Gäste.
Werk:
Hector Berlioz (1803-1869), der gefeierte und umstrittene Meister der Instrumentationskunst, der gefürchtete
Musikkritiker, der Komponist der berühmten SYMPHONIE FANTASTIQUE, des grossartigen Requiems und der
Musikdramen LES TROYENS und BENVENUTO CELLNI, hat mit BÉATRICE ET BÉNÉDICT eine herrliche
musikalische Komödie komponiert, die leider nicht allzu oft auf den Bühnen anzutreffen ist. Sie bietet den
Protagonisten dankbare Arien und Szenen voll lyrischer Schönheit und dezentem Humor. Berlioz' Version kommt
um einiges leichtfüssiger und unbeschwerter daher als Shakespeares Komödie, da Berlioz alles Verleumderische
und bösartig Intrigantische von Shakespeares Dichtung weggelassen hat und sich ganz auf die Überwindung der
Ehefeindlichkeit konzentriert.
Karten
Für oper-aktuell: Kaspar Sannemann, den 23. Januar 2016 Gelesen: 1560
Kategorie: Béatrice et Bénédict
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