Aber bitte mit Stil - P

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VRPRAXIS
Aber bitte mit Stil
VERKAUF DES GRALS Wieder ist mit der SIKA AG ein Schweizer Vorzeigeunter­nehmen
ins Ausland verkauft worden. Das wäre eigentlich nicht so tragisch, ­werden ja auch
ausländische Firmen von Schweizer Unternehmen gekauft. Und beide ­Richtungen
machen in der Regel Sinn. Was diesmal anders ist, ist der Stil des Verkaufs und vor
allem die scheinbar unerwartete Reaktion von Schlüsselfiguren.
VON C H R I S T O P H H I L B E R
Z
uerst die rechtliche Situation. Es
Kommunikation? Es mutet seltsam an,
ist absolut legitim, dass ein Aktidass der Kommunikation wenig Beachtung
enbesitzer seine Anteile verkauft.
geschenkt wurde. Minimalste Empathie
Die Regeln wurden eingehalten.
hätte mit einer starken Reaktion der Kader
Ein Verkäufer – ein Käufer. Dass ein Minund Aktionäre rechnen müssen. Stil hätte bederheitsaktionär die Stimmenmehrheit des
deutet, diejenigen, welche den Erfolg (mit-)
Unternehmens hat, war bekannt. Die asynerarbeitet hatten, vorgängig zu involvieren.
chrone Stimmrechtregelung machte Sinn,
Wer weiss, vielleicht hätten sich Optionen
zumindest als sie beschlossen wurde: Schutz
aufgetan, welche für die Verkäufer akzeptavon Firma und Gründerfamilien, wahrbel und die übrigen Stakeholders erträglich
scheinlich Schutz vor Einflussnahme oder
gewesen wären. In der erwähnten Umfrage
Übermacht Dritter. Die externen Aktionäre
haben 100 Prozent geantwortet, dass sie das
brachten überproportional mehr Kapital
Kader involviert hätten.
und Vertrauen ein, als sie dafür Mitbestimmung erhielten. Doch die Zeit vergeht. Und
EINSICHT
Dass die Gralshüter der Sika-Werte ihre Anteile heimeines Sonntags informieren die StimmenEs wäre zu schön, wenn bei den Verkäufern
lich verkauft haben, fassen die übrigen Stakeholders
mehrheitsbesitzer, dass sie ihre Anteile ins
die Einsicht aufkäme, auf einen Teil ihres Er– quasi die Gralsritter – als Verrat auf.
Ausland verkauft haben. Eine ganz normale
löses zugunsten derer aufzugeben, die den
Bildquelle: BilderBox.com
Finanztransaktion. Unerwartete Reaktionen
Wert ihrer Anteile erst generierten. Wegen der
von VR, Management und restlichen Aktiocausa SIKA das Prinzip der Familien-AGs mit
nären waren die Folge. Dabei hatten die Gralshüter ja nur den Gral
ihrer oft speziellen Stimmenverteilung zu verteufeln, wäre falsch. Diese
verkauft, ohne ihre Gralsritter zu involvieren. Eine nicht repräsenmachen Sinn und tragen zur Solidität der Schweizer Unternehmerkultative Umfrage* von P-Connect bei Verwaltungsräten hat ergeben,
tur bei. Vielleicht werden die Statuten ja so angepasst, dass vor oder
dass 69 Prozent mit der Reaktion von VR und Management sympathizumindest nach einem Verkauf des Grals die Stimmen-Asynchronität
sieren, aber nur 37 Prozent gleich reagiert hätten. 63 Prozent hätten
dahinfällt. Das aktuelle Gezänk lässt darauf schliessen, dass die Kröte
zugewartet.
geschluckt werden muss: VR und Management werden ersetzt und synchronisiert, die normalen Aktionäre müssen hoffen, dass das neue MaSTIL
nagement auch erfolgreich wird und der Wert sich irgendwann erholt.
Trotzreaktion? Haben VR und Management mit ihren RücktrittsanUnd den Mitarbeitenden bleibt wahrscheinlich nur die Hoffnung und
kündigungen überreagiert? Es ist ja keine Fusion, sondern eine Bevielleicht ein Gutschein für einen Französisch-Kurs.
teiligung, und die neuen Besitzer wollen den Erfolgskurs der Firma
Umfrageresultat auf www.p-connect.ch/neuigkeiten/
wohl kaum negativ beeinflussen. Aber es lässt auf Mut, Rückgrat und
Überzeugung schliessen, was sicher auch Attribute des bisherigen
Erfolgsrezepts der Firma waren. Die Kommunikation war klar und
CHRISTOPH HILBER
macht einen Rückzug des Rückzugs fast unmöglich.
Berater wechseln? Die Familie hatte offenbar mit dem SIKA-Geschäft nicht mehr viel gemeinsam, die Interessen in den verzweigten
Familien lagen woanders. Es war nur noch ein sprudelnder Dividendentopf. Den Auftrag der Maximierung der Transaktion hatten die
Der Autor ist Betriebswirtschafter und seit sieben
Berater schnell erfasst und durch den «stillen» Verkauf den Preis
Jahren Headhunter mit eigener Firma: P-Connect
und ihr Honorar positiv beeinflusst. Der Grundgedanke der StimExecutive Search & Recruiting hat den Fokus auf
men-Asynchronität wurde missbraucht, die Herrschaft über das UnIndustrie (MEM), IT/Telekom und die ­Positionen VR,
ternehmen zum höchst-möglichen Preis zu verhökern. Der Gedanke,
GL und Spezialisten.
Finanzberater mit Ethikberatern zu mischen, kam wohl nie auf.
Nr. 1/2 2015 | UnternehmerZeitung
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