Marktbericht 08

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Marktbericht 08.12.2009 / müssen wir uns jetzt schämen?
Die jüngere Generation ist der Pfeil,
die ältere der Bogen.
(John Steinbeck)
Ein Buch (Koran) aus dem 7. Jahrhundert hält die Menschheit des 21.
Jahrhunderts in Bann. Wie findet der Islam zur Moderne? Bis heute sind
Versuche von religiösen Reformen am Fels der Orthodoxie gescheitert
(NZZ). Der Islam wird in weiten Teilen Europas nicht nur als Religion,
sondern als politische Ideologie gesehen und auch empfunden, deren
ungebrochener Herrschaftsanspruch sich auf den Koran stützt.
Die Schweiz wurde lange als Musterdemokratie gefeiert, nun wird unser
Land im Kielwasser des Minarettverbots als undemokratisch böse an den
Pranger genagelt. Heftige, herbe Attacken aus dem Ausland prasseln auf
uns nieder. Nun gut, von Aussen betrachtet, war es schon immer ein
leichtes Unterfangen, über uns Schweizer zu spotten, uns zu belächeln
und sich über die Eidgenossenschaft und deren Eigenheiten zu erheben.
Viele
glauben, in
der
kleinen
Schweiz
mit
ihren knorrigen,
schroffen Bergen schon lange eine Anomalie zu erkennen. Wir Schweizer,
mit unseren radikalen, kantonalen Strukturen, fügen uns halt nicht
so einfach in die moderne Zeit. Wir würden uns, so das Vorurteil, stur,
langsam, hinterwäldlerisch, verbohrt und natürlich - wie könnte es auch
anders sein - fremdenfeindlich anstellen. Aber das Minarettverbot ist
kein Desaster und enthüllt keine verstockte Xenophobie. Nichtmuslime
wären in vielen Staaten froh, wenn sie nur einen Bruchteil der Rechte
geniessen könnten, die ihnen die Schweiz ausbreitet. In Wirklichkeit
entpuppt sich unser Ja zum Minarettverbot als Teil einer jahrelangen
Diskussion darüber, wie weit sich Europa im Namen der Integration
islamisieren soll oder muss. Was hier bei uns geschah, ist in jedem
anderen Land auch denkbar.
Hier wurde aber auch eine Frage aufgeworfen, die nicht überall die
Chance erhält, in den öffentlichen Raum der Argumentation
vorzudringen: die Frage nämlich, ob ein in Europa auf herkömmliche
Weise inszenierter Islam nicht auch eine latente Gefahr für das prekäre
Gleichgewicht aller säkularisierten Gesellschaft widerspiegelt. Man mag
und darf sich über unser Votum erhitzen - man sollte aber auch die Frage
zulassen, ob hinter dem Votum nicht auch viel Erwägenswertes stehen
könnte.
Durchkämmen wir die Leserbriefe verschiedener Zeitungen stechen zwei
Grundaussagen ins Auge: die Empörung über die in- und ausländischen
Kritiker unseres Volksentscheides, die versuchen, diesen wieder
auszuhebeln; und eine ehrliche Auskunft über die Motive, die so viele
Schweizer bewogen, ein Ja in die Urne zu legen. Es sind keineswegs
"diffuse Ängste", wie es eilfertige Kommentatoren vermuten, sondern
klar artikulierte, begründete Vorbehalte gegenüber dem Islam, dessen
Vereinbarkeit mit liberalen Werten angezweifelt wird.
Zu kleinen Staaten, erklärte schon Montesquieu, passe die direkte
Demokratie. Wir Schweizer pflegen sie mit Leidenschaft. Dass sich 57.5 %
der an der Abstimmung Beteiligten gegen den Bau weiterer Minarette
ausgesprochen haben, ist eine Botschaft, über die man in Ruhe
nachdenken muss.
Der ägyptische Schriftsteller Alaa Al-Aswani tadelt und ärgert sich, dass
der Islam seine Selbstdarstellung immer mehr den Radikalen überlässt.
Mit einer solchen Missbilligung im Ohr, darf es eigentlich niemanden
ernsthaft wundern, wenn wir von den hier lebenden Muslimen zu Recht
erwarten - heute deutlich vehementer als früher -, dass sie dieser,
unserer Gesellschaft nicht ablehnend oder gleichgültig gegenüberstehen,
sondern bewusst Teil von ihr werden.
Nein, wir Schweizer gehören keineswegs zu den Moslem-Hassern, aber
viele von uns fühlen, dass in unserem Lande einiges schlimm aus dem
Ruder läuft - Personenfreizügigkeit und die damit verknüpften Kosten für
die Arbeitslosenversicherung, die Frust gegenüber der unselige LibyenAffäre oder dem leidigen Gerangel um das Bankkundengeheimnis und,
nicht zu vergessen, die tief in unsere Strukturen greifende Finanz- und
Wirtschaftskrise sät Unsicherheit in allen Bereichen unseres
Lebens. Unsere
Eliten
scheinen
das
Unbehagen
breiter
Bevölkerungsschichten auszublenden.
Der in Hamburg lehrende Schweizer Ökonom Thomas Straubhaar fordert
für Zuwanderer eine verbindliche Vereinbarung. Diese soll die freie
Meinungsäusserung und die Glaubensfreiheit garantieren, im Gegenzug
aber auch zu Demokratie, Rechtstaatlichkeit, liberales Gedankengut,
Menschenrechte und den Verzicht auf Gewalt und Diskriminierung
verpflichten. Bei Abweichungen verlangt er Sanktionen bis hin zur
Ausweisung. Könnte sich der Islam auf ein solches Abkommen
einlassen, es umsetzen und auch achten? Integration kommt nicht von
selbst. Sie bedarf zukunftsweisender Grundlagen. Es gibt kein Recht auf
Migration. Jedes Land auf dieser Welt bestimmt für sich alleine, wer
einwandern darf und wer nicht. Damit aber nicht genug - wir müssen uns
auch mit anderen, ausschlaggebenden Fragen auseinandersetzen:
Was stufen wir beispielsweise als typisch schweizerisch ein? Was macht
die Schweiz künftig stark? (Quelle:Handelszeitung)
Beim Ringen um den Lissabon-Vertrag löste der Vorschlag, das
Christentum zu einem Grundwert der EU zu erklären, eine
stürmische Debatte aus. Die Idee konnte sich nicht durchsetzen, aber sie
zeigt, dass unsere Abstimmung nicht die erste Entscheidung offenlegt,
welche die Verwendung muslimischer Symbole einschränkt oder
einzuschränken gedenkt.
Müssen wir uns jetzt schämen? Nein!
Bemerkenswert: Erste Umfragen ergaben, dass in Deutschland etwa 80
% keine weiteren Minarette wünschen. Denn Minarette werden von der
Mehrheit der deutschen Bevölkerung nicht als Ort eines anderen Glaubens
wahrgenommen, sondern als Symbole einer intoleranten Religion (NZZ).
"Wer ist Franzose?" Diese Frage beschäftigt und treibt unsere Nachbarn
im Westen um. Es gibt, wie Eric Besson, der französische Minister für
Einwanderung, keine reinen Franzosen, keine französische Rasse. Als
Faktengrundlage dient die nüchterne Erkenntnis, dass in Frankreich von
französischen Eltern geborene Franzosen inzwischen eine Minderheit
sind. In einer Rede Mitte November bringt es Präsident Sarkozy auf den
Punkt: Frankreich sei kein Nebeneinander von Gemeinschaften oder
Individuen, es sei nicht nur eine Gemeinschaft von Interessen. Franzose
zu werden, heisse, einer bestimmten Form der Zivilisation anzugehören,
ihren Werten und Sitten zu folgen. Frankreich sei ein Land der Freiheit
und Gleichheit, wo Kirche und Staat getrennt seien und der Glaube eines
jeden respektiert werde. Aber es habe keinen Platz für die Burka, keinen
Raum für die Versklavung der Frau. Wer das Spirituelle mit dem
Irdischen verquicke, haben hier nichts zu suchen. (Hansruedi Kamer, Dr.
phil. Experte für internationale Sicherheitspolitik)
Machen wir uns nichts vor: In Europa wächst die Skepsis gegenüber
Migranten. Der German Marshall Fund untersuchte, wie Europäer ihre
Einwanderer beurteilen. Wenn Probleme bei der Integration auftauchen,
sehen viele die Einwanderer in der Pflicht. Diese Meinung ist vor allem in
Deutschland verbreitet.
Last but not least werfen wir noch einen kurzen Blick auf christliche
Minderheiten in den Ländern des Halbmondes: Seit Jahrhunderten
lebten und leben Christen und Muslime im Orient zusammen, oft zum
gegenseitigen Nutzen: Armenier in der Türkei, Maroniten im Libanon,
Kopten in Ägypten, Chaldäer im Irak und Syrien sowie Orthodoxe im
ganzen Nahen Osten. Doch Islamisierung und Nahostkonflikt, Vertreibung
und Drangsalierung haben die Zahl der Christen dezimiert: Rund 10
Millionen
leben
heute
noch
in
Ländern
mit
islamischer
Bevölkerungsmehrheit.
Nirgendwo
ist
ihnen
aber freie
Religionsausübung, Kirchenbau oder unbeschränkte Gemeindearbeit
gestattet.
Nun
aber
zurück
internationalen Finanzmärkten:
zum Geschehen
an den
Friede, Freude, Eierkuchen - die
Aktienmärkte wirbeln weiter. Die Konjunkturdaten versprühen
Zuversicht. Doch am Ende eines Jahres, in dem so viel vergessen wurde,
sollte man sich vom Nikolaus vor allem eines wünschen - ein besseres
Erinnerungsvermögen!
Je billiger das Geld, desto schwächer das Gedächtnis! Als habe es die
Kreditblase nie gegeben, findet wieder ein schwungvoller Umsatz mit
hoch riskanten Finanzpapieren statt. Verschiedene Experten fürchten,
dass die Anreize der Regierungen und Notenbanken zur Ankurbelung der
Kreditvergabe zu völlig unbeabsichtigten Konsequenzen führen: Sie
verführen potentielle Geldgeber zu gefährlich rosigen Einschätzungen.
Wir beobachten - und das sollten wir uns dick hinter die Ohren schreiben
- eine riesige Schulden-Rallye an den globalen Märkten. Da darf nichts,
aber auch gar nichts, schief laufen, um nicht fürchterlich zu entgleisen.
Die führenden Zentralbanken wandeln sich zu Risikofaktoren. Aus den
Hütern des soliden Geldes wurden Ingenieure des üppigen Geldes. Was ist
nur mit ihnen los? Unübersehbar warnt der Goldpreis vor
schmerzlichen Folgen. Die waghalsigsten Banken der Welt finden wir
nicht mehr an der Wall Street, sondern in den Hauptstädten der
führenden Industrienationen, in Washington, in London oder Tokio. Es
sind
keine
Investmentbanken,
keine
Hypothekenbanken
oder
Landesbanken, die in der Krise die trüben Schlagzeilen beherrschten,
sondern vermeintlich erzlangweilige Währungshüter. Ähnlich wie damals
Lehman Brothers oder Merrill Lynch blähen sie ihre Bilanzen auf
ungesunde Weise auf. Eigentlich liegt die Hauptaufgabe der Notenbanken
für die Stabilität des Geldes zu sorgen. Aber seit gut einem Jahr verfolgen
sie andere Schwerpunkte.
Nobuyuki Saji, Chefökonom bei Mitsubishi UFJ Securities, wertete die
Bilanzstrukturen der einzelnen Zentralbanken aus. Nicht überraschend,
schlägt die amerikanische Fed dem Fass den Boden aus: Zwischen Ende
2007 und Herbst 2009 pumpte die Federal Reserve ihre Bilanz um den
Faktor 2.3 hoch. Diesem gigantischen Fluss an Neugeld im System steht
aber kein entsprechendes Mehr an Gütern und Dienstleistungen
gegenüber. Und - wir alle wissen, dass die mächtigsten Zentralbanken
rund um den Globus massenhaft Staatsanleihen aufkauften, um so den
Markt mit Liquidität zu fluten. Die Notenbanken werden so Schritt für
Schritt zu den bedeutendsten Inlands-Gläubigern der Regierungen. Die
Staaten sind wiederum mehr und mehr auf die Notenbanken angewiesen.
Ein teuflischer Kreislauf!
Die Europäische Zentralbank (EZB) steht vor äusserst heiklen
Entscheidungen. Sie kann aber nicht unabhängig agieren. Sowohl die
Politik der anderen Notenbanken, vor allem der amerikanischen Fed, als
auch der Kurs der Finanzpolitik nehmen tiefgreifenden Einfluss darauf,
was die EZB tut oder eben nicht tut.
Die Euro-Währungshüter zeigen sich vorsichtig bereit, die beispiellosen
Liquiditätshilfen, mit denen sie den Banken in der Finanz- und
Wirtschaftskrise aus der Patsche halfen, allmählich abzusahnen - auch um
neue Finanzexzesse zu verhindern. Dabei enthüllt sich die Fed als beinahe
unüberwindbares Hindernis, hält diese doch unbeirrt an ihrer lockeren
Geldpolitik fest, weil sie die Risiken für die Finanzmärkte und die
Wirtschaft höher einschätzt. Die Fed bekleidet eine Leitfunktion und so
lange sie sich nicht bewegt, wird es für die EZB schwer, sich von der
amerikanische Fahrweise abzukoppeln. Hintergrund ist vor allem, dass
die Geldpolitik die Attraktivität der Währung bestimmt, die wiederum
über die Exporte den Gang der Wirtschaft prägt. Was den Einfluss der
Politik auf die Beschlüsse der EZB betrifft, geht es gegenwärtig vor allem
um die klaffenden Haushalts- und Staatslöcher vieler Länder - und deren
Bedeutung für die Geldpolitik. Die EZB gesteht, dass die Defizite
unvermeidbare Folge einer Politik seien, die eine Depression unterbinden
wollte. Nun drängt sie aber auf klare Ausstiegsstrategien.
Sie fürchtet, dass das Vertrauen in die Nachhaltigkeit der
Staatsfinanzen unterspült werden könnte. Daraus entspringen
Inflationserwartungen, die langfristigen Zinsen ziehen an, dämpfen
Investitionen und Konsum und schlussendlich knebelt eine steigende
Zinslast die Staatshaushalte. Eine äusserst vertrackte Situation!
Optimismus hört sich anders an:
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Die
weltwirtschaftliche
Erholung
entlarvt
gravierende
Schönheitsfehler. Niemand scheint sich allerdings darüber bewusst
zu sein, welche Konsequenzen den globalen Finanzmärkten daraus
erwachsen.
Der private Konsum wird die Konjunktur im kommenden Jahr kaum
kraftvoll und zügig stützen können.
Die derzeitigen Strukturen der Wirtschaft spiegeln nicht die NachKrisen-Welt. Die Volkswirtschaften müssen sich auf ein verändertes
Finanzierungsklima einstellen - und das dauert.
Der Geld- und Fiskalpolitik harren gewaltige Herausforderungen.
Solange die konjunkturelle Genesung auf eher wackeligen Beinen
daherkommt, werden die Zentralbanken ihre Zinsen tief halten. Die
Deflationsgefahr lauert nach wie vor. Gleichzeitig müssen nun die
Gefahren neuer Blasenbildungen an den Finanzmärkten ins Auge
gefasst werden.
Auch auf die Politik kommt eine ungeheuere Ladung an Arbeit zu.
Die Staatsverschuldung wird deutlich steigen.
Unternehmen schauen jetzt wieder auf ihre Auslastung und stellen
fest, Überkapazitäten gähnen.
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Die Exporte könnten nach dem Ende des Wiederaufstockens der
Lager einen Durchhänger erleiden und die Binnennachfrage
nachhaltig zu stärken, dauert Jahre.
Einen soliden Ausstieg aus der expansiven Fiskalpolitik zu finden
und in eine zukunftsträchtige Konsolidierung der Staatshaushalte
einzuschwenken, wird nicht wenig Bauchgrimmen verursachen.
Banken üben sich im Schönreden - operativ laufe es bombig,
versichern uns die Institute. Viel wert sind diese Aussagen jedoch
nicht, denn, wenn man die Zahlen durchleuchtet, erweisen sich
diese als mau. Die Bilanzen offenbaren sich schwammig - sie
kaschieren die wahre Lage.
Jetzt plötzlich wieder zur Tagesordnung übergehen zu wollen und zu
meinen, was in den vergangenen 18 Monaten im Finanzbereich und auf
der Konjunkturseite geschehen ist, sei einfach einer dieser zyklischen
Ausschläge gewesen, wie wir sie in den letzten Jahrzehnten ab und zu
erlebten (die Wirtschaft ist halt zyklisch.....), wäre eine fatale Illusion
(Prof.Dr. Erwin W. Heri).
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