Dioxinskandal brachte Kunden – doch für wie lange und für welche

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MarkTdaten
Dioxinskandal brachte Kunden – doch für
wie lange und für welche Produkte?
Der Skandal um dioxinverseuchtes Futtermittel Ende vergangenen Jahres führte den Bio-Läden neue Kunden zu. Eine Studie
des Handelspanels Biovista deutet darauf hin, dass viele von ihnen auch noch Monate später im Fachhandel einkaufen.
Allerdings bevorzugt bestimmte Produkte. // Leo Frühschütz
Der Dioxinskandal hat den Bio-Läden einen kräftigen
Umsatzzuwachs beschert. Doch was haben die Neukunden
neben Bio-Eiern noch gekauft? Kommen sie überhaupt noch
in den Bio-Laden? Um Antworten darauf zu finden, hat das
Handelspanel Biovista für den BioHandel Daten der am Panel
teilnehmenden Läden bis Ende Mai ausgewertet.
Umsatzsprung im Januar und Februar
Im Januar 2011 haben die Biovista-Läden auf bestehender Fläche den Umsatz um 11,4 Prozent im Vergleich zum
Vorjahresmonat gesteigert. Im Februar waren es sogar 13
Prozent. Im März und April betrugen die Zuwachsraten noch
rund 7 Prozent. Für Mai meldet Biovista ein Plus von 12,1
Prozent. Allerdings hatte der Mai 2011 auch drei Verkaufstage mehr als der Mai 2010. Zum Vergleich: 2010 lag das
Wachstum im Durchschnitt bei 5,6 Prozent, wobei März und
April damals nach dem Dezember die mit Abstand stärksten
Monate waren.
Die Bonauswertung zeigt, dass die im Januar 2011 auf
durchschnittlich 289 hochgeschnellte Zahl der Kunden bis
April stabil blieb. Das lässt den Schluss zu, dass es gelungen
ist, einen beträchtlichen Teil der Neukunden an den Fachhandel
zu binden. Allerdings ging die Zahl der täglichen Kunden im
Mai auf 274 zurück. Womöglich zeigt sich darin bereits die
1
Ehec-Aufregung. Auch kauften die Neukunden im Schnitt nicht
so hochpreisig ein wie die Stammkundschaft.
Die Umsatzzuwächse im Januar waren in der Region Nord mit
über 23 Prozent besonders hoch. Grund dafür dürfte die regionale Nähe zur Quelle der Dioxinbelastung, einem schleswigholsteinischen Futtermittellieferanten, sein. Profitiert haben laut
Biovista alle Läden über 100 Quadratmeter gleichermaßen. Bei
den kleineren Läden war der Wachstumsschub nicht ganz so groß.
Nicht nur Eier und Fleisch profitieren
Vergleicht man die Umsatzentwicklung nach Warengruppen
von Januar bis Mai 2011 (Abb. 1) gehörten vorverpackte Eier
mit einem Umsatzplus von 22,4 Prozent im Januar zu den gefragtesten Lebensmitteln, gefolgt von Fleisch und Wurst mit gut
20 Prozent. Überproportional nachgefragt wurden auch die Warengruppen Joghurt/Desserts, SB-Käse und Milcherzeugnisse.
Auch Fleisch- und Milchersatz profitierten vom Dioxinskandal. Im
Januar verzeichnete Biovista für Rollen, Burger, Bratlinge und
Snacks einen Umsatzanstieg von 23,9 Prozent gegenüber dem
Vorjahresmonat (Abb. 2). Brotaufstriche und vegetarische Fertiggerichte wuchsen ebenfalls zweistellig. Soto, Natumi, Sojade
und Wheaty konnten ihre Umsätze um bis zu 20 Prozent steigern.
Auch die Kategorie Tofu hatte ein deutliches Wachstum zu verzeichnen. So legte beispielsweise Taifun um zehn Prozent zu.
Umsatzentwicklung verschiedener Warengruppen Januar bis Mai 2011 in Prozent
41,0%
Quelle: biovista
Umsatzzuwächse im Vergleich zum Vorjahreszeitraum
31,4%
22,4%
22,3%
20,6%
12,1%
19,0%
15,8%
14,6%
12,1%
12,0%
9,1%
1,0%
20
BioHandel 8|11
12,6%
12,6%
11,3%
8,3%
5,1%
Jan Feb Mrz Apr Mai
Eier (vorverpackt)
11,1%
12,0%
Jan Feb Mrz Apr Mai
Fleisch, Wurst, Fisch
12,0%
7,0%
6,5%
4,2%
2,1%
Jan Feb Mrz Apr Mai
Joghurt, Dessert
Jan Feb Mrz Apr Mai
SB-Käse
Jan Feb Mrz Apr Mai
Milcherzeugnissse
13,5%
8,9%
13,3%
8,9%
5,7%
Jan Feb Mrz Apr Mai
Frischconvenience
©Fotolia
Marktdaten Biovista schreibt dazu: „Auf Basis dieser Zahlen lässt sich die
Aussage treffen, dass der Fachhandel seit dem Dioxin-Ereignis
einige Kunden binden konnte. Sicherlich ist diese Entwicklung
jedoch nicht nur auf Neukunden zurückzuführen, sondern auch
auf die zunehmende Nachfrage von Bestandskunden, die einen
Ersatz für Fleischprodukte suchen.“
|
Hintergrund
lich. Bei den vorverpackten Eiern sank nach 22 und 31 Prozent
der Zuwachs im März auf nahezu Null und stieg im April auf 41
Prozent. Der Grund: Ostern mit seinem hohen saisonalen Eierbedarf fiel 2010 in den März und 2011 in den April. Im Schnitt
über beide Monate waren es also 2011 immer noch 20 Prozent
mehr Eierumsatz. Auch der Mai mit plus 12 Prozent lag noch
weit über dem Durchschnitt. Bei den Eiern ist es also gelungen,
einige Neukunden dauerhaft an den Bioladen zu binden. Bei
Fleisch, Wurst, Fisch hingegen ist der Zuwachs bis Mai auf Normalniveau gesunken und liegt wieder im Rahmen des üblichen
Wachstums. Diese Produkte kaufen die Neukunden anscheinend
wieder außerhalb des Bio-Fachhandels. Treu geblieben sind sie
hingegen dem SB-Käse, der in allen fünf Monaten überdurchschnittliche Zuwachsraten zeigte. Schwer zu interpretieren ist
die Entwicklung bei den Milcherzeugnissen, Joghurt/Desserts
und Frischconvenience. Hier fielen die Zuwachsraten bis April,
um im Mai wieder kräftig anzusteigen. Christina Kötzle von
Biovista geht davon aus, „dass die auffälligen Umsatz-Steigerungen im Mai hauptsächlich durch die drei Mehr-Verkaufstage
gegenüber 2010 entstanden sind.“ Auch könnten bei einzelnen
Marken Produktneueinführungen, Relaunches oder Aktionen
den Umsatz angekurbelt haben. „Aus den Daten lässt sich aber
auf jeden Fall die Aussage ziehen, dass der Handel seit dem
Dioxin-Ereignis einige Kunden binden konnte, die sich gerne
an den Sortimenten im Frischebereich bedienen.“ <
Verbundkäufe lassen Bereich Frische wachsen
Im Bereich Frische entwickelte sich im Januar die Kategorie
Schnittkäse mit knapp 30 Prozent am stärksten (Abb. 3). Auch
„Fruchtjoghurt (Kuh)“ und „Sauermilchprodukte“ legten um
mehr als 20 Prozent zu. „Das Wachstum dieser Kategorien
basiert vermutlich auf sogenannten Verbundkäufen: Kunden,
die mit dem Ziel in den Bio-Fachhandel gehen, unbelastete
Eier zu kaufen, greifen noch zu weiteren Artikeln des täglichen
Bedarfs“, vermutet Biovista.
Einige Warengruppen zeigten bis in den Mai hinein ein stabiles Wachstum, bei anderen ist die Entwicklung uneinheit2
Umsatzentwicklung von Warengruppen im Bereich
Fleisch- und Milchersatz
3
So misst Biovista
An den Erhebungen des Marktforschungs-Unternehmens
beteiligen sich aktuell knapp 180 Einzelhändler aus ganz
Deutschland. Im Schnitt erwirtschaften sie einen Jahresumsatz von über 1,3 Millionen Euro auf einer durchschnittlichen Fläche von gut 270 Quadratmetern. Biovista ermittelt
die Daten auf Basis einer flächenbereinigten Stichprobe.
Umsatzentwicklung von Warengruppen im Bereich Frische
Prozentuale Steigerung im Januar 2011 im Vergleich zu Januar 2010
Prozentuale Steigerung im Januar 2011 im Vergleich zu Januar 2010
29,3%
Schnittkäse
22,4%
Eier
Rollen, Burger, Bratlinge, Snacks
23,9%
gekühlt. veg. Brotbelag
19,0%
Pikante Brotaufstriche
17,1%
Joghurt Soja
16,4%
pflanzl. Sahneprodukte
14,8%
Tofu (alle Arten u. Vergleichbares)
12,6%
Pasteten
Soja-. Reis-, Hafermilch
veg. Frischconvenience
11,5%
7,0%
6,1%
21,4%
Fruchtjoghurt (Kuh)
20,4%
Sauermilchprodukte
11,0%
Quark
10,6%
Butter
10,3%
Frischkäse
9,9 %
Schafs- und Ziegenkäse
9,4%
Naturjoghurt (Kuh)
7,9 %
Dessert
Trinkjoghurt
Milch (alle Milcharten)
7,9%
5,0%
Quelle: biovista
8|11 BioHandel
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