Grundzüge der Wirtschaftspolitik Kapitel 4: Mittel und Träger

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Grundzüge der Wirtschaftspolitik
Kapitel 4: Mittel und Träger
ländischen Trägern eine Rolle (dieser Aspekt spielt bei der Diskussion des BhagwatiPrinzips in 4.2.2 im Zusammenhang mit der Idee eines Optimalzolls eine wichtige Rolle)
4.2.2
Bhagwati-Prinzip – Grundidee und Anwendungen
Wenn Wirtschaftspolitik das Ziel verfolgt, Marktversagen zu korrigieren, so ist nach
einem Instrument zu suchen, das die Verwirklichung des erstbesten Zustandes, d.h. des
Ergebnisses eines idealen Marktes, erlaubt. Nicht immer werden hierfür alle potentiell
geeigneten Instrumente zur Verfügung stehen oder (verteilungs-) politisch durchsetzbar
sein. Vor diesem Hintergrund ist nach einer Regel für die Auswahl wirtschaftspolitischer Mittel zu suchen.
4.2.2.1
Grundidee des Bhagwati-Prinzips
Eine solche allgemeinere Richtschnur für wirtschaftspolitisches Eingreifen aus wohlfahrtstheoretischer Perspektive stellt das Bhagwati-Prinzip des zielgerichteten wirtschaftspolitischen Eingreifens dar (Bhagwati, 1971): Zur Bekämpfung oder Beseitigung
einer Marktunvollkommenheit ist möglichst direkt am „Problem“ anzugreifen. Damit
wird erreicht, dass es zu möglichst wenig unerwünschten Nebenwirkungen kommt.
Die grundsätzlichen Überlegungen wurden bereits in Abschnitt 1.2 veranschaulicht:
Existiert z.B. in einem Markt eine positive Produktionsexternalität - z.B. High-Tech
Branche - mit der Folge, dass weniger als die gesellschaftlich optimale Menge produziert wird, so ist die wünschenswerte Produktionsausweitung dieser Branche am besten
durch eine Produktionssubvention zu erreichen. Maßnahmen, wie z.B. Protektion vor
ausländischen Wettbewerbern durch Zölle, würden zwar ebenfalls zu einer Produktionsausweitung führen, haben aber den Nachteil, dass sie ihrerseits neue Verzerrungen
in anderen Bereichen der Wirtschaft hervorrufen. Bei einem Zoll geschähe dies dadurch, dass die Konsumenten nicht mehr zum niedrigeren Weltmarktpreis konsumieren
können und deshalb einen Rückgang ihrer Konsumentenrente hinzunehmen haben. Entsprechend gilt für eine Wirtschaftspolitik zur Realisierung einer gesellschaftlichen Zielvorgabe, dass sie möglichst nahe an den für das Ziel relevanten Marginalgrößen anzusetzen hat. Dies impliziert z.B. für eine Agrarpolitik zur Sicherung der Existenz bäuerlicher Betriebe, dass es besser ist, direkt Transferzahlungen zu leisten, statt mit garantierten Mindestpreisen und den zusätzlich erforderlichen Einfuhrzöllen Märkte zu verzerren.
Die Anwendung des Bhagwati-Prinzips führt zu einer Hierarchie der wirtschaftspolitischen Instrumente. Idealerweise wird eine erstbeste, eine zweitbeste, eine drittbeste
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usw. Politik identifiziert. Nur wenn die erstbeste Politik nicht zur Verfügung steht, wird
auf die zweitbeste zurückgegriffen. Letztendlich handelt es sich bei diesen Überlegungen um nichts anderes als eine Übertragung des ökonomischen Prinzips auf die Wirtschaftspolitik: Entsprechend dem Rationalitätspostulat fordert rationale Wirtschaftspolitik, ein Ziel mit möglichst geringen Kosten zu realisieren bzw. mit gegebenem Instrumenteinsatz zu einem möglichst hohen Zielerreichungsgrad zu gelangen
Nachdem im ersten Kapitel das Problem der Instrumentenwahl bereits anhand der Einkommenssicherung für Landwirte und der Förderung einer inländischen Branche thematisiert wurde, sollen die Überlegungen zum Bhagwati-Prinzip nun im Rahmen einer
detailierten Analyse verschiedener Begründungen für handelspolitische Eingriffe und
einem Vergleich von Standard- und Abgabenlösung im Rahmen der Umweltpolitik weiter vertieft werden.
4.2.2.2
Zölle als erst- und zweitbeste Instrumente
Nach der Analyse in 1.2 führen Zölle zu einer Verringerung der Wohlfahrt eines Landes
(Verlust an Konsum- und Produktionseffizienz). Die allgemeine Empfehlung für die
Politik lautet damit, auf die Erhebung von Zöllen zu verzichten. Wie bereits in 1.2 ausgeführt, werden gegen diese Aussage die folgenden beiden Einwände erhoben:
•
Die verwendeten Zollwirkungsmodelle sind zu unrealistisch. Um Zollwirkungen
wirklich beurteilen zu können, seien komplexere, dynamische Modelle notwendig.
•
Effizienz ist nicht das einzige Ziel einer Gesellschaft. Die Erhebung von Zöllen
kann z.B. auch aus Verteilungsgründen gerechtfertigt sein.
Insbesondere im Zusammenhang mit dem zweiten Einwand spielt das Bhagwati-Prinzip
eine wichtige Rolle: Die Erhebung eines Zolles ist dann sinnvoll, wenn er erstens geeignet ist, ein bestimmtes gesellschaftliches Ziel zu erreichen, und zum zweiten dieses
Ziel mit den geringst möglichen Kosten erreicht. Viele Argumente für Zölle scheitern
an dieser zweiten Forderung: Ein Zoll ist dann nur eine zweit- oder gar drittbeste Lösung zur Erreichung eines bestimmten Ziels.
(1) Beeinflussung der Produktion
Dieser Aspekt wurde bereits in 1.2 dargestellt – er soll hier nur nochmals wiederholt
werden, damit Sie das Argument im Zusammenhang mit den anderen Zollbegründungen
sehen. Häufig wird der Erhalt einer bestimmten Lebensart (z.B. Erhalt des bäuerlichen
Familienbetriebs) als Begründung für den Zollschutz angeführt. Der Zoll soll dabei einen Schutz gegen die überlegene ausländische Konkurrenz darstellen, die diese er-
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wünschte Lebensart unmöglich machen würde. Aus ökonomischer Perspektive bedeutet
dies letztendlich meist, dass als politisches Ziel ein bestimmtes inländisches Produktionsniveau in einem Sektor angestrebt wird. Es stellt sich nun die Frage, ob dieses Ziel
sinnvollerweise mit Hilfe eines Zolls realisiert werden sollte. Dazu werden die beiden
Instrumente Zoll und Produktionssubvention miteinander verglichen.
p
A
ASub
pZ
A
pW=pSub
B
C
D
N
PSub=PZ
KZ
KSub
x
Die Analyse erfolgt zunächst im Partialmodell, wobei der Zoll mit einer Subvention an
die inländischen Produzenten verglichen wird, die zur gleichen inländischen Produktionsmenge führt wie der Zoll. Eine solche Produktionssubvention verschiebt die Angebotskurve der inländischen Produzenten nach rechts unten: Durch die Produktionssubvention müssen sie nicht mehr die vollständigen Kosten der Produktion tragen und können somit das Gut zu einem geringeren Preis auf dem Markt anbieten. Während durch
den Zoll der Preis im Inland erhöht wird, ergibt sich durch die Subvention keine Veränderung des Inlandspreisniveaus. Aus diesem Grund werden die Konsumenten die gleiche Menge konsumieren wie bei Freihandel. Während sich beim Zoll ein Verlust an
Konsumentenrente in Höhe der Fläche ABCD ergibt (Produzenten plus A, Staat plus C;
Verlust B plus D), führt die Subventionslösung zu einem Subventionsbedarf in Höhe
der Flächen AB (Produktionsmenge * Subventionshöhe) und dieser Subvention steht
auf der Seite der Produzenten eine Zunahme der Produzentenrente in Höhe von A gegenüber. Bei der Subventionslösung kommt es somit nur zum Verlust an Produktionseffizienz in Höhe von B, während der Konsum wie bei Freihandel effizient erfolgt.
Als Fazit lässt sich somit festhalten: Wenn eine Regierung die Höhe der inländischen
Produktion in einem Sektor beeinflussen will - sei es aus gesellschaftlichen Gründen
oder aufgrund von Marktunvollkommenheiten (z.B. positiven externen Effekten), so ist
eine Produktionssubvention einem Zoll überlegen, weil dadurch unerwünschte Effekte
beim Konsum (hier: Nahrungsmittel werden durch den Zoll verteuert) vermieden werden.
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(2) Beeinflussung des Konsumverhaltens
Ein zweites Argument, das häufig für Zölle angeführt wird, ist die Verminderung des
Konsums bestimmter Güter (z.B. Alkohol oder Zigaretten). Ähnlich wie bei der Subvention gilt in diesem Zusammenhang: Ein Zoll ist zwar zur Erreichung dieses Ziels
prinzipiell geeignet, eine Besteuerung des Gutes ist jedoch effizienter. Dies lässt sich
wieder im Partialmodell veranschaulichen:
ASt
p
A
pZ=pSt
pW
A
B
C
D
N
PSt
PZ
KZ=KSt
x
Durch die Konsumsteuer wird das Angebot im Inland verteuert. Bei identischer Höhe
von Steuer und Zoll resultiert in beiden Fällen ein identischer Rückgang des Konsum
gegenüber der Freihandelssituation (KZ=KSt). Die Steuer führt jedoch im Gegensatz
zum Zoll dazu, daß auch die inländische Produktion verteuert wird - die Angebotskurve
verschiebt sich nach links oben. Die inländische Produktion verbleibt bei der Erhebung
der Steuer auf dem Freihandelsniveau. Damit kann der Verlust an Produktionseffizienz
(Fläche B) vermieden werden, der sich bei einem Zoll ergäbe: Bei der Steuer stehen
dem Verlust an Konsumentenrente (Fläche ABCD) entsprechende Steuereinnahmen aus
der Besteuerung der inländischen und ausländischen (Fläche ABC) gegenüber. Hinweis:
Im Allgemeinen Gleichgewichtsmodell führt die Konsumsteuer nur zu einer Verzerrung
der Konsumentscheidung, während sich die Produktionsentscheidung weiterhin am
Weltmarktpreis orientiert (Produktion in Punkt B).
(3) Zoll als Mittel zur Erzielung von Staatseinnahmen
Die Aussage, dass Produktionssubventionen bzw. Konsumsteuern als Instrumente zur
Erreichung binnenwirtschaftlicher Politikziele einem Zoll vorzuziehen sind, gilt nur
dann uneingeschränkt, wenn das entsprechende Land über ein funktionierendes (und
weitgehend effizientes Steuersystem) verfügt. Dies ist jedoch insbesondere in Entwicklungsländern häufig nicht der Fall. Für solche Länder ist es oft sehr viel einfacher,
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Staatseinnahmen über Zölle zu erhalten, als über eine allgemeine Besteuerung von Einkommen, Vermögen und Konsum.
Die Finanzierung einer Produktionssubventionen über Steuern führt dann möglicherweise zu erheblichen Verzerrungen oder ist überhaupt nicht durchführbar (ähnliches gilt
für die Erhebung von Konsumsteuern). Der Einsatz des zweitbesten Instruments „Zoll“
ist also dann gerechtfertigt, wenn die jeweilige erstbeste Lösung nicht zur Verfügung
steht - dabei muss jedoch beachtet werden, dass beim Einsatz des Zolls unerwünschte
Nebenwirkungen entstehen, die den Vorteilen der Zollerhebung gegenüberzustellen
sind.
(4) Erziehungszollargument
Die zweitbeste Natur des Zolls spielt auch beim sogenannten Erziehungszollargument
eine Rolle, dem folgende Idee zugrunde liegt: Ein Land sei nicht in der Lage, seinen
wahren komparativen Vorteil auszunutzen, wenn andere Länder in den entsprechenden
Sektoren bereits etabliert sind. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Unternehmen
die effizienten Herstellungsmethoden erst im Verlauf der Produktion erlernen („learning
by doing“ - dynamische Größenvorteile). Solche „junge Industrien“ sollten dann durch
Zölle vor der übermächtigen Auslandskonkurrenz geschützt werden, bis sie wettbewerbsfähig sind. Ein Extremfall für dynamische Skalenerträge ist die Herstellung von
Speicherchips, bei denen sich die Produktionskosten exponentiell verringert haben (alle
5 Jahre auf ein Siebtel) - ein anderes bekanntes Beispiel ist die Produktion von Flugzeugen. Bei Vorliegen solcher Lernkurveneffekte sinkt die notwendige Arbeitsmenge
zur Produktion einer Einheit (und damit die Stückkosten) mit der kumulierten Produktionsmenge.
Auch in diese Fall sind jedoch Produktionssubventionen das erstbeste Instrument (es
besteht ja kein Grund, den inländischen Konsum zu besteuern.) Gegen dieses „dynamische Argument“ für Zölle können jedoch noch weitere Einwände erhoben werden:
•
Wenn langfristig Gewinne zu erwarten sind, so wäre bei effizienten Kapitalmärkten
auch durch private Finanzgeber eine Vorfinanzierung über die Verlustjahre hinweg
möglich - das Argument ist also nur dann stichhaltig, wenn Kapitalmarktunvollkommenheiten gegeben sind.
•
Selbst wenn realistischerweise Kapitalmarktunvollkommenheiten meist gegeben
sind, ist damit noch nicht klar, daß die Regierung eines Landes wirklich besser in
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der Lage ist, die Branchen mit langfristigen Erfolgsaussichten auszuwählen, als private Finanzgeber.
•
Bei der Anwendung von Erziehungszöllen (bzw. entsprechenden Produktionssubventionen wie z.B. beim Airbus) zeigte sich ein weiteres Problem: Die geschützten Branchen werden teilweise nicht „erwachsen“, d.h. Zölle bzw. Subventionen bleiben auf Dauer bestehen - die Branchen haben keinen Anreiz effizient zu
werden, weil dann der Zollschutz bzw. die Produktionssubventionen wegfallen
würden.
(5) Zölle und nationale Sicherheit
Ein weiterer Grund, der für Zölle angeführt wird, ist die nationale Sicherheit: Bei strategisch wichtigen Gütern will man nicht vom Ausland (dem potentiellen Feind) abhängig werden. Dies ist für bestimmte Güter (z.B. Munition) sicherlich ein stichhaltiges
Argument. Häufig ist jedoch auch in diesem Fall ein Zoll nicht die erstbeste Maßnahme.
So wird z.B. unter anderem mit dieser Argumentation sowohl die US-amerikanische
Ölproduktion als auch der deutsche Kohlebergbau durch Zölle bzw.
Produktionssubventionen geschützt. Es wäre jedoch vermutlich günstiger, die Vorräte
zwar zu erschließen (um im Ernstfall darauf zurückgreifen zu können), jedoch auf die
laufende Produktion zu verzichten und stattdessen Lager für eine Übergangszeit
anzulegen - oder Anlagen betriebsbereit zu halten.
(6) Optimalzoll: Beeinflussung des Weltmarktpreisverhältnisses
Ein Zoll kann die „Terms of Trade“ (das Weltmarktpreisverhältnis) zugunsten des zollerhebenden Landes verbessern, wenn dieses Land entsprechend groß ist und damit als
Ganzes auf den Weltmärkten Marktmacht besitzt. Ein solcher Zoll reduziert zwar auch
das Handelsvolumen und verursacht deswegen Produktions- und Konsumkosten, aber
ein moderater Zoll ist trotzdem in der Lage, ein großes Land besser zustellen. Wie dies
funktioniert, lässt sich im Rahmen einer Partialanalyse mit zwei Ländern darstellen.
Zum leichteren Einstieg soll dabei zunächst erläutert werden, wie in einem solchen
Zweiländer-Partialmarktmodell der Weltmarktpreis bestimmt wird.
Wenn man versucht, die Preisbildung bei Freihandel mit dem üblichen AngebotsNachfrage-Schema zu analysieren, so stößt man zunächst auf Schwierigkeiten: Sowohl
für das Inland als auch das Ausland existieren Nachfragekurven und Angebotskurven
(zumindest solange eine Eigenproduktion im Importland erfolgt). Der Schnittpunkt dieser beiden Kurven für ein Land stellt dann das Autarkiegleichgewicht dar. Wenn sich
die beiden Autarkiepreise unterscheiden, so muss sich auch der Welthandelspreis, der
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sich bei Aufnahme von Außenhandel ergibt, von diesen Autarkiepreisen unterscheiden.
Wie dieser Welthandelspreis bestimmt wird lässt sich in einem Schema mit zwei Angebots-Nachfrage-Diagrammen erläutern:
Inland
Ausland
p
A
p
*A
pA
EX
pw
*pA
IM
N
*N
x
x
Der Autarkiepreis im Exportland, *pA, muss notwendigerweise niedriger sein als derjenige im Importland, pA. Der Weltmarktpreis, pW, muss bei Außenhandel im Gleichgewicht zwischen den beiden Autarkiepreisen angesiedelt sein. Bei Freihandel sind dann
die Preise in beiden Ländern identisch (wie wir in noch sehen werden, ist das bei Vorliegen von Handelsbeschränkungen nicht mehr der Fall). Die zentrale Gleichgewichtsbedingung bei Außenhandel lautet, dass die (gewünschte) Exportmenge des Exportlandes der (gewünschten) Importmenge des Importlandes entsprechen muss - allgemeiner
formuliert (gilt auch für mehr als zwei Länder) bedeutet das, dass die Weltnachfrage
gleich dem weltweiten Angebot sein muss: N + *N = A + *A.
Wir verwenden nun zur Diskussion der Zollwirkung beim großen Land die Darstellung
zur Bestimmung des Weltmarktpreisverhältnisses:
Ausland
Inland
p
A
p
A
pw+Z
pwZ+Z
pw
pwZ
Zoll
a
b
c
e
d
N
EXZ
IMZ
N
x
x
Wenn das große Inland (z.B. EU) ausgehend vom Weltmarktpreis einen (spezifischen)
Stückzoll in Höhe von Z erhebt, so ist die Importmenge, die sich bei diesem erhöhten
Preis pw + Z ergibt, geringer als die gewünschte Exportmenge zum Weltmarktpreis pw.
Durch das Überschussangebot wird sich der Weltmarktpreis nach unten anpassen, bis
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die Bedingung Exportmenge = Importmenge wieder erfüllt ist - dies ist zum Preis pwZ
(Weltmarktpreis mit Zoll) der Fall.
Durch den Zoll ergibt sich gegenüber der Situation des kleinen Landes ein geringerer
Verlust an Konsumentenrente (Fläche abcd). Diesem Verlust an Konsumentenrente
steht eine Zunahme an Produzentenrente in Höhe von a entgegen. Die Zolleinnahmen
betragen jedoch anders als beim kleinen Land nicht nur c, sondern c + e. Der Zoll führt
damit zu einer Erhöhung der Wohlfahrt des Inlandes, wenn die Fläche e größer ist, als
die Flächen b und d. Optimal ist es für das Inland, wenn es den Zoll gerade so wählt,
dass die Differenz zwischen b + d und e maximiert wird.
Der Vorteil durch einen Optimalzoll ist umso ausgeprägter, je geringer die Elastizität
der Weltangebotskurve ist: Bei vollkommen elastischem Angebot ergibt sich der Fall
des „kleinen Landes“. Im anderen Extremfall - vollkommen inelastisches Angebot (z.B.
kurzfristig bei Agrarerzeugnisse ohne Nachfrage im Ausland) - ergibt sich wegen
pw = pwZ + Z durch den Zoll kein Mengeneffekt im Inland, und die einzige Auswirkung
des Zolls besteht in einem Transfer vom Ausland an das Inland in Höhe der Zolleinnahmen. (Diese Situation ist zwar aus Sicht der Gesamtwohlfahrtswirkung für das Inlands optimal, die inländischen Produzenten fordern in diesem Fall aufgrund des fehlenden Mengeneffekts jedoch meist eine Kontingentierung der Importe.)
Bei der Erhebung des Optimalzolls ist jedoch zu beachten, dass der Vorteil für das Inland sich auf Kosten des Auslands ergibt (dies wurde bei vollkommen inelastischer
Nachfrage besonders deutlich). Falls das Ausland auch bei bestimmten Gütern in der
Position eines großen Landes ist, besteht die Gefahr von Vergeltungsmaßnahmen durch
Zölle auf Importe des Auslandes. Eine solche Situation wäre z.B. in einem Handelskrieg zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union gegeben. Insgesamt ergibt sich dann ein Wohlfahrtsverlust: Der Außenhandel geht zurück und die realen Terms of Trade verändern sich möglicherweise gar nicht.
4.2.2.3 Optimale Umweltpolitik: Emissionsstandard vs. Emissionsabgabe
Bereits im Abschnitt über externe Effekte wurde auf unterschiedliche Möglichkeiten zur
Korrektur solcher Externalitäten hingewiesen - in diesem Fall geht es im Gegensatz
zum Agrarbeispiel also nicht um ein außerökonomisches Ziel, sondern um die Korrektur von Marktversagen. Konkret sollen für eine negative Produktionsexternalität („Umweltverschmutzung“) die Alternativen „Emissionsstandard“ und „Emissionsabgabe“
miteinander verglichen werden. Es wird dabei zunächst gezeigt, dass die beiden Instrumente bei statischer Betrachtung, symmetrischen Unternehmen und vollkommener Information zum gleichen (optimalen) Resultat führen. Werden diese Einschränkungen
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