PRAXIS + ÖKONOMIE Autoren Stichwort des Monats Werbung in der Arztpraxis Rechtliche Möglichkeiten und Grenzen Udo Schmitz, Christopher F. Büll, Rainer Riedel Christopher F. Büll Rechtsanwalt Breuer & Schmitz, Rechtsanwälte Köln/Essen Tätigkeitsschwerpunkt Arztrecht www.kanzlei-breuer-schmitz.de Bevor Sie als Arzt ein maßgeschneidertes Marketing- bzw. Prof. Dr. med. Dipl. Kfm. (FH) Werbekonzept in Angriff nehmen, ist es wichtig, sich mit den Rainer Riedel rechtlichen Hürden vertraut zu machen. Rechtssprechung und Studiengangsleiter Ärztekammern haben gerade dem sensiblen Thema „Gesundheits- Medizin-Ökonomie werbung“ besondere Aufmerksamkeit geschenkt, was sich in Rheinische Fachhochschule Köln strittigen Einzelfällen immer wieder zeigt. Wer sich [email protected] chend mit den Risiken der einzelnen Werbemaßnahmen beschäftigt, findet sich schnell in Wettbewerbsprozessen oder Berufsgerichtsverfahren wieder, von einstweiligen Verfügungen ganz zu schweigen. Dieser Beitrag zeigt, was zu beachten ist. Während bis 2000 sämtliche BerufsAusgangsregelung und somit Maßstab für alle ärztlichen Werbetätigkeiten ist die Berufsordnung des jeweiligen Bundeslandes, in dem Sie als Arzt tätig sind. Die meisten dieser Berufsordnungen sind ein Spiegelbild der vom Deutschen Ärztetag (DÄT) als Hauptversammlung der Bundesärztekammer verabschiedeten Musterberufsordnung für Ärzte (MBO), die selbst jedoch keine unmittelbare Rechtswirkung entfaltet. Im Folgenden wird ausschließlich auf diejenigen für Werbetätigkeiten relevanten MBO-Vorschriften eingegangen, die sich auch in den jeweiligen verbindlichen Landesberufsordnungen wiederfinden. Für Freiberufler gilt Standesrecht Nach § 1 MBO betreiben Sie im Gegensatz zu anderen Unternehmern kein Gewerbe. Sie üben als Arzt gemäß dem gesetzlichen Grundgedanken keine Tätigkeit aus, die auf wirtschaftliche Aktivität in einem Markt oder auf Gewinnerzielung ausgerichtet ist. Vielmehr handelt es sich um einen so genannten „Freien Beruf“. Als Freiberufler unterliegen Sie dem ärztlichen Standesrecht, wie es sich in der jeweiligen Berufsordnung manifestiert. 1096 Dr. Udo Schmitz, MBL Rechtsanwalt Lehrbeauftragter für Arztrecht Rheinische Fachhochschule Köln FRAUENARZT n 45 (2004) n Nr. 11 Schon diese Regelung zeigt, dass eine Verfälschung des ärztlichen Berufsbildes verhindert werden soll, die aus kommerzieller Arztwerbung resultieren könnte. Alle ärztlichen Werbemaßnahmen müssen sich an den Hauptanliegen der Berufsordnung (Patientenschutz, Reputationserhalt und Wettbewerbsschutz) orientieren und mit diesen in Einklang stehen. ordnungen noch ein generelles Werbeverbot vorsahen, darf der Arzt heute werben, soweit er sich auf sachliche berufsbezogene Information beschränkt oder die Werbung nicht berufswidrig ist. Dadurch soll die vormals strenge Reglementierung aufgeweicht und dem Informationsbedürfnis der Patienten sowie der zum Teil erforderlichen Außendarstellung von Ärzten Rechnung getragen werden. § 27 MBO bildet die Grundlage für alle ärztlichen Werbemaßnahmen § 27 Erlaubte Information und berufswidrige Werbung (1) Zweck der nachstehenden Vorschriften der Berufsordnung ist die Gewährleistung des Patientenschutzes durch sachgerechte und angemessene Information und die Vermeidung einer dem Selbstverständnis des Arztes zuwiderlaufenden Kommerzialisierung des Arztberufs. (2) Auf dieser Grundlage sind dem Arzt sachliche berufsbezogene Informationen gestattet. (3) Berufswidrige Werbung ist dem Arzt untersagt. Berufswidrig ist insbesondere eine anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung. Der Arzt darf eine solche Werbung durch andere weder veranlassen noch dulden. […] (4) Der Arzt kann 1. nach der Weiterbildungsordnung erworbene Bezeichnungen, 2. nach sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erworbene Qualifikationen, 3. Tätigkeitsschwerpunkte und 4. organisatorische Hinweise ankündigen. (5) Die Angaben nach Absatz 4 Nr. 1 bis 3 sind nur zulässig, wenn der Arzt die umfassenden Tätigkeiten nicht nur gelegentlich ausübt. […] Was ist erlaubt? § 27 MBO Abs. 4 listet die Informationen auf, die Sie ohne Bedenken an Patienten oder sonstige Dritte weitergeben dürfen. n Qualifikation und Tätigkeitsschwerpunkt Nennen dürfen Sie die nach der Weiterbildungsordnung und sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erworbenen Bezeichnungen und Qualifikationen wie Fachgebiets-, Schwerpunkt- und Zusatzbezeichnungen aber auch akademische Grade, Titel und sonstige Zertifikate der Ärztekammern. Darüber hinaus können kassenärztliche Abrechnungsbefugnisse für genehmigungspflichtige Leistungen ebenso beworben werden wie (gebietsexterne) Tätigkeitsschwerpunkte, soweit diese sich durch Veröffentlichungen, Auslandsaufenthalte oder Weiterbildungen belegen lassen oder ein entsprechender Kenntnisstand nachweisbar ist. schwerpunkte bzw. Leitstungsangebote eingeführt. gene Dienste in marktschreierischer Art und Weise zu empfehlen. n Organisatorische Hinweise Die Kundgabe organisatorischer Hinweise wie Sprechstundenzeiten und Kommunikationsverbindungen (Telefon, Fax usw.) ist durchweg zulässig. Nach den letzten Änderungen der MBO dürfen sogar organisatorische Zusammenschlüsse, z.B. zu Praxisgemeinschaften, angezeigt werden. n Irreführung Mit einer möglichen Irreführung der Allgemeinheit verhält es sich ganz ähnlich. Als irreführend gelten vor allem mehrdeutige, unvollständige und unklare Angaben wie z.B. der Begriff „Zentrum“ für eine Gemeinschaftspraxis. Die Allgemeinheit versteht das nicht unbedingt als Hinweis auf eine Spezialisierung oder Organisationsform, sondern sieht es vielmehr als Ausdruck für Größe und Bedeutung der Einrichtung. Was ist berufswidrig? § 27 MBO versucht, berufswidrige Werbung durch drei Begriffe zu definieren: anpreisend, irreführend, vergleichend. Die Praxis hat jedoch gezeigt, dass daraus weder eindeutige rechtliche Vorgaben für ärztliche Werbemaßnahmen noch schematische Lösungen abgeleitet werden können, da die Begriffe in ihrer Bedeutung zu unbestimmt sind. Obschon letztlich fast jeder Fall gesondert betrachtet werden muss, gibt es natürlich auch eindeutig unzulässige Maßnahmen. n Anpreisung Offensichtlich ist, dass Superlativen wie „der beste Arzt auf dem Gebiet“, Slogans wie „Moderne Praxis für moderne Patienten“ oder besonders hervorgehobene Schlagwörter wie „Spitzenmediziner“ oder „Spezialist“ darauf abzielen, Praxis oder Praxisinhaber als herausragend anzupreisen. Die Vertrauensstellung, die Ärzte gegenüber ihren Patienten einnehmen, verbietet jedoch, sich selbst oder ei- Auch das Verschweigen von Tatsachen wird als irreführend eingestuft, so etwa ein fehlender Hinweis darauf, dass nur einem einzelnen Arzt einer Gemeinschaftspraxis ein bestimmtes Zertifikat verliehen wurde. Der Allgemeinheit wird suggeriert, alle Praxisärzte verfügten über die betreffende Qualifikation. PRAXIS + ÖKONOMIE Da Werbung generell nicht nur informiert, sondern auch immer eine gewisse Eigenwerbung umfasst, ist für die Rechtspraxis nicht relevant, ob eine Maßnahme (noch) Information oder (schon) Werbung darstellt, sondern lediglich, ob sie berufswidrig ist oder nicht. Zudem werden einzelne Maßnahmen auch an dem Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb (UWG) und dem Gesetz über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens (HWG) gemessen, wobei nach UWG oder HWG nicht unzulässig sein kann, was nach der jeweiligen Berufsordnung zulässig ist. n Vergleich Generell unzulässig ist es, in der Arztwerbung auch nur annähernd persönliche oder fachliche Vergleiche mit Kollegen oder anderen Arztpraxen zu ziehen. Auch anderweitige Bezüge zu Kollegen oder anderen Praxen müssen unterbleiben; so dürfen Sie beispielsweise keine fremden Behandlungsmethoden kommentieren, wobei schon folgende Aussage als Kommentar zu werten wäre: „Wir fangen da an, wo andere aufhören“. Im Gegensatz dazu sind aber wertneutrale Slogans wie z.B. „Wir sorgen uns Voraussetzung für das Bewerben der aufgeführten Tätigkeiten ist, dass es sich nicht um gelegentlich ausgeübte Tätigkeiten handelt. Nach Auffassung der Bundesärztekammer ist diese Bedingung erfüllt, wenn die betreffende Tätigkeit über 20 Prozent Ihrer Gesamtleistung ausmacht. Die einzelnen Landesberufsordnungen haben übrigens zwischenzeitlich eine Begrenzung auf drei Tätigkeits- FRAUENARZT n 45 (2004) n Nr. 11 1097 PRAXIS + ÖKONOMIE um Ihre Gesundheit“ durchaus erlaubt. „weder ungewöhnlich noch aufdringlich“ angesehen. Warum sollte das bei Arztwerbung anders sein? Wie steht’s mit einzelnen Medien? n Praxisschilder Bei Praxisschildern ist die einstige Größenbeschränkung auf 35x50 cm entfallen, und die Berufsordnungen machen keinerlei neue Größenvorgaben. Das moderne Praxismarketing bemüht eine ganze Reihe gedruckter, elektronischer und anderer Medien. Aber was ist überhaupt erlaubt, und was ist speziell zu beachten? n Informationsschriften Broschüren, Praxiszeitungen, Patientenzeitschriften, Flug- und Faltblätter sowie ähnliche Unterlagen, die Sie in Ihrer Praxis auslegen und die der Patienteninformation dienen, sind grundsätzlich erlaubt, soweit sie nicht inhaltlich oder optisch anpreisend, irreführend oder vergleichend sind. Selbiges gilt grundsätzlich auch für Praxisschilder und Internet-Auftritte. Eigene Zeitungsbeilagen von Ärzten sowie das Auslegen von Hinweisen auf die eigene Tätigkeit/Praxis in anderen Gesundheitseinrichtungen (z.B. Apotheken, Fitness- und Wellness-Centern oder Massagepraxen) sind nach Ansicht der Bundesärztekammer jedoch als berufswidrige Werbung einzustufen. Gemäß einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dürfen hingegen Klinikbroschüren in Fitnessstudios und ähnlichen Einrichtungen ausliegen sowie den Sommer- und Winterbroschüren von Sportveranstaltern beiliegen – im stationären Bereich zeigt sich also eine deutlich andere Tendenz. Klinikwerbung dieser Art wird vom Bundesverfassungsgericht als 1098 FRAUENARZT n 45 (2004) n Nr. 11 n Arztfotos Sie dürfen auf Praxisschild und Homepage mit Ihrem Foto werben. Dieses darf Sie aber nicht im weißen Arztkittel zeigen; Das wird durch das Heilmittelwerbegesetz ausdrücklich untersagt. n Rundschreiben Auf dem Postweg versendete ärztliche Rundschreiben mit Informationsmaterial sind nach Ansicht der Bundesärztekammer als berufswidrige Werbemaßnahme einzustufen. Ob die Gerichte diese Auffassung teilen, bleibt abzuwarten, denn immerhin kann der Empfänger ja selbst entscheiden, ob er vom Inhalt der Postsendung Kenntnis nehmen will oder nicht. Klarer liegt der Fall bei E-Mail-, Fax- und SMS-Nachrichten, die direkt an Patienten adressiert sind. Solche Mitteilungen sind in der Regel als unzumutbare Belästigung einzustufen. n Publikationen und Interviews Bei Veröffentlichungen und Interviews, vor allem in der Tagespresse, sollten Sie darauf achten, dass nicht der Werbeeffekt im Vordergrund steht. Schnell ist die Grenze zum unlauteren Kundenfang überschritten, da durch derartige Beiträge vornehm- lich (potenzielle) Patienten angesprochen werden. Anders steht es mit Veröffentlichungen in Fachzeitschriften, die fast ausschließlich Fachkollegen erreichen. Dadurch tritt der Werbeeffekt hinter der sachbezogenen Information zurück. Fazit Die Praxis zeigt, dass jede Form der Arztwerbung individuell auf ihre Zulässigkeit zu prüfen ist. Bei manchen Maßnahmen liegt die (Un-)Zulässigkeit auf der Hand, bei anderen erschließt sich diese erst nach eingehender Begutachtung, da die Grenzen zwischen zulässiger und berufswidriger Werbung vielfach fließend sind. Nur eine intensive rechtliche Prüfung, am besten schon im Vorfeld, kann das Risiko von Verstößen gegen Standesrichtlinien und Wettbewerbsvorschriften auf ein Minimum senken. Ansonsten laufen Sie Gefahr, mit berufsgerichtlichen oder wettbewerbsrechtlichen Sanktionen konfrontiert zu werden, die nicht selten auch von Kollegen initiiert werden. Solche Sanktionen reichen von Abmahnungen über Geldbußen bis hin zum Ausschluss aus der jeweiligen Ärztekammer. Im Wettbewerbsprozess, der mit berufsgerichtlichen Verfahren nichts zu tun hat, können ebenfalls Abmahnungen oder gar einstweilige Verfügungen ausgesprochen werden, die Ihnen einzelne Werbemaßnahmen mit sofortiger Wirkung untersagen. In solchen Fällen ist unverzügliche Rechtsberatung unerlässlich. Aber am besten ist, Sie lassen es gar nicht so weit kommen.