126 arznei-telegramm 11/93 VOR (FAST) 20 JAHREN In Schweden haben Hersteller Metamizol-haltiger Arzneimittel (z.B. NOVALGIN) das Analgetikum freiwillig aus dem Handel gezogen, nachdem das Schwedische Komitee für Arzneimittelnebenwirkungen die ernsten Risiken dieser Präparate klargestellt hatte. Drei Warnungen in größeren Abständen hatten der Fachwelt gezeigt, daß bei Anwendung des Schaden/Nutzenprinzips die Gefahr Metamizol-bedingter tödlicher Agranulozytosen vor seinen erwünschten Effekten überwog. aus arznei-telegramm 10 (1974), 76 gen auf starke Schmerzen und hohes Fieber, wenn andere therapeutische Maßnahmen kontraindiziert sind oder nicht ansprechen. Wer Metamizol außerhalb dieser engen Grenzen verwendet, sieht sich im Schadensfall mit haftungsrechtlichen Folgen konfrontiert. Die Anwendung von Metamizol bei weniger starken Schmerzen (erste Stufe des WHO-Schemas) dürfte sich dann kaum rechtfertigen lassen, –Red. 1 2 3 IAAAS: J. Am. Med. Ass. 256 (1986), 1749 BGA, Anhörung Metamizol vom 19. Sept. 1986 BGA, Anhörung Metamizol vom 16. Juni 1981 NEUE HÜRDEN FÜR SCHMERZPATIENTEN ... Schmerzpatienten werden traditionell aus der Gesundheitspolitik ausgeklammert. Ihre Situation hat sich durch die aktuelle Gesundheitspolitik eher noch verschlechtert. Weitere Verschlechterungen sind durch die Verordnung über die Zuzahlung anhand von Packungsgrößen ab dem 1.1.94 zu erwarten. Die höchste verordnungsfähige Menge wird für orale Schmerzmittel in fester Form auf 50 Stück begrenzt sein. Ein Schmerzpatient muß also für 100 Tabletten doppelt soviel selbst zahlen wie ein Herzkranker für sein Medikament. Opioid-Analgetika sind von dieser Regelung bisher nicht ausgenommen, so daß die möglichen Verordnungszeiträume ab Januar wieder zusammenschrumpfen. Der Bundesgesundheitsminister hat alle fachlichen Einwände und auch die Bedürfnisse der Betroffenen ignoriert. Die Novelle der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung, die zum 1.2.93 in Kraft getreten ist (vgl. a-t 10 [1993], 94), bringt den betroffenen Patienten (entgegen manchen Äußerungen) leider nur geringe Vorteile. Die eigentlichen Nachteile, nämlich die Diskriminierung der Patienten, die stark wirkende Schmerzmittel benötigen, und ihrer Ärzte, die sie ihnen verschreiben, sind geblieben. Grundlegende Änderungen sind längst überfällig... Nach wie vor gilt leider: „Schmerzen lassen sich leicht ertragen – wenn man sie selbst nicht hat.” Dr. med. D. JUNGCK Schmerztherapeutisches Kolloquium e.V. D-20095 Hamburg ENGERIX-B-PREISE UNSERIÖS Ich darf Sie auf die Preisgestaltung der Firma SmithKline Beecham aus München für das Produkt ENGERIX-B aufmerksam machen: 3 Ampullen 10 Ampullen 25 Ampullen 358,02 DM 1243,40 DM 3091,78 DM (=119,34 DM/Ampulle) (=124,34 DM/Ampulle) (=123,67 DM/Ampulle) Diese Preisgestaltung ist nicht nur unseriös, sie zeigt auch, wie dieses Unternehmen die Aufmerksamkeit der Ärzte einschätzt... Dr. med. W. RIEH (Facharzt f. Innere Medizin-Nephrologie) D-28717 Bremen „BILLIGES” EFEROX UNWIRTSCHAFTLICH? Unter dem Eindruck des Arzneibudgets sind viele Kollegen geneigt, chronisch kranke Patienten von ihren bisherigen Präparaten auf billigere wirkstoffgleiche Medikamente umzustellen. Einige Hersteller machen sich dieses Verhalten zunutze, indem sie aggressiv mit dem Preis werben und dabei suggerieren, daß gleicher Wirkstoff gleiche Bioverfügbarkeit bedeute. Dies ist im Augenblick auch bei Thyroxin-Präparaten zu beobachten. EFEROX ist bei einer Tagesdosis von 100 ug um 2,01 Pfennig billiger als die anderen Thyroxin-Präparate wie EUTHYROX und L-THYROXIN. Sieht man einmal davon ab, daß ein – scheinbarer – Preisvorteil von rd. 60 Pfennigen pro Monat kein Grund für die Umstellung eines Patienten sein kann, so ergibt sich u. a. aus der Studie von HEINTZ et al.1 eine um ca. 25 % niedrigere Bioverfügbarkeit von EFEROX. Damit ist der niedrigere Preis der 100er Packung EFEROX kompensiert; es ergeben sich sogar höhere Kosten von 18 Pfennig im Monat. Dazu kommen noch die Kosten der zusätzlichen Diagnostik zur exakten Dosiseinstellung, so daß ein solches Vorgehen, vom medizinischen Aspekt abgesehen, auch unter dem Aspekt der Sparsamkeit nicht zu rechtfertigen ist; es ist geradezu ein Musterbeispiel für Unwirtschaftlichkeit. Auf die Frage nach der Bioverfügbarkeit verweist der EFEROX-Hersteller auf eine Studie aus dem Jahre 1987.2 Diese muß vor dem Hintergrund der zu ihr publizierten Kritik und der Studie von HEINTZ et al. als überholt angesehen werden. Solange der Hersteller nicht in der Lage ist, nach einer eventuellen Änderung der Galenik die Bioäquivalenz im Vergleich zu den anderen Thyroxin-Präparaten darzulegen, ist eine Umstellung auf EFEROX nicht zu empfehlen. Warenzeichen in Österreich und Schweiz (Beispiele) #4 1 2 HEINTZ, P.: „Schilddrüse”, Thieme, Stuttgart 1987, Seite 402 BALL, P. et al.: NucCompact 18 (1987), 92 Dr. H. H. WEYER (Arzt für Nuklearmedizin) D-79098 Freiburg Amitriptylin: SAROTEN (A, CH) Citalopram: SEROPRAM (A, CH) Fusafungin: LOCABIOSOL (A) LOCABIOTAL (CH) Auf Anfrage läßt uns der EFEROX-Hersteller Wyeth HepatitisB-ImpfDaten einer noch unveröffentlichten offenen, multizen- stoff: B trischen Cross-over-Studie zugehen. EFEROX habe sich ENGERIX (A, CH) als bioäquivalent mit L-THYROXIN HENNING 100 erwiesen. Methodik und Ergebnisse lassen sich mangels Detail- L-Thyroxin: EUTHYROX informationen nicht prüfen. Selbst die Zahl der Probanden (A) NOVOTHYist nicht ersichtlich, –Red. RAL (CH) Kurz und bündig Antidepressiva gegen zwanghaftes Weinen nach Schlaganfall: Etwa jeder zehnte Schlaganfallpatient leidet noch nach einem Jahr unter Episoden unkontrollierbaren Weinens oder Lachens. Bei der klassischen Form des „Zwangsweinens”, das auch nach Enzephalitis, bei Arteriosklerose und anderen ZNS-Erkrankungen vorkommt, führen unspezifische Reize zu Anfällen ohne gefühlsmäßige Beteiligung. 13 Apoplektiker mit der peinlichen und im sozialen Kontakt hinderlichen Störung nahmen im Rahmen einer gekreuzten Doppelblindstudie drei Wochen lang 10-20 mg Citalopram (SEROPRAM [A, CH]) oder Plazebo ein. Während der Behandlung mit dem Verum weinten acht Schlaganfallpatienten nicht mehr unkontrolliert. Die übrigen litten nur noch halb so oft oder seltener unter Attacken unbeherrschbaren Weinens. In der Plazebophase erlebten nur 2 der 13 Patienten eine solche Besserung (ANDERSEN, G. et al.: Lancet 342 [1993], 837 / ati d). Bei 8 von 12 Multiple-Sklerose-Kranken verschwand das Zwangsweinen oder -lachen während einmonatiger Einnahme von täglich 50-75 mg Amitriptylin (SAROTEN u.a.) völlig, während unter Plazebo nur zwei dieser Patienten weniger Attacken verzeichneten (SCHIFFER, R. B. et al.: N. Engl. J. Med. 312 [1985], 1480). Auch das trizyklische Antidepressivum Nortriptylin (NORTRILEN) erwies sich in einer plazebokontrollierten Doppelblindstudie mit 28 Schlaganfallpatienten als wirksam (VAN GIJN, J.: Lancet 342 [1993], 816). Lokalantibiotikum Fusafungin (LOCABIOSOL) ohne Anwendungsgebiete: In den vergangenen Jahren rieten wir wegen mangelhafter Wirksamkeit mehrfach von der Anwendung von Lokalantibiotika wie Fusafungin (LOCABIOSOL) ab (vgl. chemotherapie-telegramm 2 [1986], 21). Die häufigen virusbedingten Infektionen der oberen Atemwege erfordern keine antibiotische Behandlung. Gegen bakterielle Infektionen wirkt ein Lokalantibiotikum unzulänglich, da es Erreger in tieferen Gewebsschichten nicht erreicht; die Verordnung gilt als ärztlicher Kunstfehler. Klinische Untersuchungen mit Fusafungin können einen Nutzen des Mittels nicht belegen. Die Aufbereitungsmonographie des Bundesgesundheitsamtes bewertet die für LOCABIOSOL beanspruchten Anwendungsgebiete wie Mandelentzündung, Bronchitis, Schnupfen, Nortriptylin: NORTRILEN (A, CH)