Thorsten Pech _Laudatio

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Thorsten Pech
Die Verbindung von Männern in schnellen Autos oder auf schnellen Motorrädern,
reichlichen finanziellen Einkünften aus bisweilen zweifelhaften Geschäften und natürlich den
schönen Frauen, die meistens blond sind, ist ein Klassiker von Klischee. Dieses Klischee
begegnet uns in einschlägigen Zeitschriften, die wir natürlich nicht kaufen, die uns aber
bisweilen in Auslagen begegnen.
Dass es so ähnlich und doch ganz anders sein kann, zeigt uns einer der heutigen Preisträger,
nämlich Thorsten Pech. Er ist gänzlich unverdächtig, was die meisten der oben genannten
Bestandteile des Klischees angeht, bis auf einen allerdings: Er ist ein Freund des schnellen
Autofahrens. Dieses genießt er besonders, wenn es im Zusammenhang mit der langen
Sommertournee mit dem Trompeter Uwe Komischke quer durch Deutschland geht. Früher
war es auch noch das Motorrad Gegenstand solchen Genusses, doch das Motorrardfahren
hat Thorsten Pech inzwischen „aus Vernunftgründen“ eingestellt.
Freilich bekommt er den Springmann-Preis heute nicht dafür, dank schnellen Autofahrens in
kurzer Zeit möglichst viele Konzerte zu geben. Nein, er bekommt ihn für das, was er seit
vielen Jahren in Wuppertal an verdienstvoller künstlerischer Arbeit tut. Gegenwärtig ist er im
Hauptberuf Kantor und Organist im Bezirk Elberfeld-Nord mit dem Schwerpunkt an der
Kirche am Kolk und an der Friedhofskirche.
Initialzündung war für den 1960 in Wuppertal-Elberfeld geborenen Thorsten Pech ein
Quempas-Konzert im Jahr 1963. Die Eltern ergatterten einige der letzten Karten, die freilich
einen Platz oben auf der Orgelempore bedeuteten. Welch‘ ein Glück: Nach dem Konzert
stand für den Dreijährigen fest: Ich will Orgel spielen. Nun ist das in Hinblick auf die Größe
des Spieltisches einer Orgel für einen Dreijährigen unerreichbar.
Aber mit sechs Jahren war der Junge doch körperlich groß genug, um mit dem
Orgelunterricht beginnen zu können. Und so spielte er bereits mit 8 Jahren jeden Sonntag im
Gottesdienst.
Angesichts eines solch frühen Beginns ist es nicht verwunderlich, dass auch das
Musikstudium sehr früh begann. An der heutigen Robert-Schumann-Hochschule in
Düsseldorf konnte man mit 16 Jahren anfangen. So begann 1976 die Ausbildung im
Studiengang „Evangelische Kirchenmusik“, später im Fach Orgel und schließlich noch im Fach
Dirigieren, letzteres allerdings in Wien.
Parallel zum Studium hatte Pech bereits eine 1. Stelle als Organist. Schließlich musste er sein
Studium selbst mit finanzieren, da die Eltern dazu nicht ausreichend in der Lage waren. 1977
stand er dann zum ersten Mal vor einem eigenen Chor. Der 17-jährige sah sich dort mit
einem Mal mit lauter Sängerinnen und Sängern konfrontiert, die der Großelterngeneration
angehörten. Das war keine leichte Aufgabe, schon von der Akzeptanz her nicht.
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Irgendwie muss es aber dann doch geklappt haben, denn die Arbeit mit Chören ist das
zweite große künstlerische Arbeitsfeld neben dem Orgelspiel. So leitet Pech heute zwei
große Chöre, den Chor der Kulturgemeinde Volksbühne, der zweimal im Jahr mit dem
Sinfonieorchester Wuppertal auftritt, und den Düsseldorfer Bachverein. Im Zusammenhang
mit dem Dirigierstudium kam es dann auch zur ersten Begegnung mit der Gattung Oper und
einer nachhaltigen Erweiterung des musikalischen Blicks.
Hier korrepetierte Thorsten Pech u.a. eine so prominente Sängerin wie Inge Borkh und auch
das blieb nicht ohne Folgen: Bis heute ist das Begleiten von Gesang eine große Passion.
Insider wissen, dass das Klavierspiel andere Fähigkeiten verlangt als das Orgelspiel. Zu
verschieden sind die Instrumente in Bezug auf Tonerzeugung und Spieltechnik. Natürlich ist
die Orgel das Hauptinstrument. Aber Pech sieht sich hier als Organist mit pianistischen
Voraussetzungen.
Was bedeutet Ihm die „Königin der Instrumente“ wie es ja nicht umsonst heißt? Was schätzt
er an diesem Instrument? Es ist die Vielfalt der Klangfarben, die der eines Orchesters ähnlich
ist. In der Fülle der Orgelregister und ihren schier unendlichen Möglichkeiten der
Kombination liegt auch eine unendliche Farbenvielfalt. Überdies ist jedes Instrument
verschieden. Wenn z.B. Geiger immer auf ihrem eigenen Instrument spielen, so haben die
Pianisten wenigstens die Gewähr, dass sie am Konzertort einen großen Konzertflügel
vorfinden, der heute ja meist von der Firma Steinway kommt. Die Überraschungen mit
diesem Instrument halten sich in aller Regel in Grenzen, denn sie sind alle einer einheitlichen
Klangästhetik verpflichtet. Das ist bei der Orgel ganz anders. Nicht nur, dass es historische
und moderne Instrumente gibt, nein, jeder Orgelbauer hat eigene Vorstellungen und eine
eigene Klangästhetik.
Verschieden sind die Instrumente auch in Bezug auf den Aufbau und die technischen
Möglichkeiten. Kommt ein Organist also an einen Konzertort, muss er sich erst einmal mit
dem Instrument vertraut machen, um überhaupt darauf spielen zu können. Der Organist
muss also immer das nehmen, was gewissermaßen „da“ ist. Mit dem ersten Spiel beginnt
eine Entdeckungsreise in das, was das Instrument bietet. Diese Reise hat einen ungewissen
Ausgang. Und nicht selten kommt der Inhalt eines Werkzeugkoffers zum Einsatz, den
Organisten immer mit sich führen. Kenntnisse in Krisenmanagement sollen übrigens auch
von Nutzen sein, wenn auf einmal etwas z.B. mitten im Stück nicht so funktioniert, wie man
es sich vorgestellt hatte.
Zu den musikalischen Vorlieben Thorsten Pechs gehören im Bereich der Orgelmusik die
Werke der Romantik, auch unbekanntere Komponisten wie Siegfrid Karg-Elert und Adolph
Hesse. Überhaupt arbeitet Pech im Bereich der Musik gerne als Archäologe, denn er gräbt
immer wieder unbekannte und häufig aber doch niveauvolle Werke aus. Im Bereich der
Chormusik gehören die Werke Felix Mendelssohn Bartholdys und von Johannes Brahms zum
bevorzugten Kanon, im Bereich des Orchesters sind es die Komponisten Anton Bruckner und
Richard Strauss. Fehlen darf auch nicht Richard Wagner.
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Im Laufe der Jahre sind durch die vielfältigen Aktivitäten zahlreiche Freundschaften mit
unterschiedlichsten Musikerinnen und Musikern im Tal gewachsen. Dazu gehören auch viele
Mitglieder des Sinfonieorchesters Wuppertal, mit denen Pech oft zusammenarbeitet, wenn
es um Chorkonzerte größeren Zuschnitts geht. So verbinden sich die unterschiedlichen
Musikszenen miteinander.
Was macht Thorsten Pech, wenn er nicht musikalisch arbeitet? Eine „Märklin-Eisenbahn“
gehört zu den heimlichen Leidenschaften, der Konsum guten italienischen und französischen
Rotweins ist ein Genuss. Urlaub in Südfrankreich oder an der Nordsee gehört zu den
notwendigen Rekreationszielen, wenn ein anstrengendes Konzertjahr herum ist.
Herzlichen Glückwunsch Thorsten Pech zur Auszeichnung mit dem Springmann-Preis 2016.
Alles Gute für die weitere künstlerische Arbeit in Wuppertal und anderswo. Wir freuen uns
darauf!
Lutz-Werner Hesse
Wuppertal, 29. Oktober 2016
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