9 132 RENORMIERUNG 9 Renormierung 9.1 Strategie Erinnern wir uns zunächst an die “φ4 –Theorie”. Die Lagrangedichte sei also L = 1 1 1 (∂µ φ) (∂ µ φ) − m2 φ2 − g φ4 . 2 2 4! (9.1) Wir hatten bereits in Abschnitt 4.2 (iv) gesehen, dass man das Diagramm : g � d4 q 1 = g ΔF (0) , 4 2 (2π) q − m2 wobei ΔF (x) = � � � � �� � 1 d4 q i q·x = − i − �T φ(x) φ(0) � − , e 4 2 2 (2π) q − m + iε wegdiskutieren kann. Wir werden uns diesem Diagramm später nochmal widmen. Hier soll zunächst das die Vertex–Korrektur p1 p3 p4 p2 = g2 � � 1 d4 q 4 2 2 (2π) (q − m ) [(q − p2 − p1 )2 − m2 ] �� � (9.2) =: g 2 I angesehen werden. Wir werden sehen, dass das Integral nicht konvergiert. Es treten zweierlei Fragestellungen auf: (1) Technisch: Wie berechnet man solche Diagramme, konkret wie kann man die Integration über den Schleifenimpuls q durchführen? (2) Konzeptionell: Wie kann man Sinn aus divergierenden Integralen machen? Das erste Ziel ist es, explizit zu sehen, dass I divergiert. Dazu müssen wir einige Rechen– Schritte durchführen, die bei der Renormierung häufig wiederkehren. Feynman–Parametrisierung. 1 AB = �1 = Wir benutzen zunächst die Formel dx 0 1 [A x + B (1 − x)]2 �1 dx �1 0 0 dy 1 δ(x + y − 1) . [A x + B y]2 (9.3) 9 133 RENORMIERUNG Damit erhalten wir für den Integranden (mit der Abkürzung P = p1 + p2 ) 1 (q 2 − m2 + i ε) [(q − P )2 − m2 + i ε] �1 1 dx = 2 2 2 [x q − x m + (1 − x) (q − P )2 + (x − 1) m2 ] (9.4) 0 = �1 dx 0 1 [q 2 − m2 + 2(1 − x) P · q + (1 − x) P 2 ] 2 . (9.5) Nach quadratischer Ergänzung bekommt man für den Ausdruck in den eckigen Klammern � � 2 (9.6) [. . . ] = (q + (1 − x) P ) − P 2 x (1 − x) + m2 , � �� � � �� � =:p2 =:Δ d.h. da eine Verschiebung der Integrationsvariable irrelevant ist I = �1 dx 0 � d4 p 1 . (2π)4 [p2 − Δ]2 (9.7) Wick–Rotation. Der nächste Schritt besteht darin, eine sog. Wick–Rotation durchzuführen, d.h. anstatt die 0–te Komponente entlang der reellen Achse zu integrieren (s. Abb. 6). Das führt dann auf einen euklidischen Viererimpuls pE wobei p0 = i p0E . Damit hat man (für allgemeine Potenzen von [. . . ]) � � 1 1 i 1 d4 p = d 4 pE 2 n (2π)4 (p2 − Δ)n (−1)n (2π)4 [pE + Δ] � �∞ i (−1)n ρ3 = dΩ dρ . 4 (2π)4 [ρ2 + Δ]n (9.8) 0 Für den betrachteten Fall n = 2 divergiert das Integral; streng genommen hätten wir die Wick–Rotation nicht durchführen dürfen. Jetzt können wir den Grund der Divergenz hinterfragen. Dazu erinnern wir uns daran, dass wir das Skalarfeld zunächst zur Beschreibung der schwingenden Saite eingeführt haben. Die φ4 Theorie kann auch zur Beschreibung von Mesonen verwendet werden. In beiden Fällen macht es offensichtlich wenig Sinn, die Impulsintegration hierbei bis ∞ durchzuführen. Bei höheren Impulsen (oder, äquivalent dazu, kleineren Abständen) macht diese Beschreibung keinen Sinn mehr. Bei der Saite würde man sehen, dass sie sich aus Atomen zusammensetzt, und die Mesonen würden in Quarks ‘aufbrechen’. Eine Möglichkeit ist nun, den Bereich der Impulsintegration ad hoc einzuschränken, etwa indem wir in (9.8) �Λ �∞ dρ dρ → 0 0 (9.9) 9 134 RENORMIERUNG Im p0 − � p� 2 + Δ + i ε Re p0 � 2 p� + Δ − i ε Abbildung 6: Wick Rotation. mit einem Abschneide- oder Cut–Off–Parameter Λ ersetzen. Ein plausibler Wert für Λ wäre beispielsweise die Energie- (bzw. inverse Längen–)Skala, bei der die Beschreibung der schwingenden Saite (oder was auch immer) zusammenbricht. Das “Endlich–Machen” der divergenten Integrale wird als Regularisierung bezeichnet. Mit dieser ad hoc Methode haben wir nun erreicht, dass die Übergangsamplitude auf dem 1–Loop Niveau gegeben ist durch p1 p3 p2 p4 p1 p3 p2 p4 = p1 + p2 p1 p3 p3 + p4 = p1 p4 p2 p3 + p2 p4 g + g 2 [I(Λ, p1 , . . . p4 ) + Permutationen der pi ] . (9.10) 9 RENORMIERUNG 135 Für die gegenwärtige Diskussion brauchen wir I(Λ, p1 . . . p4 ) nicht explizit auszurechnen. Aber aus den Symmetrien des Problems und der Struktur des Integrals (9.8) können wir schließen, dass � 2� � 2� � 2� Λ Λ Λ + ln + ln (9.11) [. . . ] ∝ ln s t u mit den Mandelstam–Variablen s, t und u. Die Relation (9.10) hat einige wichtige, unmittelbare Konsequenzen. (1) Wir sehen, dass die 4–Punkt Amplitude nicht durch die Kopplung g, die in der Lagrangedichte auftritt, gegeben ist, sondern durch (9.10). Das bedeutet, dass die Parameter der Lagrangedichte nicht unmittelbar den Kopplungsstärken, die in Experimenten zugänglich sind, entsprechen. (2) Die Amplitude ist abhängig von Λ. Allerdings ist der Parameter Λ ist nicht wirklich bestimmt. Man könnte Λ als 1/10 der Skala setzen, bei der die Beschreibung zusammenbricht. (3) Das Ergebnis ist abhängig von der Regularisierung. Mit unserer Diskussion konnten wir irgendwie rechtfertigen, dass wir die Impulsintegration abschneiden. Aber was ist mit Quanteneffekten von Moden mit Impulsen größer Λ? Um nun weiterzukommen, erinnern wir uns daran, dass das Ziel der Theorie ist, Vorhersagen für Experimente zu machen. Wie können wir das bewerkstelligen? Wir können einen Wert für Λ wählen, der uns sinnvoll erscheint, und dann fordern, dass für eine Impulskonstellation (ausgedrückt durch s, t und u) die Messung reproduziert wird. M.a.W., wir müssen die Kopplung g in der Lagrangedichte so wählen, dass die Amplitude mit der Messung konsistent ist, d.h. g = g(s, t, u, Λ) . (9.12) Diese Bedingungen werden wir später als Renormierungsbedingungen bezeichnen. Die Theorie ist dann vorhersagekräftig in dem Sinn, dass man, wenn man g für eine Impulskonstellation an das Experiment anpasst, die Amplituden für alle anderen (sinnvollen) Konstellationen berechnen kann. Allerdings ist es nicht–trivial, dass das auch funktioniert. Man könnte sich vorstellen, dass man mehr ‘Anpassungen’ an das Experiment benötigt als man Parameter in der Lagrangedichte hat. Später werden wir Theorien, in denen das ohne Weiteres funktioniert, als ‘renormierbar’ bezeichnen. Pauli–Villars Regularisierung. Bevor wir nun die Renormierung der QED diskutieren, soll eine Alternative zu dem oben diskutierten ad hoc Anschneiden der Impulsintegration erwähnt werden. Als ‘Pauli–Villars Regularisierung’ bezeichnet man eine Vorgehensweise, in der die Propagatoren ersetzt werden gemäß der Vorschrift 1 1 m2 − Λ 2 1 . → − = k 2 − m2 k 2 − m2 k 2 − Λ2 (k 2 − m2 ) (k 2 − Λ2 ) Diese Struktur würde sich ergeben, wenn es weitere Freiheitsgrade mit großen Massen (Λ) geben würde, die auf Schleifenkorrekturen mit entgegengesetzten Vorzeichen führen würden. Dann würden die Strahlungskorrekturen für k 2 > Λ2 verschwinden, insbesondere wären die Strahlungskorrekturen insgesamt endlich. Obwohl diese Methode eine einfache Interpretation hat, stellt sich leider heraus, dass sie mit Eichtheorien nicht harmoniert. Deswegen wird davon hier nicht Gebrauch gemacht. 9 9.2 (i) 136 RENORMIERUNG Renormierung in der QED Fragestellung In der QED gibt es Schleifendiagramme, z.B. die Strahlungskorrekturen aus Abb. 7. γ γ γ γ γ (a) Vakuumpolarisation. (b) Selbstenergie. (c) Vertex–Korrektur. Abbildung 7: Beispiele für Schleifendiagramme in der QED. Die Frage ist nun, was die Implikationen dieser Strahlungskorrekturen sind. Diese Frage zu beantworten ist sowohl technisch als auch konzeptionell nicht ganz trivial. Wir werden sehen, dass die entsprechenden analytischen Ausdrücke (formal) divergieren. In diesem Abschnitt werden wir die Divergenzen beseitigen und die physikalischen Implikationen der Strahlungskorrekturen diskutieren. Vakuum–Polarisation. i Πµν (k) = γ µ Als Polarisationstensor bezeichnet man q q−k k = − � ν γ k � � d4 q i (�q − k� + m) i (�q + m) µ ν . tr (−i e γ ) (−i e γ ) (2π)4 (q − k)2 − m2 + i ε q 2 − m2 + i ε (9.13) Hierbei betrachten wir das amputierte Diagramm, d.h. die analytischen Ausdrücke für die Teilchen im Anfangs- bzw. Endzustand werden weggelassen. In dem betrachteten Fall entspricht Πµν (k) bis auf die Polarisationsvektoren der ein- bzw. auslaufenden Photonen dieser der Übergangsamplitude für die “Vakuumspolarisation”, µν Mf i = ε(i) · εν(f ) . µ · iΠ Dieser Ausdruck für den Polarisationstensor ist so, wie er in (9.13) angegeben ist, nicht wohldefiniert, denn das Integral divergiert quadratisch. Man kann jetzt versuchen, den tieferen Grund für das Auftreten der Divergenz zu identifizieren. Wie bereits diskutiert, ist dafür ausschlaggebend, dass sich das Integral in (9.13) bis ∞ erstreckt. D.h. wir betrachten das Elektron und das Photon als punktförmige Teilchen. Die Divergenzen werden mit Impulsmoden assoziiert, deren Komponenten beliebig große Einträge besitzen können. Wir könnten argumentieren, dass die Schleifenkorrekturen endlich sind, wenn man die Integration auf gewisse Bereiche im Impulsraum einschränkt. Andererseits hängen dann die Ergebnisse von dem Abschneide–Parameter ab. Wir werden später eine Alternative diskutieren, die gewisse (technische) Vorteile hat. Das Verfahren der Renormierung, das wir im Folgenden diskutieren, erfordert einige Schritte, die auf den ersten Blick nur schwer zu verdauen sind. Wir werden aber zum guten Schluss eine Prozedur entwickelt haben, deren Ergebnisse sehr gut mit den Experimenten übereinstimmen. Es wird sich erweisen, dass durch Umparametrisierung die Theorie endlich gemacht werden kann. Dies hat zur Folge, dass man die Werte für die Parameter Masse 9 137 RENORMIERUNG m, Ladung e etc. nicht als diejenigen ansehen darf, die man in die Lagrangedichte steckt. Sie werden durch Normierungsbedingungen mit den n–Punkt–Funktionen in Verbindung gebracht. Regularisierung. Da die Übergangsamplitude Mf i nicht divergieren darf, sollte es ein Verfahren geben, einen regularisierten Polarisationstensor Πµν R zu konstruieren, der die Physik richtig beschreibt. Jetzt gehen wir davon aus, bereits den regularisierten Polarisationstensor Πµν R zu kennen. Aus den bekannten Eigenschaften kann man einige Folgerungen ziehen. Man kann zeigen, dass � µν d4 x �− |T (j µ (x) j ν (0))| −� e−i k·x (9.14) i Π (k) = mit dem Operator der (elektromagnetischen) Stromdichte j µ = e Ψγ µ Ψ . Aufgrund der Stromerhaltung, ∂µ j µ = 0 , und der Form (9.14) kann man schließen, dass kµ Πµν = 0 . (9.15) Diese Eigenschaft soll sich auf den regularisierten Polarisationstensor übertragen, d.h. kµ Πµν R = 0. (9.16) Wegen der Lorentzkovarianz kann man folgern � � 2 µν Πµν k η − k µ k ν · Π(R) (k 2 ) (R) (k) = (9.17) � � ν mit einer skalarwertigen Funktion Π(R) (k 2 ). Der Faktor k 2 η µν − k µ k bewirkt, dass (9.16) gilt. Für den vollen“ Photon–Propagator, der alle Aneinanderreihungen von Schleifen berück” sichtigt,17 , erhält man = + + + ... . Damit ergibt sich i Dµν (k) = i D0µν (k) + i D0µκ (k) i Πκλ i D0λν (k) + . . . , (9.18) 17 Für einen wirklich vollen Propagator müsste man alle Diagramme mitnehmen, nicht nur die Aneinanderreihung von Schleifen. 9 138 RENORMIERUNG wobei D0µν (k) = − 1 2 k + iε � � kµ kν η µν + (α − 1) 2 k der Photonpropagator (5.54) ist. Betrachte z.B. α = 1. Dann ist = = � � (−i) η λν η µν i η µκ � � 2 − 2 + ... i k ηκλ − kκ kλ Π(k 2 ) + iε k + iε k2 + i ε η µν η µκ η µκ −i 2 −i 2 Δνκ Π(k 2 ) − i 2 Δλ Δν [Π(k 2 )]2 + . . . , k + iε k + iε k + iε κ λ −i k2 (9.19) wobei Δνκ = ηκν − kκ k ν k2 ein Projektor auf Vektoren, die ‘senkrecht’ auf k sind, ist. Der Projektor Δνκ hat die offensichtliche Eigenschaft Δλκ Δνλ = Δνκ . Somit ergibt sich = = � � � η µν kκ k ν � i η µκ ν −i 2 ηκ − Π(k 2 ) + Π2 (k 2 ) + . . . − 2 2 k + iε k + iε k � � µ ν −i k k i kµ kν µν η − − . (k 2 + i ε) [1 − Π(k 2 )] k2 (k 2 + i ε) k 2 Für allgemeine Eichfixierungsparameter α erhält man � � � � kµ kν kµ kν 1 i µν η − + α . i Dµν (k) = − 2 k + i ε 1 − Π(k 2 ) k2 k2 (ii) (9.20) (9.21) Regularisierung Dimensionale Regularisierung. Hierbei wird die Feldtheorie in d Dimensionen untersucht, wobei sich erweisen wird, dass d �= 4 sind die Ausdrücke endlich sind. Dann wird der Limes d → 4 gebildet. 9 139 RENORMIERUNG Dimensionale Analyse. Betrachte die Lagrangedichte 1 L = i Ψ γ µ ∂µ Ψ − m Ψ Ψ − e Ψ γ µ Ψ Aµ − F µν Fµν + Eichfixierung . 4 In d Dimensionen ergibt sich für die Lagrangedichte die Massendimension dim[L ] = d , denn die Wirkung � S = dd x L ist dimensionslos. Man kann leicht die folgenden Relationen ableiten: d−1 , 2 3 dim[Aµ Ψ γ µ Ψ] = d − 2 . 2 dim[∂µ ] = 1 , dim[Aµ ] = dim[Ψ] = d −1, 2 (9.22) Damit der Wechselwirkungsterm ebenfalls die Massendimension 1 erhält, ersetzt man die Ladung e → e µ2−d/2 , dim[µ] = 1 . Darin ist der zusätzliche Parameter µ willkürlich, er muss lediglich die Massendimension 1 haben. Damit lautet der Wechselwirkungsterm Lint = − e µ2−d/2 Ψ γ µ Ψ Aµ . (9.23) Bemerkung zur Dirac–Algebra in d Dimensionen: Im Allgemeinen konstruiert man die Spinor–Darstellung in d Dimensionen analog zu der vierdimensionalen Version. Speziell für Renormierungszwecke, d.h. für dimensionale Regularisierung, hat sich ein Rezept etabliert, das auf besonders wenig Komplikationen führt (das aber auch nicht wirklich die d–dimensionale Physik beschreibt). Die Clifford–Algebra wird weiterhin von Objekten γ µ gebildet, die {γ µ , γ ν } = 2 η µν erfüllen, wobei allerdings 1 0 0 −1 η µν = 0 0 .. .. . . (9.24) hier 0 0 −1 .. . ··· ··· ··· .. . ist. Die Spur dieses metrischen Tensors ist ηµ µ = d , die Spur der Einheitsmatrix im Spinor–Raum ist eine Funktion von d: tr 0 = f (d) , mit f (4) = 4 . (9.25) 9 140 RENORMIERUNG Wir werden im Folgenden f (d) = 4 wählen, wofür die Ausdrücke besonders einfach werden. Somit ist tr(γµ γν ) = f (d) ηµν = 4 ηµν (9.26) und die Spur einer ungeraden Anzahl an γ–Matrizen verschwindet. Des Weiteren gilt tr (γµ γκ γν γλ ) µ γ γ γµ γ γ ν γ ρ γµ = = γ µ γ ν γ ρ γ σ γµ = µ (iii) 4 {ηµκ ηνλ − ηµν ηκλ + ηµλ ηκν } , = ν (9.27a) ν (2 − d) γ , 4 η νρ − (4 − d) γ ν γ ρ , (9.27b) (9.27c) −2 γ σ γ ρ γ ν + (4 − d) γ ν γ ρ γ σ . (9.27d) Dimensionale Regularisierung des Vakuum–Polarisations–Tensors In d Dimensionen ist der Vakuum–Polarisationstensor gegeben durch � � µ � γ (�q + m) γ ν (�q − k� + m) dd q µν 2 4−d , tr Π (k) = i e µ (2π)d (q 2 − m2 ) [(q − k)2 − m2 ] (9.28) wobei die i ε–Terme im Nenner bereits weggelassen wurden. Mit der Feynman–Parametrisierung (9.3), 1 = AB �1 dx 0 1 [A x + B (1 − x)]2 wird mit A = (q − k)2 − m2 und B = q 2 − m2 und der Substitution p = q −kx der Nenner symmetrischer, µν Π (k) = 2 4−d tr � ie µ � dd p (2π)d �1 dx 0 ν γ µ (p � + k� x + m) γ (p � − k� (1 − x) + m) [p2 − m2 + k 2 x (1 − x)]2 � . (9.29) Nach einigen Umformungen (siehe Übung) wird daraus µν Π (k) = 2 ie µ 4−d 4 �1 0 dx � dd p (2π)d � 2 pµ pν [p2 − m2 + k 2 x (1 − x)]2 2x (1 − x) [k µ k ν − η µν k 2 ] η µν − − 2 p − m2 + k 2 x (1 − x) [p2 − m2 + k 2 x (1 − x)]2 Wir interessieren uns nun für die Berechnung von Integralen der Form � f (p2 ) Id = dd p 2 . [p − Δ]n � . (9.30) (9.31) 9 141 RENORMIERUNG Der erste Schritt ist eine Wick–Rotation, d.h. die 0–te Komponente entlang der imaginären anstatt der reellen Achse zu integrieren (siehe Abbildung 6). Damit erhalten wir für den Fall f (p2 ) = 1 � � 1 i 1 d d pE 2 = dd p 2 (p − Δ)n (−1)n [pE + Δ]n � �∞ ρd−1 n = i (−1) dΩd dρ 2 . (9.32) [ρ + Δ]n 0 Im letzten Schritt haben wir ρ = |pE | gesetzt. Für das Oberflächenintegral ergibt sich (s. Übung) � 2π d/2 � � . (9.33) dΩd = Γ d2 Γ–Funktion. Die Γ–Funktion ist erklärt durch �∞ dt tz−1 e−t , Γ(z) = (9.34) 0 besitzt die Eigenschaft Γ(1 + z) = z Γ(z) , (9.35) d.h. Γ ist eine ‘kontinuierliche Erweiterung der Fakultät, Γ(1 + n) = n! für n ∈ �0 . (9.36) Eine wesentliche Eigenschaft der Γ–Funktion ist, dass Γ(z) Pole besitzt für z = 0, −1, −2, . . . . Das ρ–Integral lässt sich weiter umformen, speziell für n = 2 ergibt sich �∞ dρ ρd−1 2 [ρ + Δ]n = 1 2 0 �∞ (ρ2 )d/2−1 d(ρ2 ) 2 [ρ + Δ]2 0 = 1 2 � 1 Δ �2−d/2 �1 0 dy y 1−d/2 (1 − y)d/2−1 , (9.37) wobei y = Δ/(ρ2 + Δ). Es lässt sich damit auf die Euler’sche Beta–Funktion B(n, m) = �1 0 dy y n−1 (1 − y)m−1 = Γ(n) Γ(m) Γ(n + m) zurückführen. Insgesamt erhalten wir � �2−d/2 � Γ(2 − d/2) 1 dd p i 1 = . (2π)d [p2 − Δ]2 Γ(2) Δ (4π)d/2 Dieser Ausdruck kann verallgemeinert werden (s. [PS95, S. 807]), � �n−d/2 � dd p 1 i (−1)n Γ(n − d/2) 1 , = (2π)d [p2 − Δ]n Γ(n) Δ (4π)d/2 (9.38) (9.39a) (9.39b) 9 142 RENORMIERUNG � p2 dd p (2π)d [p2 − Δ]n i (−1)n−1 d Γ(n − d/2 − 1) Γ(n) (4π)d/2 2 = � 1 Δ �n−d/2−1 . (9.39c) Man beachte, dass diese Ausdrücke auch für nicht–ganzzahlige Werte von d definiert sind. Mit solchen Überlegungen kommt man auf � � Πµν (k) = k µ k ν − η µν k 2 Π(k 2 ) , (9.40) wobei e2 Γ(εd /2) εd −Π(k ) = µ 2π 2 (4π)−εd /2 2 �1 dx [m2 0 x (1 − x) . − k 2 x (1 − x)]εd /2 (9.41) Hierbei ist εd = 4 − d . Mit den Entwicklungen aεd = exp(εd ln a) = 1 + εd ln a + . . . und Γ(εd /2) = � 2 − γ + O(εd ) εd � , wo γ = 0, 57722 . . . die Euler–Mascheroni–Konstante ist, erhält man �1 2 2 2 1 γ m − k x (1 − x) e + O(ε ) − 3 − dx x (1 − x) ln −Π(k 2 ) = d 6π 2 εd 2 4π µ2 0 √ γ 5 1 k2 1 |k 2 | � m2 , e2 εd + ln 4π − 2 + 6 − 2 ln µ2 , = (9.42) √ γ k2 1 m2 1 6π 2 2 2 , |k | � m . + ln 4π − − ln 2 + εd 2 2 µ 10m2 Fazit: Die Divergenz von Πµν lässt sich also auf einen einfachen Pol in εd zurückführen. Interpretation: Betrachte den Prozess p+k k e0 Dµν (k) P −k k e0 P p 9 143 RENORMIERUNG Hierbei setzen wir den Eichfixierungsparameter α = 1, d.h. der Photon–Propagator ist 1 i η µν . i Dµν (k) = − 2 k + i ε 1 − Π(k 2 ) Der Nenner dieses Propagators divergiert für d → 4. In diesem Streuprozeß kann man nicht den Propagator des Photons für sich messen, sondern nur die Kombination i e20 Dµν (k) = − k2 i e20 η µν . + i ε 1 − Π(k 2 ) Dabei ist e0 die Kopplungskonstante der elektromagnetischen Wechselwirkung, die nicht direkt experimentell zugänglich ist. Man fordert, dass der physikalisch beobachtbare Ladung gegeben ist durch e20 , 1 + Π(k 2 ) e2 = d.h. man kann entweder mit e0 rechnen und alle Schleifen berücksichtigen oder die Schleifen weglassen und mit der effektiven Konstante“ e2 arbeiten. Der Parameter Kopp” ” lungsstärke“ geht also nicht direkt in der Lagrangedichte in die Theorie ein, sondern erst später. Insbesondere ist wegen der k–Abhängigkeit des Nenners 1+Π(k 2 ) die Ladung e ebenfalls k–abhängig; für k ≈ 0 ergibt sich der bekannte Wert 4π e2 (0) = . 137 Für endliche k spaltet man den Polarisationstensor auf,18 �1 2 2 2 1 γ m − k x (1 − x) e − − 3 dx x (1 − x) ln + O(ε ) Π(k 2 ) = − 02 d 6π εd 2 4πµ2 0 = mit Π(0) = − Π(0) − ΔΠ(k 2 ) , e20 6π 2 und 1 1 2 � m γ − − 3 ln dx x (1 − x) εd 2 4πµ2 (9.44) 0 e2 ΔΠ(k ) = − 02 2π 2 (9.43) �1 0 dx x (1 − x) ln m2 − k 2 x (1 − x) . m2 (9.45) Damit erhält man e2 (k 2 ) = = = e20 e20 = 2 1 − Π(k ) 1 − Π(0) + ΔΠ(k 2 ) � � ΔΠ(k 2 ) e20 1− + ... 1 − Π(0) 1 − Π(0) � � 2 2 e k e2 1 − für |k 2 | � m2 . 60π 2 m2 (9.46) Dieses Ergebnis, das die k–Abhängigkeit der Kopplungsstärke impliziert, wird später diskutiert. 18 Die Aufspaltung ist natürlich willkürlich. Die Art, wie man solche Größen wie den Polarisationstensor in divergente und nichtdivergente Anteile aufteilt, wird später als Renormierungschema bezeichnet werden. 9 144 RENORMIERUNG (iv) Selbstenergie des Elektrons p+k Das Fermion kann nicht nur frei propagieren, sondern auch mit sich selbst wechselwirken. Für die Übergangsamplitude ergibt sich nach den Feynman–Regeln (für den Eichfixierungsparameter α = 1) Σ(p) = −i e2 µ4−d = −i e2 µ4−d p p k � 1 η µν dd k γµ γν 2 d (2π) k p � + k� − m � µ d d k γ µ (p � + k� + m) γ . (2π)d [(p + k)2 − m2 ] k 2 (9.47) Analog zur Vakuumpolarisation findet man Σ(p) = e2 e2 (4 m − p) + {p(1 + γ) − 2m (1 + 2 γ)} � 2 8π εd 16 π 2 � �1 p2 x (1 − x) − m2 x (1 − x) − 2 m} ln + 2 dx {p + O(εd ) . � 4π µ2 (9.48) 0 “Voller Propagator”. Anstatt des freien Propagators betrachte = + + SF (p) = = = = (0) + ... (0) (0) SF (p) + SF (p) Σ(p) SF (p) + . . . 1 (0) SF (p) (0) 1 − Σ(p) SF (p) � �−1 1 1 1 − Σ(p) p (p � − m0 � − m0 ) 1 . p � − m0 − Σ(p) (9.49) Wir arbeiten hier in auf dem Ein–Schleifen–Niveau, um tatsächlich den vollständigen Propagator zu erhalten, müsste man noch Diagramme vom Typ 9 145 RENORMIERUNG und deren Verallgemeinerungen betrachten. Es zeigt sich jedoch, dass diese auf nichts qualitativ Neues führen. Spaltet man die Selbstenergie auf, Σ(p) = A(p) p� + B(p) , (9.50) so erhält man für den Propagator wobei Z(p) 1 � � � = , p − 1 − A(p) p − m + B(p) 0 � m(p) � SF (p) = � 1 1 − A(p) Z(p) = und (9.51) � � m(p) = Z(p) m0 + B(p) . Die Größe m(p) entspricht der physikalischen Masse, durch Z(p) wird die Wellenfunktion renormiert. D.h. die Vorschrift der (kanonischen) Normierung von Zuständen wird durch Quantenkorrekturen modifiziert. (v) Vertex–Korrektur Betrachte das Diagramm p� ν p� −k q =: i e Λµ (p� , p) µ k p−k ν p Nach den Feynman–Regeln ergibt sich für die Übergangsamplitude � � � i −i dd k i � 2 4−d ν γν � Λµ (p , p) = − e µ . γ γµ (2π)d k 2 p � − k� − m p � − k� − m Dies ist die erste Korrektur zu einem “vollen” Vertex, p� p+q p+q q q = q + + ... , p p p i e Γµ (p� , p) = i e γ µ + i e Λµ (p� , p) + . . . . (9.52) 9 146 RENORMIERUNG Man kann mit der dimensionalen Regularisierung diesen Term auf die Form (vgl. Übung) Λµ (p� , p) = − 2i e2 µ4−d �1 dx 0 1−x � dy 0 � dd k (2π)d � � ν γ ν [p � (1 − y) − p � x − k� + m] γµ [p � (1 − x) − p � y − k� + m] γ (9.53) 2 2 2 �2 � [k − m (x + y) + p x (1 − x) + p y (1 − y) − 2 p · p x y]3 bringen. Dieses Integral beinhaltet — im Gegensatz zum Vorangegangenen — divergente und konvergente Anteile. Die konvergenten Anteile sind diejenigen ohne k–Terme im Zähler; sie werden später behandelt (siehe Abschnitt 9.2 (vii)). Für den divergenten Anteil von (9.53) ergibt sich ein ähnlich komplizierter Ausdruck. Allerdings kann man sich seine Berechnung schenken, wie wir im Folgende sehen werden. Bisher konnten die Divergenzen im Propagator des Photons bzw. Elektrons beseitigt werden, indem die beiden Parameter der Theorie, die Ladung und die Masse des Elektrons, renormiert wurden. Auf den ersten Blick würde man erwarten, dass die Beseitigung der Divergenz nach dem Schema i e0 Γµ → i ephysikalisch γ µ auf eine zweite Renormierung der Ladung führen würde. Dies ist aber nicht der Fall, wie der folgende Abschnitt zeigt. (vi) Takahashi–Ward–Identitäten Wegen (siehe Übung) 1 1 1 ∂ = − γµ µ p p ∂p p �−m �−m �−m gilt für q = p� − p → 0 die Ward–Identität (auf Tree–Level) Λµ (p, p) = − ∂Σ(p) . ∂pµ (9.54) (9.55) Diese deutet schon an, dass man die Vertex–Korrektur und die Selbstenergie nicht getrennt betrachten kann. Diese Aussage lässt sich weiter fassen. Aus −i e qµ γ µ = − i e {(p � + �q − m) − (p � − m)} sieht man � � i i i i . (i e �q) = e − p p p � + �q − m �−m �−m p � + �q − m Diese Formel entspricht graphisch p+q qµ · µ q p = e· p − p . p+q p+q (9.56) 9 147 RENORMIERUNG Dazu wollen wir eine Verallgemeinerung finden für die vollen“ Propagatoren, ” p+q µ µ q · q p = e· p − p p+q . p+q Dies ist ein Spezialfall der sog. Takahashi–Ward–Identität. Um (9.57) zu zeigen, betrachtet man das erzeugende Funktional der QED, � � � � 4 Z[J, η, η] = N DA DΨ DΨ exp i d x LQED + LQuellen (9.57) (9.58) mit LQED = LQuellen = 1 1 − F µν Fµν + i Ψ γ µ (∂µ + i e Aµ ) Ψ − m Ψ Ψ − (∂µ Aµ )2 , 4 2α Jµ Aµ + η Ψ + Ψ η . (9.59a) (9.59b) Der Eichfixierungsterm und auch die Quellterme zerstören die Eichinvarianz der Lagrangedichte. Die n–Punktfunktionen müssen aber unabhängig von der Wahl von A sein. Betrachte nun die (infinitesimale) Eichtransformation Aµ Ψ Ψ → Aµ + ∂µ Λ , → Ψ − ieΛΨ , → Ψ + ieΛΨ . (9.60a) (9.60b) (9.60c) Unter ihr bleibt Z invariant, denn sie entspricht lediglich einer Verschiebung der Integrationsvariablen, deshalb sollte in Analogie zu �∞ dx f (x) = �∞ dx f (x + a) −∞ −∞ das Pfadintegral invariant bleiben, da auch hier über alle Feldkonfigurationen integriert wird. Durch Einsetzen der Transformation entsteht ein zusätzlicher Faktor im Argument des Funktionalintegrals, �� � � � 1 1 2 exp i d4 x − (∂ µ Aµ ) � Λ − (� Λ) + J µ ∂µ Λ − i Λ (η Ψ − Ψ η) α 2α � � � 1 (9.61) ≈ 1 + i d4 x − � (∂ µ Aµ ) − ∂ µ Jµ − i e (η Ψ − Ψ η) Λ , α nach Entwicklung in Λ und partieller Integration. Diesen Faktor ziehen wir mit den üblichen Ersetzungen Ψ → δ , i δη Ψ → δ , i δη Aµ → δ i δJ µ vor das Pfadintegral und erhalten für infinitesimale, aber sonst beliebige Λ � � ��� � � δ i δ 4 µ δ µ 1 + i d xΛ Z[J, η, η] = Z[J, η, η] �∂ −η − ∂ Jµ − e η α δJ µ δη δη 9 148 RENORMIERUNG wegen der Invarianz.19 Da nun Λ beliebig ist, schliessen wir, dass � δ i � ∂ µ µ − ∂ µ Jµ − e α δJ �� � δ δ η Z[J, η, η] = 0 . −η δη δη (9.62) Diese Gleichung gilt in der selben Form auch für W = − i ln Z . Effektive Wirkung in der QED. An diesem Punkt führt man eine effektive Wirkung für die QED durch Legendretransformation ein (vgl. Abschnitt 4.2 (vii)) � � � (9.63) Γ[Ψ, Ψ, A] = W [J, η, η] − d4 x η Ψ + Ψ η + J µ Aµ . Diese generiert wieder die OPI–Diagramme. Man findet durch Nachrechnen, dass δΓ = − J µ (x) , δAµ (x) δΓ = − η(x) , δΨ(x) δΓ = − η(x) , δΨ(x) δW = Aµ (x) , δJµ (x) δW = Ψ(x) , δη(x) δW = Ψ(x) . δη(x) (9.64a) (9.64b) (9.64c) Durch Einsetzen von (9.63) in (9.62) entsteht − � µ δΓ δΓ δΓ = 0. ∂ Aµ (x) + i ∂ µ µ + i e Ψ(x) − i e Ψ(x) α δA (x) δΨ(x) δΨ(x) (9.65) Funktionalableitung nach Ψ(y) und Ψ(z) und anschließendes Setzen von A = Ψ = Ψ = 0 führt auf −∂xµ δ 3 Γ[0, 0, 0] δ 2 Γ[0, 0, 0] δ 2 Γ[0, 0, 0] = e δ(x − z) − e δ(x − y) .(9.66) δΨ(y) δΨ(z) δAµ (x) δΨ(y) δΨ(x) δΨ(x) δΨ(z) Die OPI–n–Punkt–Funktionen20 im Fourierraum werden wieder so definiert, dass die ‘Energie–Impuls–erhaltende δ–Funktion’ herausgekürzt wird. Die einzige nichtverschwindende 2–Punkt–Funktion lautet beispielsweise � � δ 2 Γ[0, 0, 0] 4 (4) � (2) � (2π) δ (p − p ) Γ (p, p ) = d4 x d4 y ei (p ·x−p·y) , (9.67) δΨ(x) δΨ(y) oder die 3–Punkt–Funktion � (2π)4 δ (4) (p� − p − q) Γ(3) µ (p, p , q) � � = d4 x d4 y d4 z ei (p ·y−p·z−q·x) 19 Beachte, δ 3 Γ[0, 0, 0] . δΨ(y) δΨ(z) δAµ (x) (9.68) dass das Spinorprodukt symmetrisch ist, ψ χ = χ ψ. Die Bezeichnung n–Punkt–Funktion ist hier nicht eindeutig, da es drei verschiedene Felder gibt, nach denen man funktional differenzieren kann. 20 Beachte: 9 149 RENORMIERUNG Durch Fouriertransformation von (9.66) ergibt sich eine der Takahashi–Ward–Identitäten21 � � (2) (2) −q µ Γ(3) (p, p + q, q) = e Γ (p + q, p + q) − Γ (p, p) (9.69) µ oder eben graphisch = e· p+q µ µ q · q p p − p p+q . p+q Diese Identität wird nun verwendet, wobei die schraffierten Kreis andeuten sollen, dass alle OPI–Korrekturen in der Ein–Schleifen–Ordnung berücksichtigt sind. D.h. in (9.56) sind folgende Ersetzungen vorzunehmen: −i e γ µ 1 p − � m −i e Γµ (p + q, p) , 1 → . p − m − Σ(p) � → Damit ergibt sich aus der Takahashi–Ward–Identität i SF (p + q) {−i e qµ Γµ (p + q, p)} i SF (p) = i e {SF (p) − SF (p + q)} (9.70) mit dem renormierten Propagator SF (p) = 1 . p − m − Σ(p) � Durch Linksmultiplikation mit SF−1 (p+q) und Rechtsmultiplikation mit SF−1 (p) erhält man −qµ Γµ (p + q, p) = SF−1 (p) − SF−1 (p + q) , (9.71) d.h. die q µ · Vertex–Korrektur ist alleine durch die renormierten Propagatoren gegeben. Definiere den Renormierungsfaktor Z1 durch Γµ (p, p + q) → 1 µ γ Z1 für q → 0 . Setze weiter für p nahe bei der Massenschale für den Propagator Z2 , p − � m wo m bereits die renormierte Masse ist. Das entspricht einer impliziten Definition des Faktors Z2 , d.h. SF (p) = Z2 = Z(p) 21 Weitere für p → (m, 0, 0, 0) , Identitäten lassen sich durch höhere Funktionableitungen herleiten. 9 150 RENORMIERUNG mit Z(p) aus (9.51). Durch Entwickeln von (9.71) auf beiden Seiten ergibt sich für sehr kleine q die Relation −qµ γ µ Z1−1 = − �q Z2−1 . M.a.W., die Takahashi–Ward–Identität (9.70) impliziert Z 1 = Z2 , d.h. man benötigt keine zusätzliche Renormierung der Ladung. Letztlich läßt sich also das gesamte Renormierungsprogramm auf die Ladungs- und die Massenrenormierung zurückführen. Dabei ist zu beachten, dass obige Betrachtung lediglich zeigt, dass sich die Unendlichkeiten bei der Vertexkorrektur auf Unendlichkeiten in dem Elektronpropagator zurückführen lässt. Endliche Korrekturen müssen getrennt betrachtet werden. Tatsächlich führt der endliche Korrekturterm Λkonv. auf das sog. anomale magnetische Moment. µ (vii) Das anomale magnetische Moment Die Dirac–Theorie sagt ein magnetisches Moment des Elektrons von g = 2 voraus. In der QED müssen Vertex–Korrekturen berücksichtigt werden. Zunächst wird der Begriff magnetisches Moment“ erklärt. Dazu betrachte ein Elektron ” � im äußeren magnetischen Feld B; das Bezugssystem sei so gewählt, dass das elektrische 22 Feld verschwindet. Jetzt untersuche den Prozess in niedrigster Ordnung: p� q=p� −p A(q) : u(p� ) (−i e γµ ) u(p) Aµ (q) p Dann verwende die Gordon–Identität (vgl. Übung) u(p� ) γµ u(p) = 1 u(p� ) {(p + p� )µ + i Σµν q ν } u(p) , 2m (9.72) wobei q = p� − p und Σµν = 2i [γµ , γν ] ist. Die Behauptung ist nun, dass das magnetische Moment von dem zweiten Term in der geschweiften Klammer, 1 u(p� ) i Σµν q ν u(p) , 2m kommt. Das sieht man folgendermaßen ein: � 4 d x i q·x µ Σµν q ν Aµ (q) = Σµν q ν e A (x) (2π)4 � 4 d x i q·x ν µ 1 e ∂ A (x) (Σµν − Σνµ ) i = 2 (2π)4 � 4 i d x i q·x ν µ = Σµν e (∂ A (x) − ∂ µ Aν (x)) . � �� � 2 (2π)4 =−F µν (x) 22 Natürlich muss A so gewählt sein, dass es ein solches Bezugssystem gibt. 9 151 RENORMIERUNG � ≡ 0), dass Nun lässt sich durch explizites Nachrechnen zeigen (für E � � � ·B � , mit S � = 1 �σ 0 . Σµν F µν = − 4S 0 �σ 2 Insgesamt erhalten wir für den zweiten Kopplungsterm � � e � u(p) , u(p� ) i Σµν q ν u(p) Aµ = u(p� ) −� µ·B 2m (9.73) (9.74) wobei µ � = g e � S 2m mit dem Dirac’schen magnetischen Moment g = 2. Im Folgenden wird skizziert, wie die Vertex–Korrektur p� ν q=p� −p µ : u(p� ) (−i e Λµ (p, p� )) u(p) Aµ (q) ν p eine Abweichung von g = 2 liefert. Die divergente Vertexkorrektur wird gemäß der Takahashi–Ward–Identität in der Renormierung der Masse und der Ladung absorbiert. Es muss also nur der Term � � u(p) (9.75) u(p� ) Γµ u(p) = u(p� ) γµ + Λkonv. µ durch (s. Übung) diskutiert werden, wobei Λkonv. µ (p� , p) Λkonv. µ e2 = 16π 2 �1 0 dx 1−x � dy 0 � � ν γ ν [p � (1 − y) − p � x + m] γµ [p � (1 − x) − p � y + m] γ m2 (x + y) − p2 x (1 − x) − p�2 y (1 − y) + 2p · p� x y � gegeben ist. Die p� bzw. p � –Faktoren im Zähler lassen sich wegen der ”Sandwich–Struktur“ u Λ u durch m ersetzen (vgl. Übung). Durch sukzessives Anwenden der Vertauschungsregeln der γ–Matrizen und Integration erhält man u(p� ) Λkonv. (p� , p) u(p) = u(p� ) µ e2 i Σµν q ν u(p) . 16π 2 m Insgesamt ergibt sich also für (9.75) also � � α � i Σµν q ν (p + p� )µ � � � u(p) . + 1+ u(p ) Γµ u(p) = u(p ) 2m 2π 2m (9.76) (9.77) 9 152 RENORMIERUNG Daher erwartet man einen g–Faktor g α = 1+ + O(α2 ) . 2 2π Dies stimmt mit dem Experiment hervorragend überein: Man misst (9.78) g−2 = 0.00115965218073 (28) 2 a = Für α = 1/137.035999(46) hat man α = 0.00116141 , 2π d.h. Übereinstimmung bis auf Terme der Größenordnung α2 . Anschaulich (bzw. etwas naiv) lässt sich das Resultat folgendermaßen deuten: Das Elektron emittiert und reabsorbiert laufend Photonen, ist also von einer Wolke von Photonen umgeben. Dabei wird ein Teil der Energie und damit der Masse von den Photonen getragen. Im Vertex–Korrektur–Diagramm schleust also das Elektron einen Teil seiner Masse am Wechselwirkungspunkt vorbei, das Verhältnis Ladung zu Masse wird erhöht. Somit vergrößert sich das magnetische Moment, was sich einen größeren g–Faktor ausdrückt. (viii) Quantenkorrekturen zum Coulomb–Potential Als Beispiel soll Coulomb–Streuung von Elektronen an sehr viel schwereren, positiv geladenen Teilchen diskutiert werden, p+q P −q q q q e0 q = e0 e0 P P p e− + ... . e− Dabei soll der Impulsübertrag klein und raumartig sein, d.h. q µ = (0, �q) und |�q| � m Man erhält für Π(q 2 ) aus (9.17) � � Πµν (q) = q 2 η µν − q µ q ν · Π(q 2 ) , für kleine q Π(q 2 ) = Π(0) − e20 |�q|2 . 60π 2 m2 Damit lautet die |�q|–Abhängigkeit der Kopplungskonstanten: � � e2 (0) |�q|2 2 2 2 e (|�q| ) = e (0) 1 + . 60π 2 m2 D.h. die Kopplung ist Impuls–abhängig, e2 → e2 (|�q|2 ) . q + e0 P 9 153 RENORMIERUNG Das Coulomb–Potential im Ortsraum erhält man durch Fourier–Transformation, � � � e2 (0) |�q|2 d3 q i q�·�x −Z e2 (0) 1+ e V (�x) = (2π)3 |�q|2 60π 2 m2 2 4 Z e (0) 1 e (0) 4 Z (3) = − δ (�x) . (9.79) − 4π |�x| (4π)2 15 m2 Man spricht vom Uehling–Potential . Dadurch verschieben sich beispielsweise die Energieeigenwerte für S–Zustände im Wasserstoffatom � � � α2 (3) 3 2 δ (�x) ΔE = d x |Ψ(�x)| −4 15 m2 4 α2 |Ψ(0)|2 < 0 . (9.80) = − 15 m2 Bemerkung: Diese Verschiebung macht einen Teil dessen aus, was üblicherweise als Lamb–Shift“ bezeichnet wird. Die gesamte Lamb–Shift hebt die S–Niveaus an, überkom” pensiert also diese Verschiebung. (ix) Laufende Kopplungsstärke der QED Betrachte — im Gegensatz zum Vorangegangenen — große Impulsüberträge −q 2 � m2 und bezeichne Q2 = −q 2 > 0. Dann ist � � 2 Q2 5 e20 2 + ln 4π − γ + − ln 2 + O(εd ) . Π(Q ) = − 12π 2 εd 3 µ Man erhält nun e2 (Q2 ) = e20 e20 = 1 − Π(Q2 ) 1 − Π(µ2 ) 1 1− e20 1 Q2 ln 2 2 2 1 − Π(µ ) 12π µ . Mit e2 (µ2 ) = e20 1 − Π(µ2 ) ergibt sich für Q2 > µ2 e2 (Q2 ) = e2 (µ2 ) . e (µ2 ) Q2 1− ln 2 12π 2 µ (9.81) 2 Diese Formel hat eine praktische Anwendung: Man bestimme e2 (Q21 ) an einem beliebig wählbaren Impulsübertrag Q21 durch das Experiment und wählt den Parameter µ2 = Q21 . Diese Wahl von µ definiert den sog. Renormierungspunkt. Für alle anderen Werte von Q2 kann e2 4π • 1 − 137 • | Q21 | Q22 9 154 RENORMIERUNG man dann e2 (Q2 ) bzw. α aus der Formel bestimmen, e2 (Q22 ) = e2 (Q21 ) . Q22 e (Q21 ) ln 2 1− 12π 2 Q1 (9.82) 2 − + − − + + + + − − + + − + − – + − + + − + − − − + − + − + − (x) − + + Anschauliche Interpretation. Die Elektron– Positron–Paare wirken als Dipole, welche die nackten Ladungen abschirmen. Für einen sehr kleinen Abstand der Wechselwirkungspartner, was einem größeren übertragenem Impuls �q entspricht, werden die Abschirmungseffekte geringer und die Kopplungs– Konstante“ größer. Dieser Effekt hat ” stärkere Auswirkungen bei der Betrachtung größe2 rer Q . − + − Insbesondere ist dann die Q2 –Abhängigkeit durch die µ2 –Abhängigkeit bestimmt. Wir werden später systematisch sehen, warum das so ist. Die Formel ist insofern selbstkonsistent, als dass man von einem Wert e2 (Q21 ) ausgehend einen zweiten Wert e2 (Q22 ) berechnen kann, den man wiederum dazu verwendet, um e2 (Q23 ) zu bestimmen. Das selbe Ergebnis erhält man, wenn man direkt e2 (Q21 ) als Grundlage zur Berechnung von e2 (Q23 ) benutzt. Kurz–Zusammenfassung In diesem Abschnitt haben wir gesehen, dass Quantenkorrekturen auf divergente Ausdrücke führen. Es war jedoch möglich, die Divergenzen in einer Redefinition der Parameter der Theorie, m und e, (und der Normierung der Wellenfunktion) zu absorbieren“. ” Insbesondere hat es sich erwiesen, dass der Abgleich der der Parameter der Theorie mit der Beobachtung nicht auf dem Niveau der Lagrangedichte sondern auf dem Niveau von Observablen (Amplituden) zu erfolgen hat. Der Abgleich bei einer spezifischen (Impuls– )Konfiguration, dem Renormierungspunkt, ermöglicht es, Vorhersagen bei anderen Konfiguration zu machen. Neben den endlichen Quanten–Korrekturen treten Quanteneffekte auf, die von der Energie–Skala abhängen, und die durch das Konzept der ‘laufenden Kopplungen’ interpretiert werden können. Wir hatten auch gesehen, dass gewisse Relationen Quantenkorrekturen überleben“, so z.B. die Takahashi–Ward–Identität, und andere ” Relationen durch Quanteneffekte Modifikationen erfahren, so z.B. die klassische Relation g = 2. 9.3 (i) Systematik der Renormierung Fragestellung Exemplarisch soll die Renormierung der φ4 –Theorie diskutiert werden. Die Lagrange– Dichte sei also 1 1 g L = (∂µ φ) (∂ µ φ) − m2 φ2 − φ4 . (9.83) 2 2 4! Auf dem Ein–Schleifen–Niveau haben wir es mit zwei divergenten irreduziblen Diagrammen zu tun: 9 155 RENORMIERUNG (1) Selbstenergie: : g � d4 q 1 = ΔF (0) , 4 2 (2π) q − m2 wobei � ΔF (x) = (2) Vertex–Korrektur: � � � �� � 1 d4 q i q·x = − i − �T φ(x) φ(0) � − . e 4 2 2 (2π) q − m + iε q p2 : g p1 2 � d4 q 1 . (2π)4 (q 2 − m2 ) [(p1 + p2 − q)2 − m2 ] q−p1 −p2 (ii) Divergenzgrad Zunächst wird der oberflächliche Divergenzgrad , der ein Maß für die Divergenz von Schleifendiagrammen liefert, bestimmt. Der Divergenzgrad des Selbstenergie–Diagramms ist zwei, da im Zähler d4 q vier und im Nenner nur zwei Potenzen von q vorkommen. Das Diagramm zur Vertex–Korrektur hat hingegen den Divergenzgrad 0, da sowohl im Zähler als auch im Nenner vier Potenzen von q vorkommen. Allgemein: Mit den Bezeichnungen: n : Ordnung des Diagramms (= Zahl der Vertices) E : Zahl der äußeren Linien I : Zahl der inneren Linien L : Zahl der Schleifen d : Zahl der Raum–Zeit–Dimension ergibt sich für den oberflächliche Divergenzgrad D die Relation D = d · L − 2I , da jede innere Linie auf einen Propagator und somit auf einen Faktor 1/q 2 führt. Die n Vertices liefern n Bedingungen der Vierer–Impuls–Erhaltung. Eine Linearkombi” nation“ dieser Bedingungen entspricht der Vierer–Impuls–Erhaltung der äußeren Impulse. Folglich hat man L = I − (n − 1) . In der φ4 –Theorie hat jeder Vertex 4 Beinchen und jede innere Linie verbindet zwei Vertices, daher 4n = E + 2I . Durch Elimination von I ergibt sich D = d + n · (d − 4) + E · (1 − d/2) . 9 156 RENORMIERUNG Für d = 4 ist insbesondere D = 4 − E. Eine Theorie heißt renormierbar , falls D nur von E und nicht von n abhängt (und D mit wachsendem E sinkt), da dann in einer Störungsentwicklung in der Kopplungsstärke g der Divergenzgrad mit wachsender Ordnung Störungstheorie nicht anwächst. Sinkt D sogar mit n, so heißt die Theorie superrenormierbar . Bemerkung: Wir haben bisher von dem oberflächlichen Divergenzgrad gesprochen, da D nicht notwendigerweise den tatsächlichen Divergenzgrad eines Diagramms wiedergibt. Ein Diagramm kann, obwohl D < 0, divergente Subdiagramme haben, wie etwa im rechtsstehenden Beispiel. (iii) Schleifen und Quanteneffekte Behauptung: wicklung in �. Eine Entwicklung in der Zahl der Schleifen L ist äquivalent zu einer Ent- Begründung: Funktional Wenn man alle Faktoren � mitnimmt, ergibt sich für das erzeugende Z[J] = � Dφ exp � i � � d4 x [L + � J φ] � . (9.84) Den Wechselwirkungsterm Lint aus L = L0 + Lint kann man vor das Funktionalintegral ziehen, �� � � � i δ 4 Z0 [J] , Z[J] = exp d x Lint � i δJ(x) wobei Z0 [J] = = � � i 4 d x (L0 + � J φ) Dφ exp � � � � � � 4 4 d x d y J(x) ΔF (x − y) J(y) . N exp −i 2 � (9.85) � (9.86) Man sieht • an (9.85), dass jeder Vertex �−1 beiträgt, und • an (9.86), dass jeder Propagator � beiträgt. Insgesamt hat dann ein beliebiges Diagramm einen Faktor �I−n . Unter Benutzung von I −n = L−1 ergibt sich für ein Diagramm mit L Schleifen ein Faktor �L−1 . Insbesondere berücksichtigt eine klassische Theorie, d.h. eine Theorie mit � = 0, keine Schleifen. 9 157 RENORMIERUNG (iv) Renormierung und dimensionale Regularisierung der φ4 –Theorie Dimensionale Analyse. In d Dimensionen sollen der kinetische und der Massenterm die Massendimension d haben, dies impliziert ! 2 + 2 dim[φ] = d � dim[φ] = d−2 . 2 Nun soll der Kopplungsterm ebenfalls Massendimension d aufweisen, somit ! dim[g] + 2(d − 2) = d � dim[g] = 4 − d . Damit lautet die Lagrangedichte in d Dimensionen L = 1 g 1 (∂µ φ)(∂ µ φ) − m2 φ2 − µ4−d φ4 . 2 2 4! (9.87) Im nächsten Schritt bezeichnen wir die Kopplungs- und Massen–Parameter bzw. die Felder mit gB , mB φB , da wir bereits aus unserer in Abschnitt 9.2 gesammelten Erfahrung wissen, dass die Parameter der Lagrangedichte nicht die physikalischen Parameter sind, d.h. diejenigen, die durch die Messung zugänglich sind, und dass die Wellenfunktion renormiert wird. Der Index ‘B’ steht für ‘bare’, d.h. ‘nackt’. D.h., die nackte“ Lagrangedichte ist ” 1 1 g B 4−d 4 LB = (∂µ φB )(∂ µ φB ) − m2B φ2B − µ φB . (9.88) 2 2 4! gB Selbstenergie in O(g). Zunächst berechnen wir die Selbstenergie in erster Ordnung in der Kopplungskonstanten. Damit ist gemeint, dass alle Diagramme, die durch Aneinanderreihung der rechtsstehenden Schleife entstehen, berücksichtigt werden. Man hat Σ = = = � 1 dd p (2π)d p2 − m2B � � �ε /2 � gB 4π µ2 d d 2 m Γ 1 − 32 π 2 B −m2B 2 � � 2 2 g B mB 4πµ2 g B mB + O(εd ) . − 1 − γ + ln − 16π 2 εd 32π 2 m2B gB 4−d µ 2 (9.89) “Voller” Propagator. Analog zur Selbstenergie des Elektrons (vgl. S. 144) können die Schleifen durch einen modifizierten Propagator berücksichtigt werden, i ΔF,B (p) = 1 . p2 − m2B − Σ (9.90) Die 2–Punkt–Funktion ist durch den inversen Propagator gegeben, (2) i ΓB (p) = p2 − m2B − Σ . (9.91) 9 158 RENORMIERUNG 1–Loop Renormierung von m. Die Renormierung besteht darin, m2 = m2B + Σ als das Quadrat der physikalischen Masse zu betrachten. Damit ist i Γ(2) (p) = p2 − m2 und m2 = − i Γ(2) (p = 0) . Zwei–Punkt–Vertexfunktion: Allgemeine Diskussion. Im Allgemeinen kann man die renormierte Masse m nicht mehr so einfach ablesen, da Σ i.A. von p abhängt (siehe Gleichung (9.51)). So ergibt sich die Impulsabhängigkeit in der φ4 –Theorie auf dem Zwei– Schleifen–Niveau (siehe rechtsstehende Abbildung). Man bezeichnet i p2 − m2B − Σ(p) i ΔF (p) = (9.92) als unrenormierten Propagator und (2) i ΓB (p) = p2 − m2B − Σ(p) (9.93) als unrenormierte Zwei–Punkt–Vertex–Funktion. Die physikalische Masse m ist dann implizit gegeben durch m2 = m2B + Σ(m) . (9.94) Σ kann hierbei um m entwickelt werden, � � � Σ(p) = Σ(m) + Σ� (m) p2 − m2 + Σ(p) , � � � wobei Σ(p) = O (p2 − m2 )2 . Damit ist i ΔF,B (p) = = (9.95) i � (p2 − m2 )(1 − Σ� (m)) − Σ(p) i Zφ =: i Zφ ΔF (p) , � p2 − m2 − Zφ · Σ(p) (9.96) wo ΔF renormierter Propagator heißt und Zφ = 1 1 − Σ� (m) (9.97) ist. Entsprechend lautet die renormierte Zwei–Punkt–Funktion i Γ(2) (p) = = � p2 − m2 − Zφ Σ(p) (2) i Zφ ΓB (p, mB , gB ) ; (9.98) 9 159 RENORMIERUNG diese entspricht dann dem Vakuum–Erwartungswert des Produktes zweier Feldoperatoren φ. Die Selbstenergie–Korrekturen liefern also i.A. eine Renormierung der Felder bzw. Feldoperatoren, � � Zφ φ bzw. φ → Zφ φ . (9.99) φ → M.a.W. der Zusammenhang zwischen den physikalischen und den nackten Feldern bzw. Feldoperatoren ist � � (9.100) φB = Zφ φ bzw. φB = Zφ φ . Vertex–Renormierung in führender Ordnung ein weiteres Diagramm mitgenommen werden, gB = + gB In führender Ordnung in gB muss gB + Permutationen . Betrachte nun der Einfachheit halber eine Situation, in der die äußeren Impulse verschwinden, pi = 0. Die 4–Punkt–Funktion ist gegeben durch � dd p 1 g2 (4) i ΓB (pi = 0) = gB µ4−d + B (µ2 )4−d 4 2 2 (2π) (p − m2B )2 � � �� 3 gB 2 = gB 1 − − γ + F (m , µ) . (9.101) B 32π 2 εd Hierbei ist F eine Funktion, die endlich ist für εd → 0. Man beachte das Auftreten eines kombinatorischen Faktors 3. Vierpunkt–Vertex–Funktion. Funktion schreiben als Wegen (9.99) lässt sich die renormierte Vierpunkt– (4) i Γ(4) ({pi }) = Zφ2 i ΓB ({pi }; mB , gB ) . (9.102) Die renormierte Kopplungs konstante“ lautet am Renormierungspunkt pi = 0 (1 ≤ i ≤ 4), ” (4) (9.103) i Γ ({pi = 0}) = g , d.h. man normiert die Funktion Γ an der willkürlich gewählten Stelle pi = 0 auf den ‘Messwert’ g. Die Festlegung hätte ebensogut auch anders erfolgen können. Wir können beispielsweise festlegen (4) i Γ(4) (p, m, g, µR ) = Zφ2 (µR ) i ΓB (p, mB , gB ) mit dem Referenzpunkt i Γ(4) (� p2 = µ2R ) = g(µR ) . (9.104) 9 160 RENORMIERUNG n–Punkt–Vertex–Funktionen. meinerung in Die Formeln (9.98) und (9.102) finden ihre Verallge- n/2 (n) i Γ(n) ({pi }, m, g, µR ) = Zφ (µR ) i ΓB (p, mB , gB ) . (9.105) Die Größe µR ist dabei, wie gesagt, willkürlich. Dies führt uns später auf die sog. Renormierungsgruppengleichung (siehe Abschnitt 9.4). (v) Gegenterme ( Counter Terms“) ” Betrachte wieder als Prototyp die φ4 –Theorie. Des Weiteren wollen wir uns auf die Ein– Schleifen–Ordnung beschränken. Für die Zwei–Punkt–Vertex–Funktion ergibt sich in dimensionaler Regularisierung = (2) + 2 p − = iΓ m2B + , gB m2B + 16π 2 εd � � endliche Terme . Die Renormierung besteht darin, den divergierenden Term mit εd im Nenner mit der nackten“ Masse mB zu verrechnen. In gewisser Weise bedeutet das, dass man genausogut ” den divergierenden Term einfach weglassen“ und die physikalische Masse m einsetzen ” kann. Alternativ kann man, anstatt den divergierenden Term wegzulassen, sein Negatives addieren und die physikalische Masse m verwenden. Man setzt also für die renormierte Zwei–Punkt–Vertexfunktion, die von den renormierten Größen m und g abhängt, = i Γ(2) = + p2 − m2 2 + gm + 16π 2 εd � endliche Terme � + , 2 + −g m . 16π 2 εd Der letzte Term entsteht, indem man zur Lagrangedichte L den Zusatzterm C1 = − δm2 2 φ 2 (9.106) mit δm2 = g m2 16π 2 εd (9.107) hinzufügt. Dieser Zusatzterm heißt dann Gegenterm bzw. Counter–Term. Bei der 4–Punkt–Funktion = i Γ(4) = + g µεd + , g µεd −3g + 16π 2 εd � endliche Terme � , 9 161 RENORMIERUNG wo wir die Permutationen der Loop–Diagramme unterdrückt haben, muss der Term : µ εd 3g 2 16π 2 εd addiert werden, um die Divergenz zu beseitigen. Dies führt auf den Gegenterm g µ εd B 4 C2 = − φ 4! mit 3g B = 16π 2 εd in der Lagrangedichte. Die Feldrenormierung � Zφ φ φ → führt auf den Zusatzterm A C3 = (∂µ φ) (∂ µ φ) 2 mit (9.108) (9.109) (9.110) Zφ = 1 + A . Hierbei entsteht A, wie diskutiert, erst auf dem 2–Loop Niveau. Insgesamt benötigt man für eine Divergenz–freie Feldtheorie die Lagrangedichte mit Gegentermen, LB (φB , mB , gB ) = L (φ, m, g) + C (φ, m, g) , (9.111) mit C = C1 + C2 + C3 , die dann gegeben ist durch LB = = mit φB = mB = gB = m2 + δm2 2 g µ εd 4 1+A (∂µ φ)(∂ µ φ) − φ − (1 + B) φ 2 2 4! m2 gB 4 1 (∂µ φB ) (∂ µ φB ) − B φ2B − φ 2 2 4! B � Zφ φ , wobei Zφ = 1 + A , m2 + δm2 2 Zm m , wobei Zm = , m2 (1 + A) 1+B . µDg εd Zg g , wobei Zg = (1 + A)2 (9.112) (9.113a) (9.113b) (9.113c) In der φ4 –Theorie haben wir Dg = 1, denn der Wechselwirkungsterm ist proportional zu g µ1·εd , aber i.A. kann eine Wechselwirkungsterm proportional zu g µDg ·εd sein. In einer renormierbaren Theorie haben L , LB und C die selbe Gestalt abgesehen von einer endlichen Anzahl an Kopplungen. In einer renormierbaren Feldtheorie lassen also sich die Gegenterme in multiplikative Faktoren, die sog. Z–Faktoren, absorbieren. Das Einbringen von Gegentermen, die die Divergenzen beseitigen, lässt also die Form der Lagrangedichte invariant und führt lediglich zu einer Modifikation der Parameter. 9 162 RENORMIERUNG Bemerkung: Die Aufspaltung (9.111) ist willkürlich. Sie unterliegt nur der Bedingung, dass die Größen, die in der renormierten Lagrangedichte auftreten, endlich sind. MS–artige Renormierungs–Schemata. Man kann jedoch eine gewisse Wahl der Aufspaltung (9.111) treffen, indem man fordert, dass der Gegenterm proportional zu ε−1 d ist. Diese Vorschrift geht unter dem Namen Minimal Subtraction (MS). D.h., im MS–Schema lauten die Gleichungen (9.113) φB m2B gB = = = � 1+ Zφ−1 µ ∞ � δZφ,k (g, m, µ) εkd k=1 � Dg ε d 2 m + Zφ−2 � 21 φ, ∞ � δm2,k (g, m, µ) εkd k=1 � g+ � (9.114a) , ∞ � δg,k (g, m, µ) εkd k=1 (9.114b) � . (9.114c) Insbesondere hängen die renormierten Größen von µ ab. Im Folgenden werden wir uns überlegen, was passiert, wenn man µ reskaliert. 9.4 Renormierungsgruppengleichung Ausgehend von der ‘nackten’ Lagrangedichte LB kann man die N –Punkt–Funktionen bestimmen, (N ) GB (x1 , . . . xN ) = �− | T {φB (x1 ) · · · φB (xN )} | −� . (9.115) −1/2 Unter Benutzung der Relation φ = Zφ φB erhält man den Vakuumerwartungswert für das zeitgeordnete Produkt der renormierten Felder −N/2 �− | T {φ(x1 ) · · · φ(xN )} | −� = Zφ �− | T {φB (x1 ) · · · φB (xN )} | −� (9.116) bzw. N/2 Zφ (N ) (g, m, µ) G(N ) ({xi }, m, g, µ) = GB ({xi }, mB , gB ) . (9.117) Da die rechte Seite von µ nicht abhängt, folgt �� � d � N/2 ! = 0. Zφ (g, m, µ) G(N ) {xi }, m, g, µ dµ (9.118) Im Folgenden wollen wir uns die entsprechende Beziehungen für die zusammenhängenden Green’schen Funktionen G (N ) und für die eigentlichen Vertexfunktionen Γ(N ) erarbeiten. 9 163 RENORMIERUNG Bemerkung zum Skalieren verschiedener Korrelatoren: (1) Die zusammenhängenden Green’schen Funktionen G (N ) entstehen durch Funktionalableitung des Funktionals W = −i ln Z. Sie können durch zusammenhängende Diagramme dargestellt werden. (2) Die eigentlichen Vertex–Funktionen werden so definiert, dass die die ‘Energie–Impuls– erhaltende δ–Funktion’ bereits herausgekürzt ist, d.h. � (N ) (p1 , . . . pN ) , Γ(N ) (p1 , . . . pN −1 ) = δ (4) (p1 + p2 + . . . pN ) Γ (9.119) wobei sich die Vertex–Funktionen im Impulsraum durch Fourier–Transformation aus denen im Ortsraum ergeben, Γ(N ) (x1 , . . . xN ) = (−i)N δ N Γ[φc ] . δφ(x1 ) · · · δφ(xN ) (9.120) Sie können durch OPI Diagramme dargestellt werden, bei denen die äusseren Beinchen amputiert. (3) Man kann sich aus dem oben Gesagten leicht überlegen, dass die Korrelatoren unter Reskalieren der Felder sich wie folgt verhalten: G (N ) (x1 , . . . xN ) Γ(N ) (x1 , . . . xN ) φ→ζφ ζ N G (N ) (x1 , . . . xN ) , (9.121a) φ→ζφ ζ −N Γ(N ) (x1 , . . . xN ) . (9.121b) −−−−→ −−−−→ Verwendet man nun die Tatsache, dass die renormierten Größen Funktionen von µ sind und (9.113), so erhält man �� � d � −N/2 = 0, Zφ (µ) Γ(N ) {pi }, m(µ), g(µ), µ dµ (9.122) wobei die eigentlichen Vertexfunktionen Γ(N ) betrachtet wurden und (9.121) verwendet wurde. Es gilt offensichtlich d ∂ dg ∂ dm ∂ = + + , dµ ∂µ dµ ∂g dµ ∂m (9.123) wobei man üblicherweise folgende Definitionen verwendet: β(g, m, µ, εd ) := γ(g, m, µ, εd ) := m γm (g, m, µ, εd ) := dg εd →0 −−−→ β(g, m, µ) , dµ µ d εd →0 ln Zφ −− −→ γ(g, m, µ) , 2 dµ dm εd →0 −−−→ γm (g, m, µ) . µ dµ µ (9.124a) (9.124b) (9.124c) β heißt β–Funktion während γm bzw. γ als anomale Dimension der Masse bzw. des Feldes bezeichnet werden. Mit diesen Definitionen lautet die Renormierungsgruppengleichung 9 164 RENORMIERUNG � � ∂ ∂ ∂ Γ(N ) ({pi }, g, m, µ) = 0 . + β(g, m, µ) − N γ(g, m, µ) + m γm (g, m, µ) µ ∂µ ∂g ∂m (9.125) Oft wird anstatt µ die Variable t = ln gruppengleichung hat die Eigenschaft 23 � µ µ0 � verwendet. Die Lösung der Renormierungs- Γ(N ) ({pi }, g, m, µ0 ) = �t � � � � , Γ(N ) {pi }, g(t), m(t), et µ0 · exp −N dτ γ g(τ ), m(τ ) (9.126) 0 wobei g(t) und m(t) Lösungen sind von ∂g (t) = ∂t ∂m (t) = ∂t β(g(t), m(t)) , (9.127a) � � m(t) γm t, g(t), m(t) ) , (9.127b) mit den Randwerten g(0, g, m) = g und m(0, g, m) = m. (i) Die β–Funktion Um die β–Funktion zu berechnen, verwenden wir µ dgB = 0, dµ (9.128) und setzen den Ausdruck für gB ein. Betrachten wir nun den Fall, dass die Relation zwischen der nackten und renormierten Kopplung wiedergegeben werden kann in der Form g B = µD g ε d Z g g , (9.129) wobei wir im MS Schema arbeiten, d.h. Zg = 1 + ∞ � δZg,k k=1 εkd = 1 + δZg (9.130) und wobei Dg implizit durch (9.129) definiert ist. Durch Ableiten ergibt sich µ d gB dµ = = d.h. β(g, m, µ, εd ) ∂δZg β(g, m, µ, εd ) β(g, m, µ, εd ) µDg εd Zg + g Dg εd µDg εd Zg + g µDg εd ∂g � � � � ∂δZg (9.131) + g D g εd Z g , µDg εd β(g, m, µ, εd ) Zg + g ∂g � Zg + g ∂δZg ∂g � ! + g D g εd Z g = 0 . (9.132) 23 In den vorangegangenen Notizen gab es Unstimmigkeiten mit dem Vorfaktor vor dem τ –Integral. Ich bedanke mich für den entsprechenden Hinweis. 9 165 RENORMIERUNG Andererseits ist die β–Funktion endlich für εd → 0. Wir können daher ansetzen β(g, m, µ, εd ) = β(g, m, µ) + εd β (1) (g, m, µ) + . . . + εnd β (n) (g, m, µ) , (9.133) wobei n eine beliebige ganze Zahl ist, welche nicht direkt mit der Ordnung in der Störungstheorie in Beziehung steht. Durch Einsetzen von (9.133) in (9.132) und anschließendem Koeffizientenvergleich für εn≥2 findet man zunächst, dass β (n) (g, m, µ) = 0 für n ≥ 2 . (9.134) Des Weiteren ergibt sich für den linearen Term in εd β (1) (g, m, µ) = − Dg g . (9.135) Durch Einsetzen dieser Relation und durch Koeffizientenvergleich des εd –unabhängigen Terms erhält man schließlich β(g, m, µ, εd ) = − εd Dg g + Dg g 2 ∂δZg,1 , ∂g (9.136) d.h. in vier Dimensionen ist β(g, m, µ) = Dg g 2 ∂δZg,1 . ∂g (9.137) Diese Formel ermöglicht es, β–Funktionen in MS–artigen Renormierungs–Schemata zu berechnen, in denen multiplikative Renormierung verwendet wird. Beispiel (1–Loop β–Funktion der φ4 –Theorie). dass g B = µε d Z g g mit Wir hatten in (9.113c) gesehen, Zg = 1 + B . Auf 1–Loop Niveau ist B = 3g 1 , 16π 2 εd d.h. gB = µ εd g � 3g 1+ 16π 2 εd � . (9.138) Damit bekommen wir β(g) = 3 g2 . 16π 2 (9.139) 9 166 RENORMIERUNG Bemerkung: Schemata) Dimensionale Analyse zeigt, dass (in Massen–unabhängigen Renormierungs– � µ� g(µ ) = G g(µ), µ � � (9.140) gilt mit einer entsprechenden Funktion G. Differenzieren nach µ� liefert am Punkt µ� = µ µ d g(µ) = β (g(µ)) , dµ wobei � � ∂ G (g(µ), ζ)�� . ∂ζ ζ=1 β (g(µ)) = (9.141) (9.142) D.h., in Systemen ohne Massen hängt β nicht explizit von µ ab. Laufende Kopplung. β(g) = µ Es geht nun darum, anhand der Funktion ∂g ∂µ qualitative Aussagen über das Verhalten von g(µ) zu treffen. Aus der Kenntnis der β– Funktion kann die Variation der Kopplungsstärke mit der Renormierungsskala µ bestimmt werden, denn Trennung der Variablen dg dµ = µ β(g) führt auf: µ ln = µ0 g(µ) � dg . β(g) (9.143) g(µ0 ) Beispiel: Hat man für kleine g das Potenzgesetz β(g) = b g n , (9.144) so ergibt sich ln � −n+1 � µ −1 = g (µ) − g −n+1 (µ0 ) µ0 b (n − 1) und damit g n−1 (µ) = g n−1 (µ0 ) , 1 − (n − 1) b g n−1 (µ0 ) ln µµ0 (9.145) wobei sich für n = 3 bei geeigneter Wahl von b gerade das Laufen der Kopplungsstärke der QED ergibt (vgl. S. 153), allerdings in Abhängigkeit des Impulsübertrags Q2 und nicht µ. In den folgenden Überlegungen soll der Zusammenhang zwischen den beiden Abhängigkeiten erläutert werden. 9 167 RENORMIERUNG (ii) Skalen–Transformation Wir interessieren uns jetzt dafür, was passiert, wenn man die äußeren Impulse reskaliert, d.h. {pi } → {ζ · pi } . Jeder Green’schen Funktion GN kann eine Massendimension zugewiesen werden, die N mal der Massendimension des Feldes φ, dim[φ] = dφ , entspricht. Z.B. dim[G(N ) (x1 , . . . xN )] = dim[�− | T {φ(x1 ) · · · φ(xN )} | −�] = N · dφ . Entsprechend ergibt sich � � dim Γ(N ) (p1 , . . . pN −1 ) = 4 − N dφ . (9.146) (9.147) Durch Reskalieren aller Variablen, die Massendimension tragen, erhalten wir � � (9.148) Γ(N ) {ζpi }, ζ dg g(µ), ζ m(µ), ζ µ = ζ dΓ(N ) Γ(N ) ({pi }, g(µ), m(µ), µ) , � (N ) � . Darüber hinaus sparen wir uns den Querstrich wobei dg := dim[g] und dΓ(N ) = dim Γ über den µ–abhängigen Größen, d.h. g(µ) → g(µ) usw. Durch Einsetzen der Lösung der Renormierungsgruppengleichung ergibt sich mit ζ = et Γ(N ) ({et pi }, g, m, µ0 ) (9.126) = (9.148) = Γ(N ) ({et pi }, g(t), m(t), et µ0 ) exp exp dΓ(N ) t − N �t 0 � dτ γ g(τ ) � −N �t 0 � dτ γ g(τ ) � � � Γ(N ) {pi }, e−dg t g (t) , e−t m (t) , µ0 , (9.149) d.h. Reskalieren der äußeren Impulse kann kompensiert werden durch einen multiplikativen Faktor sowie einer Änderung der renormierten Masse m und der renormierten Kopplung g. Diese Formel ist entscheidend für das Interpretation der Renormierungsgruppengleichung sowie dem Konzept der laufenden Kopplungen. Sie beschreibt das Verhalten von physikalischen Größen bei einer Änderung der Energie–Skala. Es ist zu beachten, dass eine on–shell Reskalierung der äußeren Impulse nur möglich ist für masselose Freiheitsgrade. d (9.149) Für Systeme ohne Massen erhält man durch die Differentiation dt � �� d (N ) � t Γ {e pi }, g, µ �� = [dΓ(N ) − N γ(g)] Γ(N ) ({pi }, g, µ) dt t=0 + [−dg + βg ] ∂Γ(N ) ({pi }, g, µ) , ∂g (9.150) wobei g die Kopplung bezeichnet und dg deren Massendimension. Wir sehen insbesondere, dass die sog. anomale Dimension die Massendimension des Korrelators auf dem Quantenniveau modifiziert. 9 168 RENORMIERUNG Bemerkung: Die anomale Dimension der Felder, d.h. Faktor γ, wird häufig in die Definition der laufenden Kopplung gesteckt. Betrachte einen Kopplungsterm � g φni i . i Man berechnet die β–Funktion für eine effektive Kopplung, für die gilt eff gB = µDg εd Zgeff g , (9.151) wobei Zgeff = Zg · � −ni /2 (9.152) Z φi i die Wellenfunktionsrenormierungskonstanten aller beteiligten Felder φi . Fazit: Für Systeme mit masselosen Freiheitsgraden beschreibt die µ–Abhängigkeit der Kopplung g die Abhängigkeit von der Energie- bzw. Impulsskala. 9.5 Beispiel: Das Laufen der Kopplungsstärke in nicht–abelschen Eichtheorien Betrachte eine nicht–abelsche Eichtheorie. Die Massendimension der Eichkopplung in d Dimensionen ist dim[g] = 4−d = εd /2 . 2 Im Gegensatz zum abelschen Fall (QED), wo sich aufgrund der Takahashi–Ward Identität zwei Beiträge aufheben, müssen im abelschen Fall drei verschiedene Arten von Quantenkorrekturen berechnet werden, um die β–Funktion zu bestimmen. Im Einzelnen sind das (1) Selbstenergie der Eichbosonen; (2) Selbstenergie der Fermionen; (3) Vertex–Korrekturen. Im Fall der QED haben sich die beiden letztgenannten Beiträge gegenseitig weggehoben. (i) Selbstenergie der Eichbosonen Man hat für die Eichbosonen- und Geistbeiträge (siehe Übung) µ, a = + ν, b + µ, a � � i q 2 η µν − q µ q ν δ ab µεd µ, a ν, b ν, b � 2 � g 5 c2 (G) Γ(εd /2) + . . . . 16π 2 3 (9.153) 9 169 RENORMIERUNG Bemerkungen: (1) Für SU(N ) gilt c2 (G) = N (siehe Anhang F). (2) Durch Nachrechnen sieht � man, dass �die Summe der drei Diagramme nur transversal, d.h. proportional zu q 2 η µν − q µ q ν , ist, wenn man die Geistbeiträge mit berücksichtigt. (3) Die Unendlichkeiten der Diagramme lassen sich relativ bequem mit Tabelle H.1 in Anhang H extrahieren. Des Weiteren gibt es i.A. noch Fermionen, die nicht–trivial unter der Eichgruppe G transformieren. Ihre Beiträge zur Eichboson–Selbstenergie sind (siehe Übung) � 2 εd � � � −g µ 4 = nf �(R) i q 2 η µν − q µ q ν δ ab Γ(ε /2) + . . . . d 16π 2 3 µ, a ν, b (9.154) Hierbei bezeichnet �(R) den Dynkin–Index der Darstellung (siehe Anhang F) und nf ist die Multiplizität der Darstellung. Wir nehmen in (9.154) also an, dass alle nf Fermionen Darstellungen mit den selben Dynkin Indizes bekleiden. Das ist beispielsweise der Fall, wenn sie in einer SU(N ) Theorie als N –pletts und N –pletts transformieren. Wir haben ferner angenommen, dass die Fermionen masselos sind. Wir benötigen also einen Counter–Term 1 (9.155) : − tr(Fµν F µν ) δZA , 2 wobei � � 4 g 2 2 εd 5 µ (9.156) c2 (G) − nf �(R) . δZA = (4π)2 εd 3 3 (ii) Selbstenergie der Fermionen Für die Selbstenergie des Fermions erhält man (in Feynman–Eichung) b i Σ(p) = = p � p+k a A p k i (p + k�)ηµν δ ab ν −i dd k (i g µεd /2 )2 γ µ Ta � γ Tb 2 . d 2 (2π) (p + k) k (9.157) Wir sind nur an den 1/εd Termen interessiert. Es lässt sich leicht nachrechnen, dass � �2 1 −ε/2 Σ(p) = c2 (R) Γ(εd /2) + endlich , (9.158) p µ g (4π)2 � wobei c2 (R) den quadratischen Casimir (siehe Gleichung (F.12b)) bezeichnet. Wir benötigen also einen Counter–Term : δZΨ Ψ i ∂� Ψ , (9.159) wobei δZΨ = − g 2 µ εd 2 c2 (R) . (4π)2 εd (9.160) 9 170 RENORMIERUNG (iii) Vertex–Korrektur Es gibt zwei Vertex–Korrektur Diagramme auf dem 1–Loop Niveau. Das erste entsteht als offensichtliche Verallgemeinerung des QED Diagramms (9.52), p� ν, b p� −k � �a = i Λ(1) q µ, a k . µ (9.161) p−k ν, b p In Analogie zur QED bekommt zur bekommt man � � �a � 1 g3 3εd /2 (1) c2 (R) − c2 (G) Ta γµ (Γ(εd /2) + . . . ) . µ = Λ (4π)2 2 µ (9.162) Aufgrund der Wechselwirkungen der Eichbosonen untereinander in abelschen Eichtheorien gibt es jedoch ein neuartiges, zusätzliches Diagramm, p� ν, b p� −k �a � i Λ(2) = q µ, a k µ . (9.163) p−k ν, b p Die Rechnung ergibt �a � 3 g3 µ3εd /2 c2 (G) Ta γµ (Γ(εd /2) + . . . ) . = Λ(2) (4π)2 2 µ (9.164) Wir benötigen also einen Counter–Term : µεd Zg g Aaµ Ψ γ µ Ta Ψ , (9.165) wobei Zg = − g 2 µ εd 2 [c2 (R) + c2 (G)] . (4π)2 εd (9.166) 9 171 RENORMIERUNG (iv) β–Funktion Gemäß der Vorschrift (9.137) sind für die β–Funktion nur die Pole in εd relevant. Wir benötigen den Zusammenhang zwischen der nackten Kopplung gB und der renormierten Kopplung g. Nachdem die nackte Lagrangedichte gegeben ist durch LB = L + C , haben wir für den Wechselwirkungsterm gB (AB )aµ ΨB γ µ Ta ΨB = Zg g Aaµ Ψ γ µ Ta Ψ . (9.167) Dabei sind 1/2 Ψ B = ZΨ Ψ und 1/2 (AB )µ = ZA Aµ (9.168) ZA = 1 + δZA . (9.169) mit ZΨ = 1 + δZΨ und D.h., der Zusammenhang zwischen nackter und renormierter Kopplung ist gB = � � −1/2 −1 µεd /2 Zg g ZΨ ZA � � 1 µεd /2 (1 + δZg ) (1 − δZΨ ) 1 − δZA g 2 � � 1 µεd /2 1 + δZg − δZΨ − δZA g =: µεd /2 Zgeff g . 2 Man erhält mit (9.137) � � g3 11 4 β(g) = − (G) − �(R) . c n 2 f 16π 2 3 3 (9.170) (9.171) Mit (9.145) hat man für die laufende Kopplungsstärke einer nicht–abelschen Eichtheorie g 2 (µ) = g 2 (µ0 ) 2 1 − b g 2 (µ0 ) ln µµ2 , (9.172) 0 � � 11 4 1 c2 (G) − nf �(R) . wobei b = − 16π 2 3 3 Für hinreichend kleine nf �(R) ist das Vorzeichen negativ. Dieser Fall ist in der Natur bei der starken Wechselwirkung realisiert. D.h., man geht davon aus, dass die starke Wechselwirkung durch die sog. Quantenchromodynamik beschrieben wird, die auf der Eichgruppe SU(3) basiert, wobei die Fermionen (Quarks) als 3–pletts bzw. 3–pletts transformieren. Das negative Vorzeichen von b hat weitreichende Implikationen: (1) Asymptotische Freiheit. Für große µ, was nach der Diskussion in Abschnitt 9.3 (ii) großen Energieskalen entspricht, strebt die Kopplung gegen 0. (Im Jahr 2004 ging für diese Beobachtung der Nobelpreis an Gross, Wilczek und Politzer.) 9 RENORMIERUNG 172 (2) ΛQCD . Für hinreichend kleine µ divergiert gemaß (9.172) die Kopplung. Natürlich ist das durch eine 1–Loop Rechnung erzielte Ergebnis in diesem Bereich nicht zuverlässig. Dennoch bekommt man, wenn man vernünftige Werte einsetzt, einen kritischen Wert von µ ∼ ΛQCD ∼ 250 MeV . Es stellt sich heraus, dass dieser Wert (und nicht die Massen der u- und d–Quarks) die Skala für die Masse des Protons und Neutrons setzt. M.a.W., ΛQCD ist ein Maß für die Bindungsenergie der u- und d–Quarks, aus denen sich das Proton bzw. das Neutron zusammensetzt.