Value-at-Risk

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Value-at-Risk
Dr. Richard Herrmann
Nürnberg, 14. November 2006
IVS-Forum
Gliederung
• Modell
• Beispiel aus der betrieblichen Altersversorgung
• Verteilung des Gesamtschadens
• Value-at-Risk und Tail Value-at-Risk
• Risikobeurteilung einer Pensionskasse
• Hinweise für die Praxis
Seite 2
Modell
• Hauptgesamtheit der versicherten Personen
gesamter Bestand
Abrechnungsverband
Versicherte in einem Tarif
Versorgungsberechtigte in einem Pensionsplan
• Verschiedene Ursachen, aus der Hauptgesamtheit in eine Nebengesamtheit
auszuscheiden
• Typische Ausscheideursachen können beispielsweise sein:
in der Lebensversicherung: Tod, Rückkauf, Beitragsfreistellung
in der Krankenversicherung: Tod, Storno
in der betrieblichen Altersversorgung: Tod ohne Witwe, Tod mit Witwe,
Invalidität, Ausscheiden mit oder ohne unverfallbare Ansprüche, Portabilität,
Wechsel in den Altersruhestand.
Seite 3
Modell
Ausscheidewahrscheinlichkeiten
Für das Mitglied j der Hauptgesamtheit bezeichne für die Ausscheideursachen
h = 1, …, m
q (hj )
= P (Ausscheiden wegen Ursache h)
die Wahrscheinlichkeit aus der Hauptgesamtheit auszuscheiden und
q (0)
=
j
1−
m
h =1
q (hj )
die Wahrscheinlichkeit, in der Hauptgesamtheit zu verbleiben.
Da es sich bei der Hauptgesamtheit um Versicherungen handelt, wird im
Folgenden ausgeschlossen, dass sämtliche Ausscheidewahrscheinlichkeiten
null sind, d. h.
∃ h ∈ {1, …, m} mit
q (h)
>0
j
Seite 4
Modell
Zufallsvariable des Ergebnisses
Bezeichne die Zufallsvariable Xj für Mitglied j das Ergebnis (Aufwand bzw. Ertrag) für die
Versicherung im Geschäftsjahr, dann gibt es für Xj (m + 1) mögliche Realisationen.
Bezeichne
Rj
=
{r
(h )
j
∈
, h = 0, 1, ..., m}
die Menge der möglichen Realisation von Xj.
Für Erwartungswert und Varianz von Xj gilt dann
m
E(Xj)
=
Var(Xj)
=
h =0
m
h =0
q (hj ) ⋅ rj(h ) =: µ j
q (hj ) ⋅ ( rj(h ) − µ j ) =: σ 2j
2
Darüber hinaus existieren auch die Momente höherer Ordnung.
Für die Versicherung ergeben sich die Realisationen von Xj als Differenzen zwischen dem
vorhandenen Vermögen und der zu erbringenden Leistung.
Seite 5
Modell
Bezeichne
L(h)
den Barwert (zu Beginn des Jahres) aller Leistungen, die bei Ausscheiden
aus der Hauptgesamtheit aufgrund der Ursache h (h = 1, …, m) fällig
werden,
L(0)
den Barwert (zu Beginn des Jahres) bei Verbleiben in der
Hauptgesamtheit.
0V
=
Deckungskapital am Beginn des Jahres bei Zugehörigkeit zur
Hauptgesamtheit
P
=
Prämie (fällig zu Beginn des Jahres)
PS
=
Sparprämie
v
=
1
1+ i
, i = Zins
Seite 6
Modell
Dann gilt
0
V+P =q
(0)
j
⋅L
h =1
q
h =1
= L
+
m
h =1
= L
(0)
q (j h ) ⋅ L( h )
m
= 1−
(0)
m
+
(0)
+
(h )
j
L
m
h =1
q (j h ) ⋅ L( h )
q (j h ) ( L( h ) − L( 0 ) )
m
h =1
+
( 0)
q (j h )
= 0V + P +
(L
(h)
− L( 0) )
Risikokapital K (h) für
Ausscheideursache h
m
S
h =1
q (j h ) ⋅ K ( h )
Seite 7
Modell
(h )
Für die individuelle Schadenfunktion werden die Realisationen rj von X j wie folgt
festgelegt
rj(h )
= K (h ) = L(h) − L(0)
rj(0)
= L(0) − L(0) = 0
für h = 1, ..., m
Der Erwartungswert E(Xj) ist dann
E(Xj ) =
m
h =0
m
=
h =0
=
q (hj ) ⋅ rj(h )
q (hj ) ( L(h) − L(0) )
V + P − L(0)
0
Seite 8
Beispiel aus der betrieblichen Altersversorgung
• Pensionszusage auf gleichbleibender Jahresrente R, 60 % Witwenrentenanwartschaft
• Populationsmodell der Richttafeln, d.h. drei Ausscheideursachen: Invalidität, Tod mit
Witwe, Tod ohne Witwe
• Barwerte, riskierte Kapitale und Ausscheidewahrscheinlichkeiten
Verbleiben in der Hauptgesamtheit (h = 0)
Tod mit Witwe (h = 2)
L(0) = v 1V
L(2) = w ⋅ R ⋅ v 2 ⋅ a wy( x + k ) + 1
1
= v ⋅ R ⋅ (a
K
(0)
aiA
x + k +1
+ w ⋅a
aw
x + k +1
− P⋅a
a
x + k +1
)
2
K
= 0
q
(2)
(2)
j
= L −L
(2)
(0)
= q aax + k ⋅ h x + k
= 1 − i x + k − q aax + k
q (0)
j
Invalidität (h = 1)
(
1
2
L(1) = R ⋅ v ⋅ a ix + k + 1 + w ⋅ a iw
x+k+ 1
2
2
Tod ohne Witwe (h = 3)
)
L(3) = 0
K (3) = − L(0 )
K (1) = L(1) − L(0)
q (3)
= q aa
j
x + k ⋅ (1 − h x + k )
= ix +k
q (1)
j
Seite 9
Beispiel aus der betrieblichen Altersversorgung
Der Erwartungswert des Einzelschadens beträgt bei gleichem Populationsmodell und gleichen Ausscheidewahrscheinlichkeiten wie für die Bewertung
(
)
(
aw
a
aiA
aw
a
E ( X j ) = R a aiA
x + k + w ⋅ a x + k − P ⋅ a x + k,z − x − k + P − v ⋅ a x + k +1 + w ⋅ a x + k +1 − P ⋅ a x + k +1,z − x − k −1
Zusätzliche Berücksichtigung der Fluktuation
• Modifikation der Ausscheidewahrscheinlichkeiten für Tod und
Invalidität erforderlich
• Modellerweiterung
= Fluktuationswahrscheinlichkeit
q (4)
j
Dann gilt
aw
L(4) = v ⋅ u ⋅ R ⋅ ( a aiA
x + k +1 + w ⋅ a x + k +1 )
K (4) = L(4) − L(0)
mit u < 1 Unverfallbarkeitsfaktor
L(4) = 0
oder
K (4) = − L(0)
falls keine Ansprüche aufrechterhalten werden
Seite 10
)
Verteilung des Gesamtschadens
Der Gesamtschaden des Versicherungsunternehmens (bzw. eines Teilbestandes) ergibt sich als Summe der Einzelschäden
Sn
n
=
j =1
Xj
Es gilt dann
E ( Sn ) =
n
j =1
E(Xj ) =
n
j =1
µj
und wegen der Unabhängigkeit der Xj
Var ( Sn ) =
n
j =1
Var ( X j ) =
n
j =1
σ2j
Seite 11
Verteilung des Gesamtschadens
Berechnung der Gesamtschadenverteilung durch Faltung
Da die Verteilungen der Einzelschäden bekannt sind, kann die Gesamtschadenverteilung durch Faltung ermittelt werden mittels
P ( Sn = a ) =
m
h =0
)
(h )
P ( Sn −1 = a − K (h
n ) ⋅ P ( Xn = Kn )
)
wobei K (h
das riskierte Kapital bei Ausscheiden wegen Ursache h (h = 1, …, m)
n
des Mitglieds n aus der Hauptgesamtheit bzw. das Verbleiben in der Hauptgesamtheit (h = 0) bezeichnet.
Mit Hilfe der Faltung kann insbesondere für kleinere Bestände die Gesamtschadenverteilung exakt und zugleich schnell ermittelt werden.
Seite 12
Verteilung des Gesamtschadens
Approximation der Gesamtschadenverteilung durch eine
zusammengesetzte Poisson-Verteilung
Im kollektiven Modell wird der Gesamtschaden S als Summe aus N Einzelschäden und den Schadenhöhen Yi betrachtet und es wird angenommen,
dass die Yi identisch verteilt und die Zufallsvariablen N, Yi, Y2, …
stochastisch unabhängig sind und dass N poissonverteilt ist.
Der Erwartungswert für die Anzahl der Schäden beträgt
n
E(N) =
j=1
P ( X j > 0) =
n
m
n
q
j=1 h =1
(h )
j
=
j=1
(1 − q )
(0)
j
=: λ
Die Verteilung des Gesamtschadens ergibt sich dann für x > 0 durch
x
P(S = x) =
l=0
p*l ( x ) e −λ
λe
l!
Seite 13
Verteilung des Gesamtschadens
Approximation der Gesamtschadenverteilung durch die
Normalverteilung
• Die Einzelschäden Xi sind unabhängig und haben einen Wertebereich, der
höchstens m+1 Werte umfasst
• Die Einzelschäden Xi sind nicht identisch verteilt
zentraler Grenzwertsatz nur gültig, wenn die Lindeberg-Bedingung
erfüllt ist.
• Zentraler Grenzwertsatz gilt, wenn
- für alle Einzelschäden die Momente 4. Ordnung existieren und
durch M > 0 begrenzt sind
- Varianzen der Einzelrisiken nach unten durch c > 0 begrenzt sind
• Gesamtschadenverteilung konvergiert gegen Normalverteilung mit
Erwartungswert E(Sn) und Varianz Var(Sn)
Seite 14
Value-at-Risk und Tail Value-at-Risk
Das Risikomaß Value-at-Risk (VaR) ist definiert durch
VaR α ( X ) = u1−α ( X )
α ∈ ( 0, 1)
Der Value-at-Risk ergibt sich somit aus der Verteilungsfunktion F von X durch
VaR α ( X ) = F −1 (1 − α )
Das Risikomaß Tail Value-at-Risk (TVaR) ist definiert durch
TVaR α ( X ) =
1
1
VaR 1−β ( X ) dβ
α 1−α
α ∈ ( 0, 1)
Der TVaR ist das arithmetische Mittel der Quantile von X für 1 - α < β < 1.
Dadurch wird der Verlauf der Verteilungsfunktion oberhalb des (1 - α)-Quantils
bei der Beurteilung des Risikos einbezogen.
Seite 15
Value-at-Risk und Tail Value-at-Risk
Im Fall der Normalverteilung X ~ N ( ,
Value-at-Risk
VaR α ( X )
2
) mit Verteilungsfunktion
ist der
= Ψ −1 (1 − α ) = u1−α
und mit Φ als Verteilungsfunktion der Standard-Normalverteilung gilt
VaR α ( X )
= µ + σ ⋅ Φ −1 (1 − α )
Für den Tail Value-at-Risk gilt dann mit
Normalverteilung
TVaR α ( X ) = µ + ϕ ( Φ −1 (1 − α ) ) ⋅
als Dichtefunktion der Standard-
σ
α
Seite 16
Risikobeurteilung einer Pensionskasse
Plan A:
Zusage auf Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenrente; der Leistungsanspruch entwickelt sich
proportional zur Dienstzeit beim Unternehmen (lineares Steigerungssystem). Der Anspruch auf
Hinterbliebenenleistungen beträgt 60 % des Anspruchs des Versorgungsberechtigten.
Plan B:
Im Gegensatz zu Plan A wird bei vorzeitigen Leistungsfällen Invalidität und Tod mit Hinterbliebenenversorgung eine Rente gewährt, die sich nicht aus dem erreichten Anspruch sondern durch
Zurechnungszeit bis zum Pensionierungsalter ergibt.
Die beiden Pläne unterscheiden sich dadurch, dass das riskierte Kapital in Plan B aufgrund der
Zurechnungszeit deutlich höher ist als in Plan A. Darüber hinaus wird die Anzahl der Mitglieder
der Hauptgesamtheit (Aktive) in beiden Fällen einmal mit 1.000 Personen und einmal mit 5.800
Personen angenommen.
Seite 17
Risikobeurteilung einer Pensionskasse
Verteilungsfunktion Plan A, 5.800 Aktive
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
-800.000
-600.000
-400.000
-200.000
0
200.000
400.000
600.000
800.000
Plan A, 5.800 Personen
Seite 18
Risikobeurteilung einer Pensionskasse
Verteilungsfunktion Plan B, 5.800 Aktive
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
-2.000.000 -1.500.000 -1.000.000
-500.000
0
500.000
1.000.000
1.500.000
2.000.000
Plan B, 5.800 Personen
Seite 19
Risikobeurteilung einer Pensionskasse
Verteilungsfunktionen im Vergleich
1
0,9
0,8
0,7
0,6
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
-6 Mio
-4 Mio
-2 Mio
0
0 Mio
2 Mio
4 Mio
6 Mio
Plan A, 5.800 Personen
Plan B, 5.800 Personen
Plan B, 1.000 Personen, auf 5.800 Personen hochgerechnet
Seite 20
Risikobeurteilung einer Pensionskasse
Vergleich der Risikomaße und der Risiken
Bestand:
Plan:
Deckungsrückstellung:
10%
5%
1%
5.800 Personen
Plan A
5.800 Personen
Plan B
1.000 Personen
Plan B
auf 5.800 Personen
hochgerechnet
Plan B
339 Mio€
VaR
TVaR
Mio€
Mio€
0,3
0,4
0,3
0,5
0,5
0,5
349 Mio€
VaR
TVaR
Mio€
Mio€
0,6
1,7
0,8
1,8
1,2
2,0
58 Mio€
VaR
TVaR
Mio€
Mio€
0,3
0,5
0,4
0,6
0,6
0,7
349 Mio€
VaR
TVaR
Mio€
Mio€
1,7
3,2
2,2
3,4
3,4
3,9
Seite 21
Hinweise für die Praxis
Praktische Fragen bei der Anwendung
Gesamte Verteilungsfunktion erforderlich?
Rechenaufwand
Welche Approximation ist besser?
Gibt es Abschätzungen für die Qualität des
(Tail-) Value-at-Risk der Approximationen?
Seite 22
Hinweise für die Praxis
Approximation durch Poisson- und Normalverteilung
Darstellung der Verteilungsfunktionen
1
0,9
0,8
0,7
0,6
0,5
Faltung
Poisson
Normal
Erwartungswert
0,4
0,3
0,2
0,1
0
0
500
1000
1500
2000
2500
3000
3500
4000
Seite 23
Hinweise für die Praxis
Approximation durch Poisson- und Normalverteilung
Darstellung der Verteilungsfunktionen
Ausschnitt für den oberen Bereich
1
0,99
0,98
0,97
0,96
0,95
0,94
0,93
0,92
0,91
Faltung
Poisson
Normal
0,9
0,89
0,88
3000
3200
3400
3600
3800
4000
4200
4400
Seite 24
Hinweise für die Praxis
Value-at-Risk für verschiedene Sicherheitsniveaus
5000
4500
4000
Faltung
Poisson
Normalverteilung
3500
3000
2500
2000
1500
1000
500
0
90%
95%
97,5%
99%
Sicherheitsniveau
Seite 25
Hinweise für die Praxis
Tail Value-at-Risk für verschiedene Sicherheitsniveaus
5000
4500
4000
Faltung
Poisson
Normalverteilung
3500
3000
2500
2000
1500
1000
500
0
90%
95%
97,5%
99%
Sicherheitsniveau
Seite 26
Zusammenfassung
• Zur Risikobeurteilung ist die (näherungsweise)
Bestimmung der Gesamtschadenverteilung erforderlich
• Tail Value-at-Risk bezieht den weiteren Verlauf der
Verteilungsfunktion ein
• VaR < TVaR
• Einhaltung eines Sicherheitsniveaus mit Hilfe des Value-atRisk erreichbar
• Approximation durch Normalverteilung kann zu einer
Unterschätzung des Risikos führen
Seite 27
Dr. Richard Herrmann
HEUBECK AG
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Seite 28
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