Abstract - GI-Oncology 2017

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Biomarker beim KRK – was kommt als nächstes in die Klinik?
Prof. Dr. Thomas Seufferlein
Klinik für Innere Medizin I, Universitätsklinikum Halle
Nach einer aktuellen Definition des NIH sind Biomarker Faktoren, die objektiv
messbar und evaluierbar sind, als Indikator für normale oder pathologische Prozesse
dienen oder die pharmakologische Antwort auf eine therapeutische Intervention
anzeigen. Sie können auch als Surrogatendpunkt einer klinischen Studie dienen.
Biomarker werden prinzipiell ähnlich entwickelt und validiert wie therapeutische
Substanzen. Idealerweise steht ein bereits in einem kleineren Testset validierter
Marker zur Verfügung, bevor eine Studie zu seiner endgültigen Beurteilung beginnt.
In der Realität werden die meisten Marker immer noch explorativ-retrospektiv
identifiziert und analysiert.
Auch beim diesjährigen ASCO nahmen Biomarker bei den gastrointestinalen
Tumoren einen großen Stellenwert bei Vorträgen und Postern ein.
Biomarker für die adjuvante Situation
Eine wesentliche, ungeklärte Frage ist der Einfluss von genetischen Variationen in
der Keimbahn auf die Prognose von Patienten mit kolorektalen Karzinomen (KRK) im
Stadium II und III.
Axel Walther und Mitarbeiter führten in einer genomweiten
Assoziationsstudie (GWAS) eine Genotypisierung von 947 Patienten mit KRK im
UICC
Stadium
II
und
III
durch.
Sie
untersuchten
309200
Einzel-
nukleotidpolymorphismen (SNPs) und identifizierten einen SNP, der in der
Metaanalyse mit einer ungünstigeren Prognose assoziiert war, und zwar auf
Chromosom 2p14, in der Nähe des Actin Related Protein 2 (ARP2) (Walter et al.,
#3514). Diese erste GWAS beim KRK im Stadium II/III legt nahe, dass
Keimbahnvariationen die Prognose beim KRK in diesen Stadien mitbestimmen.
Zahlreiche Untersuchungen beschäftigten sich mit Transkriptomanalysen von KRKs
im Stadium II und III. Eine Analyse stellte Frage, ob es genetisch fassbare
Unterschiede zwischen KRKs im Stadium II und III gibt. Hierzu wurden pathologische
Marker sowie die Expression von 375 Genen mittels RT-PCR aus mikrodisseziertem
1
Gewebe von 634 Patienten mit KRK im Stadium II und 844 Patienten mit KRK im
Stadium III verglichen. In der quantitativen RT-PCR zeigte sich, dass das
Genexpressionsmuster bei der überwiegenden Mehrzahl der untersuchten Gene im
Stadium II und III sehr ähnlich ist, so dass beide Stadien tatsächlich eher
unterschiedliche
Zeitpunkte
in
einem
Kontinuum
und
keine
genetisch
unterschiedlichen Phänotypen darstellen (O´Connell et al., #3503).
Eine weitere Untersuchung beschäftigte sich mit der Frage, ob durch eine
Kombination aus Lymphknotenstatus und einem prognostischen Genindex sich
(retrospektiv) eine Subgruppe von Patienten mit KRK im Stadium II und III
identifizieren lässt, die keine Oxaliplatin-haltige adjuvante Chemotherapie benötigen.
Dazu wurden 956 Tumoren aus der NSABP-C07 Studie mittels Microrarray
Genexpressionsanalysen untersucht und ein prognostischer Index aus 33 Genen
identifiziert und validiert. Dieser Score, in Verbindung mit dem Lymphknotenstatus
(N+/N-), kann eine Niedrigrisikogruppe von einer Hochrisikogruppe trennen. In der
Niedrigrisikogruppe ist der Einsatz von Oxaliplatin wahrscheinlich nicht nötig (PogueGelle et al., #3516).
Die Stratifizierung von Patienten mit KRK im Stadium II und III war auch Gegenstand
einer Studie, in der molekulare und klinische Risikofaktoren für ein Überleben nach
Rezidiv eines KRK mit initialem Stadium II und III an Hand von Probenmaterial aus
der PETACC 3 Studie untersucht wurden (Roth et al., #3504). Hierbei zeigte sich,
dass eine ungünstige Prognose, d.h. ein geringeres Überleben nach Rezidiv eines
KRK im Stadium II und III im wesentlichen durch 3 Faktoren determiniert wird: Die
Lokalisation des Tumors im rechtsseitigen Kolon, das frühe (≤ 18 Monate) Rezidiv
und eine B-raf Mutation im Tumor (V600E).
Auch eine K-ras Mutation kann prognostische Bedeutung haben wie eine Analyse
von Proben der Quasar 1 Studie zeigt (Hutchins et al., #3517). Hier ergab sich, dass
das Rezidivrisiko bei Tumoren mit defektem mismatch repair (MMR) System geringer
ist als bei Tumoren mit intaktem MMR. Bei Tumoren mit K-ras Mutation war das
Risiko deutlich höher als bei K-ras Wildtyp (37% vs. 24%). Eine K-ras Mutation ist in
dieser Situation also prognostisch ungünstig. Beide Parameter könnten sich zur
Risikostratifizierung für die adjuvante Therapie von KRKs eignen.
2
Biomarker in der palliativen Situation
Hier wurde die gepoolte Analyse der Opus und der Crystal Studie mit der
weitergehenden Auswertung des K-ras und B-raf Mutationsstatus der Tumoren
vorgestellt (Bokemeyer at al., #3506). In dieser Auswertung zeigte sich kein
prädiktiver Effekt einer B-raf Mutation für das Tumoransprechen auf eine
Cetuximabtherapie,
bei
allerdings
nur
70
B-raf
mutierten
Tumoren
im
Gesamtkollektiv. Auffallend war, dass eine B-raf Mutation mit einer erheblich
schlechteren Prognose der Patienten assoziiert ist und dass konventionelle
Chemotherapie bei diesen Tumoren schlechter wirksam zu sein scheint (mOS -/ +
Cetuximab in Monaten: K-ras Wildtyp+B-raf WT: 21,1/24,8; K-ras WT+B-raf mut:
9,9/14,1).
Nachdem die B-raf Mutation nicht prädiktiv für eine Cetuximabtherapie zu sein
scheint, ist die Bestimmung dieses Parameters aus Tumorgewebe mangels
therapeutischer Konsequenz aktuell nicht weiterführend. Eventuell lohnt sich die
Bestimmung
des
B-raf
Mutationsstatus
aber,
wenn
eine
neoadjuvante
Chemotherapie resektabler Lebermetastasen geplant ist, da bei diesen Tumoren die
Chemotherapie wenig effektiv ist (s.o.) und resektable Patienten daher eher primär
operiert werden sollten. Studienevidenz zu dieser Frage fehlt allerdings.
T. Maughan stellte die britische COIN Studie vor, in der unter anderem ebenfalls die
Addition von Cetuximab zu einer Oxaliplatin-haltigen Erstlinienchemotherapie
untersucht wurde (Maughan et al., #3502). An dieser Stelle soll nur auf den
Biomarkerteil der Studie eingegangen werden. Wesentlicher Verdienst der Studie ist,
dass die Analyse des Überlebens in Abhängigkeit vom K-ras, N-ras und B-raf
Mutationsstatus im Tumor als sekundärer Endpunkt bereits vorab definiert war und
prospektiv untersucht wurde. Die Studie zeigt, dass K-ras- und B-raf-Mutation im
Tumor in der Erstlinientherapie des mKRK prognostische Biomarker sind und mit
einer ungünstigeren Prognose für die Patienten korrelieren.
Während diese Beobachtung für B-raf konsistent ist, gibt es zum prognostischen
Wert der K-ras Mutation unterschiedliche Daten. Im KRK Stadium II und III und bei
nicht vorbehandelten metastasierten KRKs scheint K-ras eine prognostische
Bedeutung zu besitzen. Dies zeigt die COIN Studie, die größte Studie zu dieser
Fragestellung, die Untersuchung von Kabbinavar zur Studie IFL plus Bevacizumab,
die FOCUS und die RASCAL Studie. Es gibt allerdings auch Studien wie die CAIRO3
2 Studie, in der für K-ras kein prognostischer Effekt gezeigt werden konnte. In
fortgeschrittenen Tumorstadien ist die K-ras Mutation offenbar nicht (mehr)
prognostisch, zumindest wenn man die Daten aus den Studien zum Vergleich von
Cetuximab vs. BSC oder Panitumumab vs. BSC heranzieht. Grund hierfür könnte
eine
„Evolution“
der
Tumoren
unter
Therapie
sein,
so
dass
in
chemotherapierefraktären Tumoren die K-ras Mutation prognostisch eine eher
untergeordnete Rolle spielt.
Weitere Biomarker – Hauttoxizität
Eine Zweitlinienstudie zur Therapie des mKRK mit Folfiri oder Folfiri plus
Panitumumab zeigte, dass der Antikörper nur im Kollektiv der Patienten mit K-ras
Wildtyp im Tumor eine signifikante Verbesserung des Überlebens bedingt.
Interessanterweise hatten Patienten, die eine deutliche Hautreaktion (definiert als
Grad 2-4) auf die Panitumumabgabe entwickelten, unabhängig vom K-ras Status des
Tumors ein besseres Gesamtüberleben (WT K-ras -/+ Hautreaktion: 15,5 vs. 9
Monate; mut K-ras -/+ Hautreaktion: 13,7 vs. 7,3 Monate). Damit scheint es sich bei
dieser Subgruppe von Patienten um eine Gruppe mit deutlich günstigerer Biologie zu
handeln. Die genetischen Grundlagen für diesen Unterschied, die wahrscheinlich auf
Patientenseite liegen, sind aktuell unklar. Daten aus der Adjuvans (s.o.) legen aber
nahe, dass es genetische Keimbahnvarianten gibt, die die Prognose des KRK
bestimmen.
Fazit:
Dieses Jahr wurden zahlreiche neue Ansätze zu prognostischen und prädiktiven
Biomarkern vorgestellt. Insbesondere Genexpressionsanalysen werden zunehmend
„reif“ für die Praxis und wir werden in den nächsten 2-5 Jahren die ersten Testsets
sehen, die Gensignaturen für die Therapiestratifizierung – zumindest in Studien –
einsetzen. Die B-raf Mutation etabliert sich als negativer prognostischer Faktor im
KRK, während die K-ras Mutation prädiktiv für eine Therapie mit anti-EGFR
Antikörpern und prognostisch ist, letzteres wahrscheinlich aber v.a. in nicht
vorbehandelten Tumoren. Etliche dieser Parameter werden als Strata in künftige
Studienkonzepte einfließen.
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Korrespondenz:
Prof. Dr. Thomas Seufferlein
Klinik für Innere Medizin I
Universitätsklinikum Halle
Ernst-Grube-Strasse 40
06120 Halle (Saale)
[email protected]
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