3.9 Die zentrale Rolle der Geldpolitik in der EU 3. 9

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3.9 Die zentrale Rolle der Geldpolitik in der EU
Je nach wirtschaftspolitischem Ziel sind in den EU-Staaten unterschiedliche Ebenen verantwortlich. Nicht für alle Ziele kann die EU
selbst zuständig sein. Für die Erreichung mancher Ziele sind sicherlich
die einzelnen Regierungen besser geeignet, als es die übergeordnete
EU ist. Die EU soll jedoch für den allgemeinen Rahmen, in dem die
nationalen Wirtschaftspolitiken agieren, sorgen. Für die 19 Euroländer
kann dies durch eine gemeinsame Geldpolitik geschehen.
Das Hauptziel der EU-Wirtschaftspolitik –
die Geldwertstabilität
M 1 Die Europäische Zentralbank (EZB) in
Frankfurt/Main
Die Aufgaben des Rates der Wirtschaftsund Finanzminister (ECOFIN-Rat):
• Überwachung der Budgetpolitik
• Frühwarnung bei budgetären Fehlentwicklungen
• Setzen von Sanktionen bei andauerndem
budgetären Fehlverhalten der Staaten
Bei Überschreitung des Budgetdefizits von 3 %
muss eine Einlage bei der EU unverzinst hinterlegt werden. Drückt ein Land sein Defizit
nicht innerhalb von zwei Jahren unter die vorgeschriebene Grenze, so wird die Einlage in
eine echte Geldstrafe umgewandelt. Ausnahmen sind nur möglich, wenn außergewöhnliche
Umstände (Naturkatastrophen, Konjunktureinbrüche) eintreten.
207,3 32,9
43,0 35,3 32,2
Die Erhaltung der Geldwertstabilität ist das absolut übergeordnete wirtschaftspolitische Ziel für den allgemeinen Rahmen. Die europäischen
Staaten haben im Lauf ihrer Geschichte immer wieder dramatische Phasen der Geldentwertung und des damit verbundenen Wohlstandsverlustes durchgemacht (z. B. Hyperinflation der 1920er-Jahre). In den 1970erund 80er-Jahren brachten die inflationären Tendenzen den europäischen
Wohlfahrtsstaat ins Wanken. Mit der Errichtung der europäischen Währungsunion und der damit verbundenen Integration sehr verschiedenartig strukturierter Staaten war klar, dass hohe Inflation und eine damit
verbundene Geldentwertung nicht mehr passieren durften.
Verschuldung und Inflation als Hauptübel der europäischen
Wirtschaft vor der Währungsunion
In Europa hatten viele Staaten (darunter auch Österreich) die Tendenz,
sich zunehmend zu verschulden. Dafür gab es vielfältige Ursachen: eine
aufgeblähte Verwaltung (zu viele Beamte), eine negativ bilanzierende
verstaatlichte Industrie (deren Schulden mit Steuergeldern abgedeckt
werden mussten), ein teures Sozialsystem (hohe Arbeitslosengelder
und Sozialunterstützungen). Vielfach konnten die einzelnen Nationalbanken dem nur durch die Neuproduktion von Geld entgegensteuern
(„Geldschöpfung“). Die Folge davon waren Inflation und in manchen
Staaten auch Währungsabwertungen.
Inflationsraten seit 1992 in %
Quelle: Eurostat
30
3.9
25
20
Polen
3 Wirtschaftspolitik der EU
15
Ungarn
Slowenien
Slowakei
10
5
Tschechische
Republik
Deutschland
Italien
Österreich
Frankreich
0
1992
‘94
‘96
‘98
2000
‘02
‘04
‘06
M 2 Langfristig sinken in Europa die Inflationsraten – ein Erfolg der EU-Geldpolitik. Allerdings
gibt es nach wie vor Schwankungen.
ARBEITSAUFGABE
Begründen Sie, warum die Geldwertstabilität ein derart wichtiges Ziel der EU-Wirtschaftspolitik ist.
‘08
‘10
‘12
Budgetdisziplin – das Ende der unendlichen
Geldschöpfung
Die Budgetpolitik obliegt zwar in der Währungsunion der
Verantwortung der einzelnen Staaten, aber mit der Schaffung der Europäischen Zentralbank (EZB) 1998 wanderte
die Kompetenz der Geldschöpfung von den einzelnen
Staaten an eine zentrale Stelle (M 1). Nur die EZB konnte
ab diesem Zeitpunkt Geld produzieren. Gleichzeitig wurde
dieser Geldproduktionsprozess stark eingeschränkt, um
die Inflation in den Griff zu bekommen (M 2).
Erste Voraussetzung dafür ist die Überwachung der einzelnen nationalen Budgetpolitiken durch die EU. Als Ziel
wurde definiert, dass der negative Saldo aus Einnahmen
und Ausgaben des Staates nicht mehr als 3 % des nationalen BIP betragen dürfe.
Das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) besteht aus den
nationalen Zentralbanken aller EU-Mitgliedstaaten und der Europäischen
Zentralbank (EZB). Die nationalen Zentralbanken sind gleichzeitig Aktionäre der EZB. Die geldpolitischen Entscheidungen für das Eurogebiet
erfolgen im Rahmen des Eurosystems im EZB-Rat, in dem der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank Sitz und Stimme hat. Die Umsetzung der Geldpolitik obliegt den nationalen Zentralbanken.
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