2/08 FORUM LEBEN LEBEN FORUM 2/08 Weimar – nicht nur klassisch Musik in allen Formen und Farben, Tanz, Theater, Ausstellungen, Literatur und Diskussionen bietet das „pèlerinages“ Kunstfest Weimar. Vom 22. August bis zum 14. September 2008 treffen sich Künstler von Weltrang in der Goethe- und Schiller-Stadt. Von Karena Wagner „Mit Franz Liszt ist die Moderne in Weimar eingezogen“, so beschreibt Nike Wagner, Intendantin des Kunstfestes Weimar und Ururenkelin des großen Musikers, die Bedeutung Liszts für Weimar. Franz Liszt ist die geistige Leitfigur des Kunstfestes. Sein Klavierzyklus „Années de Pèlerinage“ („Pilgerjahre“) hat diesem noch jungen Festival seinen Namen gegeben. „Wie die Kunst selbst, die immer im Aufbruch ist, so machen Kunst-Pilger aus aller Welt das alte Weimar wieder zu einem lebendigen und anregenden Treffpunkt“, so Nike Wagner. Jede Kunstfest-Saison erhält ein Motto. „Unstern!“, das diesjährige Leitmotiv, wurde nach einem späten Klavierstück im Angedenken Liszts ausgesucht. Damit will der Veranstalter das Festival nicht etwa unter einen schlechten Stern stellen. Vielmehr ist der neue Stern im Unstern gemeint, die Hoffnung, die aus dem Überlebenswillen des Menschen und seiner Schaffenskraft in einer chaotischen Welt entsteht. Ausstellungen, Diskussionen und literarisch-filmische Veranstaltungen werden sich diesem gesellschaftlich wichtigen und zugleich sehr menschlichen Thema widmen. Ein politischer „Unstern“ stand einst über dem hellen Geist der Klassikergefilde und hat die Stadt gebrandmarkt. Jedes Jahr gibt es ein großes Orchesterkonzert zu Ehren der Opfer des ehemaligen KZ Buchenwald vor den Toren von Weimar. 2008 wird Lothar Zagrosek Hanns Eislers „Deutsche Sinfonie“ spielen, ein Werk aus dem Exil, noch von Hoffnung auf eine neue, bessere Welt getragen. Glücks-Sterne dagegen funkeln im Eröffnungskonzert am 23. August in Weimar: Die Blechbläser der Berliner Philharmoniker spielen Klassik und Swing. Weiter geht es mit Jazz und Dixie im poetisch illuminierten Weimarhallenpark. Am Vormittag desselben Tages spricht Nike Wagner zum Thema, begleitet von der Klaviermusik der beiden Ungarn und Weltbürger Franz Liszt und György Ligeti. Zentrale Kunst der „pèlerinages“ ist Festival der Vielfalt die Musik Den Festspielbesuchern wird eine Vielfalt der Künste geboten, sie können in Weimar „Stars“ wie hochbegabte junge Künstler erleben. Beim Schwerpunkt zeitgenössischer Tanz zeigen internationale Choreografen ihre Fotos dpa, Kunstfest Weimar, Privat 66 Weltrang in Weimar: Lothar Zagrosek, Angelika Kirchschlager, Yannick Nézet-Séguin, Barbara Sukowa, Vesselina Kasarova und Stella Doufexis (v. l. n. r.) sind beim „pèlerinages“ Kunstfest zu Gast. Produktionen, darunter auch Neuentdeckungen aus Israel. Mit der von der Bundeskulturstiftung finanzierten TanzMedienAkademie erhalten junge Nachwuchskünstler die Gelegenheit, zukunftweisende Projekte im Umfeld von Tanz und Neuen Medien zu realisieren. Als „Star“ gilt sicherlich Barbara Sukowa, ein Theater-Import von den Salzburger Festspielen – sie spielt in Heiner Müllers „Quartett“. Zu den „Stars“ zählt auch Vesselina Kasarova, die ihre Zuhörer mit Arien von Mozart und Haydn begeistern wird. Angelika Kirchschlager singt in einer Uraufführung des Österreichers Christian Muthspiel. Dieser „Lied“-Abend mündet in virtuosem Jazz, den der Komponist mit seinem Trio auf den Wiesen von Weimar inszeniert. Während hier die neue Musik das Wort hat, ertönt älteste Musik aus der Herderkirche – das Belcanto-Ensemble, bestehend aus Künstlern verschiedener Nationalitäten, präsentiert mit Hildegard von Bingens Werk „Ordo Virtutum“ eine Oper aus dem Mittelalter. Zentrale Kunst der „pèlerinages“ ist die Musik. Deshalb gestaltet ein „artist in residence“ jedes Jahr ein eigenes Programm. Dieses Jahr darf man auf Tabea Zimmermann, die weltberühmte Bratschistin (links), gespannt sein. Sie wird vom 6. bis 14. September beim Kunstfest gastieren und als besonderes Highlight Werke von Hollinger und Ligeti spielen, die eigens für sie komponiert wurden. Die Künstlerin bringt auch ihre musikalischen Freunde mit. Zusammen gestalten sie eine eigene, exquisite KammerkonzertReihe mit Werken aus Klassik und Romantik – Haydn, Mozart, Schumann, Brahms –, aber auch der klassischen Moderne von Hindemith und Bartók. Das international anerkannte Arcanto Quartett und ausgewählte Solisten wie die Mezzosopranistin Stella Doufexis sind dabei. Zwei große Orchesterkonzerte rahmen diese Kammermusik-Reihe ein: Zum Auftakt spielt Tabea Zimmermann mit dem Orchestre Philharmonique Luxembourg ein beziehungsreiches Holliger-Liszt-Berlioz-Programm, die Abschlussgala bestreitet sie mit dem Mozarteum Orchester aus Salzburg unter der Leitung des temperamentvollen Shootingstars Yannick Nézet-Séguin. Nach Haydns Sinfonie, genannt „Das Huhn“, erklingt Bartóks Konzert für Viola und Orchester. Und danach? Ravels „Boléro“ zum glanzvollen Kehraus und ein Galadiner im Grand Hotel „Russischer Hof“, einst Franz Liszts Lieblingshotel. ¢ Weitere Informationen und das komplette Programm gibt es im Internet unter www.kunstfest-weimar.de. Die Nummer der Tickethotline lautet 03643/745 745 67