20160424 Kleine Zeitung UMJ

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KULTUR
SONNTAG, 24. APRIL 2016, SEITE 80
V O L K S T H E AT E R
Quietschfidel in
der Bedrängnis
Schnellschuss: Neil Simons
„Brooklyn Memoiren“.
WIEN. Für Freitag war die Uraufführung von Ibrahim Amirs
„Homohalal“ angesetzt. Vor
zwei Monaten verzichtete das
Volkstheater auf das Stück, das
im Zusammenhang mit der Votivkirchen-Besetzung
durch
Flüchtlinge entstanden ist. Es
müsse überarbeitet werden,
doch dafür fehle dem als Arzt
tätigen Autor die Zeit. Amir hält
den Stücktext von „Homohalal“
unter Verschluss.
Als Ersatz setzte das Volkstheater 27 Jahre nach der österreichischen Erstaufführung am
Haus Neil Simons „Brooklyn
Memoiren“ an, das im Herbst
1938 angesiedelt ist. Leider produzierte Regisseur Sarantos
Zervoulakos mit den Hauptprotagonisten Nils Rovira-Muñoz,
Anja Herden, Birgit Stöger und
Rainer Galke einen inszenatorischen Schnellschuss, der konzeptionell nicht wirklich durchdacht ist. Mit Flachbildschirm,
Videokamera und Smartphone
wird das Stück ins Heute geholt.
An sich spielt es unmittelbar
vor dem Ausbruch des Zweiten
Weltkriegs in einer von Wirtschaftskrise und Wohnungsnot
bedrängten jüdischen Familie
in New York, deren europäische
Verwandtschaft darauf wartet,
ins rettende amerikanische Exil
aufbrechen zu können. Freundlicher Schlussapplaus.
RR
Brooklyn Memoiren. Von Neil Simon.
Volkstheater Wien, 26. April, 1., 3., 4., 11., 17.,
19., 22. Mai. Karten: Tel. (0) 52 111 400.
Leichte Kost: Rovira-Muñoz und
Stöger in „Brooklyn Memoiren“ APA
I N T E RV I E W
„Maria
Lassnig
hat gut
vorgesorgt“
In der Tate Liverpool
wird im Mai eine
Maria-Lassnig-Schau
eröffnet. StiftungsChef Peter Pakesch
will auch mit einem
Preis an die große
Malerin erinnern.
S
ie sind seit Herbst Leiter der
ziemlich
überschaubaren
Lassnig-Stiftung. Geht Ihnen
Ihr Job als Chef des Universalmuseums Joanneum nicht schon ab?
PETER PAKESCH: Nein. Ich bin einer,
der nach vorne schaut. Und es
gibt auch in der Stiftung viel zu
tun. Derzeit geht es in erster Linie
um die Erstellung eines Werkverzeichnisses. Dann soll im einstigen Wiener Atelier der Frau Lassnig ein Studienzentrum mit Archiv und Bibliothek entstehen,
wo auch ein Kernbestand ihrer
Bilder zugänglich sein wird.
Wie viele Werke sind eigentlich
in Stiftungsbesitz?
PAKESCH: Mehr als 100 Leinwandbilder und mehr als 1000 Zeichnungen, wobei die Form der Werke sehr unterschiedlich ist. Wir
werden einige davon ab 18. Mai in
der Tate Liverpool zeigen. Diese
Ausstellung geht dann weiter
nach Aalborg in Dänemark, nach
Essen und in die Nationalgalerien
von Warschau und Prag.
Was ist von der Stiftung sonst
noch geplant?
PAKESCH: Es wird ab 2017 auch einen Maria-Lassnig-Preis geben.
Er ist mit 50.000 Euro dotiert und
gedacht für Mid-Career-Artists,
also Künstler in der Mitte ihrer
Karriere, die schon Beeindruckendes geleistet haben, aber von
der Öffentlichkeit noch nicht so
wahrgenommen wurden.
Maria Lassnig war jüngst im
Gerede, weil sie sich laut einer Studie der Wiener Kunstakademie als
Verfolgte des Nazi-Regimes dargestellt habe, obwohl sie NS-Stipendien angenommen hatte. Welche Meinung haben Sie dazu?
PAKESCH: Was da im Akademiebuch publiziert worden ist, geht
auf Missverständnisse zurück.
Die besagte Fußnote stützt sich
im Wesentlichen auf fehlinformierte Nachrufe wie in der „Kronen Zeitung“ und in der „Zeit“.
Denn Lassnig hat nie behauptet,
verfolgt gewesen zu sein oder
dass sie die Akademie hätte verlassen müssen. Sie hat nur davon
gesprochen, dass sie die Klasse
gewechselt hat, wahrscheinlich
ZUR MALERIN
AKTUELL
Maria Lassnig
Weiter Rätselraten
geb. am 8. 9.
1919 in Kappel/
Kärnten, gest.
am 6. 5. 2014
in Wien.
Malerin und
Medienkünstlerin. Lebte und
arbeitete in
Paris, New York
und Wien.
Teilnahmen u. a.
1982 an der
Biennale Venedig, 1997 an
der documenta
Kassel.
Maria Lassnig 1983
als Professorin an
der „Angewandten“ WESTERMANN
ZUR PERSON
Peter Pakesch, geboren am 16. Juni
1955 in Graz.
Studierte zunächst Architektur, war
bis 1979 Ausstellungskurator des
Forums Stadtpark in Graz, führte nach
einem Studienaufenthalt in New York
von 1981 bis 1993 eine eigene Galerie
in Wien.
Ab 1996 Direktor der Kunsthalle
Basel, ab 2003 Intendant des
Universalmuseums Joanneum in
Graz, seit Oktober 2015 Chef der
Maria-Lassnig-Stiftung in Wien.
aus inhaltlichen Gründen, weil
der eine Lehrer mehr in der NSIdeologie verhaftet war als der
andere. Sie selber war politisch
wenig interessiert. Man hätte da
besser recherchieren können.
Zu Lebzeiten der Künstlerin war
immer wieder von der Schaffung
eines Lassnig-Museums die Rede.
Ist das heute kein Thema mehr?
PAKESCH: Künstlerspezifische Museen sind nicht leicht zu führen
und oftmals Totgeburten. Wir
glauben auch, dass wir angesichts der kulturpolitischen Si-
tuation, in der Museen aus Budgetknappheit zusperren müssen,
nicht mit einem neuen Projekt
daherkommen sollten. Wir sollten unsere Energien vielmehr darauf verwenden, die Präsenz von
Maria Lassnig international zu
forcieren. Tate Liverpool ist so
ein Beispiel. Außerdem ist ein
Projekt mit der Albertina und
dem Kunstmuseum Basel auf
Schiene, wo es um die Aufarbeitung des grafischen Werks geht.
Was sagen Sie zur geplanten
Schließung des Essl-Museums, das
ja eine der bedeutendsten LassnigSammlungen beherbergt?
PAKESCH: Es ist immer schade,
wenn ein Museum geschlossen
wird, aber man muss auch sehen,
dass manche öffentliche Institutionen – und ich spreche da aus
Erfahrung – nur noch mühselig
offen gehalten werden können.
Wird das Joanneum nur noch
mühselig offen gehalten?
PAKESCH: Darauf habe ich schon
öfter hingewiesen. Langfristig
gesehen ist das Joanneum budgetär sehr am Limit.
Dennoch haben Sie zuletzt an
das Wien Museum eine Schenkung
gemacht. Haben Sie also noch Vertrauen in staatliche Museen?
PAKESCH: Es hat ein Archiv aus der
Zeit gegeben, als ich in Wien die
Galerie betrieben habe. Ich habe
es mit ein paar Kunstwerken dem
Wien Museum gestiftet. Die haben das sehr schön aufgearbeitet
und letzten Herbst eine Ausstellung gemacht, um die 1980er-Jahre in Wien kunsthistorisch abzudecken. Als Privatperson kann
man mit so einem Archiv wenig
anfangen. Aber ich glaube sehr
wohl, dass solche Museen langfristig bestehen bleiben.
Ist die Lassnig-Stiftung finanziell unabhängig?
PAKESCH: Ja, die Frau Lassnig hat
da sehr gut vorgesorgt. Außerdem werden nicht sehr viele,
aber gezielt Werke aus dem Bestand verkauft, weil es auch das
Anliegen von Maria Lassnig war,
in bedeutenden internationalen
Museen vertreten zu sein. Es ist
uns erst jüngst ein sehr spektakulärer Verkauf an das Museum
Ludwig in Köln gelungen.
Inwiefern spektakulär?
PAKESCH: Es handelt sich um ein
sehr bedeutendes spätes Bild mit
dem Titel „Vom Tode gezeichnet“, das vom Museum Ludwig
um 250.000 Euro erworben wurde – ein wichtiges Zeichen für die
Künstlerin, das international bereits stark wahrgenommen wurde.
INTERVIEW:
ERWIN HIRTENFELDER
MINNEAPOLIS. Nach dem Tod
von Popstar Prince gibt es
keine Hinweise auf Suizid,
eine Überdosis Drogen oder
ein Verbrechen. Dies teilten
US-Behördenvertreter nach
der Obduktion mit. Damit
hält das Rätselraten über die
Todesursache weiter an. Bis
der endgültige Obduktionsbericht vorliegt, kann es noch
Wochen dauern.
Türkei-Intervention
DRESDEN. Die Türkei macht
Druck gegen das Konzertprojekt „Aghet“ der Dresdner
Sinfoniker zum Genozid an
den Armeniern vor 100 Jahren. Der türkische Botschafter verlange, dass die EU die
Förderungen dafür einstelle.
PRÄSENTIERT
◆ Am 30.
April von 21
bis 23 Uhr:
Performances
bei Schauspielhaus,
Oper und
Next Liberty
OLIVER WOLF
Das Klanglicht verzaubert
heuer drei Spielstätten
Am Abend des 30. April werden
die Häuser der Bühnen Graz im
Rahmen des Projektes „Klanglicht“ mit Unterstützung der Energie Steiermark wieder zum
Klingen und Strahlen gebracht.
Mit Hilfe zahlreicher Großprojektoren, Beamer, LEDs und Verstärker werden Licht- und Klangspiele den Fassaden von Oper,
Schauspielhaus und Next LiberANZEIGE
ty für eine Nacht lang ein neues
Gesicht geben und die Häuser
über ihre Funktion als „Gebäude“ hinaus spürbar machen.
Heimische und internationale
KünstlerInnen werden im Rahmen von „Klanglicht 2016“ ihre
kreativen klanglichen und visuellen Ideen umsetzen.
WEITERE INFOS:
www.klanglicht.at
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