Endometritiden bei Zuchtstuten – retrospektive Analyse am Patientengut einer Großtierklinik Projektarbeit 2014 im Klinisch-Praktischen Jahr, angefertigt von cand. med. vet. Lisa Baaske Ambulatorische und Geburtshilfliche Tierklinik, Veterinärmedizinische Fakultät, Universität Leipzig Betreuerin: TÄ Manuela Heine, verantwortlicher Projektleiter: Prof. Dr. Axel Sobiraj Nachweisverfahren: Bei der gynäkologischen Untersuchung fällt in mittel- und hochgradigen Fällen mit klinischer Endometritis oft schon bei der Adspektion der Schamgegend muko-purulenter oder purulenter Ausfluss auf (Foto oben links). Mit der transrektalen Sonografie kann zumeist eine vermehrte Sekretansammlung im Uteruslumen gesehen werden (Foto oben rechts). Bei der Vaginoskopie stellt sich die Vaginal- und Zervixschleimhaut häufig als gerötet dar. Oftmals ist ein Flüssigkeitssee in der Vagina sichtbar(1). Mittel der Wahl zur Diagnose einer bakteriell oder durch Pilzinfektion hervorgerufenen Infektion ist ein Uterustupfer, der durch die Zervix bis ins Cavum uteri vorgeführt wird, vorzugsweise im Östrus, noch ergiebiger ist die Gewinnung von Sekret aus einer Uterusspülprobe. Chronische, überwiegend (wieder) abakterielle Endometritiden sind zumeist subklinisch. Hier ist neben der mikrobiologischen Untersuchung die Entnahme und Befundung einer Endometriumbiopsie indiziert. Charakter bei Erstauftreten 6; 13% 2; 4% 1; 2% bakteriell mykotisch bakteriell mykotisch chronisch abakteriell 38; 81% Abb. 1: Bei Erstvorstellung der Stuten lagen vor allem klinische bakteriologisch positive, selten subklinischchronische abakterielle bzw. mykotische Uterusinfektionen vor. Therapie: Als Behandlungszeitraum der Endometritis mit mikrobiologisch positivem Befund hat sich die Rosse bewährt, da dies den spontanen Exsudatabfluss fördert, gleichzeitig auch die Perfusionsrate des Uterus erhöht ist(1). So ist für die Therapie eine Rosseinduktion in Betracht zu ziehen. Bakterielle Infektionen mit vermehrter Sekretbildung werden mit Uterusspülungen mit steriler, isotoner NaCl-Lösung durchgeführt. Parallel, abhängig von der Erregerqualität und -quantität werden wiederholt Antibiotika systemisch, lokal oder kombiniert angewandt. Therapie Pilz- und Hefeendometritiden wurden mit alle bakteriellen Infektionen NaCl-Spülungen und mit Infusionen mit Antiseptilka (z.B. PVP-Jod) therapiert. Bei chronischen abakteriellen Endokombiniert metritiden ist es das Ziel, mit PVPlokal Jodinfusionen eine sterile, akute systemisch Entzündungsreaktion hervorzurufen und damit die Selbstheilung des Endometriums zu aktivieren. Ab 10 Tagen nach Therapieende sollte Antibiose Lavanid Iodinstillation mittels Uterustupfer und mit einer NaCl Ringer Endometriumbiopsie der mikrobiologische Abb. 3: Anteil der Anwendungen von Antibiotika, und der klinische Therapieerfolg überprüft Antiseptika und Uterusspülungen werden. Tiere, Material und Methoden: Im Rahmen der Projektarbeit wurden Stuten mit Endometritis, die in der AGTK vorgestellt wurden, retrospektiv anhand der Patientenaufzeichnungen ausgewertet. Es handelte sich um 40 Zuchtstuten zwischen 4 und 21 Jahren mit einem mittleren Alter von 12,5 Jahren. Es waren neben Warmblut- auch Vollblutstuten und Ponys vertreten. Die Halter stellten ihre Stuten wegen akuter klinischer Symptomatik vor, oder die Endometritis wurde im Zuge einer gynäkologischen Untersuchung zu Beginn der Zuchtsaison oder aber zur Abklärung mehrmalig erfolglos gebliebener Belegungen diagnostiziert. Retrospektiv wurde mithilfe der Datendokumentation und nach telefonischer Rücksprache mit den Besitzern der Krankheitsverlauf hinsichtlich Erregernachweis, Therapie, Erkrankungsrezidiven und hinsichtlich der anschließenden Fruchtbarkeit ausgearbeitet. Wurde eine Stute mehrmals vorgestellt, wurde eine Endometritis in derselben Zuchtsaison wie bei Erstvorstellung als Rezidiv, bei Feststellung in einem Folgejahr dagegen als neuer Fall gewertet. 40 35 Anzahl absolut 30 25 20 15 10 5 0 Ergebnisse: Insgesamt wurden 40 Stuten (verschiedene Saisons mit eingerechnet) 47 mal vorgestellt. Davon wies der ganz überwiegende Teil (38 Fälle) eine bakterielle Infektion auf. Es folgten mit 13% (6 Stuten) die abakteriellen subklinischen Endometritiden. Lokalinfektionen mit Pilzen oder Hefen traten nur vereinzelt auf (2 bzw. 4 %, s. Abb. 1). Knapp 60% der Fälle wiesen eine klinische Endometritis auf, gut 40% waren in der klinisch-gynäkologischen Befundung unauffällig. Stuten mit klinischen Endometritiden wurden nicht zusätzlich biopsiert, sondern nur solche mit Verdacht auf subklinische Endometritis und/ oder Endometrose/ Angiosklerose. Bakterienspezies 73% der bakteriologisch Anzahl (absolut; prozentual) positiven Befunde konnten mit einer Uterustupferprobe diag3; 8% nostiziert werden. Coliforme 7; 18% Streptococcus equi In 15% der Fälle konnte erst zooepidemicus durch die Gewinnung einer Streptococcus spp. KNS Uterusspülprobe ein Erreger3; 8% 23; 61% Mischkulturen nachweis erbracht werden. 2; 5% Von allen isolierten und zum Koloniewachstum gebrachten Abb. 2: Bei zwei Drittel der bakteriologisch positiven Bakterien wurden In-Vitro-ResisUterustupfer/Spülproben wurden Mischkulturen isoliert, tenzbestimmungen angefertigt. bzw. als Monoinfektionen Streptokokken, Coliforme und KNS. Bei den Bakterien dominierten Mischkulturen mit Streptococcus species (spp.), E. coli, Staphylococcus aureus und/ oder anderen Erregern. In Monokulturen waren neben Streptococcus equi subspecies zooepidemicus (7 Fälle) auch andere Streptokokken-Subspezies (3) zu isolieren. Vereinzelt kamen coliforme Keime sowie Koagulase-negative Staphylokokken vor (s. Abb. 2). 72% der bakteriologisch positiven Befunde wurden mit Antibiotika behandelt, davon 37% systemisch, 4% mit intrauteriner Infusion und 31% mit der Kombination aus beidem. Zusätzlich wurden 40% der Stuten mit 0,9%iger NaCl-Lösung, 10% mit Ringer-Lösung und 23% mit Lavanid®-Lösung, einem Antiseptikum, welches Zellwände von Körperzellen intakt lässt, dagegen Bakterienwände angreift, gespült. 10 Tiere (19% der Behandlungsfälle) erhielten Jodinstillationen (Abb. 3). Rezidive ereigneten sich sieben Mal bei systemischer Antibiotikagabe, vier Mal bei kombinierter, einmalig nach lokaler Antibiotikagabe und in vier Fällen bei Stuten, die mit Antiseptika-Spülungen behandelt worden waren. Bei den Hefe- und Pilzendometritiden brachte der erste Behandlungszyklus mit NaCl-Uterusspülungen und Jodinfusionen lediglich für eine Stute die Heilung, zwei weitere konnten nach einmaliger Nachbehandlung für gynäkologisch geheilt befunden werden. Bei der 4. Stute konnten keine Informationen über den Verlauf ermittelt werden. Chronisch abakterielle Endometritiden wurden mit zwei bis drei Jodinfusionen im Zweitagesabstand behandelt. Dies führte bei 5 der 7 Stuten zum Erfolg: Sie wurden noch in der selben Saison tragend. Bei einer weiteren konnte nach Jodapplikationen über mehrere Rossen eine Heilung mit anschließender Trächtigkeit erzielt werden. 18 Stuten mit initialer Endometritis konnten in der entsprechenden Zuchtsaison erfolgreich belegt werden. Acht Stuten blieben güst. 11 Stuten blieben unbelegt, und bei drei Stuten ist das Ergebnis unbekannt. (s. Abb. 4) Vier Stuten mit rezidivierender Endometritis wurden in der selben Saison nicht mehr belegt, vier weitere blieben güst. Lediglich zwei Zuchtstuten konnten nach den wiederholten Therapien schließlich für tragend befunden werden. Reproduktionserfolg 20 18 2 16 14 12 Anzahl Stuten Einleitung: Endometritiden führen bei Zuchtstuten durch deren Güstbleiben zu großen wirtschaftlichen Verlusten(1). Bei den akuten klinischen Endometritiden werden überwiegend bakterielle und/oder mykotische Infektionen des Uterus nachgewiesen, chronische Endometritiden sind dagegen überwiegend subklinisch und ohne Erregernachweis. Die Erkrankungen entstehen ganz überwiegend durch aszendierende Infektionen mit fakultativ pathogenen Keimen, dagegen nur sehr selten durch hämatogene oder lymphogene Erregerabsiedelung(2). Die aszendierenden Infektionen ereignen sich im Gefolge von Schwergeburten, bei Puerperalstörungen, aber auch durch unsachgemäße Deck- und Besamungshygiene(2). Anatomische Widrigkeiten bei den Stuten, wie inadäquater Labienschluss, Schrägstand der Rima vulvae, kurzer Damm, Defekte im Labienbereich, aber auch Vaginalbodensenkungen und Insuffizienzen des Zervixschlusses erhöhen das Risiko einer Pneumo-, Kopro- oder Urovagina, damit das der vaginalen und uterinen Infektion mit Keimen. Hinzu kommt, dass vor allem ältere multipare Stuten zu einer unzureichenden uterinen Abwehr neigen, indem Keime infolge einer verminderten uterinen Clearance nicht mehr angemessen ausgeschieden werden(2). Natursprung kB Anzahl 10 8 16 2 6 11 4 6 2 3 0 nicht tragend unbekannt tragend nicht belegt Abb. 4: Etwa die Hälfte der Stuten konnte erfolgreich belegt werden, ein Viertel wurde nicht mehr in die Zucht genommen. Diskussion und Schlussfolgerungen: In der Projektarbeit wurden 40 Stuten mit Endometritis aus dem Patientengut der AGTK ausgewertet. Es handelt sich um eine retrospektive Analyse, so dass davon ausgegangen werden muss, dass die erhobenen Daten nicht zu 100% vergleichbar sind, da z.B. jeder Untersucher die klinische Symptomatik unterschiedlich einschätzt. Auch die Probennahme ist kritisch zu bewerten, da vor allem Uterustupfer nur einen sehr begrenzten Bereich im Vergleich zur Gesamtfläche des Uterus repräsentieren. Die nachträgliche Auswertung führte automatisch auch dazu, dass Informationen zum späteren Krankheitsverlauf bzw. zur züchterischen Nutzung nicht bei allen Stuten zu ermitteln waren. Wie in der zugänglichen Literatur angegeben ist, kommt den bakteriellen Endometritiden die größte Bedeutung zu(3). Dabei handelt es sich überwiegend um Mischkulturen, deren Behandlung mit Uterusspülungen in Kombination mit systemischen, intrauterinen oder kombinierten Antibiotikagaben vorzugsweise im Östrus die besten Erfolge zeigt. Nichtsdestotrotz ist selbst eine intensive und wiederholt vorgenommene Therapie keine Garantie für eine Heilung. Bei Rezidiven nach einem Erstbehandlungszyklus verschlechtert sich die Prognose für die klinische und mikrobiologische Heilung, damit natürlich auch für eine erfolgreiche Wiederbelegung einer Zuchtstute, sodass sich einige Fälle als sehr langwierig bzw. auch als therapieresistent darstellten. Literatur: 1 Aurich, C und Kolm G. Erkrankungen von Vulva, Vagina, Zervix, Uterus und Eileiter. S. 81-103 in: Reproduktionsmedizin beim Pferd - Gynäkologie , Andrologie , Geburtshilfe. Hrsg. Christine Aurich, Parey-Verlag, Stuttgart, 2005. 2 Bader H. Krankheiten der weiblichen Geschlechtsorgane. S. 598-620 in: Handbuch Pferdepraxis. Hrsg. Olof Dietz und Bernhard Huskamp, Enke-Verlag, Stuttgart, 2006. 3 Täte M. Kulturelle sowie 16S rDNA-basierte Untersuchungen der aeroben und anaeroben Keimflora des equinen Uterus, [Dissertation med. vet.]. Hannover: Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, 2011