Architektur + Technik

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Metall, Stahl, Glas
BNL-Hauptsitz, Rom (I)
Der neue Hauptsitz von BNL in Rom
ist eine imposante Erscheinung
mit moderner Fassadengestaltung und
futuristischen Konstruktionslösungen.
BNL-Hauptsitz in Rom
Transparenz
und Kinetik
Von Uwe Guntern (Redaktion) und Oskar DaRiz (Bilder)
Nachhaltigkeit, Innovation und Funktionalität sind
die Kernelemente des neuen Hauptsitzes von BNL,
die zur Gruppe BNP Paribas, Hauptsponsor für Tennis weltweit, gehört. Der Neubau mit einer Gesamtfläche von etwa 85 000 m² befindet sich im Gebiet
Rom Tiburtina, dem Bahnhof für Hochgeschwindigkeitszüge.
Mit dem Projekt wurde das Genueser Architekturbüro 5+1AA Alfonso Femia Gianluca Peluffo betraut. Das Ziel bestand darin, die verschiedenen
­Büros der Gruppe BNP Paribas an einem einzigen
Standort in der italienischen Hauptstadt zusammenzulegen. Dem Architekturbüro ist es gelungen,
die strengen energetischen und ökologischen Vorgaben und die städtebaulichen Auflagen in Vorteile für
das Projekt umzuwandeln.
Bei all dem spielt die Gebäudehülle zweifellos
eine Hauptrolle. Sämtliche Vorhangfassaden wurden vom Unternehmen Stahlbau Pichler aus Bozen
ausgeführt, das dabei das ursprüngliche Planungskonzept umgesetzt hat.
nämlich einer linearen Fassade und einer Fassade,
die sich mit der Ebene selbst verformt, die Ent­
materialisierung. Eine schillernde Fassade, die mit
­Bruchelementen arbeitet. Diese schwer zu erzeugende Wirkung ist das Ergebnis einer sorgfältigen
archi­tektonischen Studie, bei der sämtliche geome­
trischen Elemente und alle landschaftlichen Aspekte
ebenso berücksichtigt worden sind wie die zahlreichen Vorgaben, die das Projekt erfüllen und beachten
musste, wie zum Beispiel die Anwesenheit der historischen Zisterne Mazzoni. Die Zisterne Mazzoni, die
sich auf dem Gebiet befindet und die durch den
«Codice dei Beni Culturali» geschützt ist, hat dazu
geführt, dass das Gebäude in Höhe dieser Zisterne
ein grosses Fenster mit Blick auf die Zisterne aufweist. In diesem Bereich gibt es keine Säulen, sondern das Bauwerk ist an einer «Brücke» aufgehängt,
die von den Fassaden verborgen wird.
In Höhe der Südseite verjüngt sich das Gebäude
sowohl im Grundriss, wo es dem Umriss der Parzelle
folgt, als auch in der Höhe, wodurch die letzten drei
Spannweiten auskragen und so Raum für den Zugangsweg und die Fluchtwege entsteht. Die wichtige
Auskragung wurde durch netzartige Stahlstrukturen
realisiert, die in den Fassadenebenen und – aufgrund
des ausgeprägten Raumverhaltens durch die Asymmetrie des Tragwerks – auch in den Zwischenboden­
ebenen verbaut sind.
Die extrem schmale Fläche und die direkte Be­
ziehung zum Bahnhof Tiburtina haben schliesslich zu
­einer baulichen Ausführung entlang einer linearen
Leitlinie geführt. Das Ergebnis besteht in einem 18 m
breiten Gebäude mit Verdoppelung im Endteil des
Dynamische Gestaltung
Der kleine und schmale Grundriss des Gebäudes ist
in Längsrichtung angeordnet, deshalb wurde das
klassische Konzept einer Vorder- und Rückseite
­zugunsten einer dynamischen Gestaltung des Bauwerks aufgegeben, die vom höchsten zum schmalsten Punkt verläuft und die Fähigkeit hat, sich je nach
Einfall der Sonnenstrahlen im Laufe des Tages zu
verändern.
Tatsächlich ist das Hauptmerkmal der Gebäudehülle, die auf zwei Fassadenebenen aufgebaut ist,
Fassaden 2016
Baukörpers, wo dies die Parzelle gestattete. Dank dieser Lösung weist das Bauwerk die Leichtigkeit eines
Turms auf und steht im Dialog mit den landschaftsgeschützten Bauwerken – und nie im Konflikt mit ihnen.
Den Aussagen der Architekten zufolge entspricht
das Gebäude ausserdem einer «kollektiven Architektur», bei der die Räume zur Interaktion und zur
gemeinschaftlichen Nutzung zwischen Personen
und Individuum eine öffentliche Funktion des Projekts selbst schaffen.
Sonderprofile
Nimmt man die Ausführung der Gebäudehülle von
Stahlbau Pichler genauer unter die Lupe, erkennt
man, dass die Bauart der Glasfassade eine Elementfassade mit objektspezifischen Sonderprofilen ist.
Die mit Isolierglas im Structural-Glazing-Ver­
fahren verglasten, selbst tragenden Rahmen sind an
Konsolen aufgehängt, die an den Geschossdecken
verankert sind. Die Elemente sind vertikal und seitlich frei, um Deckenverformungen durch Gebrauchslasten und Ausdehnungen infolge von Temperaturdifferenzen aufnehmen zu können.
Fassaden 2016
Das Hauptmerkmal
der Fassade ist die
Entmaterialisierung.
Die Gebäudehülle
ist auf zwei Fassaden­
ebenen aufgebaut,
einer linearen Fassade
und einer Fassade,
die sich mit der Ebene
selbst verformt.
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Metall, Stahl, Glas
BNL-Hauptsitz, Rom (I)
ROUTINEFLUG
Beim BNL-Hauptsitz
ist es gelungen,
die strengen energe­
tischen und ökologischen Vorgaben
und die städtebau­
lichen Auflagen in
Vorteile für das Pro­
jekt umzuwandeln.
Die Rahmen wurden mit spe­ziell entwickelten
Aluminium-Strangpressprofilen samt EPDM-Dichtungen und Zubehörteilen montiert, während die
Füllungen aus verschiedenen Isolierverglasungen
bestehen und der rückwärtige Teil in Höhe der
Geschossbänder wärmegedämmt ist, somit eine
­
­Ausführung als «shadow box». Die Fassade ist über
unterschiedlich geformte Aluminium-Stahlkonsolen
am Haupttragwerk (oder Rohbau) des Gebäudes
­verankert, damit ein Ausgleich für die Bau- und Montagetoleranzen und für die möglichen Bewegungen
des Gebäudes vorgenommen werden kann.
In aller Regel wurden die Konsolen an einbetonierten Montageschienen (Typ Locatelli V40/22) an der
Bodenplatte verankert und – wo dies nicht vorgesehen
war – mit chemischen Dübeln (Typ Hilti HIT HY).
In einigen Bereichen des Gebäudes wird zwischen den vertikalen Fassadenelementen eine facettierte Fensterbank angebracht, die abwechselnd
(innen/aussen) als Verbindung zwischen den aus der
Fassadenebene hervorstehenden «Giebeln» dient.
Die zwei Gesichter des Projekts
Die 230 m (Luftlinie)
lange Hauptfront
auf der Westseite
besitzt eine 15 000 m²
grosse, durchgängig verglaste
Element­fassade.
Das Unternehmen Stahlbau Pichler zeigt sich für die
gesamte Fassade des Gebäudes verantwortlich, sowohl den verglasten als auch den opaken hinterlüfteten Teil, der durch eine interessante und markante architektonische Keramiklösung perfektioniert wurde:
Auf der Westseite wurde eine Elementfassade ein­
gesetzt, auf der gegenüberliegenden Seite dagegen
so­genannte «bow windows» in den Mittelpunkt des
Fassadensystems gestellt, wobei die Keramik den
ästhe­tischen Aspekt und die hinterlüfteten Fassaden
den funktionalen Aspekt des Bauwerks betonen. Für
die Ausführung der hinterlüfteten Fassaden wurde
ein Pfosten-Riegel-System verwendet. Transparenz
auf der einen, Kinetik auf der anderen Seite: So sieht
das doppelte Gesicht des neuen Hauptsitzes von
BNL in Rom aus.
Nachhaltigkeit
Das Projekt zeichnet sich durch eine sehr hohe ökologische Nachhaltigkeit aus: Es fällt in die Kategorie
der Klasse A und Leed Gold. Als Verkleidung wurde
eine Fotovoltaikanlage (2700 m² mit 1238 mono­
kristallinen Siliziumsolarzellen mit jeweils 333 Wp)
vorgesehen, zu der noch die Wärmepumpen zur Er­
zeugung von Heizenergie kommen. Dabei hat das
Fas­sa­densystem eine wichtige Rolle gespielt. Eine
Gebäudehülle, die zur Hälfte als Elementfassade
und zur anderen Hälfte aus einer hinterlüfteten
­Fassade ausgeführt wird, stellt sowohl aus techno­
logischer als auch aus wirtschaftlicher Sicht eine
­optimale Lösung dar.
Die transparente Fassadenhälfte ist absorbierend
(solare Gewinne durch das Glas), der hinterlüftete
Teil ist dagegen keiner direkten Strahlung (opake
Aussenwand) ausgesetzt: Dadurch ist das Gebäude
im Hinblick auf die Energieeffizienz im Wesent­
lichen gesund und autonom, weil der Baukörper
­weder übermässig viel Energie aufnimmt noch übermässig viel Energie abstrahlt.
Der Wärmedurchgangskoeffizient der Glasfassade beträgt Ucw = 1,25W/m²K und garantiert schon
dadurch eine optimale Wärmeschutzleistung. Es
wurden CO₂-Sensoren installiert, um die Luftqualität zu bestimmen und gegebenenfalls entsprechend
zu regulieren. Auch die Beleuchtung ist im Hinblick
auf einen niedrigen Energieverbrauch konzipiert
worden, wodurch die Nachhaltigkeit des Gebäudes
zusätzlich ebenso unterstützt wird wie die Klimatisierung des Gebäudes, die durch eine Klimaanlage mit
fünf polyvalenten Kühlaggregaten gesteuert wird.
ɁɁstahlbaupichler.com
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