"Neue Wege in der Weiterbildung" Zielgruppen gewinnen - neue Formate entwickeln Dokumentation zur Fachtagung Inhalt Programm Eröffnung Sibylle Engelke, Sächsisches Bildungsinstitut Radebeul Vorträge Heiligt der Zweck die Mittel? Sicherung der Weiterbildungsbeteiligung durch zeitgemäßes Marketing PD Dr. Svenja Möller, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg Entwicklung spezifischer Weiterbildungsformate zur Gewinnung neuer Zielgruppen Prof. Dr. Jan Böhm, Johannes Kepler Universität Linz Fachforen 2 Fachtagung "Neue Wege in der Weiterbildung" Zielgruppen gewinnen - neue Formate entwickeln 20. April 2016 In der Weiterbildung ist Marketing längst zur Selbstverständlichkeit geworden. Man spricht nicht mehr darüber ob, sondern wie Instrumente des Marketings eingesetzt werden können, um den Bekanntheitsgrad von Weiterbildungsangeboten zu erhöhen, die potenziellen Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur Nutzung dieser Angebote zu motivieren und neue Zielgruppen zu gewinnen. Die Adressaten der Bildungsangebote weisen eine wachsende Heterogenität auf. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, differenzierte bedarfsorientierte Veranstaltungsformate anzubieten, um kontinuierlich eine stabile Nachfrage zu sichern. Diesen Herausforderungen widmen sich die zwei Fachvorträge der Tagung. Die Fachforen bieten den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Möglichkeit, die in den Vorträgen vorgestellten Themen zu vertiefen sowie Meinungen und Erfahrungen auszutauschen. 3 Programm 09.30 Uhr 09.35 Uhr 12.00 Uhr 13.00 Uhr 14.00 Uhr 14.30 Uhr 15.30 Uhr 16.00 Uhr Begrüßung Eröffnung Sibylle Engelke, Sächsisches Bildungsinstitut Radebeul Jürgen Küfner, Volkshochschule Dresden Heiligt der Zweck die Mittel? Sicherung der Weiterbildungsbeteiligung durch zeitgemäßes Marketing PD Dr. Svenja Möller, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg Kaffeepause Entwicklung spezifischer Weiterbildungsformate zur Gewinnung neuer Zielgruppen Prof. Dr. Jan Böhm, Johannes Kepler Universität Linz Mittagspause Fachforen 1 bis 3 Kaffeepause Fortsetzung der Fachforen 1 bis 3 Ergebnisse aus den Fachforen Ende der Fachtagung Moderation: Ute Pfeil, Sächsisches Bildungsinstitut Radebeul 09.45 Uhr 10.45 Uhr 11.00 Uhr 4 Eröffnung Sibylle Engelke, Sächsisches Bildungsinstitut Radebeul Fünfte Veranstaltung dieser Art. SBI knüpft an die Themen der Fachtagungen der vergangenen vier Jahre an. Diese befassten sich mit dem lebenslangen Lernen vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Veränderungen, mit der Zukunft der Weiterbildung und Trends in der Erwachsenenbildung, der Sicherung einer stabilen Weiterbildungsbeteiligung sowie mit Marketing und Kooperation der Einrichtungen. Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler von zwei Universitäten werden auf der heutigen Tagung zu verschiedenen Themen Vorträge halten und die nachfolgenden Diskussionsforen leiten. Von der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg dürfen wir Frau Dr. Möller begrüßen. Sie referierte bereits auf der Fachtagung 2013 zum Thema "Bildung - Ware oder Produkt?" Herr Prof. Böhm, Johannes Kepler Universität Linz war bereits für die Fachtagung im vergangenen Jahr eingeladen. Leider hinderte ihn damals ein Unfall an der Teilnahme. Umso mehr freuen wir uns, dass er heute unsere Veranstaltung mit einem Vortrag bereichern wird. Wie jedes Jahr wird die Tagung in Kooperation mit einer Weiterbildungseinrichtung durchgeführt. Wir danken Herrn Küfner, Direktor der Volkshochschule Dresden, sowie seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Unterstützung. Im März 2014 beschloss das Sächsische Kabinett die „Weiterbildungskonzeption für den Freistaat Sachsen". In Weiterführung der vorangegangenen Fachtagung wenden wir uns nochmals den in der Konzeption genannten Handlungsfeldern "Sicherung einer stabilen Weiterbildungsbeteiligung" und "Entwicklung spezifischer Weiterbildungsformate zur Gewinnung neuer Zielgruppen" zu. Besonders brisant und hochaktuell ist die Frage, wie es den Einrichtungen gelingen kann, mit ihren Weiterbildungsangeboten zur Integration Asylsuchender in den Arbeitsmarkt und das soziale Umfeld beizutragen. Natürlich steht im Vordergrund zunächst das Problem, geeignete Lehrkräfte unter anderem mit interkultureller Kompetenz in ausreichender Zahl zu finden bzw. heranzubilden. Gleichzeitig müssen die Angebote die speziellen Voraussetzungen und Bedürfnisse Asylsuchender berücksichtigen. Schon jetzt leisten die Weiterbildungseinrichtungen hier eine großartige Arbeit, bei der zunächst die Vermittlung der deutschen Sprache im Vordergrund steht. Politische Bildung gehört zweifellos zu den Schwerpunktaufgaben der Weiterbildung. Sie muss möglichst breite Schichten der Bevölkerung erreichen. Je besser die Menschen gesellschaftliche Prozesse und politische Entwicklungen verstehen und gewillt sind, sich mit diesem Verständnis eine eigene Meinung zu bilden, desto erfolgreicher kann unsere Demokratie den Kräften entgegentreten, die humanistische Grundwerte in Frage stellen. Gleichzeitig wird der Wille zur aktiven Gestaltung des Gemeinwesens gestärkt. Neue Zielgruppen im ländlichen Raum sind sehr schwierig zu finden, wo oft lange Anfahrtswege die Teilhabe an Weiterbildung einschränken. Hier erhöht die Nutzung neuer Medien das Interesse potenzieller Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Als willkommener Nebeneffekt werden durch den Umgang mit Informationstechnologien diesbezügliche Kompetenzen gefördert. 5 Berücksichtigt man den Trend zur Weiterbildung im Freizeitbereich, eröffnen sich zusätzliche Marktchancen für die Einrichtungen. Hier steht vor allem und oft allein das Vergnügen am Erwerb spezieller Kenntnisse und Fertigkeiten im Vordergrund. Angebote in diesem Bereich und deren Ausgestaltung folgen natürlich ganz anderen Erfordernissen als zum Beispiel Maßnahmen berufsnaher Weiterbildung. Wir stehen vor der ständigen Herausforderung, mit Weiterbildungsangeboten möglichst viele Menschen in Sachsen zu erreichen und deren Bildungsbeteiligung auch zukünftig auf einem hohen Niveau zu gewährleisten. Deshalb sind wir gespannt, welche Anregungen wir für die Bewältigung dieser anspruchsvollen Aufgabe von der heutigen Tagung mit nach Hause nehmen werden. Für Ihr hohes Engagement in der Bildungsarbeit möchte ich Ihnen und Ihren Kolleginnen und Kollegen in den Einrichtungen herzlich danken. 6 Vortrag Heiligt der Zweck die Mittel? Sicherung der Weiterbildungsbeteiligung durch zeitgemäßes Marketing PD Dr. Svenja Möller, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg hier geht es zum Vortrag von Svenja Möller 7 Vortrag Entwicklung spezifischer Weiterbildungsformate zur Gewinnung neuer Zielgruppen Prof. Dr. Jan Böhm, Johannes Kepler Universität Linz hier geht es zum Vortrag von Jan Böhm 8 Inhalte der Fachforen Forum 1 Neue Marketingkonzepte PD Dr. Svenja Möller, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg Jede Institution strebt nach Alleinstellungsmerkmalen im "Weiterbildungsmarkt". Wie kann sie diese ausprägen? Eine auf die Einrichtung zugeschnittene Marketing-Strategie erhöht hier die Erfolgsaussichten. Wir Pädagoginnen und Pädagogen sind die Fachleute für unsere Einrichtung. Deshalb können wir am besten diese Strategie unter Nutzung unseres Wissens um die Adressaten, die Lerninhalte, die Institution sowie die Lehrenden entwickeln. Die Lehre vom Marketing hilft uns dabei. Im Forum werden zunächst Best-PracticeBeispiele vorgestellt und diskutiert, um dann auf Möglichkeiten für neue Marketingkonzepte einzugehen. 9 Forum 2 Welche Zielgruppen brauchen welche Formate? Prof. Dr. Jan Böhm, Johannes Kepler Universität Linz Mit der Etablierung von Zielgruppen als Differenzierungsgröße und der Zielgruppenorientierung als dem zugehörigen Handlungsmodus stellt sich die Frage nach geeigneten Veranstaltungsformaten. Dabei muss nicht nur diskutiert werden, wie Zielgruppen "zustande" kommen, was sie charakterisiert und was sie von anderen Zielgruppen unterscheidet, sondern auch, ob diese Zielgruppen besondere Ansprüche an Bildungsformate stellen und wie diese begründet werden. Diese Zusammenhänge sollen anhand verschiedener Beispiele erläutert werden. 10 11 12 13 14 15 16 Forum 3 Geeignete Dozenten für Kurse finden und binden? Erfahrungsaustausch und Lösungsansätze Grit Tarnowski, Volkshochschule im Landkreis Meißen Maik Gloge, Volkshochschule Görlitz Qualifizierte Lehrende zu gewinnen und langfristig an die eigene Einrichtung zu binden, gehört heute zu den wichtigsten Voraussetzungen eines nachhaltigen Erfolgs am Weiterbildungsmarkt. Ziel des Forums ist es, kreative Ansätze für die Suche nach neuen Kursleiterinnen und -leitern zu entwickeln. Darüber hinaus soll der Frage nachgegangen werden, was sich für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Lehrenden und Bildungseinrichtung als förderlich oder aber hinderlich erweisen kann. Mit den Beispielen aus der täglichen Praxis unterschiedlicher Bereiche werden die Erörterungen des Themas illustriert. 17 18 19 20 Herausgeber und Redaktion Sächsisches Bildungsinstitut Dresdner Straße 78c 01445 Radebeul Telefon: +49 351 8324 374 E-Mail: [email protected] www.saechsisches-bildungsinstitut.de Fotos: Cornelia Franke, Ljuba Rehsack Redaktionsschluss 29. April 2016 Copyright Diese Veröffentlichung ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die des Nachdruckes von Auszügen und der fotomechanischen Wiedergabe, sind dem Herausgeber vorbehalten. 21 PD Dr. Svenja Möller Heiligt der Zweck die Mittel? Sicherung der Weiterbildungsbeteiligung durch zeitgemäßes Marketing Fachtagung „Neue Wege in der Weiterbildung“ Dresden, 20. April 2016 PD Dr. Svenja Möller Niccolo Machiavelli: „Der Zweck heiligt die Mittel“ Gilt dies auch für uns in der Weiterbildung? Was ist unser Zweck? Ist (zeitgemäßes) Marketing unser Mittel? Was ist neu bzw. zeitgemäß? PD Dr. Svenja Möller Bildung ist: einmalig individuell subjektabhängig nicht (unmittelbar) sichtbar nicht konsumierbar situationsabhängig nicht reklamationsfähig nicht vorproduzierbar nicht lagerungsfähig zeitlos ... PD Dr. Svenja Möller :: Bildung ist wie eine Reise, man begibt sich auf den Weg und weiß vorher nicht, wo man man landen wird. PD Dr. Svenja Möller Was bedeutet das für ein Weiterbildungsmarketing? 1. Unsere Teilnehmer/inn/en sind notwendige ‚Mitproduzent/inn/en‘ unserer Veranstaltung. 2. Wir nehmen unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Anfang an mit auf unsere Reise. 3. Wir können zwar nicht die Bildung jedoch unser Angebot und den Weg zum ‚Produkt‘ Bildung bewerben und 4. wir können die (potenziellen) Teilnehmer/inn/en umwerben. PD Dr. Svenja Möller Four P‘s im Marketing Product – auch Leistungspolitik Wie wird das Produkt angeboten? Place – auch Distributionspolitik Wie kommt das Produkt an den Kunden? Price – auch Preispolitik Zu welchen Konditionen wird das Produkt angeboten? Promotion – auch Kommunikationspolitik Auf welchen Kommunikationswegen wird das Produkt beworben? PD Dr. Svenja Möller . Dr. Svenja Möller Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. Svenja Möller Literaturtipp: Möller, Svenja (2011): Marketing in der Erwachsenenbildung. Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag, € 19.90 PD Dr. Svenja Möller . Werbefilmbeispiele aus der VHS-Praxis: . http://www.vhs-liebe.de/ https://www.vhs.frankfurt.de/deskto pdefault.aspx/tabid-244/ http://www.youtube.com/watch?v=9mGeyH1cmc&feature=related Dr. Svenja Möller Entwicklung spezifischer Weiterbildungsformate zur Gewinnung neuer Zielgruppen Dresden, 20.4.2016 Prof. Dr. Jan Böhm Inhalt Einführung Zielgruppen Zielgruppen – Milieus Teilnehmende Weiterbildungsformate Beispiel Bildungshaus Schloss Puchberg Diskussion/ Ausblick Einführung Einführung WB als „hohes Gut“ !? (ökonomisch/ gesell./ rational) Prävention von Arbeitslosigkeit Vermeidung von Frühverrentung Förderung gesell. Integration Phys. Wohlbefinden (Leistungsfähigkeit steigern) Soziale Kontakte/ Netzwerke Steigerung des Sozialprestiges Einkommenserhalt (-erhöhung) Aufstiegschancen erhöhen – Abstiegsrisiken verringern Kompetenzaufbau/ Wissensbestände Einführung WB als „hohes Gut“ !? (individuell/ subjektiv) Geselligkeit (soziale Kontakte) Individuelle Interessen/ Leidenschaften ausleben Selbstverwirklichung Intellektuelle Neugierde Kognitive „Suchbewegung“ Spaß/ Lebensfreude … Einführung The „dark side“: Festschreibung von sozialen Disparitäten („doppelte Selektivität“) („Weiterbildungsteilnahme von Geringqualifizierten – In der Weiterbildung konstant abgeschlagen“, DWBA) Fahrstuleffekt? („Überflüssigen“; H. Bude) „freier“ Zugang für alle? (materiell, sozial, psychologisch) Freude über „lebenslang“ ?!? WB als Distinktionsmittel … Teilnehmende (Erler/Fischer 2008: 9) (Erler/Fischer 2008: 10) Einführung WB-Beteiligung stagniert (oder steigt nur leicht) Öffentliche Erwartung: ständig steigend Doch: Hoher Sättigungsgrad Intersegmentäre Veränderungen: Aufwertung des informellen Lernens (Dynamisiert durch Validierung und Zertifizierung) Einführung (DWBA 2015) Einführung (Adult Education Survey – AES Trendbericht 2014: 13) Zielgruppen Zielgruppen Kurzer Problemaufriss: EB müssen Teilnehmende „suchen“ Lehr-Lern-Settings sollen sich an die Bedürfnisse der TN richten Finanzierungsstrukturen/ Ressourcen in der EB Zielgruppen Kurzer Problemaufriss: Erwachsenenpädagogischer Leitbegriff Zielgruppenkonzept in den 70er Jahren entstanden Bildungsreformdiskussion Soziale Disparitäten abbauen Zielgruppen Kurzer Problemaufriss: Die diffuse Gesamtmenge an potentiellen WB- Teilnehmern wird anhand von sozialstrukturellen und soziodemographischen Merkmalen segmentiert Es werden gewisse Merkmale, die von einem Teil der Gesamtmenge geteilt wird, hervorgehoben Zielgruppen Kurzer Problemaufriss: Annahme: diese äußeren Merkmale lassen auf bestimmte innere Dispositionen/Haltungen schließen, u.a. auch das Bildungsinteresse/ Lernvoraussetzungen Implizit beinhaltet dieser Rückschluss ein relativ simples Sein-Bewusstsein-Schema Zielgruppen Reaktion auf unterschiedliche Formen der Ausgrenzung: Arbeitsmarkt Kulturelle A. Ökonom. A. Gesellschaftliche Isolation Räumliche A. Institutionelle A. ….. Zielgruppen Beispiele: Frauen Arbeitnehmer Arbeitslose Geringqualifizierte Jugendliche Eltern Behinderte Migranten Analphabeten Ältere Straffällige …. Zielgruppen Kurzer Problemaufriss: Lt. U. Becks Individualiserungsdiskurs (1986)verlieren soziale Klassen, Schichten und Milieus ihre Bindekraft und Wirksamkeit „Ende der Großgruppengesellschaft“ (je evident?; PISA) EB hat dieser These weitgehend zugestimmt (Wittpoth 1994) Starke Orientierung auf Heterogenität und Pluralität Zielgruppen Kurzer Problemaufriss: Zuletzt eher eine recht unkritische Rückkehr zur merkmalsbezogenen Zielgruppenperspektive (Ältere, Migranten…) Zielgruppen Kurzer Problemaufriss: enger Bezug zu: Teilnehmerorientierung Adressatenorientierung Versuch, Kenntnisse über Bildungsinteressen, Motive, Barrieren und Lernvoraussetzungen potenzieller Lernender zu erlangen (vgl. Bremer 2010) Zielgruppen Drei Ansätze in der ZGO (vgl. Schiersmann 2010) 1. Lernpsychologischer Ansatz 2. Gesellschaftliche Reformdiskussion 3. Politische Zielperspektive Zielgruppen Wie „stellt“ man Zielgruppen her? Nach Mader/Weymann (1979) in sechs Stufen: 1. 2. 3. 4. 5. 6. Definition von Defiziten Beschreibung äußerer Rahmenbedingungen Antizipation von Lernbarrieren Institutionalisierung eines Themas Verhandlung des Verwertungszusammenhangs Einrichtung eines lernzielorientierten Unterrichts Zielgruppen Sechs Phasen werden zwei Paradigmen zugeordnet: Phasen 1-3: normatives Paradigma • • • Definition von Defiziten Beschreibung äußerer Rahmenbedingungen Antizipation von Lernbarrieren Phasen 4-6: interpretatives Paradigma • • • Institutionalisierung eines Themas Verhandlung des Verwertungszusammenhangs Einrichtung eines lernzielorientierten Unterrichts Zielgruppen Strukturmodelle von Lehr/Lernbeziehungen (Schäffter 1981) 1. Schulungsmodell (effektive TN-Rekrutierung) 2. Interventionsmodell (Felderschließung) 3. Marktmodell (effektive und soziale Angebotsentwicklung) 4. Vermittlungsmodell (gegenseitige Zuordnung von Lehr-und Lerninteressen) 5. Selbstlernmodell (Aktivierungsprinzip) 6. Selbstorganisationsmodell (ZG als formaler Auftraggeber) Zielgruppen Kritik: Bereits in den 70er Jahren zum Teil scharfe Kritik Kreuzung von Merkmalen (ältere Hochschullehrer und älterer Postbote….) Mangelnde Differenzierung von Zielgruppeneinteilung Ausdifferenzierung von Lebenslagen, die keine eindeutigen Zuordnung von soz. Benachteiligung und bestimmten dauerhaften Merkmalen erlauben Stigmatisierung Defizitansatz Essentialisierung bestimmter Merkmale/Eigenschaften Klassifikationen sind „Klassen auf Papier“, sozial konstruiert (Zusammenhang Defizit und Benachteiligung) Differenzierte Problemlagen Erwartungsüberschuss Zielgruppen – Milieus Erweiterung des Zielgruppenansatzes durch Milieustudien: Habitus als einheitsstiftendes Prinzip, nicht singuläre Merkmale/ Eigenschaften Herangezogen wird Bourdieus Habituskonzept (1987) Die aus der gesellschaftlichen Differenzierung entstehenden Positionen sind geknüpft an bestimmte innere Handlungsdispositionen Zielgruppen – Milieus Erweiterung des Zielgruppenansatzes für Milieustudien: Habitus: Während der Sozialisation erworbene (übernommene) soziale Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschemata „Wie einer spricht, tanzt, lacht, liest, was er liest, was er mag, welche Bekannten und Freunde er hat, all das ist eng miteinander verknüpft“ (Bourdieu 1982:182) Milieu als Gruppe von Personen mit ähnlichen Lebensführungen und Alltagspraxen, und somit ähnlichen Präferenzen und Haltungen gegenüber Arbeit, Bildung, Familie…. Zielgruppen – Milieus Annahme: Soz. Milieu repräsentiert zugleich bestimmte Habitustypen verbunden mit bestimmten Zugang zu und Umgang mit Lernen und Bildung Absehen von der Orientierung an Sozialstatistik und Soziodemographie Hinwendung zu geteiltem Alltagshandeln von einer Gruppe von Personen als Konzept für Zielgruppenarbeit in der EB Zielgruppen – Milieus Zielgruppen – Milieus Zielgruppen – Milieus obere Milieus besitzen eher ein exklusives Bildungsverständnis Persönlichkeitsbildung, Individualität, Selbstentfaltung, Selbstvermarktung Artikulieren deutlich ihre Interessen Untere Milieus besitzen ein „aufgeladenes“ Verhältnis zu EB Weniger Selbstzweck, eher Qualifikation, Notwendigkeit; Vermeidung von Ausgrenzung und Stigmatisierung Zielgruppen – Milieus Große Barrieren Bildungseinrichtungen als fremdbestimmte Welt Infragestellung der etablierten Konzepte und Formate Verschiedene Milieus besitzen auch Präferenzen für bestimmte Einrichtungen (VHS, konfessionelle Akademien….) und auch Formate? Zielgruppen – Milieus Kritik: Milieuansatz verdeckt leicht Macht- und Hierarchiegefälle/Strukturen (eben keine „bunte Vielfalt“) EB/WB ist darin selbst „Akteur“ Erinnerung an die kritische Aufgabe der EB (Trotz Notwendigkeit der Ökonomisierung, Marketing…) Milieus sind sozial konstruiert Milieus sind dynamisch Kreuzung der Zugehörigkeiten Illusion der Zugehörigkeit Bei der klassischen Zielgruppenorientierung stand die kritische, gegen Diskriminierung/ Ungleichheit gerichtete Motivation im Vordergrund Teilnehmende Teilnehmende Theoretische Ansätze zur Erklärung von Teilnahmeentscheidungen an EB/WB: 1. Ökonomische A. 2. Soziologische A. Teilnehmende Theoretische Ansätze: Ökonomische A.: Homo oeconomicus (rational handelnde Akteur) Ziel: Nutzenmaximierung (Voraussetzungen: Bekanntsein aller relevanten Informationen) Prominent: Gary Becker Humankapitalansatz (1964) Teilnehmende Theoretische Ansätze: Soziologische A.: Berücksichtigen das soziale Umfeld; gesellschaftliche Normen und Erwartungen, die die Bedingungen der Akteure unterschiedlich beeinflussen Teilnehmende Theoretische Ansätze: Verbindende Ansätze: Soziologischer Rational-Choice (Subjective Expected Utility, SEU) (Esser 1991) Teilnehmende Theoretische Ansätze: Verbindende Ansätze: Konzepte der sozialen Milieus oder Segmentationsansätze (u.a. Bourdieu), die weniger die Entscheidung von Individuen fokussieren, sondern eher entscheidungsbestimmende Strukturen Teilnehmende Theoretische Ansätze: Ergebnisse: Recht valide Aussagen für den Bereich der beruflichen Weiterbildung Großes „Rauschen“ im Bereich der allgemeinen Erwachsenenbildung Forschungslücken Weiterbildungsformate Weiterbildungsformate Nach Programmanalyse ausgewählter österreichischer Weiterbildungsanbieter (n=7): Es dominieren „traditionelle“ seminaristische Angebote Traditionelle Formate werden mit „neuen“ Formaten gemischt Weiterbildungsformate Nach Programmanalyse ausgewählter österreichischer Weiterbildungsanbieter (n=7): Kleinere Einrichtungen scheinen „experimentierfreudiger“ zu sein Kombination mit informellen Lernmöglichkeiten Beispiel: Bildungshaus Schloss Puchberg Entwicklung der Gesamtbesucherzahlen (Quelle: G. Stelzenhammer) Beispiel: Bildungshaus Schloss Puchberg Beispiel: Bildungshaus Schloss Puchberg Veranstaltungsformate: • • • • • • • • • • • Reisen Lesungen/ Leseabende Vernissagen Galerieabende Werkstattarbeiten Museumsbesuche Exerzitien Besinnungstage Vorbereitungskurse Bildungsberatung Stadtteilarbeit Beispiel: Bildungshaus Schloss Puchberg Veranstaltungsformate: • • • • • • • • • • Finnissage Mediation Feste/Feiern Diskussionsrunden Liederabende Kamingespräche Theater/ Forschungstheater Workshops Tanzabende Schreibwerkstätten Diskussion/ Ausblick Diskussion/ Ausblick Zielgruppen sind sozial konstruiert und müssen erst definiert werden, bevor spezifische Formate Entwickelt werden Traditionelle Formate dominieren Daneben entstehen „neue“ Formate Diversifizierung von Lernorten Formate mit hohen informellen Lernanteilen Diskussion/ Ausblick Informelle Formate werden organisiert (Reformalisierung?) Entwicklung neuer Formate orientiert sich an der „Bildungspraxis“ (informell) der TN In den untersuchten Einrichtungen wird ZGO eher Intuitiv praktiziert (Orientierung am alten Modell der ZG) Zu wenig Berücksichtigung anderer relevanter Faktoren bei der Entscheidung für/gegen EB/WB: DozentInnen (Fokus auf Qualifikation); Lernsettings; Medien… Diskussion/ Ausblick Forschungsdesiderate: Entscheidungsfindung der TN Konkurriert die organisierte EB/WB mit informellem Lernen (Aufgewertet durch Anerkennungsbestrebungen) Kommt es zu einer Überformung informeller Lernsettings durch formale EB/WB? Vielen Dank! Literatur Breloer, G. (1979): Zielgruppenarbeit als didaktisches Konzept der Erwachsenenbildung – Erfahrungen und Perspektiven. In: eb Berichte und Informationen der Erwachsenenbildung in Niedersachsen, H. 25. Breloer, G./Dauber, H./ Tietgens, H. (1980): Teilnehmerorientierung und Selbststeuerung in der Erwachsenenbildung. Braunschweig. Bremer, H. (2010): Zielgruppen in der Praxis. Erwachsenenbildung im Gefüge sozialer Milieus. In: MAGAZIN Erwachsenenbildung,10/2010. Franz, J.: Zur Bedeutung von „Raum“ in Organisationen Allgemeiner Erwachsenenbildung Ergebnisse einer qualitativen-rekonstruktiven Studie. In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaften 19 (2016), S. 31-53. Iller, C. (2011): Zielgruppen. In: Fuhr, T./Gonon, P./Hof,C. (Hrsg.) Erwachsenenbildung – Weiterbildung. Handbuch der Erziehungswissenschaften. Paderborn et al. Kaufmann, K. (2012): Informelles Lernen im Spiegel des Weiterbildungsmonitorings. Wiesbaden. Mader, W.(1982): Zielgruppenentwicklung und Teilnehmerwerbung. In: Nuissl, E. (Hrsg.): Taschenbuch der Erwachsenenbildung. Baltmannsweiler. Mader, W./Weymann, A.(1979): Zielgruppenentwicklung, Teilnehmerorientierung und Adressatenforschung. In: Siebert, H. (Hrsg.): Taschenbuch der Weiterbildungsforschung. Baltmannsweiler. Martin, A./ Schömann, K./ Schrader, J./ Kuper, H.(2015): Deutscher Weiterbildungsatlas. Bielefeld. Schäffter, O. (1981): Zielgruppenorientierung in der Erwachsenenbildung. Braunschweig. Schiersmann, C.(1995): Zielgruppenorientierung – noch ein aktuelles Leitprinzip? In: päd.extra, H. 1.