DUR und MOLL

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ABC der Musik Tonsysteme 1 DUR und MOLL Für die Ordnung in verschiedenen Tonsystemen ist die Oktave eine wichtige Grös-­‐
se. Allerdings lässt sich diese unterschiedlich einteilen, z.B. in 12 Halbtöne (Euro-­‐
pa), 22 Srutis (Indien), türkische „Kommas“ mit Zerlegung eines Ganztons in 9 Teile usw. Jeweils alle Tonorte sind an ein Stimmungssystem mit einem Stimm-­‐ oder Kammerton gebunden. Das vorliegende Skript behandelt in fünf Unterkapiteln die folgenden Themen: 1. Tonmaterial 3. Quintenzirkel 5. Moll mit Varianten 2. Dur 4. Parallel-­‐ / Varianttonart Unsere Hörgewohnheiten sind stark durch die Tonge-­‐
schlechter Dur und Moll geprägt. Viele Musikarten und Stile bevorzugen bis heute diese Tonsysteme. Historisch betrachtet sind Dur und Moll relativ jung und etablieren sich erst gegen 1600. In der überlie-­‐
1. Tonmaterial Das Tonmaterial des abendländischen Tonsystems erstreckt sich über 7 bis 8 Okta-­‐
ven mit je 12 Halbtönen. Musikalisch wichtig sind die Beziehungen der Töne un-­‐
tereinander. Unseren Tonleitern liegt primär eine siebentönige Leiter (heptato-­‐
nisch) zu Grunde. Das Tonmaterial der Stammtonreihe ist in fünf Ganz-­‐ und zwei Halbtonschritten (zwischen e und f, sowie zwischen h und c) angeordnet. Tonlei-­‐
tern mit spezifischem Wechsel von fünf Ganz-­‐ und zwei Halbtonschritten sind dia-­‐
tonisch, etwa im Gegensatz zu chromatisch (nur Halbtonschritte). Die verschiede-­‐
nen Töne stehen dabei in einem Bezugssystem um ein tonales Zentrum, den Grundton. 2. Dur Bei der Durtonleiter liegen die beiden Halbtonschritte zwischen dem 3. und 4. sowie zwischen dem 7. und 8. Ton. Die Skala (lat. scalae, Leiter / Treppe) besteht aus zwei analogen Viertongruppen, den sog. Tetrachorden (griech. tetra, vier) mit der Stufenfolge Ganzton -­‐ Ganzton -­‐ Halbton. Zwischen den beiden Tetrachorden liegt ein Ganztonschritt (Mittelganzton). Diese Anordnung entspricht der Stamm-­‐
tonreihe, hier von c1 aus notiert (= C-­‐Dur-­‐Tonleiter): ferten komponierten Musik wird das Ende der dur-­‐
molltonalen Epoche bereits im ausgehenden 19. Jahr-­‐
hundert eingeläutet, indem die Harmonik (griech. , Zu-­‐
sammenfügung; gemeint ist der Zusammenklang von Tönen) bis an die Grenzen erweitert wird. Den bewuss-­‐
ten Bruch mit der auf Dur und Moll basierenden Tona-­‐
lität führt der Komponist Arnold Schönberg (1874 – 1951) herbei (Abb. Selbst-­‐
bildnis). Zwischen den Ecktönen der Tetrachorde, also der I, IV, V und wiederum I, beste-­‐
hen besondere Beziehungen: Die I. Stufe, Tonika genannt, beinhaltet den Grundton (mit seinem Dreiklang). Die V. Stufe, die Dominante (der 5. Ton mit seinem Dreiklang), steht eine Quinte (lat. quintus, der Fünfte) über der I. Stufe. Die IV. Stufe (der 4. Ton mit seinem Drei-­‐
klang), die Subdominante, steht eine Quarte (lat. quartus, der Vierte) über bzw. eine Quinte unterhalb der I. Stufe. Diese Quintverwandtschaft zwischen den Hauptstufen ist ein wichtiger Aspekt der Dur-­‐Moll-­‐Tonalität. Nach einer ersten tonalen Schaffensphase wagte er 1909 den Schritt in die freie Atonalität, bevor er sich m it der 1921 formulierten L ehre der Zwölftontechnik (auch Dodekaphonie) ein neues Ordnungssystem auferlegt. http://www.youtube.com/watch?v=
qFfTXVKkwWU&feature=related (aus 3 Klavierstücke op. 11, 1909) 1 Die Dreiklänge in Dur in der Übersicht: Dreiklänge bestehen aus zwei Terzen (lat. tertius, der Dritte), wobei der Durdreiklang aus Dreiklang: Dur moll moll Dur Dur moll vermindert Dur Stufe: I ii iii IV V vi vii° I Funktion: T S D T grosser plus kleiner Terz, der Molldreiklang aus kleiner plus Mit dem Prinzip der Tetrachorde können nun von jedem beliebigen Grundton aus die gewünschten Dur-­‐Tonleitern mit den entsprechenden Hoch-­‐ oder Tiefalterati-­‐
onen gebildet werden. Somit ergeben sich Kreuz-­‐ und Be-­‐Tonarten: 2a. Herleitung der Kreuztonarten Jeweils zwei Tetrachorde bilden zusammen eine Durtonleiter. Das zweite Tetra-­‐
chord kann zum ersten einer weiteren Tonleiter gedeutet werden. Um die für Dur spezifische Abfolge der Ganz-­‐ und Halbtonschritte zu gewährleisten, muss jeweils (ab dem 3. Tetrachord) der letzte Stammton des Tetrachords hochalteriert werden (2. Zeile im Notenbsp.). Um dieses Schichtungsprinzip verständlich zu machen, sind die ersten vier Tetrachorde abgebildet, aus denen C-­‐, G-­‐ (mit einer Alteration: fis) und D-­‐Dur (mit zwei Alterationen: fis und cis) abgelesen werden können: grosser Terz und der vermin-­‐
derte Dreiklang aus zwei kleinen Terzen besteht. In allen diatonischen Tonsys-­‐
temen gibt es Spannungstöne, die klare Hörerwartungen provozieren. Der wichtigste Spannungston ist der Leitton, der, ein Halbtonschritt tiefer liegend, auf den Grundton (resp. die Tonika) zielt. Bsp. anhand des Stammtons c und seiner Alterationen: Leitton Grundton h c his cis b ces 2b. Herleitung der Be-­‐Tonarten Analog zu den Kreuztonarten können die Be-­‐Tonarten abgeleitet werden, indem das jeweils erste Tetrachord zum zweiten der neuen Tonleiter wird und (ab dem 3. Tetrachord) jeweils ein Stammton tiefalteriert wird. Abgebildet sind die Tonarten C-­‐, F-­‐ (mit einer Alteration: b) und B-­‐Dur (mit zwei Alterationen: b und es): 2 Da die Grundtöne der Durtonleitern im Quintabstand stehen, verschränken sich ihre Tetrachorde so, dass stets das obere der einen Tonart das untere der Nach-­‐
bartonart ist und umgekehrt. Daraus resultiert der Quintenzirkel als praktische Merkhilfe für alle fünfzehn Dur-­‐Tonarten. 3. Quintenzirkel Der Quintenzirkel (lat. circulus, Kreislinie) stellt die Tonartengrundtöne dar. Diese sind in Quinten geschichtet und werden kreisförmig auf-­‐ bzw. absteigend resp. im Uhrzeiger-­‐ bzw. im Gegenuhrzeigersinn angeordnet. Dabei steigt auch die jeweilige Anzahl der Vorzeichen. Die Quinttransposition des Dur-­‐Schemas führt zu einer Zunahme um je ein Kreuz bzw. Be bis zu sieben Vorzeichen, bedingt durch die Heptatonik. Ges-­‐Dur mit sechs Bes benutzt im gleichschwebend temperierten System die gleichen Tonorte wie Fis-­‐Dur mit sechs Kreuzen. Diese beiden Tonarten sind enharmonisch umgedeutet identisch, ebenso H-­‐ und Ces-­‐Dur sowie Cis-­‐ und Des-­‐Dur. So schliessen sich die Be-­‐ und Kreuztonarten zu einem Kreis: Transposition bezeichnet die Veränderung der Tonhöhe um ein bestimmtes Intervall. Ein Intervall ist der Abstand zwischen zwei Tönen. Die Hauptstufen (siehe Seite 1) können ebenfalls im Quin-­‐
tenzirkel abgelesen werden: Die Dominante (V. Stufe) als Nachbarposition eines Grund-­‐
tones im Uhrzeigersinn, die Subdominante (IV. Stufe) im Gegenuhrzeigersinn. Bsp: Bei Tonika A ist E (mit dazugehörigem Dreiklang) die Dominante und D (mit dazuge-­‐
hörigem Dreiklang) die Sub-­‐
dominante. Die Darstellung des Quinten-­‐
zirkels ist eigentlich eine zwei-­‐
dimensional anschaulich ge-­‐
machte Spirale: Cis
Ces
Die Anordnung der Vorzeichen ist verbindlich vorgegeben: Merkspruch für Dur-­‐Tonarten (Reihenfolge der Tonarten-­‐
Grundtöne und Anzahl Vorzei-­‐
chen): Kreuztonarten: Geh Du Alter Elch, Hole Fische (Cis) Be-­‐Tonarten: Fanny, Bertha, Esther, Assen Dessert Gestern (Ces) 3 4. Parallel-­‐ und Varianttonart 4a. Paralleltonart Jeder Dur-­‐Tonart wird eine parallele Moll-­‐Tonart zugeordnet, deren Grundton eine kleine Terz (= anderthalb Tonschritte) unter dem der Durtonart liegt. Paralleltonar-­‐
ten verwenden die gleichen Töne und haben daher gleiche Vorzeichen. Darstellung der Tonabstände und Stufen paralleler Dur-­‐ und Molltonarten am Bsp. a-­‐moll und C-­‐Dur: Stufenfolge Dur: I ii iii IV V vi vii° I
Stufenfolge Moll: i ii° III iv v VI VII i Folgende Schreibweise wird in den „ABC der Musik“-­‐
Handouts verwendet (vgl. Seite 2): Bei Bezeichnung der Stufen erhalten Durdreiklänge grosse römische Ziffern, Molldreiklänge „kleine“ römische Ziffern, der vermin-­‐
4b. Varianttonart Varianttonarten haben die gleichen Grundtöne, aber anders strukturierte Tetra-­‐
chorde und dementsprechend andere Vorzeichen. Über die Varianttonart kann die Anzahl der Vorzeichen von Moll-­‐Tonarten abgeleitet werden, indem man auf dem Vorzeichen-­‐„Thermometer“ ausgehend von der Varianttonart in Dur um drei Posi-­‐
tionen nach unten in Richtung Be geht. 7 Bsp. Bestimmung der Vorzeichen von d-­‐moll: 6 5 -­‐ Die Varianttonart D-­‐Dur hat zwei Kreuze 4 -­‐ Auf dem Vorzeichenstrahl um drei Positionen nach 3 2 unten gehen, folglich hat d-­‐moll ein Be 1 Dasselbe Prinzip kann wiederum im Quintenzirkel abgelesen 0 werden, indem man jeweils für die gesuchte Anzahl Vorzei-­‐
1 chen einer Molltonart bei der entsprechenden Dur-­‐Variante 2 startet und um drei Positionen im Gegenuhrzeigersinn ver-­‐
3 schiebt. 4 5 6 7 derte Dreiklang einen hochge-­‐
stellten Kreis als Zusatz. 4 5. Moll Die unter 4. abgeleiteten Mollskalen haben die Stufenfolge 1 -­‐ ½ -­‐ 1 -­‐ 1 -­‐ ½ -­‐ 1 -­‐ 1. Die beiden Tetrachorde sind also unterschiedlich strukturiert. Diese Moll nennt man 5a. Reines Moll (Synonyme: natürliches und aeolisches Moll) Ganztonschritt vom 7. zum 8. Ton. Das reine Moll ist noch stark in den Kirchenton-­‐
arten (Modi) verhaftet und spielt in der durmolltonalen Musik nur eine unterge-­‐
ordnete Rolle. Bsp. a-­‐moll: In reinem Moll ist der Grund-­‐
ton bzw. die Tonika durch den Ganztonschritt zwischen dem 7. und 8. Ton viel w eniger geschärft als in Dur, wo der Leitton Teil des Tonsystems ist. Änderungen im zweiten Tetrachord führen zu verschiedenen Arten von Moll. In der Praxis wird meist 5b. Harmonisches Moll verwendet. Hierbei wird der 7. Ton zum Leitton hochalteriert und somit der Grundton geschärft. Bsp. a-­‐moll harmonisch: Bei Erhöhung des 7. Tones zum Leitton (Abb. li a-­‐moll: g wird zu gis erhöht) entsteht zwischen der 6. und 7. Stufe Der Grund für die Einführung des Leittons ist allerdings nicht primär der melodi-­‐
sche Verlauf. Wie die Bezeichnung harmonisch vermuten lässt, geht es um die Veränderung der V. Stufe: Deren Terzton wird zum Leitton erhöht und somit die Auflösungswirkung auf den Grundton bzw. zur Tonika verstärkt. Bsp. a-­‐moll: Der Leitton gis ist der Terzton des Dreiklangs auf der Dominante (e -­‐ gis -­‐ h). Der Leitton hat eine starke Stre-­‐
bewirkung aufwärts in den Grundton der Tonika (gis zu a) 5c. Melodisches Moll gleicht als Variante von harmonischem Moll deren unsangliche übermässige Se-­‐
kunde aus, indem es ausser dem 7. auch den 6. Ton erhöht und somit auf das un-­‐
tere Tetrachord ein Dur-­‐Tetrachord setzt. Da der Leitton in der Regel vom 7. zum 8. Ton nur aufwärts erforderlich ist, verwendet melodisches Moll abwärts meist wieder die natürliche Moll-­‐Skala. Bsp. a-­‐moll melodisch: ein sog. Hiatus (übermässige Sekunde) f -­‐ gis. Mani Matter (1936 – 72) verwendet gerade diesen Hiatus für das „morgenländi-­‐
sche Klangkolorit“ in seinem Lied Dr Sidi Abdel Assar vo El Hama. http://www.youtube.com/watch?v=hA
XBbxW95D8 > Liedbeispiel zu 5b. und 5c Harmonisches und melodisches Moll im Lied Schönster Abestärn (aus dem Kanton Bern, 1809; auch in Westfalen D verbreitet), notiert in g-­‐moll. Das fis1 in Takt 4 sowie in Takt 11 ist jeweils der Leitton in g-­‐moll. Beide Male wird die Melodie mit dem Dreiklang der Dominante (d -­‐ fis -­‐ a) begleitet. Es handelt sich an diesen Stellen jeweils um harmonisches Moll. Das Tonmaterial der Melodie im Takt 4 entspricht dem Dreiklang der Dominante. In Takt 8 taucht in der Melodie fis1 (statt f1) und e1 (statt es1) auf. In diesem Bei-­‐
spiel erscheint das melodische Moll also als Abwärtsbewegung: 5 Schönster Abestärn
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Kt. Bern, 1809 (auch in Westfalen)
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mit dir.
5d. Zigeunermoll Eine weitere Erscheinungsform des harmonischen Molls ist das sog. Zigeunermoll mit zwei Erscheinungsformen. Zigeunermoll 1. Variante hat einen zweiten Leitton aufwärts zur Dominante. Bsp. a-­‐moll: [Titel]
Partitur
> Liedbeispiel [Komponist]
Ausschnitt aus dem jiddischen Volkslied Jomi, Jomi schpil mir a Lidele, notiert in e-­‐
moll. Das ais1 schärft (die Dominante) h1. 4
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Mej-de - le will a por
Schi - che-lach ho - ben
Bei Zigeunermoll 2. Variante tritt die zweite übermässige Sekunde zwischen der 2. ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! !
und 3. Stufe (Leitton zur Subdominante) auf. Dazu muss die zweite Stufe tiefalte-­‐
riert werden: !
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> Liedbeispiel Schlof mein !
!Tochter (jiddisch, !Liedanfang), notiert ! in d-­‐moll. Das fis1 zieht stark aufwärts zu g1 (auf „Toch -­‐ ter“), das es1 führt zwingend abwärts zurück in den Grundton (auf „fei -­‐ ne“):
mein
tochter
Jiddisches Volkslied
23
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Schlof
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Schlof mein
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Toch 0 ter,
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schei 0 ne
In der musikalischen treten die verschiedenen oft im gleichen ˙ b œPraxis œ œœ œ ˙Moll-­‐Arten œ
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Musikstück œ œ œ auf (siehe z.B. Liedbeispiel Schönster J J Abestärn). Die T
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fei 0 ne
'ch'wel dich wiegen, lie - der singen,
lu -lin - ke,
mein
kind.
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6 
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