Zuschlag auf ein Angebot mit überhöhten Kalklulations

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Zuschlag auf ein Angebot mit überhöhten
Kalkulationsansätzen?
Verfasser: Dr.-lng. Dietmar Au g u st i n
Inhaltsübersicht
Seite
1. Problemstellung
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2.
Grundlagen einer ordnungsgemäßen Kalkulation
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3.
Überhöhte Kalkulationszuschläge
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4. Auswirkungen
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5.
Empfehlungen
164
5.1
Wertung, Aufklärung
164
5.2
Ausschluß des Bieters
165
5.3 Verhalten nach Auftragserteilung
6. Schluß
165
166
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Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1992
Problemstellung
Bei der Abwicklung von Bauarbeiten ist es oft notwendig, in Abweichung vom Vertrag
geänderte oder zusätzliche Leistungen ausführen zu lassen. Der Auftragnehmer ist
zur Ausführung verpflichtet (§ 1 Nr. 3 und Nr. 4 VOB/B). Er erwirbt einen Anspruch
auf zusätzliche Vergütung. Die „Nachtragspreise" bestimmen sich nach § 2 Nr. 5 und
Nr. 6 VOB/B auf der Basis der Kalkulationsgrundlagen für die vertraglichen Leistungen. Für die Anknüpfung ist es erforderlich, daß den Ausgangspreisen eine sachgerechte Kalkulation zugrunde liegt. Das ist nicht immer der Fall.
Bekannt ist das Problem der Spekulationspreise, bei denen der Bieter die Preise nicht
an den voraussichtlichen Kosten der Leistung orientiert. Er schließt aus einer vertieften Bearbeitung des Angebots, seiner Erfahrung oder der zeitnäheren Kenntnis der
örtlichen Verhältnisse (zwischen LV-Erstellung und Submission) auf spätere Mengenmehrungen oder -minderungen, die er durch Preisreduzierung oder -erhöhung bei
den entsprechenden Positionen zu seinen Gunsten ausnutzen will. Die Preise werden offen ausgewiesen. Bei Mengenverschiebungen entgegen seiner Erwartung treffen ihn entsprechende Nachteile. Auf die Wertung von Spekulationsangeboten soll
hier nicht eingegangen werden, da das Thema bereits in der „Fundstelle", RandNr.
251/1990 abgehandelt wurde.
Eine andere Art spekulativer Kalkulation liegt vor, wenn den einzelnen in der Kalkulation anzusetzenden Faktoren nicht das ihnen objektiv zukommende Gewicht beigemessen wird. Eine derartige Verzerrung der Kalkulationsfaktoren ist nicht auf Anhieb
zu erkennen, da die Einheitspreise und die Gesamtsumme sich im üblichen Rahmen
bewegen. Manchmal wird erst bei der Vereinbarung neuer Preise festgestellt, daß der
Auftragnehmer, der als preisgünstigster Bieter aus dem Wettbewerb hervorgegangen
ist, Nachtragspreise fordert, die beispielsweise 30 % über den Beträgen liegen, die
sich für Nachtragspreise seiner ursprünglich teuereren Mitkonkurrenten errechnen.
Damit wird eine Grundregel für Preisvereinbarungen nach VOB/B - gute Preise bleiben gute Preise, schlechte Preise bleiben schlechte Preise - außer Kraft gesetzt.
Dieser Unterschied kommt dadurch zustande, daß z.B. ein Stundenverrechnungssatz
von 90,00 DM/h und ein Materialzuschlag von 35 % als Kalkulationsbestandteile genannt werden, während die übrigen Bieter mehrheitlich 65,00 DM/h und 10 % angeben. Da bei geänderten oder zusätzlichen Leistungen sowohl der Zeitaufwand (angenommen 1,00 h/Einheit) als auch die Materialkosten (30,00 DM/Einheit frei Bau)
nur in geringen Grenzen unterschiedlich sind, ergäbe sich mit
(1) 1,00 h/E x 90,00 DM/h + 30,00 DM/E x 1,35 =
(2) 1,00 h/E x 65,00 DM/h + 30,00 DM/E x 1,10 =
130,50 DM/E
98,00 DM/E
in etwa der oben genannte Unterschied bei den Nachtragspreisen.
Eine Einsicht in die den Kommunen zur Anwendung empfohlenen Formblätter aus
dem VHB Bayern „Angaben zur Preisermittlung" EFB-Preis 1 a bzw. 1 b oder 1-Ausbau und in EFB-Preis 2 oder in die vom Auftragnehmer unterbreitete Kalkulation zeigt
keine Unstimmigkeiten, da die den Nachträgen zugrunde zu legenden überhöhten Kalkulationszuschläge nicht von denen der vorgelegten Unterlagen abweichen. Die Zuschläge weichen aber beträchtlich von denen anderer Bieter ab.
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Von einem Ihrer Bedeutung nicht angemessenen „überhöhten" Ansatz von Kalkulationszuschlägen kann dabei nur innerhalb einer Maßnahme im Vergleich mit den Ansätzen anderer Bieter gesprochen werden. Bei speziellen Arbeiten können durchaus
hohe Ansätze angemessen sein, z.B. wenn bei kleinen Arbeitsgruppen überdurchschnittlich viel Bauleitungspersonal oder umfangreicher Nachunternehmereinsatz notwendig wird.
2.
Grundlagen einer ordnungsgemäßen Kalkulation
Obwohl der Angebotspreis von der Marktlage und dem Interesse am Auftrag abhängt,
orientiert sich die Kalkulation des Preises zunächst an den zu erwartenden Kosten.
Die Kosten setzen sich aus den Einzelkosten der Teilleistung (Löhne, Stoffe, Geräte
und Subunternehmer) und den Baustellengemeinkosten, Allgemeinen Geschäftskosten sowie aus Wagnis und Gewinn zusammen. Aus der Umlage der letztgenannten
Kosten auf die Einzelkosten ergeben sich die Zuschläge auf Löhne, Stoffe usw.
Für die Preisanpassungen nach § 2 Nrn. 3, 5 und 6 VOB/B (Mengenänderungen,
geänderte und zusätzliche Leistungen) ist von den Preisermittlungsgrundlagen für die
vertragliche Leistung auszugehen. Damit werden die Kalkulationsgrundlagen, vor allem der Kalkulationslohn und die Zuschläge auf Löhne, Stoffe, Geräte und Subunternehmer, benötigt. Mit dem Zuschlag auf die Löhne ergibt sich der Stundenverrechnungssatz.
Die Kalkulationsunterlagen sind dem Auftraggeber zunächst nicht bekannt, da mit dem
Angebot nur Positionspreise für die Leistungen vorgelegt werden. Bei Nachtragsangeboten muß der Auftragnehmer seine Kalkulationsbestandteile durch die Aufschlüsselung von Vertragspreisen, in der Regel durch die Vorlage seiner ursprünglichen Kalkulation, belegen. Im staatlichen Bereich wird im Vergabehandbuch gefordert-für die
Kommunen wird dies empfohlen -, daß bei größeren Aufträgen die Formblätter „Angaben zur Preisermittlung" EFB-Preis 1 a bzw. 1 b oder 1-Ausbau und EFB-Preis 2
dem Angebot beizugeben sind.
Die vorgenannten Formblätter sind in drei Teile gegliedert:
Berechnung des Kalkulations-(Verrechnungs-)lohns mit Mittellohn;
Sozialkosten und Lohnnebenkosten;
Einzelkosten der Teilleistung aus Löhnen (Stunden x Kalkulationslohn), Stoffen, Geräten und Nachunternehmern sowie Baustellengemeinkosten, Allgemeine Geschäftskosten und Wagnis und Gewinn;
Zuschläge auf die Einzelkosten der Teilleistung.
Die einzelnen Kostenanteile sowie die Entwicklung des Angebotspreises aus den Einzelkosten und den Zuschlägen sind rein rechnerisch einfach zu prüfen.
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Allerdings ist dem Außenstehenden nicht erkennbar, ob die angegebenen Zahlen aus
einer ordnungsgemäßen Kalkulation des Bieters übernommen oder frei erfunden sind.
Nur ein Vergleich der ausgefüllten Formblätter verschiedener Bieter zu einem bestimmten Bauvorhaben läßt grobe Unrichtigkeiten erkennen.
3.
Überhöhte Kalkulationszuschläge
Der Lohnaufwand bei den Einzelkosten ergibt sich aus (Verrechnungssatz DM/h) x
(Aufwand h/Einheit).
Mit den Ansätzen 65,00 DM/h x 1,00 h/Einh. = 65,00 DM/Einh.
bzw. 90,00 DM/h x 0,72 h/Einh. = 64,80 DM/Einh.
erhält man fast den gleichen Endpreis. Es ist für den Bieter im Rahmen der Angebotsbearbeitung nur erforderlich, seine Aufwandswerte wesentlich niedriger anzusetzen als üblicherweise benötigt, also 0,72 h statt 1,00 h, um trotz hoher Zuschläge im
Wettbewerb konkurrieren zu können.
Bei den Stoffkosten führen z.B. für Beton sowohl Zuschläge von 10 % mit
125,00 DM/m3 + 10 % = 137,50 DM/m3 als auch Zuschläge von 35 % mit
102,00 DM/m3 + 35 % = 137,70 DM/m3 zu etwa dem gleichen Preis. Der Beton kostet
dem Bieter aber, da er an die Preise der örtlichen Betonlieferwerke gebunden ist,
tatsächlich z.B. 125,00 DM/m3 und nicht 102,00 DM/m3. Der Preis ist den Bietern
durchaus geläufig.
Dem Auftraggeber erscheinen die Einheitspreise insgesamt, vor allem wenn die Preise unter denen der Mitbewerber liegen, angemessen.
Merkmal der vom Gesamtpreis günstigen Angebote mit außergewöhnlich hohen Kalkulationszuschlägen ist, daß die Gesamtstundenzahl weit niedriger ist als bei der
Mehrheit der anderen Bieter.
4.
Auswirkungen
a) Unverändertes Leistungsbild
Sofern es weder zu Mengenminderungen, zu geänderten und zusätzlichen Leistungen noch zu Behinderungen kommt, bleibt der günstigste Bieter auch bei überhöhten Kalkulationsansätzen in der Endabrechnung am günstigsten.
b) Mengenminderung
Bei Mengenminderungen verschiedener Positionen um mehr als 10 % sind dem
Auftragnehmer gemäß § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B hauptsächlich die entgangenen Umlagen aus Baustellengemeinkosten und Allgemeinen Geschäftskosten auszugleichen. Bei überhöhten Kalkulationsansätzen kann der Anteil der Baustellengemeinkosten und Allgemeinen Geschäftskosten zwischen den Bietern teilweise um
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mehr als 10 % der Gesamtkosten differieren. Überschlägig (da sich die Regelungen
der VOB auf die Mengenänderungen der einzelnen Positionen beziehen und nicht
auf die Gesamtsumme) wird auch der Ausgleichsbetrag, der zu vergüten ist, um
10% höher liegen.
c) Zusätzliche Leistungen
Der Preis für zusätzliche Leistungen bestimmt sich gemäß § 2 Nr. 6 VOB/B nach
den Preisermittlungsgrundlagen für die vertragliche Leistung und den besonderen
Kosten der zusätzlichen Leistung. Zu den Preisermittlungsgrundlagen zählen im
wesentlichen Stundenverrechnungssatz, Zuschläge auf Stoffe, Geräte und Nachunternehmer sowie der Gerätesatz. Zu den besonderen Kosten zählen u.a. die Stoffund Nachunternehmerkosten sowie üblicherweise die Aufwandsstunden.
Wie in Abschnitt 1 aufgezeigt, kann sich der Unterschied der Kalkulationszuschläge der einzelnen Bieter mit über 30 % im Preis auswirken.
Da der Bieter seine Kalkulationsansätze in den vorgelegten Formblättern ausgewiesen hat, kann es für den Bauherrn im Einzelfall schwierig sein, die Überhöhung
der Ansätze nachträglich darzulegen und sich von diesen Ansätzen zu lösen. Zu
den einzelnen Kosten ist zu bemerken, daß die Stoffkosten für die Firmen, abgesehen von geringen Rabattunterschieden, in gleicher Höhe anfallen. Auch der
tatsächliche Aufwand an Stunden dürfte im Beispielsfall für beide Firmen im Prinzip gleich sein. Im übrigen sind die Einzelansätze für sich betrachtet angemessen
und entsprechen der Abrechnung vergleichbarer Leistungen oder Akkordtarifen.
Beim Akkord ist zu beachten, daß schnelleres Arbeiten nicht zu einer Verringerung
des zu kalkulierenden Stundenaufwands führt, da z.B. einem Zimmerer bei 1,0 h
Zeitaufwand der Akkordsatz von 1,5 h gutzuschreiben ist.
d) Mengenmehrungen und geänderte Leistungen
Sowohl bei Mengenmehrungen über 10 % als auch bei geänderten Leistungen bemessen sich die neuen Preise gemäß § 2 Nr. 3 Abs. 2 bzw. § 2 Nr. 5 VOB/B nach
den Mehr- oder Minderkosten. Bei Mehrkosten ergibt sich eine Preisentwicklung,
wie vorstehend zu den zusätzlichen Leistungen ausgeführt. Lediglich bei entstehenden Minderkosten, die aber vom Auftraggeber darzulegen wären, könnte der
neue Preis niedriger liegen als nach den Ansätzen der anderen Bieter.
e) Bauzeitverlängerungen, Behinderungskosten
Aus den Angaben über die Gesamtstunden und Personalstärke in den EFB-Preis
geht z.B. hervor, daß für die Abwicklung 10 bis 11 Arbeitskräfte eingesetzt werden.
Da, wie in Abschnitt 3 dargelegt, eine weitaus niedrigere als die erforderliche Stundenzahl genannt wird, werden tatsächlich selbstverständlich (wie bei den anderen
Bietern) auch bei Berücksichtigung des unter c gezeigten „Akkordüberschusses"
16 Mann für die fristgemäße Fertigstellung benötigt. Da die angegebenen 11 Mann
auf der Baustelle eingesetzt sind, ist für den Bauherrn die dauernde Unterbesetzung der Baustelle erst spät am unzureichenden Leistungsstand erkennbar. Eine
Bauzeitverlängerung ist in aller Regel zu erwarten.
Es stellt sich dann die Frage einer (möglicherweise vereinbarten) Vertragsstrafe
und der Kosten aus der Bauzeitverlängerung. Der Auftragnehmer will sich keines-
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falls die vorgenannte Bauzeitverzögerung anlasten lassen; er macht vielmehr geltend, daß auf der Baustelle nachweislich mehr Stunden (z.B. 16.000 h) angefallen
sind als im EFB-Preis (z.B. mit 11.000 h) ausgewiesen. Der Mehraufwand sei auf
häufige Behinderungen zurückzuführen. Die daraus entstandenen Mehrkosten werden gefordert.
Es ist zwar Sache des Auftragnehmers, Behinderungen zu beweisen. Die Differenz
zwischen kalkulierten und tatsächlich angefallenen Stunden ist eingängig, beweist
aber nichts. Ist aber, wie häufig in der Praxis, der Planvorlauf verhältnismäßig
knapp, so ist eine langwierige Diskussion über die Berechtigung der Forderung
nicht unwahrscheinlich.
5.
Empfehlungen
5.1
Wertung, Aufklärung (§§ 24, 25 VOB/A)
a) Erkennen der überhöhten Kalkulationszuschläge
Bei der Wertung der Angebote wird im Vergabehandbuch Bayern in den Richtlinien für die Anwendung der VOB zu § 25 VOB/A in Abschnitt 1.8.1 empfohlen, für
die Beurteilung heranzuziehen:
Erfahrungswerte aus anderen Vergaben,
die Angaben zur Preisermittlung (EFB-Preis 1),
die Aufgliederung wichtiger Einheitspreise (EFB-Preis 2),
die Analyse des Preisspiegels.
Im Preisspiegel können Positionen mit untergeordneter Bedeutung weggelassen
werden; Stundenlohnarbeiten, Bedarfs- und Wahlpositionen sind mit aufzunehmen.
Es ist unbedingt erforderlich, als Anhang zum Preisspiegel die Stundenverrechnungssätze und die Zuschläge auf Stoffe, Geräte und Nachunternehmer, eventuell
auch die Gerätekosten, aufzunehmen. Der Verrechnungssatz kann nicht unmittelbar im Formblatt EFB-Preis 1 abgelesen werden; er ist aus dem Kalkulationslohn
und dem Zuschlag auf Löhne zu berechnen.
Ein hoher Verrechnungssatz kann durch niedrige Zuschläge auf die übrigen Einzelkosten zustande gekommen, wie andererseits hohe Zuschläge auf Stoffe, Geräte und Subunternehmer durch einen niedrigen Verrechnungssatz begründet sein.
Auch ein größerer Nachunternehmeranteil beeinflußt die Zuschlagshöhe.
Fällt jedoch ein für den Auftrag in Frage kommender Bieter im Vergleich zu den anderen Bietern durch hohe Stundensätze und hohe Zuschläge auf, wären die Einheitspreise im Formblatt EFB-Preis 2 dahingehend zu untersuchen, ob die Zeitansätze und die Netto-Stoffkosten (= 100 x Bruttokosten)/(100 + Zuschlag %) den
Erfahrungswerten entsprechen.
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b) Aufklärung
Sind die Zeitansätze, gegebenenfalls auch die Nettostoffkosten, außergewöhnlich
niedrig, so wäre im Rahmen der Aufklärung gemäß § 24 VOB/A mit dem Bieter zu
verhandeln. Dazu heißt es in den Richtlinien des Vergabehandbuchs zu § 24
VOB/B:
„Der Aufklärung dienen auch Erörterungen mit den Bietern über die Angaben in den
EFB-Preis. Bei Zweifeln an deren Schlüssigkeit oder Richtigkeit soll das Bauamt
eine Klärung herbeiführen und nötigenfalls die Berichtigung der Formblätter verlangen. Diese Berichtigung muß sich im Rahmen der Kalkulation des Bieters halten,
sie darf nicht zur Korrektur einer nicht ordnungsgemäßen Preisermittlung führen."
Der letzte Satz bedarf einer Erläuterung. Mit der Korrektur des Formblatts dürfen
ausschließlich die Ansätze für Aufwandszeiten, Stoffkosten und Zuschläge, nie aber
die Einheitspreise und damit die Gesamtsumme des Angebots verändert werden.
5.2
Ausschluß des Bieters
Es stellt sich die Frage, ob ein Bieter, der sich weigert, die erkannten Verzerrungen
richtigzustellen, bei der Vergabe übergangen werden kann. Dazu ist zu prüfen, ob das
Angebot als das annehmbarste erscheint. Zunächst gilt, daß für den Auftraggeber das
Angebot, wenn keine zusätzlichen Leistungen mit der Bildung von neuen Preisen anfallen, als preisgünstigstes anzusehen ist. Für die Risikoabwägung ist zu überlegen,
ob aus der Eigenart der geforderten Arbeiten zusätzliche Leistungen oder Mengenminderungen über 10 % auszuschließen, möglich oder zu erwarten sind.
Der Zuschlag darf nicht erteilt werden, wenn das Angebot nach der Abwägung nicht
als das annehmbarste anzusehen ist.
5.3
Verhalten nach Auftragserteilung
Wurde bei der Wertung die Verzerrung der Kalkulationsfaktoren nicht erkannt, so stellt
sich das Problem erst bei der Vorlage der ersten Nachtragsforderung. In der Rechtsprechung und in der Kommentarliteratur ist das Thema noch nicht behandelt.
Zu erwägen ist folgendes:
a) die Kalkulation ist nicht Vertragsbestandteil;
b) die VOB geht vom korrekt kalkulierenden Bieter aus;
c) die Grundregel bei der Bemessung neuer Preise ist „niedriger Preis bleibt niedriger Preis".
Man könnte daran denken, die Zuschläge unverändert beizubehalten und dafür alle
Aufwandswerte im gleichen Maß zu reduzieren, wie es der Auftragnehmer seinem Angebot zugrunde gelegt hat. Soweit die „besonderen Kosten" einer zusätzlichen Leistung betroffen sind, steht dem die Kommentarmeinung gegenüber, daß diese Kosten
entsprechend ihrem tatsächlichen Umfang im Preis der zusätzlichen Leistung zu
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berücksichtigen sind (Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB 6. Aufl.,
RandNr. 84 b zu § 2.6).
Ein anderer Weg wäre, für das Angebot nachträglich eine Kalkulation mit angemessenen Aufwandswerten und tatsächlichen Stoffkosten zu erstellen, wobei sich aus der
Beibehaltung der Einheitspreise und der Gesamtsumme die zugehörigen Zuschläge
ergeben. Anstatt des geforderten Zuschlags von 35 % ergäbe sich dann z.B. ein Zuschlag von 10 %. Bei den Zuschlägen handelt es sich um die Kalkulationsgrundlagen,
die nach VOB/B bei Nachtragsvereinbarungen unverändert beizubehalten sind. Die
Loslösung von den ausgewiesenen Zuschlägen geht von dem Gedanken aus, daß
die Anwendung der VOB eine Kalkulation im Sinne der VOB voraussetzt und - nachdem eine solche Kalkulation nicht vorliegt - diese im nachhinein zu erstellen ist.
Da die Vorgehensweise je nach Einzelfall festzulegen wäre, muß auf die weitere Behandlung hier verzichtet werden. Eine Lösung von den zunächst nicht beanstandeten
Sätzen ist nachträglich nur mit Schwierigkeiten möglich.
6.
Schluß
Der öffentliche Auftraggeber wäre gut beraten, sich vor der Auftragsvergabe vor unzutreffend gewichteten Kalkulationsansätzen zu schützen und die ihn beratenden Architekten und Ingenieure auf die Problematik hinzuweisen. Dazu gehört,
- die Formblätter EFB-Preis bei Überschreitung der voraussichtlichen Auftragssumme
von 250.000 DM (Bauhauptgewerbe) bzw. 100.000 DM (Ausbau) den Verdingungsunterlagen beizufügen (vgl. Richtlinien zu § 10 VOB/A Nr. 3 im Vergabehandbuch Bayern);
- von den in die engere Wahl kommenden Bietern das Ausfüllen der Formblätter
- soweit noch nicht erfolgt - zwingend vor der Vergabe nachzuverlangen;
- im Anhang des Preisspiegels den Verrechnungssatz (Kalkulationslohn + Lohnzuschlag), die Zuschläge auf Stoffe, Geräte und Nachunternehmer, ggf. die Gerätekosten aufzuführen;
- bei außergewöhnlich hohen Werten bei dem für die Vergabe vorgesehenen Bieter
Aufklärung und eventuell Richtigstellung der Eintragungen in die Formblätter (unter
strikter Beibehaltung der angebotenen Einheitspreise) nach § 24 VOB/A zu fordern;
- falls sich ein Bieter weigert, seine unzutreffende Aufschlüsselung zu berichtigen,
sorgfältig zu prüfen, ob das Angebot noch als das annehmbarste zu betrachten ist.
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