REPORT 17 *Dipl.­Ing. (TU) Klaus Lother Zukünftiger Medienpark in Zürich West mit hochtransparenten Fassaden KREATIV HINTER CLOSED­ CAVITY­FASSADEN 1 Nach der Sanierung präsentiert sich ein vierzig Jahre altes Bürogebäude in Zürich West mit hochtransparen­ ten Closed­Cavity­Fassaden, Loggien und Terrassen. Auf allen Gebäude­ seiten öffnet sich der «Flurpark» jetzt nach aussen. So konnte ein kreatives Arbeitsumfeld mit moder­ nen und flexibel zu gestaltenden Büros geschaffen werden. * Dipl.­Ing. (TU) Klaus Lother Geschäftsführer der Josef Gartner GmbH Eine geschosshohe Verglasung mit eisenoxydarmem Glas verbessert die Tageslichtnutzung, und öffenbare Fensterflügel ermöglichen eine natürliche Belüftung. Ab Ende 2016 will die Ringier Axel Springer AG als Ankermieter im zukünftigen Medienpark 10 000 Quadratmeter beziehen. Bei der Umwandlung des alten Bürogebäudes in ein modernes Dienstleistungsgebäude spielte die Fassade eine entscheidende Rolle. Zwar veränderte sich nicht die Grundform des Gebäudes, dafür die äussere Struktur und Ansicht. Einzigartig ist die neue terrassenförmige Ausbildung der Fassade auf allen vier Gebäudeseiten mit einer umlaufend einheitlichen und über alle Geschosse gleichmässigen Gliederung. Neben der Transparenz sollte die Fassade vor allem Energieeffizienz, Wirtschaftlichkeit und Komfort verbessern. Geplant war zunächst eine moderne Lochbandfassade. Auf Vorschlag von Fassadenbauer Gartner wurde dann eine Closed-Cavity-Fassade (CCF) gewählt, die bauphysikalische Werte einschliesslich Schallschutz verbessert und den Reinigungsaufwand reduziert. Beim zukünftigen Medienpark erreicht die CCF einen Ug-Wert = 0,57 W/m2K und einen Schallschutz von 50 dB. In dem geschlossenen Zwischenraum der zweischaligen Fassade befindet sich ein 2,68 Meter breiter Raffstore mit feinperforierten Lamellen, der bei heruntergefahrenem Sonnenschutz einen Blick nach draussen, aber nicht nach innen bietet. Sanierung eines der grössten Büro­ gebäude in Zürich Das 1976 errichtete Gebäude an der Flurstrasse 55 in Zürich-Altstetten wurde zunächst als Einkaufszentrum geplant und dann zum Geschäftshaus umgeplant. Zuletzt diente es als Rechenzentrum einer Schweizer Grossbank. Nach Plänen der Zürcher Architekten Gutknecht Jäger wurde das 30 Meter hohe Bürogebäude, das zu den grössten der Stadt zählt, innerhalb von 18 Monaten komplett skelettiert und auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Der 2015 eröffnete «Flurpark» im boomenden Geschäftsviertel Zürich West bietet heute 16 000 Quadratmeter modernste Büroflächen für etwa 1000 Beschäftigte. Er erfüllt den Schweizer Minergie-Standard für energieeffizientes Bauen, ist gut mit Zug, Tram und Bus erschlossen und liegt in der Nähe zur Autobahn und zum Flughafen. Vor der Sanierung war das Gebäude weitgehend nach aussen abgeschirmt. Heute öffnet sich der FASSADE FAÇADE 2/2016 18 REPORT fünfstöckige Flurpark nach aussen und zeichnet sich architektonisch durch eine kubische Gliederung mit zurückgesetzten Flächen aus, die Terrassen bilden. Weitere Besonderheiten sind die horizontale Struktur und die gestaffelten Einschnitte über die gesamte Gebäudehöhe. In jedem Geschoss finden sich Rücksprünge, Terrassenflächen und Fassadenecken. Der Hauptzugang wurde auf Strassenniveau herabgesetzt. Auch können die Räume im Erdgeschoss an der Flurstrasse öffentlich genutzt werden. Inspirierender Mix von Innen­ und Aussenbereichen, privaten und öffentlichen Räumen 2 1 Der zukünftige «Medienpark» als lichtdurchflutetes Gebäude mit Ansicht von der Flurstrasse im Westen. Horizontalschnitt 2 Ausblick auf eine der zahlreichen neu geschaffenen Terrassen. 3 Die Ganzglasecken am Flurpark vermitteln eine Leichtigkeit der Transparenz. 4 Südwest-Ansicht mit dem im Hochparterre befindlichen Erdgeschoss und dem Laubengang, der terrassenförmigen Ausbildung der Fassade in den Obergeschossen und den neu entstandenen Terrassen und Loggien auf den verschiedenen Ebenen. 5 Detailansicht einer Ganzglasecke von der Aussenseite der Terrasse. 6 Öffenbare Fensterflügel in der CCF-Fassade. Bildnachweis: Stephan Liebl, Dillingen FASSADE FAÇADE 2/2016 Der Flurpark besteht aus sechs oberirdischen mit teils zwei Stockwerke hohen Räumen sowie vier unterirdischen Stockwerken. Über eine repräsentative zweigeschossige Eingangshalle erreicht man die Büros über sechs Personenund Warenaufzüge und erschliesst öffentliche Bereiche wie Restaurant, Kinderkrippe und Re- tail. Öffentliche und halböffentliche Bereiche wie Bürovorzonen überlappen sich. Im 1. und 2. Obergeschoss wurden je vier Loggien geschaffen, im 3. und 5. Obergeschoss grosszügige Terrassen. In den Obergeschossen sind die Büros um den Erschliessungsbereich angeordnet und lassen sich von Mietern frei in Grossraum- oder Einzelbüros unterteilen. Vertikale Fassadenprofile ermöglichen alle 2,8 Meter einen Wandanschluss und damit eine flexible Raumnutzung. Im 5. Obergeschoss befinden sich über zwei Geschosse verbundene Büroräume mit begehbaren Aussenflächen. Mit seinen verschiedenen Innen- und Aussenbereichen sowie privaten Büroräumen und öffentlichen Räumen bietet der Flurpark einen inspirierenden Mix. Die geschosshohe Verglasung mit hochtransparentem Glas verbessert nicht nur den Einfall von Tageslicht, sondern schafft neue Sichtverbindungen und öffnet das Gebäude. Ein solches Arbeitsumfeld soll Kreativität, Kommunikation und Leistungsfähigkeit fördern. Zum Arbeitskomfort trägt auch eine gute Klimatisierung REPORT 3 4 ① Fassadenelement ⑤ Lüftungsklappe/Paneel ② 3fach-Isolierglas Ug 0,7 W/m2K ⑥ Luftzufuhr Cavity ③ Prallscheibe ESG/HSV ⑦ Unterflurkonvektor ④ Rafflamellenstoren mit Antrieb ausserhalb Cavity ⑧ Fassaden-Aufhängung 19 5 bei. Die Räume lassen sich über öffenbare Fensterflügel natürlich belüften. Zusammen mit fünf modernisierten Klimaanlagen wird die Raumluft systematisch erneuert. Dass der Flurpark Kreative anzieht, zeigt der neue Ankermieter. Die beiden Medienunternehmen Ringier AG und Axel Springer SE, die zum 1. Januar 2016 das Gemeinschaftsunternehmen Ringier Axel Springer Schweiz AG starteten, wollen mit über 600 Mitarbeitern Ende 2016 die obersten drei Etagen belegen. Zum Einzug soll der Flurpark dann in «Medienpark» umbenannt werden. Dort sollen die Geschäftsleitung, die Zeitschriften-Redaktionen und -Geschäftsbereiche sowie einige Servicebereiche zusammenziehen. Im Medienpark sollen dann sämtliche Deutsch- und Westschweizer Zeitschriftentitel von Ringier inklusive Online-Angeboten hergestellt sowie das gesamte Schweiz-Geschäft von Springer konzentriert werden. Angeboten werden 29 Titel wie die Schweizer Illustrierte, Bilanz, SI Style und Tele. 7800 Quadratmeter Closed­Cavity­ Fassaden und 700 Quadratmeter Pfosten­Riegel­Fassaden 6 Ausgeschrieben waren für den Flurpark Lochbandfassaden, die auf elementierte Brüstungskoffer aufgesetzt werden sollten. Auf Vorschlag von Gartner und in Abstimmung mit dem Fassadenberater, der FASSADE FAÇADE 2/2016 20 REPORT 7 West-Ansicht mit angrenzender Parkanlage auf die abgetreppte Fassade. 8 Closed-Cavity-Fassade mit Sonnenschutz und eingelassener Glasfaserbetonplatte. 9 Starterelement der CCF im 1. Obergeschoss und Geschossdeckenausbildung. 10 Blick aus einem der geschosshoch verglasten Büroräume mit vorgelagerter Terrasse. 7 Vertikalschnitt Sturz Badener Mebatech AG, entschied sich der Bauherr für vorgehängte Elemente einer Closed-CavityFassade (CCF) mit Glasfaserbetonplatten, die in die Konstruktion vertieft eingelassen wurden, um die gewünschte Struktur zu erreichen. Mit dieser optimierten Lösung konnten wichtige bauphysikalische Werte verbessert werden. Fassadenbauer Gartner hat den Flurpark mit einer 8500 Quadratmeter grossen Fassadenfläche verkleidet, davon rund 7800 Quadratmeter CCF und rund 700 Quadratmeter Pfosten-Riegel-Fassaden. Weiter wurden fünf automatische Schiebetüren und für die Terrassen rund 800 laufende Meter Glasbalustraden sowie 23 Dachflächenfenster mit windstabilem Sonnenschutz geliefert. Im Erdgeschoss wurden daneben noch 18 alte Stahlstützen mit einem Umfang von 400 mal 400 Millimetern mit dekorativen Aluminiumblechen verkleidet. Geschlossene zweischalige Konstruk­ tion mit hochtransparenten Gläsern und hocheffizientem Sonnenschutz ① Fassadenelement ② 3fach-Isolierglas Ug 0,7 W/m2K ③ Prallscheibe ESG/HSV ④ Rafflamellenstoren mit Antrieb ausserhalb Cavity ⑥ Luftzufuhr Cavity 8 FASSADE FAÇADE 2/2016 Die Closed-Cavity-Fassade (CCF) ist eine zweischalige Fassade mit einem komplett geschlossenen Zwischenraum. Im nachhaltigen Bauen setzt der von Gartner entwickelte Fassadentyp mit einem Ucw-Wert von bis zu 0,59 W/m2K neue Massstäbe. Mit herkömmlichen Fassaden sind solch niedrige Ucw- und g-Werte nur zu erzielen, wenn die Lichttransmission der Gläser beispielsweise durch Sonnenschutzbeschichtungen eingeschränkt wird. Die Anforderungen an Transparenz standen immer in Widerspruch zum Wärmeschutz. Bei der CCF-Fassade können dagegen hochtransparente eisenoxydarme Gläser verwendet werden, die keine Beschichtung für den Sonnenschutz benötigen. Denn im geschützten Fassadenzwischen- REPORT raum können hocheffiziente Sonnenschutzanlagen mit empfindlicher Steuerung oder mit Lichtlenkung und Retroreflexion eingebaut werden, die dauerhaft wirksam bleiben. Diese tageslichtoptimierten Gläser bieten eine maximale Transparenz und gute Farbwiedergabewerte. Auch die Betriebs- und Wartungskosten werden mit dieser Konstruktion nachhaltig gesenkt. So werden zentrale Kriterien für ein Green Building erfüllt. Unter Berücksichtigung der klimatischen Bedingungen wird dem Fassadenzwischenraum der einzelnen Elemente über exakt dimensionierte Schläuche konstant trockene Luft zugeführt, die über ein Niederdruckrohrnetz von der Technikzentrale zur Fassade geführt wird. Der leichte Überdruck ermöglicht eine Druckentspannung im Fassadenzwischenraum, und die entfeuchtete Luft verhindert bei Temperaturschwankungen eine Kondensatbildung in der Kavität. Aufgrund der hermetischen Abdichtung wird vermieden, dass die Innenseiten der Verglasung und die Oberflächen des Sonnenschutzes verschmutzen, was Reinigungs- und Unterhaltskosten erspart. Da der geschlossene Fassadenzwischenraum vor der Witterung geschützt ist und nicht verschmutzen kann, muss er im Unterschied zu offenen Vertikalschnitt Decke ① Fassadenelement ③ Prallscheibe ESG/HSV ⑤ Unterflurkonvektor ② 3fach-Isolierglas Ug 0,7 W/m2K ④ Glasfaserbetonplatte ⑥ Fassaden-Aufhängung 9 21 zweischaligen Fassaden nicht gereinigt werden. Die Reinigungsaufwand halbiert sich etwa und entspricht damit dem einer einschaligen Fassade. Auch sind alle Regelungseinheiten der CCFFassade annähernd wartungsfrei ausgelegt. Die Kosten für die Wartung und Reinigung des neuen Fassadentyps sind daher relativ gering. Closed­Cavity­Fassade mit öffenbaren Fensterflügeln und aufgeklebten Aluminiumprofilen Von den 780 eingebauten Elementen der CCF am Flurpark sind 121 Starterelemente, 585 Standardelemente, 13 Innenecken und 60 Aussenecken. Die ca. 1,8 Tonnen schweren Standardelemente sind 2,80 Meter breit und 4,20 Meter hoch. In den Obergeschossen sind einflügelige Türen und in der CFF manuelle Lüftungsflügel integriert. Ein Dreh-Beschlag ermöglicht eine 282 Millimeter breite Fensteröffnung zur natürlichen Belüftung der Räume. Eine weitere Besonderheit neben den öffenbaren Fensterflügeln sind die aufgeklebten Aluminiumsprossen zur horizontalen Gliederung der Fassade. Diese aussenliegenden horizontalen Sprossen auf der Prallscheibe mussten im Stehen verklebt werden, weil die Scheibe im Liegen zu weit durchhing und ein planes Verkleben unmöglich machte. In der Fertigung mussten die CCF-Elemente also von der Linie genommen, aufgestellt, mit den horizontal angeordneten Sprossen beklebt und anschliessend nach der erforderlichen Aushärtezeit wieder auf der Linie weiter bearbeitet werden. Innen ist die CCF am Flurpark mit einem Dreifach-Isolierglas mit zweifacher Wärmeschutzbeschichtung und aussen mit einer einfachen VSG-Scheibe als Prallscheibe mit vollflächigem Siebdruck im Bereich des Sonnenschutzes verglast. So erreicht die CCF einen Ug-Wert = 0,57 W/m2K. Das Dreifach-Isolierglas ist folgendermassen aufgebaut: aussen mit Ipaclear-Floatglas mit einer Wärmeschutzschicht Low-iplus-E 6 mm, SZR schwarz 14 mm, in der Mitte mit Planiclear-Floatglas 6 mm, SZR schwarz 14 mm und innen mit VSG bestehend aus Ipaclear-Floatglas mit einer Wärmeschutzschicht Low-iplus-E 6 mm und Planiclear-Floatglas 6 mm. Ipaclear und Planiclear sind helle Floatgläser, die zwischen Standard-Float und Weissglas angesiedelt sind und speziell für höhertransmissive Dreifach-Isoliergläser hergestellt werden. In dem geschlossenen Fassadenzwischenraum befindet sich ein 2,68 Meter breiter Raffstore mit feinperforierten Lamellen. Auch in geschlossenem Zustand wird es in den Räumen nie ganz dunkel. Bei diesem diffusen Licht kann man zwar FASSADE FAÇADE 2/2016 22 REPORT Fazit: Geräuscharmes und kreatives Arbeiten mit viel Tageslicht Die Closed-Cavity-Fassade am zukünftigen Medienpark ermöglicht ein geräuscharmes und kreatives Arbeiten mit viel Tageslicht. Für die Sanierung und die Verwandlung des ehemals abgeschlossenen Gebäudes in ein nach allen Seiten offenes Gebäude mit modernsten Büros spielt die CCF eine zentrale Rolle. Bautafel Flurpark Zürich Bauherr: SPS Immobilien AG, Zürich 10 von innen nach aussen sehen, jedoch nicht von aussen in die Büroräume. Mit Trockenluft gegen Kondensatbildung werden die CCF-Elemente über ein Aggregat im 6. OG versorgt. Diese von Gartner speziell für die CFF entwickelte Anlage zur Luftaufbereitung besteht aus einem Kältetrockner, einem Seiten- FASSADE FAÇADE 2/2016 kanalverdichter, einem Adsorptionstrockner und einem Filter. Die Luft wird angesaugt, läuft durch verschiedene Filter zum Gebläse und wird komprimiert in die Leitungen geblasen. Die gesamte Trockenluftanlage, die aus zwei redundanten Anlagen besteht, benötigt lediglich einen 2,50 hohen und 5×3 Meter grossen Raum. Architekt: Gutknecht Jäger Architektur GmbH, Zürich Auftraggeber: Implenia Schweiz AG, Zürich Fassadenplaner: Mebatech AG, Baden Fassade: Josef Gartner GmbH, Gundelfingen/Deutschland Nähere Informationen: www.josef-gartner.de