Gen-Forschung bei der Brieftaube Von Drs. N. Wolff Vergangene Woche waren wir mit der N.O.O.K. zu Gast im Laboratorium der Firma van Haeringen in Wagingen. Wir wurden herzlich begrüßt und bekamen ausführliche Erklärungen über die Entwicklungen auf dem Gebiet der Gen-Forschung bei Brieftauben. In einem meiner vorhergehenden Artikel berichtete ich schon über Forschungen, die von Wissenschaftlern in Polen und China (Dybus und Mitarbeiter, 1. Juni 2005) durchgeführt worden waren. Diese Forscher hatten ein kleines Stück der DNA der Taube kartiert. Sie untersuchten das LDH-Gen bei der Taube. LDH ist eine Abkürzung für das Enzym Laktat Dehydrogenase, ein Enzym, das in vielen Körperzellen vorhanden ist. Bei Vögeln spielt dieses Enzym eine wichtige Rolle im Muskelgewebe, in der Leber, in der Niere, in den Knochen und in den roten Blutkörperchen. Das Enzym ist wichtig für den Abbau von Zucker (Glykolyse). Es gibt mehrere Sorten von LDHEnzymen. Das LDH-A-Enzym scheint am geeignetsten für die Umwandlung eines Abbauproduktes von Zucker zu sein. Aus der Untersuchung ging hervor, dass das Gen, das LDHA codiert, aus LDHA AA, LDHA AB und LDHA BB aufgebaut sein kann. In Polen und China wurden 445 Tauben untersucht. Bei Ziertauben kam das A-Allel bei 0,6 % der Tauben vor. Bei Tauben mit überragenden Leistungen in Polen und China kam das A-Allel bei 21 % der Tauben vor. Insgesamt wurden 221 Spitzentauben, 145 schlechte Tauben und 79 Ziertauben untersucht. Während der ersten Versammlung der N.O.O.K nach dieser Präsentation wurde intensiv nachgedacht. Warum nannte man es ein Schnelligkeits-Gen? Haben die Tauben, die das Gen tragen, mehr Schnelligkeit oder können sie sich besser orientieren? Natürlich ist es schön, dass uns die Wissenschaft eine Möglichkeit bietet, die uns bei der Selektion der Tauben hilft, aber es erheben sich dabei viele Fragen. Wir stolperten zum Beispiel ziemlich schnell über den Begriff Spitzentaube. Ein ungenauer Begriff. Ist das eine Taube, die ein Mal einen frühen Preis gemacht hat oder ist es eine Ass-Taube? Wurden die Untersuchungen an Kurzstreckentauben oder an Übernachttauben vorgenommen? Welche Tauben gehörten zur Gruppe der schlechten Tauben? Waren das die Brüder von Spitzentauben oder stammten diese Tauben aus einer Familie, die niemals gute Leistungen gebracht hatte oder kamen sie einfach von einem schlecht reisenden Züchter? Mit dieser Untersuchung konnten wir also noch nicht viel anfangen. In Absprache mit Kollege van der Sluijs wurde an einer kleinen Anzahl niederländischer Spitzentauben eine Untersuchung durchgeführt. Aus der Praxis von Tierarzt Wolff und aus der Praxis von Tierarzt van der Sluis wurden jeweils mehrere Tauben für diese Untersuchung ausgewählt. Wir haben für diese Untersuchung Tauben ausgesucht, die auf landesweitem Niveau zu den besten gehörten. Diese Tauben hatten also mehrere Spitzenpreise geflogen. Wir ließen die Federn von 26 Spitzentauben untersuchen. Die Variante LDHA AA kam bei unseren untersuchten Tauben nicht vor. 11 der 26 Tauben waren jedoch Träger des A-Allel (LDHA AB), das sind gut 42 % der untersuchten Tauben. Von den untersuchten Allelen gehörten bei unserer Untersuchungsreihe genau 21 % zu A und 79 % zu B (A wurde 11 Mal gefunden, B 41 Mal). Diese Ergebnisse waren genau dieselben wie die, die von den Forschern in Polen und China gefunden wurden. Schlussfolgerungen: - Um gute Leistungen zu bringen, hat die Taube kein A-Allel vom LDHA-Gen nötig. Sehr viele Spitzentauben haben dieses Allel jedenfalls nicht. Es muss also noch sehr viele andere Ursachen geben, die dafür sorgen, dass eine Taube schnell nach Hause fliegt (die Versorgung, der Schlag, die Vorbereitung, aber wahrscheinlich auch viele andere genetische Eigenschaften).sehe auch die 7 Qualitätsmerkmale. Doch selektieren wir als Taubenzüchter unbewusst auf das A-Allel des LDHA-Gens. Bei den Stadt- und Ziertauben, die nicht darauf gezüchtet werden, schnell nach Hause zu fliegen, kommt dieses Allel jedenfalls kaum vor. Offensichtlich hat eine Brieftaube, die schnell nach Hause fliegen muss, einen Vorteil durch das A-allel des LDHA-Gens. - Bei den Übernachttauben, die wir in unserer kleinen Untersuchungsreihe untersuchten, kam das A-Allel des LDHA-Gens viel häufiger vor (6 der 11 untersuchten Übernachttauben waren Träger des Gens und 5 der 15 Kurzstreckentauben). Aufgrund dieser Ergebnisse kann nicht viel gesagt werden. Wir wagen (noch) nicht zu behaupten, dass das A-Allel für Übernachttauben wichtiger ist. Unsere Untersuchungsreihe war dafür einfach viel zu klein. Möglicherweise wird die Forschung in Zukunft viel häufiger durchgeführt, sodass unsere Vermutungen bestätigt oder entkräftet werden können. * Wovon wir an diesem Nachmittag jedoch durchdrungen waren, war die Erkenntnis, dass wir in Zukunft wahrscheinlich viel häufiger Gebrauch von Gen-Untersuchungen machen werden. Es ist natürlich auch gut, dass über die Stiftung N.O.O.K. gemeinsam mit den Taubenzüchtern über diese Untersuchungen nachgedacht werden kann. Ohne die N.O.O.K. wäre die letzte Untersuchung wahrscheinlich nicht einmal durchgeführt worden. In dieser Zeit wird die Gen-Forschung immer wichtiger. So nehmen diese Untersuchungen einen immer wichtigeren Platz bei der Rinderhaltung ein. Es ist möglich, einen schnellen Fortschritt bei der Produktion zu bekommen, indem man mit Hilfe von GenUntersuchungen züchtet (Marker Assistent Selection genannt). So gibt eine Kuh nicht nur mehr Milch sondern auch Milch von einer besseren Zusammenstellung. (Der Eiweißgehalt der Milch ist genetisch festgelegt.) Wir können eine Taube zur Zeit nur auf ein einziges Gen untersuchen, aber in Zukunft können viele wichtige Merkmale genetisch kartiert werden. Momentan versucht man in Polen, die Geschmeidigkeit des Flügels genetisch gesehen zu kartieren. Dieser Bericht scheint vielleicht noch etwas unwirklich zu sein, aber das ist nicht so. Denken Sie nur an die Untersuchungen, die von forensischen Laboratorien durchgeführt werden. Anhand von DNA-Spuren, die an Orten, an denen Verbrechen geschehen sind, gefunden wurden, kann die Polizei schon viele Hinweise bekommen. Ein kleiner Blutstropfen erzählt uns schon sehr viel: die Blutgruppe, ob er von einem Mann oder einer Frau stammt, die Hautfarbe, die Haarfarbe, eine kleine oder eine große Person, Farbe der Augen, manche genetische Krankheiten können nachgewiesen werden usw. usw. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass in Zukunft Tauben mit ausführlicher „Gen-Karte“ über das Internet verkauft werden. Man kann an den Genen sehen, um was für ein Tier es sich handelt. Qualitätsmerkmale Die 7 Qualitätsmerkmale, die eine Brieftaube benötigt, um Spitzenleistungen zu liefern 1. Orientierung: In einer geraden Linie zum Schlag fliegen. 2. Äußerliche körperliche Qualitäten: Gefieder, Flügel, Muskeln, Augen, Rücken, Legebeine usw. 3. Innere körperliche Qualitäten: Lunge, Magen/Darm, rote Blutkörperchen usw. 4. Gesundheit: 100 % gesund und genügend Abwehrkräfte, um sich nicht im Korb mit eventuellen Krankheitserregern zu infizieren. 5. Motivation: Zeigt sowohl auf dem Nest, als auch auf Witwerschaft und auf dem Sitzbrettchen enorme Kampfeslust, um zum Schlag zurückzukehren. 6. Charakter: Die Schmerzgrenze überwinden können (Ausdauer). 7. A-Gen/Anti-Übersäuerungsgen Dieses Gen beeinflusst das Durchhaltevermögen der Muskeln, den Muskelapparat und die Sauerstoffaufnahme.