Infopapier 05.10.2012 Umsatzsteuerliche Hinweise zur Lieferung von Biomasse und anschließender Rücknahme des Gärprodukts Bei der Lieferung von Biomasse oder auch Gülle an eine Biogasanlage sind zahlreiche umsatzsteuerliche Besonderheiten zu beachten. Das Gleiche gilt für die Rücknahme des Gärproduktes durch den Landwirt. Im Folgenden sollen Hinweise für Biogasanlagenbetreiber zusammengefasst werden, um Nachforderungen von Seiten des Finanzamtes zu vermeiden. 1. Verkauf von Biomasse an eine Biogasanlage Die meisten Biogasanlagen in Deutschland setzen als Substrat Nachwachsende Rohstoffe (z. B. Maissilage, Getreide-GPS, Grassilage, etc.) ein. Diese Substrate stammen entweder von externen Substratlieferanten oder werden selbst angebaut. In vielen Fällen erfolgt die Vergärung der „eigenen“ Energiepflanzen in einer gesonderten Gesellschaftsform, so dass nahezu immer eine Rechnung ausgestellt werden muss, auch wenn der zugehörige landwirtschaftliche Betrieb die Substrate selbst anbaut. Ein entscheidender Punkt für eine Rechnungsstellung mit korrekt ausgewiesener Umsatzsteuer ist die Festlegung des Eigentumsübergangs. In der Praxis haben sich zwei Abrechnungsformen etabliert. Auf der einen Seite die Lieferung ab/frei Feld (auch ab/frei Halm) und auf der anderen Seite die Lieferung ab/frei Biogasanlage (auch frei Silo oder frei Platte). Lieferung ab/frei Feld: Der Erzeuger des Substrats übergibt den stehenden Pflanzenbestand an den Abnehmer (Biogasanlage). Der Abnehmer ist verantwortlich für die gesamten Erntearbeiten sowie die Konservierung (Silierung) und Lagerung der Substrate. Lieferung frei Biogasanlage: Der Erzeuger des Substrats erntet den Pflanzenbestand und liefert das frische Material an der Siloplatte ab. Dieser Eigentumsübergang entscheidet auch darüber, ob es sich bei Beteiligung einer gewerblichen Biogasanlage beim Transport um eine Dienstleistung gegenüber einem Landwirt oder um eine Dienstleistung gegenüber einem Gewerbebetrieb handelt. Grundsätzlich ist es oft günstiger die Substrate frei Biogasanlage zu verkaufen, da dann das Häckseln und der Transport noch eine Tätigkeit des landwirtschaftlichen Betriebs darstellen können. Die Vorteile eines nicht gewerblichen Transports sind im Infopapier „Hinweise zum Transport von Biomasse und Gärprodukten“ zusammengefasst. Dieses Papier kann von der Homepage des Fachverband Biogas e.V. (www.biogas.org) unter Publikationen heruntergeladen werden. Die Gestaltung des Eigentumsübergangs ist auch aus umsatzsteuerlicher Sicht entscheidend. Wird die Biomasse (z. B. Mais) vom Landwirt selbst oder in seinem Auftrag und auf seine Kosten gehäckselt und anschließend frei Biogasanlage durch ihn oder seine Helfer geliefert, sind das Häckseln und der Transport des Maises eine unselbstständige Nebenleistung zur Hauptleistung - der Verkauf der Biomasse. Auf der Rechnung kann dann ein einheitlicher Umsatzsteuersatz für die Ernte und 1 Infopapier 05.10.2012 Transportleistung und das Substrat in Rechnung gestellt werden. Dieser beträgt für pauschalierende Landwirte 10,7 %, für regelbesteuerte 7 %. Wird bei der Ernte oder dem Transport die Hilfe anderer Landwirte beansprucht, müssen diese entweder 10,7 % oder – falls kein pauschalierter Umsatz vorliegt – 19 % Umsatzsteuer in ihrer Rechnung über die Dienstleistung an den auftraggebenden Landwirt ausweisen. Wird die Biomasse ab Feld verkauft, erteilt in der Regel die gewerbliche Biogasanlage den Auftrag für das Häckseln und den Transport. In diesem Fall ist bei der Umsatzsteuer auch bei pauschalierenden Landwirten die Regelbesteuerung (19 %) für die erbrachten Leistungen anzuwenden. Hier ist dann aber beim leistenden Unternehmer ein anteiliger Vorsteuerabzug möglich. Entscheidend für die Besteuerung der Ernte- bzw. Transportleistungen ist also der Auftraggeber. Die Lieferung der Biomasse an sich ist in jedem Fall mit 7 % bzw. 10,7 % zu versteuern. Gegebenenfalls gilt es für Landwirte beim Transport von Biomasse als Dienstleistung auf einkommensteuerliche Aspekte zu achten. Die Umsätze aus der Dienstleistung dürfen nicht mehr als 1/3 des Umsatzes des Betriebes ausmachen und 51.500 € nicht überschreiten. Gleichzeitig sollten die eingesetzten Maschinen zu mindestens 10 % im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb eingesetzt werden und keine Maschinen angeschafft werden, die ausschließlich für außerbetriebliche Zwecke bzw. zur Erbringung von Dienstleistungen bestimmt sind. Ansonsten liegt mit der Erbringung der Dienstleistungen von Anfang an ein Gewerbebetrieb vor. Hinweis: Bei speziellen Fragen zu einkommensteuerlichen Aspekten wird die Kontaktaufnahme zu einem Steuerberater empfohlen. Hinweis: Bei Transporten für gewerbliche Biogasanlagen gilt es weitere außersteuerliche Aspekte zu beachten! Auch hier der Verweis auf das Papier „Hinweise zum Transport von Biomasse und Gärprodukten“. 2. Abgabe von Gülle an eine Biogasanlage Wird Gülle an eine Biogasanlage geliefert ist dieser Vorgang genauso steuerpflichtig. Der Steuersatz für die Gülle beträgt bei pauschalierenden Landwirten 10,7 % und bei optierenden Betrieben 7 %. Bei der Rechnungsstellung ist dabei für die Gülle ein Wert zu hinterlegen. Dieser ist aber regional spezifisch zu sehen und sollte mit dem Steuerberater abgestimmt werden. Übliche Werte liegen zwischen 2 und 5 €/m³, wobei es regional der Fall sein kann, dass der Gülle kein Wert beizumessen ist. 3. Rücknahme/Abnahme von Gärprodukten Bei der Rücknahme von Gärprodukten ist darauf zu achten, dass die Finanzverwaltung meistens davon ausgeht, dass es sich hierbei um einen steuerbaren Vorgang handelt. Eine so genannte Gehaltslieferung wird in diesem Fall nicht akzeptiert. Bei einer Gehaltslieferung wurde die Biomasse oder die Gülle zur Verfügung gestellt und die Rücknahme des Gärprodukts vereinbart. Die Lieferung bezog sich dabei nur auf das in den Substraten enthaltene Biogas. Nach aktueller Auffassung seitens der Finanzverwaltung müssen sowohl die Substratanlieferung als auch die Gärproduktrücknahme separat steuerlich ausgewiesen werden. Auch beim Gärprodukt stellt sich wieder die Frage des Wertansatzes für die abgegebene Menge. Die Oberfinanzdirektion Karlsruhe äußert sich dazu in einer Verfügung: Das Gärprodukt ist nach seinem Nährstoffwert zu be2 Infopapier 05.10.2012 urteilen, wobei die im Einzelfall vorliegenden Verhältnisse berücksichtigt werden sollen. Je nach Inhaltsstoffen oder vorliegender Transportentfernung ergibt sich ein individueller Wert für das Gärprodukt. Dieser kann auch niedriger liegen als der in der Verfügung genannte Standardwert von 3 €/m³. Auch in diesem Fall ist eine Abstimmung mit dem Steuerberater zu empfehlen. Der Steuersatz für das abgegebene Gärprodukt beträgt in der Regel 7 % (Gärprodukt als Düngemittel pflanzlicher oder tierischer Herkunft). 4. Beispiel Ein landwirtschaftlicher Betrieb verkauft 500 t Mais frei Biogasanlage. Eine Rücknahme der entsprechenden Menge an Gärprodukt (etwa 375 m³) ist vereinbart. Gehaltslieferung (von Finanzverwaltung in der Regel nicht anerkannt, da Sachlage strittig) Für den gelieferten Mais ist ein Preis von 25 €/t festgelegt worden. Die Rücknahme des Gärprodukts ist in diesem Preis bereits verrechnet. Ein optierender landwirtschaftlicher Betrieb verkauft den Mais für 12.500 € zzgl. 7 % USt 13.375 € als Rechnungsbetrag oder Ein pauschalierender landwirtschaftlicher Betrieb verkauft den Mais für 12.500 € zzgl. 10,7 % USt 13.837,50 € als Rechnungsbetrag Die Gärproduktrücknahme wird steuerlich nicht ausgewiesen Getrennte Ausweisung von Biomasselieferung und Gärproduktrücknahme Für den gelieferten Mais muss ein höherer Preis als die ursprünglich angesetzten 25 €/t festgelegt werden, da für die Rücknahme des Gärprodukts ein Preis (z. B. 2 €/m³) anzusetzen ist. Der Landwirt erhält für die Rücknahme der 375 m³ entsprechend 750 €. Wird dieser Preis auf die 500 t Mais verteilt, erhöht sich der Einkaufspreis um 1,5 €/t. Der Verkaufspreis liegt dann bei 26,5 €/t. Ein optierender landwirtschaftlicher Betrieb verkauft den Mais für 13.250 € zzgl. 7 % USt 14.177,50 € als Rechnungsbetrag oder Ein pauschalierender landwirtschaftlicher Betrieb verkauft den Mais für 13.250 € zzgl. 10,7 % USt 14.667,75 € als Rechnungsbetrag Bei der Rücknahme des Gärprodukts erhält die Biogasanlage 750 € zzgl. 7 % USt 802,50 € als Rechnungsbetrag 3 Infopapier 05.10.2012 5. Zusammenfassung Der Ort des Eigentumsübergangs entscheidet über die korrekte Ausweisung der auf die Nebenleistungen (Ernte- und Transportleistungen) entfallenden Umsatzsteuer beim Verkauf von Biomasse Bei Verkauf frei Biogasanlage beträgt der einheitliche Steuersatz 7 % (10,7 % bei Pauschalierung) für Biomasse und Ernte-/Transportleistung Bei Verkauf ab Feld an eine gewerbliche Biogasanlage sind die Ernte-/Transportleistung der Landwirte gesondert mit 19 % zu versteuern Bei Transporten für gewerbliche Biogasanlagen gilt es weitere einkommensteuerliche und außersteuerliche Aspekte zu beachten Lieferung von Gülle ist ebenso steuerpflichtig Bei Rücknahme von Gärprodukten wird eine Gehaltslieferung in der Regel nicht mehr akzeptiert; eine Kaufpreisminderung bei der Biomasselieferung ist nicht möglich Über die Gärproduktrücknahme ist gesondert abzurechnen Eine steuerrechtliche Abstimmung fand mit folgenden Einrichtungen und Personen statt: Herrn StB Gerhard Müller; Landwirtschaftlicher Buchführungsdienst GmbH Frau StB Brigitte Schlammer; ECOVIS BLB Steuerberatungsgesellschaft mbH Herrn StB Thomas Schumann, bbv-Beratungsdienst GmbH Hinweise und Haftungserklärung: Wir bitten darum, dieses Papier genau zu studieren. Der Fachverband Biogas e.V. hat dieses Infopapier mit großer Sorgfalt erstellt. Soweit sich trotz des lediglich empfehlenden Charakters Ansprüche ergeben, ist unsere Haftung wie folgt begrenzt: Für verschuldete Personenschäden haftet der Fachverband Biogas e.V. unbeschränkt. Das Gleiche gilt für sonstige Schäden, die infolge einer vom Fachverband Biogas e.V. vorsätzlich oder grob fahrlässig verübten Pflichtverletzung entstanden sind. Für vertragstypische Schäden, die infolge einer vom Fachverband Biogas e.V. verübten wesentlichen Vertrags-pflichtverletzung entstanden sind, haftet der Fachverband Biogas e.V. auch dann, wenn dem Fachverband Biogas e.V. lediglich leichte Fahrlässigkeit zur Last fällt. Im Übrigen ist die Haftung des Fachverbandes Biogas e.V. für leichte Fahrlässigkeit ausgeschlossen. Eine wesentliche Vertragspflicht im vorgenannten Sinne ist eine solche, deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung eines Vertrags überhaupt erst ermöglicht und auf deren Einhaltung der Vertragspartner regelmäßig vertraut und vertrauen darf. 4