Filmverleiher kassiert bis 2032 bei Eintracht mit Der Fußball-Zweitligist muss seit dem Jahr 2000 einen Teil seiner Fernseh-Gelder an den Unternehmer Michael Kölmel abtreten. Braunschweig. Am 19. Mai 2000 knallten bei Eintracht die Sektkorken. Die Braunschweiger Verantwortlichen um Präsident Helmut Dohr und Schatzmeister Rudolf Rischmann besiegelten an jenem Freitag eine Kooperation mit der Sportwelt Beteiligungs GmbH, einer Tochter der Michael Kölmel gehörenden Münchner Kinowelt Medien AG. Der Vertrag spülte dem verschuldeten Traditionsklub dringend benötigtes Geld in die leeren Kassen – und zwar fünf Millionen DMark auf einen Schlag. Als Gegenleistung sicherte sich die Sportwelt einen Teil der Marken-, Vermarktungs- und Fernsehrechte des zu diesem Zeitpunkt nur in der Regionalliga spielenden Vereins. Kurzfristig hat die Kooperation mit dem Rechteverwerter dem Traditionsklub das Überleben gesichert, langfristig hat sie den Klub jedoch ganz schön belastet. Und der Spuk ist noch lange nicht vorbei: Bis 2032 verdient Michael Kölmel noch bei Eintracht mit. Was hat sich die Sportwelt vom Einstieg bei Eintracht versprochen? Ohne den auf den ersten Blick lukrativen Sportwelt-Deal, davon sind bei Eintracht nahezu alle überzeugt, wären die Lichter bei den BlauGelben im Jahr 2000 wohl ausgegangen. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die damalige Vereinsführung diesen Vertrag ohne Not unterschrieben hätte“, sagt Soeren Oliver Voigt, der heutige EintrachtGeschäftsführer. Der Klub war damals in guter Gesellschaft: Auch bei Union Berlin, Alemannia Aachen, Dynamo Dresden und Fortuna Düsseldorf – um nur ein paar Beispiele zu nennen – war Sportwelt um die JahrtausendWende eingestiegen. Allesamt Traditionsvereine, die sowohl sportlich als auch finanziell schon einmal bessere Zeiten erlebt hatten. Kölmels Ziel war es, „diese Vereine dahin zu bringen, wo sie hingehören“, wie er damals gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) erklärte. Gemeint war damit die 1. Liga. Jene Liga, in der es für die Klubs – und somit auch für ihn – das große Geld zu verdienen gegeben hätte. „Wir investieren im Vorgriff auf zu erwartende Einnahmen“, erklärte der Medienunternehmer seinerzeit sein Geschäftsmodell. Laut „Süddeutscher Zeitung“ hat Kölmels Sportwelt alleine bis November 2002 in 14 Vereine stolze 66,5 Millionen Euro investiert, bei den meisten Klubs in Form eines Darlehens in Millionenhöhe. Fortuna Düsseldorf und der Karlsruher SC sollen laut Medienberichten jeweils ein Darlehen in Höhe von 7,5 Millionen Euro erhalten haben. Mit dem Geld der Sportwelt sollten die Klubs nicht nur ihre Schulden tilgen, sondern auch neue Spieler verpflichten – und damit den Grundstein für den sportlichen Aufschwung legen. Eintracht hat „anders als andere Vereine keine umfangreichen Darlehen von der Sportwelt in Anspruch genommen“, stellt Soeren Oliver Voigt klar. Vielmehr verkaufte der Klub für fünf Millionen DM – umgerechnet also 2,5 Millionen Euro – einen Teil seiner Marken-, Vermarktungs- und Fernsehrechte an Kölmel. Der Regionalligist war damit auf einen Schlag schuldenfrei. Was hat Kölmel mit diesen Rechten gemacht? Für die Geschäftsbeziehungen zwischen Eintracht und Sportwelt/Kölmel-Gruppe wurde im Jahr 2000 eine Verwertungsgesellschaft gegründet, die Eintracht Marketing GmbH. Deren Aufgabe war es, sich um die Vermarktung des Produktnamens Eintracht Braunschweig zu kümmern. Die Sportwelt Beteiligungs GmbH hielt daran 74,9 Prozent der Anteile, Eintracht die restlichen 25,1 Prozent. Ein Modell, wie es auch bei vielen anderen Klubs praktiziert wurde. Einem Bericht der FAZ zufolge flossen maximal 15 Prozent des Umsatzes der jeweiligen Marketing GmbH an die Sportwelt, der Rest der Einnahmen ging an die Vereine, um damit den Spielbetrieb zu finanzieren. Da sich der Umsatz der Marketing GmbH in Eintrachts Regionalligaund späteren Drittliga-Zeiten in Grenzen hielt, war auch die Ausschüttung an Michael Kölmel überschaubar. Zum 1. Juli 2009 verkaufte dieser seine Marken- und Vermarktungsrechte zurück an Eintracht. Diese waren, anders als von ihm bei Vertragsabschluss im Jahr 2000 erhofft, immer noch nicht sonderlich lukrativ geworden, schließlich dümpelten die Niedersachsen nach wie vor in der neu eingeführten 3. Liga vor sich hin. Die Marken- und Vermarktungsrechte sind seitdem wieder zu 100 Prozent im Besitz der Eintracht Braunschweig GmbH und Co. KGaA. Das bedeutet, dass jeder Euro, den Eintracht durch Marketing und Sponsoring – dazu zählt beispielsweise der Verkauf von Fan-Artikeln – einnimmt, bei der Kapitalgesellschaft bleibt, der GmbH und Co. KGaA. Was Eintracht sich den Rückkauf der Rechte seinerzeit hat kosten lassen, will Soeren Oliver Voigt nicht sagen. „Das ist ein Vertragsdetail, über das wir keine Auskunft geben.“ Auch Michael Kölmel wollte sich auf mehrfache Anfrage unserer Zeitung nicht dazu äußern. Auch nicht zu der Frage, ob er sich rückblickend ärgert, dass er sich 2009 überhaupt von den Rechten getrennt hat. Zwei Jahre später nämlich stieg Eintracht in die 2. Liga auf, wiederum zwei Jahre später sensationell sogar in die 1. Liga. Was zur Folge hatte, dass die Markenrechte des Klubs mit einem Schlag extrem in ihrem Wert stiegen. Das konnte Unternehmer Kölmel 2009 jedoch genauso wenig absehen wie den im Herbst 2011 begonnenen Umbau des EintrachtStadions, in dessen Zuge 20 VIP-Logen entstanden. Deren Vermarktung spült den Blau-Gelben seit der Saison 2013/14 viel Geld in die Kasse. Einnahmen, an denen Kölmel nicht mehr partizipiert. Was ist mit den TV-Rechten? Als Gegenleistung für die Einmalzahlung in Höhe von 2,5 Millionen Euro trat die Eintracht im Jahr 2000 nicht nur ihre Marken- und Vermarktungsrechte an die Sportwelt ab, sondern auch einen Teil ihrer Fernseheinnahmen. Wie viel Prozent das konkret waren, will Geschäftsführer Voigt ebenfalls nicht sagen. „Das ist ein Bestandteil des Vertrags, der der Verschwiegenheit unterliegt.“ Dabei ist diese Zahl im Jahresabschluss der GmbH & Co. KGaA für Jedermann einsehbar. „Aufgrund vertraglicher Vereinbarungen stehen dem Vertragspartner 15 Prozent der Erlöse aus der Verwertung der audiovisuellen Rechte zu“, heißt es in der Bilanz zum 30. Juni 2014, die seit Juli dieses Jahres im Internet abrufbar ist. Das heißt: Von den knapp 9,6 Millionen Euro, die Eintracht in der Zweitliga-Saison 2014/15 aus dem Fernsehgeld-Topf der Deutschen Fußball-Liga (DFL) bekommen hat, musste der Klub wohl gut 1,4 Millionen Euro abdrücken an die sogenannte MB Fußballbeteiligungs- und Vermarktungs GmbH, deren Geschäftsführer laut Bundesanzeiger Michael Kölmel ist. Dieser dürfte sich vor allem im Braunschweiger Erstliga-Jahr vor Freude die Hände gerieben haben: Für die Saison im Oberhaus des deutschen Fußballs bekam Eintracht etwas mehr als 18 Millionen Euro Fernsehgeld, wovon 2,7 Millionen Euro an den heute 61-Jährigen gingen – eine stolze Summe. Nach Berechnungen unserer Zeitung dürfte der Medienunternehmer seit dem Braunschweiger Zweitliga-Aufstieg im Jahr 2011 bereits mehr als sechs Millionen Euro von Eintracht überwiesen bekommen haben. Geld, das der Klub sicherlich gerne anderweitig investiert hätte. Dabei können die Blau-Gelben noch von Glück sprechen, dass der Vertrag mit der Kölmel-Gruppe zum 1. Juli 2009 neu gestaltet wurde. Wie Recherchen unserer Zeitung ergeben haben, standen dem Unternehmer bis dato sogar 25 Prozent von Eintrachts jährlichen TVEinnahmen zu. Absolut gesehen bekam Kölmel damals allerdings deutlich weniger Geld als heute, schließlich kassierten die Braunschweiger zu Drittliga-Zeiten nur 800 000 Euro Fernsehgeld pro Saison. Peanuts im Vergleich zu den Summen, die die Klubs in der Bundesliga durch die zentrale Vermarktung der audio-visuellen Rechte erhalten. Wie lange läuft der Vertrag mit Sportwelt noch? Der Vertrag, den Eintracht im Jahr 2000 mit der Sportwelt geschlossen hat, ist damals zeitlich nicht befristet worden. Demnach hätte der Klub auf unbestimmte Zeit einen Teil seiner Einnahmen an Kölmel abtreten müssen. Eine zutiefst unbefriedigende Situation für die heutige Vereinsführung. Umso glücklicher sind die Verantwortlichen des Zweitligisten, dass es ihnen in Verhandlungen mit Michael Kölmel gelungen ist, den ursprünglich unbefristeten Vertrag bis 2032 zu befristen. Damit ist ein Ende zumindest in Sicht. Zudem muss der Klub nach eigenen Angaben künftig deutlich weniger als die bislang jährlich 15 Prozent seiner Erlöse aus den audio-visuellen Rechten an die Kölmel-Gruppe abtreten. Nach Informationen unserer Zeitung ist der Prozentsatz halbiert worden. „Diese Einigung ist ein Meilenstein in der jüngeren Geschichte der Eintracht“, jubelte Soeren Oliver Voigt, als der Vertragsabschluss Dienstag bei der Jahreshauptversammlung verkündet wurde. Was sich der Klub diese Einigung mit Michael Kölmel hat kosten lassen, verriet der Geschäftsführer nicht. Ein Leser namens „Stimmt“ schreibt auf unseren Internetseiten zur Eintracht-Hauptversammlung: ZUR PERSON: MICHAEL KöLMEL Bekannt wurde der promovierte Volkswirt Michael Kölmel vor allem durch die Gründung der Kinowelt, einer Verleihfirma für Kinofilme. Drei Jahre nach dem viel beachteten Börsengang musste das Unternehmen im Dezember 2001 Insolvenz anmelden. Einen Teil der Firma kaufte Kölmel selbst anschließend wieder aus der Insolvenzmasse auf. Ebenfalls Insolvenz anmelden musste die von Kölmel gegründete Sportwelt Beteiligungs GmbH, die viel Geld in tief gesunkene Traditionsvereine investiert hatte, um von einer etwaigen Rückkehr des Erfolges profitieren zu können. Sportwelt ist oder war an folgenden Klubs beteiligt: FC Magdeburg, Dynamo Dresden, VfB Leipzig, Eintracht Braunschweig, Union Berlin, Rot-Weiß Essen, Sachsen Leipzig, Carl Zeiss Jena, Borussia Mönchengladbach, Alemannia Aachen, Waldhof Mannheim, SSV Ulm, Karlsruher SC und Fortuna Düsseldorf. Michael Kölmel musste sich im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch der „Sportwelt“ vor Gericht verantworten, welches ihn im Juni 2014 wegen Untreue und vorsätzlicher Insolvenzverschleppung zu einer Bewährungsstrafe von 22 Monaten und einer Geldstrafe von 126 000 Euro verurteilte. Der heute 61-Jährige ist Inhaber der Leipziger WM-Arena und der Buchhandelsfirma Zweitausend eins. schi Es würde mich interessieren, was sich hinter den Andeutungen zum Thema Kölmel verbirgt. Die Antwort recherchierte Christian Schiebold