geldanlage ° China China stürzt Börsen in Turbulenzen Was im Reich der Mitte so vor sich geht, ist für viele Investoren ein einziges, riesiges Rätsel. Zuerst schießt die Börse Shanghai in den Himmel – dank staatlicher Förderungen –, nur um binnen Wochen um 50 Prozent abzustürzen. Dazu kommen eine überraschende Währungsabwertung und schwache Wirtschaftsdaten. Einige Experten versuchen, Licht ins Dunkel zu bringen. Wolfgang Regner as ist bloß mit China los? Zuerst steigt der Shanghai Composite um 140 Prozent, auch dank der Förderungen des Aktiensparens durch die Regierung, die dann allerdings Angst vor der eigenen Courage bekommt und die Förderungen größtenteils wieder zurücknimmt und die China-Börsen mit regulatorischen Vorschriften einzubremsen versucht. Der Versuch endet in einem Crash. So muss man es wohl nennen, wenn ein Aktienindex binnen Wochen fast 50 Prozent seines Wertes verliert. Allein am „Schwarzen Montag“ (24.8.15) stürzten die China-Indizes zeitweise rund neun Prozent in die Tiefe. Und dazu gesellen sich schwache Konjunkturdaten. Der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende chinesische Gewerbe fiel auf 47,1 und damit auf das niedrigste Niveau seit 2009 – den sechsten Monat hintereinander unter die kritische Marke von 50 Punkten, die eine Wachstumsexpansion anzeigt. Zugleich fielen Exporte, die im Juli um 8,9 Prozent unter dem Vorjahreswert lagen, und auch die Industrieproduktion kam von einem Wachstum jenseits der Sieben-ProzentMarke zurück – auf nur mehr 6,0 Prozent. Ein nach dem chinesischen Ministerpräsidenten Li Kiang benannter Wirtschaftsindex, der den Energieverbrauch, die Kreditvergabe und die Eisenbahnfrachttonnen erfasst, zeigt inzwischen nur noch eine Zunahme des chinesischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) von etwas über vier Prozent. Das sollte aber die Untergrenze sein, denn es gibt auch einige positive Indikatoren: In den chinesischen Apple-Stores liefen die Geschäfte in den letzten zwei Wochen so gut wie nie zuvor in diesem Jahr. Und es verwundert nicht, wenn in der großen 32 ° GELD-MAGAZIN – september 2015 Transformationsphase, in der Chinas Regierung die Wirtschaft völlig umpolen will, von einer export- und von Finanzinvestments getriebenen auf eine stärker vom Binnenkonsum gestützte Ökonomie, nicht alles völlig glatt gehen kann. Doch der Service­ sektor scheint in der Lage zu sein, den Staffelstab zu übernehmen. Der Immobilien- Achterbahnfahrt in China 5500 5000 4500 4000 3500 3000 2500 2000 2014 2015 Der Shanghai A-Share-Index stieg innerhalb eines Jahres um 140 Prozent und fiel anschließend wieder um 50 Prozent. sektor und die Industrieproduktion verlieren an Schwung, während sich der Dienstleistungssektor seit Anfang 2014 belebt hat, mittlerweile 50 Prozent des BIP ausmacht und das Wachstum der Konsumausgaben und Services unverändert bei zehn Prozent liegt. Im Service- und Konsumbereich sind die Transformationswehen jedoch noch ohne Konsequenzen geblieben (z.B. gab es zuletzt ein Elf-Monats-Hoch im Markit China Service PMI-Index). Viel problematischer ist der jüngste Vertrauensverlust in die Aktivitäten der Regierung: Denn selbst seit der groß angekündigten Stützungsmaßnahmen für den Aktienmarkt durch Peking hat der Shanghai Composite nun weitere 25 Prozent verloren. Vor diesem Hintergrund wird es in nächster Zukunft interessant sein, die weitere Entwicklung des Renminbi zu beobachten. Nach der überraschend deutlichen Abwertung im August erwarten Be­ obachter weitere dramatische Schritte. Genau dies würde jedoch der offiziellen Strategie der Regierung widersprechen, aus China eine Binnenwirtschaft zu machen. Denn China will vom Billig- zum Qualitätsproduzenten aufsteigen und Waren mit höherer Wertschöpfung liefern. Da wäre auch ein stärkerer Renminbi keine wirkliche Hürde. Rätselhafte Abwertung Deshalb sieht auch Asoka Wöhrmann, Chief Investment Officer (CIO) der Deutsche Asset & Wealth Management (DeAWM), die Lage nicht so düster wie manche seiner Expertenkollegen. „Zunächst rätselten die Märkte, welcher der drei wahrscheinlichsten Gründe für die Abwertung das größte Gewicht habe: Erfüllung der Anforderungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) angesichts der angestrebten Aufnahme des Yuan in den Währungskorb der Sonderziehungsrechte (SZR). Unterstützung der Exporte, die im Juli 8,9 Prozent unter dem Vorjahreswert lagen. Oder eine Reaktion auf Kapitalabflüsse, die im Juli 43 Milliarden US-Dollar und in den letzten zwölf Monaten 300 Milliarden USDollar ausmachten. Für uns steht der erstgenannte Punkt im Vordergrund.“ Pekings wichtigstes Ziel ist also, in internationalen Institutionen wie dem IWF als gleichwer- creditS: Shutterstock, beigestellt W ° China geldanlage interview ° Tanguy Kamp, Fondsmanager für asiatische Aktienfonds, Banque de Luxembourg Investments GELD ° fen, das Aussetzen von Börsengängen, ein Veräußerungsverbot für Aktionäre, die mehr als fünf Prozent eines börsennotierten Unternehmens besit z e n , u n d d i e Aussetzung des Handels bei knapp der Hälfte aller gelisteten Aktien die Panik noch an. Chinas Börse ist relativ teuer, und 62 Prozent der Unternehmen veröffentlichten enttäuschende Ergebnisse. Dieses Szenario verlangt größte Vorsicht. Welches sind die wahren Gründe für den Aktien-Crash in China? tiger Partner behandelt zu werden. Eine Aufnahme in die SZR würde für den Renminbi die prestigeträchtige Anerkennung als eine Weltwährung bedeuten. Von einem Währungskrieg kann keine Rede sein. Kurzfristig mag es da anders aussehen: Denn in Reaktion auf die Renminbi-Abwertung fielen auch andere asiatische Währungen zum Teil deutlich (der Singapur-Dollar, der südkoreanische Won, der Taiwan-Dollar, das malaysische Ringgit und die indonesische Rupiah). Diese fielen in den vergangenen Tagen ebenso stark wie der Yuan und verdeutlichten damit, dass Asien künftig nicht mehr als „US-Dollar-Zone“, sondern als „Yuan-Zone“ zu sehen ist. Und nicht zu vergessen: Der Renminbi ist in den letzten Jahren gegenüber dem Dollar um gut zwölf Prozent gestiegen – auch gegenüber dem Euro war er stark. Da fällt eine Abwertung von fünf Prozent nur wenig ins Gewicht und wird die Exporte kaum antreiben. Kein Währungskrieg „Dennoch hilft eine Aufhebung der USDollar-Bindung dem Renminbi, eine weitere Aufwertung zu vermeiden, besonders angesichts der möglichen Zinswende in den USA. Zudem kommt der Einstieg in einen Währungskrieg vor dem Besuch von Chinas Präsident Xi Jinping in den USA und der Überprüfung der Aufnahme des Yuan in den SZR-Währungskorb im November als politischer Schritt wohl kaum in Frage“, analysiert DeAWM-CIO Wöhrmann. „Für uns ist die Änderung des Währungsregimes Teil des breiteren chinesischen Liberalisierungsprogramms der Finanzmärkte, das sich auf Zinsen, Wechselkurse und die eigenen Kapitalmärkte erstreckt. Zur Steigerung tanguy kamp: Chinas Markt durchläuft seit dem 12. Juni 2015 eine Korrektur. Zuvor hatte Shanghais Börse innerhalb eines Jahres – in Yuan und in US-Dollar – knapp 160 Prozent zugelegt. Die Börse Shenzhen stieg in diesem Zeitraum sogar um 196 Prozent. Damit hatten die Bewertungen ein sehr hohes Niveau erklommen, nämlich das 26-Fache der für 2015 erwarteten Gewinne in Shanghai und das 78-Fache in Shenzen. Gleichzeitig deuten sämtliche Konjunkturbarometer Chinas seit einem Jahr auf eine Verlangsamung hin. Die Aktivität im verarbeitenden Gewerbe ist rückläufig, die Exporte lassen nach, der Binnenkonsum zeigt sich zurückhaltend. All dies hat in den vergangenen zwölf Monaten bereits diverse Interventionen der chinesischen Behörden ausgelöst. Hierzu zählen Zinssenkungen, die Herabsetzung der Mindestreservesätze für Banken sowie Konjunkturpläne. Diese Geldspritzen ließen chinesische Aktien ihren Höhenflug fortsetzen, obwohl die Unternehmen kein Gewinnwachstum vermeldeten. Als der Indexanbieter MSCI am 9. Juni jedoch die Aufnahme chinesischer Festlandaktien vertagte, brachen A-Aktien ein, und aufgrund von Nachschusspflichten für Kredite gerieten viele Anleger unter ­enormen Druck. Diese Entwicklungen führten zum Crash. Wie beurteilen Sie die Abwertung des Yuan? Am 11. August 2015 hatte China angekündigt, den Marktkräften bei der Entwicklung der Landeswährung mehr Freiheiten einzuräumen. Es folgte eine Abwertung um knapp drei Prozent. Denn trotz aller Interventionen verliert die Wirtschaft weiter an Dynamik. Eine Stellschraube blieb allerdings noch: die Abwertung. Die Tatsache, dass die Notenbank die Währung so rapide abwertete, legte der Markt als Zeichen dafür aus, dass das chinesische Wachstum anfälliger ist als vorhergesehen und deshalb gestützt werden muss. Die Entscheidung könnte auch mit Pekings Ziel zusammenhängen, eine Integration der Landeswährung in den sogenannten Währungskorb des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu erreichen. Über die Aufnahme des Yuan in diesen Korb, der eine Reservewährung – die sogenannten Sonderziehungsrechte – bildet, möchte China die Internationalisierung der Währung vorantreiben. Der IWF entscheidet erst im November über die Integration, hat die Bedingungen jedoch bereits klargestellt: Chinas Währung muss sich je nach Marktschwankungen bewegen und „frei verwendbar“ sein. Das wird wohl noch ein gutes Jahr dauern, also bis 2016. Wie wird es bis Jahresende und darüber ­hinaus weitergehen? Eine Zeit lang konnte sich der Markt durch die staatlichen Eingriffe wieder erholen, obwohl die positive Wirkung immer weiter nachließ. Die jüngsten Maßnahmen zur Stützung der Märkte Ende Juni – Absenkung der Zinsen sowie der Mindestreservesätze – verpufften schließlich wirkungslos und konnten die anschließende Korrektur von über 30 Prozent nicht mehr verhindern. Dazu fachten das Verbot von Leerverkäu- september 2015 – GELD-MAGAZIN ° 33 geldanlage ° China drei Wachstums-Zylinder holpern Michael Hasenstab von der US-Investmentfirma Franklin Templeton sieht jedoch noch einige erhebliche Herausforderungen. Erstens das Deleveraging, also der Schuldenabbau. Die Zentral- und lokalen Regie- rungen haben Schulden in Höhe von 65 Prozent des BIP aufgebaut. Berücksichtigt man auch das Schattenbanksystem und die Unternehmen, vor allem die Staatskonzerne, steigt der Verschuldungsgrad schon auf 280 Prozent. Auf der anderen Seite hat die Volksrepublik durch ihre hohen Export­ überschüsse einen gigantischen Devisenschatz angesammelt. Seit dem Jahr 2006 ist er der größte der Welt. Inzwischen sind die Devisenreserven auf einen Wert von fast vier Billionen Dollar angewachsen. Das ist mehr als das BIP Deutschlands. „Doch stottern gleich drei Wachstumsmotoren in China zur gleichen Zeit: Erstens schwächelt der Immobilienmarkt, lokale Regierungen müssen nun ihre Schulden abbauen und können weniger investieren, und dazu kommen einige wichtige Bereiche der verarbeitenden Industrie, die schrumpfen“, sagt Hasenstab. Das vom Lohnwachstum, dem Wachstum im Dienstleistungssektor und neuen Infrastrukturinvestitionen getriebene Konsumwachstum gleicht jedoch die simultane Kontraktion dieser anderen drei Sektoren aus. Dazu kommt ein demografisch bewirkter Rückgang des Wachstums der Arbeitskräfte. „Das steigert den Lohndruck, was die Wettbewerbsfähigkeit des traditionell exportorientierten Fertigungssektors reduziert. Der Rückgang des Wachstums der Arbeitskräfte bedeutet jedoch, es werden weniger Arbeitsplätze für eine Vollbeschäftigung benötigt – Schätzungen zufolge China rückt näher an die USA heran Bruttoinlandsprodukt in Billionen Dollar 20 USA 16 12 China 8 4 Japan Deutschland 0 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 Das Potential von Chinas Wirtschaftswachstum ist noch lange nicht ausgeschöpft Quelle: Bloomberg 34 ° GELD-MAGAZIN – september 2015 drei Millionen pro Jahr gegenüber einem historischen Höchstwert von zwölf Millionen. Das schnellere Wachstum des Dienstleistungssektors dürfte ausreichen, um dies zu ermöglichen“, analysiert Hasenstab. ­Außerdem hat die Zentralregierung keine Schulden im Ausland. Diese Faktoren helfen, das Risiko einer klassischen Schuldennachhaltigkeitskrise zu minimieren. flexible Wechselkursfixierung Trotz eines aufwertenden Renminbi konnte die Volksrepublik in den vergangenen Jahren kontinuierlich ihren Anteil an den weltweiten Exporten vergrößern (zuletzt rund 13 Prozent). Allerdings eine Aufwertung um über 50 Prozent seit 2005, das war den chinesischen Staatsbossen doch zu viel des Guten. Was dann passierte, war eigentlich recht wenig. Die Notenbank änderte die Fixingmethodologie des Renminbi. Daraufhin wertete die chinesische Währung an drei aufeinanderfolgenden Tagen um 1,9, 1,6 beziehungsweise 1,1 Prozent gegenüber dem US-Dollar ab. Nun wird beim Yuan-Fixing auch der Vortagesschlusskurs des Devisenmarktes berücksichtigt. Dies führt dazu, dass Angebot und Nachfrage eine stärkere Rolle bei der Wechselkursfestsetzung spielen. Und diese Flexibilisierung der Kursbildung der chinesischen Währung ist der Grundstein für den Eintritt des Renminbi in die heiligen Hallen der vom IWF anerkannten Weltleitwährungen. Ein weiterer Grund liegt sicher in der Unterstützung der schwächelnden Wirtschaft. Denn durch die enge Bindung an den USDollar haben sich mit dessen Stärke auch chinesische Ausfuhren in den vergangenen Monaten praktisch gegenüber allen anderen Währungen verteuert. Hinter dem festeren Renminbi steckt somit nicht eine stärkere Volkswirtschaft. Die Abwertung soll als positiver Nebeneffekt auch die Exporte wieder ankurbeln. Dahinter steckt jedoch keine Absicht, in den Währungskrieg einzutreten, denn kaum sank der Renminbi, gingen auch die Währungen vieler asiatischer Nachbarn auf Talfahrt – und das wussten Chinas Staatenlenker sicherlich im Voraus. Zudem würde ein Cocktail aus creditS: beigestellt, Archiv, Shutterstock der Produktivität und Wachstumsqualität könnte China auf lange Sicht sogar eher eine starke Währung vorziehen“, meint Wöhrmann. Der private Konsum liegt jedoch mit nur 36 Prozent des BIP etwa halb so hoch wie in den USA. Chinas Anteil am Welthandel entspricht mit ca. 15 Prozent etwa dem der Eurozone und liegt weit über dem Anteil der USA (zehn Prozent). Trotz der Aufwertung des Renminbi ist er in den letzten Jahren weiter gestiegen. Da kann die große Transformation Chinas Wirtschaft noch einiges an Wachstumspotenzial verleihen. „Aufgrund der aktuellen Schwäche der chinesischen Wirtschaft rechnen wir mittelfris­ tig mit einer weiteren Abwertung, länger­ fristig jedoch mit einer starken Währung“, folgert Wöhrmann. Last, but not least emanzipiert sich die chinesische Zentralbank von der Politik der US Federal Reserve und ihrem Zinserhöhungskurs. Seit der letzten Senkung liegt der führende Zinssatz bei 4,6 Prozent und der Mindestreservesatz der Banken bei 18 Prozent – da hat die Bank of China noch einiges an Stimulierungs-Power, während die anderen großen Notenbanken ihr Pulver verschossen haben. ° China Brennpunkt „Der notwendige Schuldenabbau, der schwache Immobilienmarkt und die rückläufige Industrieproduktion werden China belasten.“ „Sechs Prozent der Ausfuhren der Eurozone gehen nach China – und zehn Prozent der Importe kommen von dort. Das ist wirklich nicht dramatisch.“ Michael Hasenstab, Fondsmanager Franklin Templeton niedrigen Zinsen, niedrigen Rohstoff- und Energiepreisen eine zukünftige Expansion stärker stimulieren als Währungsveränderungen es können. Auch hat der Crash an den Festlandbörsen kaum etwas mit den Konjunktursorgen zu tun. Diese Börsen in Shanghai und Shenzen sind größtenteils nur Inländern zugänglich und diese sehen in der Aktienspekula­ tion so etwas wie wir in Europa im Lotto, Toto oder in den „Euromillionen“. Noch dazu hatte die Regierung die Sparer zu Aktien­investments ermuntert, etwa mit der teilweisen Freigabe kreditfinanzierter Aktien­käufe. Im Verlauf von 2014 verzehnfachte sich das Wertpapierkreditvolumen, bis Juni 2015 verdoppelte es sich nochmals auf 365 Milliarden Dollar. Insgesamt waren rund 90 Millionen Privatanleger an der Börse investiert. Sie bestritten rund 80 Prozent des täglichen Handelsvolumens, hielten etwa zwei Drittel des Free Float der chinesischen Aktien und zeichneten auch für die Aufblähung des Wertpapierkreditvolumens maßgeblich verantwortlich. Dies war so nicht gewollt und die Börsenaufsicht versuchte die Spekulanten wieder an die Kandare zu nehmen, als das Börsenexperiment außer Kontrolle zu geraten drohte, mit der Folge eines veritablen Crashs. Die negative Börsenstimmung steckte jedoch auch die in Hongkong gehandelten China-Aktien an, die von Ausländern gekauft werden können. Heute notieren diese mit einem KursGewinn-Verhältnis von unter zehn, was einem Bewertungsabschlag von über 80 Prozent gegenüber den US-Aktien entspricht. Volkswirtschaftlich halten Experten die Folgen des Kursrückgangs für verkraftbar: Während der Free Float der Börse in Shanghai rund 18 Billionen Renminbi Martin Skanberg, Europa-Fondsmanager Schroders betrage (2,6 Bio. Euro), verfügen die chinesischen Haushalte über Bankeinlagen von rund 53 Billionen Renminbi (7,7 Bio. Euro). Zu keinem Zeitpunkt haben die kredit­ finanzierten Aktienkäufe mehr als vier Prozent der bestehenden Bankeinlagen betragen. Die Auswirkungen auf den Konsum seien daher überschaubar. Chinas GröSSe: Alles ist relativ Derzeit (2015 erwartet) produziert China ein Bruttoinlandsprodukt von 11.000 Milliarden Dollar. Wenn das Wachstum um einen Prozentpunkt niedriger ausfallen sollte, dann wären das 110 Milliarden Dollar weniger. Das entspricht 0,15 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Die Weltwirtschaft würde also nicht um 3,5 Prozent wachsen, sondern vielleicht um 3,3 oder 3,4 Prozent. Das ist nichts, was die Konjunkturperspektiven (und die Weltbörsen) umwerfen sollte. „Nur“ fünf Prozent Wachstum würden immer noch einem stolzen Zuwachs von 550 Milliarden Dollar entsprechen. Andererseits repräsentiert China allein 13 Prozent des globalen BIP und 30 Prozent des Emerging Market-BIP. Auf- grund seiner überragenden Bedeutung für Europa sind die Außenhandelsdaten zwischen Deutschland und China besonders interessant. Und hier kommt Überraschendes zutage: Die Goldgräberstimmung in China ist eigentlich schon lange vorbei. Nachdem die deutschen Exporte nach China 2010 und 2011 um 75 Prozent gestiegen waren, lag das Exportwachstum in den vergangenen drei Jahren nur noch bei 4,5 Prozent pro Jahr. Die Ausfuhr in die USA und nach Großbritannien wuchs im gleichen Zeitraum doppelt so stark. Dennoch ist China viertgrößter Abnehmer deutscher Waren. Insgesamt lieferte Deutschland 2014 Waren und Dienstleistungen im Wert von 75 Milliarden Dollar nach China, das entspricht 6,5 Prozent der Gesamtausfuhren, wobei Umsätze in den Werken vor Ort, also etwa von VW in Shanghai, nicht berücksichtigt sind, und fast 40 Prozent in die gesamten Emerging Markets. Insoferne wären Probleme in China schon eine ernstliche Belastung, denn dann würde das deutsche Exportgeschäft auch mit den übrigen Schwellenländern leiden, vor allem die Auto­mobilindustrie und Investitionsgüter. ° Die besten Aktienfonds mit Schwerpunkt China ISIN GB00B0TY6S22 GB0030183890 LU0326948709 LU0411150922 IE00B543WZ88 IE00B16C1G93 IE0030351732 LU0405327148 LU0067412154 LU0327786744 FONDSname First State Asia Pacific Sustainability First State Asia Pacific Schroder ISF Asian Total Return Allianz China A-Shares Neuberger Berman China Equity Comgest Growth Asia Pac ex Japan Comgest Growth Greater China Wells Fargo (LUX) WW China Equity UBS (Lux) EF - China Opportunity Henderson HF China Volumen Perf. 1 J. 413 Mio. € 3,5 % 950 Mio. € 1,1 % 1 835 Mio. € 4,7 % 27 Mio. € 65,6 % 610 Mio. € 10,9 % 187 Mio. € 13,3 % 126 Mio. € 12,0 % 43 Mio. € 7,5 % 1 036 Mio. € 4,7 % 103 Mio. € 4,6 % 3 J.p.a. 5 J.p.a. 13,2 % 12,6 % 10,5 % 10,2 % 8,8 % 9,3 % 22,0 % 8,4 % 16,4 % 8,1 % 14,6 % 7,6 % 15,9 % 6,7 % 14,4 % 6,5 % 20,2 % 6,0 % 15,0 % 4,5 % ter 1,67 % 1,87 % 1,94 % 2,31 % 2,16 % 1,57 % 1,65 % 2,25 % 2,38 % 1,97 % Quelle: Lipper IM, alle Angaben auf Euro-Basis, Auswahl nach Fünf-Jahres-Performance, Stichzeitpunkt: 4. September 2015 September 2015 – GELD-MAGAZIN ° 35