SERIE WIRTSCHAFT DER MENSCH IM MITTELPUNKT D ie Ethik, insbesondere die Umsetzung ethischer Grundsätze in den Schweizer Unternehmen, ist allzu oft nur ein Lippenbekenntnis. Diese Tatsache zeigte sich in einer Umfrage des Zuger Lassalle-Instituts bei 2000 Top-Entscheidungsträgern zum Thema «Ethik» (siehe «Panorama» vom April 2002). Wie verantwortungsvoll geht eigentlich die Raiffeisen-Gruppe mit Menschen und mit Geld um? Was tragen die Raiffeisenbanken dazu bei, die Verhältnisse auf diesem Globus lebenswerter zu machen? DIE PHILOSOPHIE VERPFLICHTET «Banken und Ethik ist kein Widerspruch», erklärt Pierin Vincenz, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Raiffeisen-Gruppe, «aber es kommt darauf an, wie das Bankgeschäft betrieben wird.» Die Raiffeisen-Gruppe pflege einige Grundregeln, die sich vorteilhaft auf die Unternehmensethik auswirken, so Vincenz weiter. Die erste Grundregel heisst «Mass halten». Die genossenschaftlich organisierten 30 In vielen Schweizer Unternehmen existieren zwar Leitbilder zum Thema Ethik. Mit der Umsetzung happerts aber noch gewaltig. Die Anstrengungen von Raiffeisen, den hohen Ansprüchen gerecht zu werden, stimmen hingegen optimistisch. Raiffeisenbanken haben sich nicht dem vielerorten praktizierten Shareholder-ValueDenken verschrieben. Der Gewinn wird für technologische Investitionen, zur Bildung von Reserven und nicht zuletzt für die Genossenschafterinnen und Genossenschafter, die für ihr Engagement belohnt werden sollen, verwendet. So profitieren die über eine Million Genossenschafter von den Vorteilen, die im Durchschnitt einige hundert Franken pro Mitglied ausmachen. Zu den Vorteilen zählen unter anderem das spesenfreie Privatkonto, ein Prozent mehr Sparzins auf dem Mitglieder-Sparkonto, die kostenlose ec/Maestro- und Visa Card (im ersten Jahr), der Museumspass und der vergünstigte Expo.02-Eintritt. Mass halten heisst auch die Devise bei den Gehältern und Entschädigungen für Bankleiter und Verwaltungsratspräsidenten. Überrissene Managerlöhne oder horrende Boniauszahlungen, wie sie in den letzten Monaten negative Schlagzeilen machten, sind bei Raiffeisen undenkbar. «Verwirklichen des genossenschaftlichen Gedankengutes» ist laut Pierin Vincenz die zweite Grundregel. Der Genossenschafter ist Eigentümer seiner Raiffeisenbank und bestimmt damit über die Geschäftspolitik seiner PANORAMA RAIFFEISEN 7–8/02 Foto: B&S Die im luzernischen Schwarzenberg ansässige Stiftung Weltethos Schweiz konzipierte und realisierte die Wanderausstellung «Weltreligionen – Weltfrieden – Weltethos». Sie beruht auf der Überzeugung des Schweizer Theologen Hans Küng, dass die Religionen der Welt nur dann einen Beitrag zum Frieden der Menschheit leisten können, wenn sie sich auf ihre Gemeinsamkeiten besinnen. Die Wanderausstellung will die faszinierende Welt der Religionen näher bringen und die Bedeutung ihrer ethischen Botschaften erklären. Die grossen Weltreligionen Hinduismus, Chinesische Religion, Buddhismus, Judentum, Christentum und Islam haben trotz ihrer Unterschiede in Lehre und Ritual grundsätzlich die selben ethischen Botschaften. Die Raiffeisen-Jubiläumsstiftung unterstützt zehn Ausstellungsorte. Die Ausstellung macht in diesem Jahr in den folgenden Orten Halt: > Davos GR (14.7.–30.8.) > St. Moritz GR (1.9.–13.9.) > Chur GR (14.9.–27.9.) > Ilanz GR (28.9.–11.10.) > Luzern (14.10.–22.11.) > Kreuzlingen TG (24.11.–20.12.) Weitere Orte sind geplant. Das Programm ist unter www.weltethos.org ersichtlich. Bank mit. «Der Mensch im Mittelpunkt ist bei Raiffeisen keine Parole», so Vincenz weiter, «sondern die Philosophie, die unser Denken und Handeln bestimmt.» Die dritte Regel sei der Zusammenschluss im Schweizer Verband der Raiffeisenbanken (SVRB). Dieser Verbund ermögliche das Nutzen von Grössenvorteilen und Synergien und gewährleistet so Sicherheit und Gewicht. NACHHALTIGE PRODUKTE Dem ökologischen Umgang mit den Ressourcen misst Raiffeisen vermehrt Bedeutung zu. So wurde die Dienstleistungspalette um zwei neue Produkte erweitert. Seit Mai 2001 zählt eine alternative Geldanlage dazu. Umweltbewusste Kunden können in vier sich der Nachhaltigkeit verpflichtende Fonds (FuturaFonds) investieren. Die Fonds berücksichtigen nicht nur ökonomische, sondern auch ökologische und soziale Kriterien. Ein Jahr nach ihrer Lancierung wiesen sie ein Volumen von rund 170 Millionen Franken auf. Dieser 7–8/02 PANORAMA RAIFFEISEN Erfolg zeigt klar das Bedürfnis seitens der Kunden nach nachhaltigen Produkten. Im Bereich Bauen unterstützt Raiffeisen als erste gesamtschweizerisch tätige Bankengruppe neu das Minergie-Label. Die Raiffeisen-Kunden profitieren von der vor einigen Wochen lancierten Minergie-Hypothek (siehe «Panorama» vom April 2002). Wer sein Eigenheim nach den Vorgaben des energiesparenden Minergie-Modells erstellt, kommt in den Genuss von einem halben Prozent tieferen Hypothekarsatz. Der Raiffeisen-Zentralsitz in St. Gallen geht mit gutem Beispiel voran: er hat seinen Ende April 2002 fertig erstellten Neubau nach Minergie-Standard gebaut. Eine konsequente Abfalltrennung, ein gasbetriebenes Blockheizkraftwerk und die Nutzung von Regenwasser anstelle von Trinkwasser sind ebenfalls einige Massnahmen, die die Gruppe bereits seit einigen Jahren an ihrem Hauptsitz verfolgt. Anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums der Schweizer Raiffeisenbanken hat die Raiffei- sen-Gruppe im Sommer 2000 die RaiffeisenJubiläumsstiftung als Geschenk und Dank an die Bevölkerung ins Leben gerufen. Der Zweck der Stiftung besteht darin, gemeinnützige Projekte, die für die Schweizer Bevölkerung einen konkreten Nutzen aufweisen, mitzufinanzieren. Vor allem die Unterstützung von Projekten, die der Förderung der Ethik in der Wirtschaft dienen, steht an oberster Stelle. ENGAGEMENT IM IN- UND AUSLAND Raiffeisen Schweiz engagiert sich auch im Ausland. So unterstützt sie seit drei Jahrzehnten den Aufbau von Raiffeisenbanken in Ruanda, eines der ärmsten Länder Afrikas (siehe Seite 42). In Rumänien stellt sie ihr Know-how für den Aufbau des Bankwesens zur Verfügung. Bundespräsident Kaspar Villiger hat 1995 Raiffeisen einmal so umschrieben: «Raiffeisen hat den gesunden Menschenverstand im Bankenwesen eingeführt.» An diesem Grundsatz will Raiffeisen auch in Zukunft festhalten. ■ JEANNETTE WILD 31 Foto: B&S Ethische Botschaften