Werkstoffe und Sensorik 73 ________________________________________________________________________________________________________________________ 11. Mechanosensoren Mechanische Beanspruchung e führt bei einer Reihe von Halbleitern zu besonders hohen Änderungen des elektrischen Widerstandes DR = Ke R (11.1) Für Metalle liegt der Proportionalitätsfaktor K sehr niedrig. Für Silizium ist er dagegen sehr groß. Für n-Si gelten negative Werte von 100 bis 120 und für p-Si positive Werte bis zu etwa 250. Abb. 11.2. Der K-Faktor für die relative Widerstandsänderung ist durch die Dotierung technologisch beeinflußbar. Die Temperaturabhängigkeit wird dabei ebenfalls verändert. Abb. 11.1. - 11.3.: Druckabhängige Eigenschaften von Halbleitern Abb. 11.3. Bei Poly-Silizium liegen die K-Faktoren erheblich unter denen des einkristallinen Si. Mit Hilfe der Ionenimplantation wird die gewünschte Größe eingestellt. Bei amorphen und polykristallinen Schichten sind die Korngröße und die Temperatur ebenfalls von Bedeutung. Wegen der Umsetzung von Kraft und Druck in eine Dehnung des Halbleiters werden diese Sensoren auch als Dehnungsmeßstreifen (DMS) bezeichnet. 11.1. Durch eine Druckspannung T u wird die Energiever-teilung im Kristallgitter verändert (gestrichelte Kurve). Die Leitbandkante in x-Richtung wird nach unten, in den anderen Abb. 11.4. - 11.8. Konstruktionsmöglichkeiten für Halbleiterdrucksensoren: Rictungen nach oben verschoben. Dadurch ändert sich die Besetzungsverteilung. In deren Folge wird der ohmsche Widerstand vergrößert oder verkleinert. Damit ist die durch Druck bewirkte Veränderung des ohmschen Widerstandes von der Lage relativ zum Kristallgitter abhängig. Hinzu kommt die Abhängigkeit von der Lage auf einer druckabhängigen Membran, da diese durch die Einspannung eine örtliche Verteilung von Druck und Zug aufweist. Werden die querliegenden Widerstände am Membranrand ab etwa x > 0,8 b bzw. x < 0,2 b angeordnet, so ist die Widerstandänderung DR negativ. Die längs des Membranrandes liegenden Widerstände haben dort eine positive Widerstandsänderung bei Druck. Werden die Widerstände in der Membranmitte angeordnet, dreht sich die Widerstandsänderung um. Abb. 11.4. In selektiv abgedünntes Silizium wird ein p- oder nleitendes Gebiet eingebracht (Diffusion, Implantation). Das dünne Si ist eine Druckmembran, über die der Widerstand in seinem Wert geändert wird. 74 Werkstoffe und Sensorik ________________________________________________________________________________________________________________________ Abb. 11.9. - 11.12.: Mikroelektronisch hergestellte Halbleiterdehnungsmeßstreifen. Abb. 11.5. Geeignet behandeltes Poly-Silizium auf isolierender Unterlage kann für einen druckabhängigen Widerstand eingesetzt sein. Leitende Unterlagen müssen mit einer Isolationsschicht versehen sein. Der K-Faktor ist eine Zehnerpotenz geringer als bei einkristallinem Silizium. Das Poly-Si wird hauptsächlich in seinen elektrischen Eigenschaften durch Rekristallation, Temperung und Implantationen eingestellt. Abb. 11.9. 4 diffundierte Widerstände in der abgedünnten Siliziummembran sind als Vollbrücke geschaltet. Sie müssen auf der Membran so angeordnet sein, daß jeweils R1 und R 4 sowie R2 und R3 eine gleiche Widerstandsänderung bei Druckänderung erfahren, z. B. R1 + D R, R 4 + D R, R 2 - DR, R 3 - DR. Abb. 11.6. Aufbau als Absolutdrucksensor bezogen auf Vakuum. Dabei wird das Silizium mit dem druckabhängigen Widerstand in der abgedünnten Membran vakuumdicht auf eine Unterlage aufgebracht. Abb. 11.10. Eingespannter Biegebalken mit aufgeklebtem DMS. Die Widerstandsänderung ist DR =K R0 x1 + x2 ˆ 2 ¯ . 3 2l 3 dd Ê l Ë Die Dehnung e wirkt an der Oberfläche des Biegebalkens. Ist Abb. 11.7. Aufbau als Relativdrucksensor durch Vergleich mit Atmosphärendruck. noch ein Halbleitersubstrat zwischen durckabhängigen Widerständen und Oberfläche des Biegebalkens vorhanden, so wird e entsprechend verringert. Abb. 11.8. Aufbau als Differenzdrucksensor, indem die Druckdifferenz auf den druckabhängigen Widerstand in der Si- Abb. 11.11. Prinzipielle Zug- und Druckverteilung bei Wirken Membran wirkt. einer Kraft F auf die Frontseite der dargestellten Membran. Werkstoffe und Sensorik 75 ________________________________________________________________________________________________________________________ Abb. 11.13. - 11.15.: Integration von Halbleiterdehnungsmeßstreifen und Auswerteschaltung. Abb. 11.12. Anordnung der druckabhängigen Widerstände auf ei Biegeplatte bzw. Membran. Ausgangsmaterial ist eine n-SiScheibe, (121)-orientiert. Längswiderstände liegen in [111]Richtung, Querwiderstände in [101]-Richtung. Dadurch haben die Widerstandsänderungen bei Druckbelastung eine entgegengesetztes Vorzeichen und führen in einer Brückenschaltung zu sich addierenden Wirkungen. Abb. 11.13. Drucksensor aus 4 diffundierten Widerständen in einer Siliziummembran und Signalverarbeitungselektronik im gleichen Silizium Abb. 11.14. Schaltung, Querschnitt und Draufsicht eines integrierten Drucksensors aus Dehnungsmeßstreifen und Interfaceelektronik. Die gestrichelte Linie zeigt den Membranbereich in der Draufsicht an. Außerhalb dieses Bereiches sind die Strukturen des Differenzverstärkers angebracht. Der Querschnitt zeigt, daß für die elektronische Schaltung und die diffundierten Widerstände die gleiche Schichtenfolge benutzt wird. 76 Werkstoffe und Sensorik ________________________________________________________________________________________________________________________ Kapazitiver Si-Drucksensor Verwendung von Si als Membran mit guter mechanischer Reproduzierbarkeit (( ± 0.5 %) und Elektrode eines Abb. 11.18. - 11.20.: Konstruktionsprinzipien für integrierte mikromechanische Beschleunigung. Kondensators Integrierbarkeit in Si-Technologie. Abb. 11.15. - 11.17.: Kapazitive Drucksensoren in Silizium. Abb. 11.18. Die bewegliche Zunge ist hier aus SiO 2 . Auf ihr ist eine Elektrode aufgebracht, die eine Kapazität zum Si-Substrat aufweist. Wirkt auf die auch auf der Zunge befindliche Masse eine Beschleunigung, son lenkt sie die Zunge aus und verändert Abb. 11.15. Funktionsprinzip: Die Differenz von Außendruck die Kapazität. Paußen und Innendruck P innen biegt die dünne Si-Membran durch. Dadurch ändert sich die Kapazität zwischen den beiden Kapazitätselektroden Abb. 11.16. Wird zusätzlich zur Meßkapazität noch eine Referenzkapazität aufgebaut, so kann schaltungstechnisch eine Brückenanordnung oder ähnliche Kompensationsanordnungen gehlt werden. Abb. 11.19. Die Auslenkung der Siliziumzunge, die aus dem Silizium durch eine besondere Ätztechnik freistehend herausgeätzt ist, erzeugt an der Einspannstelle an druckabhängigen Widerständen eine Widerstandsänderung. Diese muß durch eine elektrische Schaltung ausgewertet werden. Abb. 11.17. In Silizium läßt sich räumlich neben der SiMembran auch die elektronische Auswerteschaltung integriedie Abb. 11.20. Die freistehende Si-Zunge kann auch durch eine Si- Kapazitätsänderung sowohl vom Druck als auch von der Tem- Sirale ersetzt sein. Sie enthält in der Mitte die für Beschleuni- peratur abhängt. gunmessungen erforderliche Masse als Siliziumstückchen. Mikromechanischer Beschleunigungs-Sensor Masse auf beweglicher Si-Zunge. Kraft - F = Masse x Beschleunigung. Kandasensor Verwendet wird ein Hallelement ohne angelegtes Magnetfeld. Wirken Druck oder Zug in der Ebene der Fläche des Elements, so kann eine Spannung an den "Hall"-Elektroden abgegriffen werden. Sie ist abhängig vom Winkel q , in dem Druck oder Zug (relativ zu den Kristallachsen) auf das Hallelement wirken. ren. In ihr muß berücksichtigt werden, daß Werkstoffe und Sensorik 77 ________________________________________________________________________________________________________________________ SAW-Kraft- und Drucksensor Anwendung des SAW-Elements als Verzögerungsleitung oder Resonator. Ist es als frequenzbestimmendes Teil eines Oszillators geschaltet, so erfolt eine Abbildung in ein frequenzanaloges Signal. Durch die Kraft oder den Druck wird die Oszillatorfrequenz moduliert, und Kraft oder Druck werden als Frequenz abgebildet. Materialien: LiNbO3, SiO 2, CdS, ZnO, GaAs, ARN. Abb. 11.23. Longitudinalwelle Die Teilchenverschiebung erfolgt in ausbreitungsrichtung, auch Kompressionswelle genannt. Abb. 11.21. Verwendet wird ein Hallelement ohne angelegtes Magnetfeld. Wirken Druck oder Zug in der Ebene der Fläche des Elementes, so kann eine Spannung an den Elektroden 3 und Abb. 11.24. Transversalwelle 4 abgegriffen werden. Diese Spannung kann als Offsetspannung Verschiebung nur senkrecht zur Ausbreitungsrichtung, auch des Hallelementes angesehen werden. Sie ist abhängig vom Winkel Q (Q = 0 in der Diagonalen des Hallelementes Scherwellen genannt. festgelegt), in der Druck oder Zug in Beachtung der Lage zu den Kristallachsen auf das Hallelement wirken. Abb. 11.25. Lambwellen (Plattenwellen) Wellen in plattenförmigen Körpern, deren Dicke kleiner ist als die halbe Wellenlänge. Abb. 11.26. Rayleighwellen (Oberflächenwellen) Wellen an der Oberfläche von Körpern. Abb. 11.22. Anordnung des Hallelementes als Kandasensor auf einer dünnen Siliziummembran zur Messung des Druckes in Relation zum Referenzdruck. 78 Werkstoffe und Sensorik ________________________________________________________________________________________________________________________ Abb. 11.27. - 11.29.: Integrierbare Elemente für akustische Oberflächenwellenbauelemente. Abb. 11.31. Anordnung zweier AOW-Verzögerungsleitungen auf einem Biegebalken. Auf die obere wirkt die Dehnung + e, auf die untere - e. Dadurch erfolgt eine Erhöhung bzw. Erniedrigung der Oszillatorfrequenzen. In einer Mischstufe wird die Differenzfrequenz erzeugt, die nun bei gleicher Dehnung doppelt so groß ist wie im obigen Beispiel. Da der Temperatureinfluß auf beide Oszillatorschaltungen gleichsinnig ist, Abb. 11.27. Wellenführung für einige integrierbare Oberflä- kann er in der Differenzfrequenz als kompensiert betrachtet chenwellenleitungen. werden. Abb. 11.28. Anregung von Oberflächenwellen durch Interditaltransducer Abb. 11.32. AOW-Anordnung zur Druckmessung. Druck als Kraft je Fläche muß auf eine bestimmte Membranfläche wirken und durch Beeinflussung der Resonanzstruktur die Resonanzfrequenz verändern. Der Aufbau ist doppelt ausgeführt, um eine Abb. 11.29. Interdigitaltransducer in verschiedenen Schicht- Temperaturkompensation zu ermöglichen. systemen. Abb. 11.30. - 11.32.: Kraft- und Drucksensoren, aufgebaut mit Hilfe akustischer Oberflächenwellenbauelemente. Taktiler optoelektrischer Sensor Messung eines flächenverteilten Druckes mit einem taktilen Sensor durch Berührung einer Membran mit dem zu untersuchenden Objekt. Die druckabhängige Verformung der Membran wird durch optoelektrische Empfängerbauelemente erfaßt. Das reflektierte Licht von LED´s wird durch optoelektronische Emfängerbandelementen (Fotoelemente, Fotodioden, Fototransistoren, Fotowiderstände) aufgenommen. Die Reflexion erfolgt an der druckabhängig verformten Membran. Abb. 11.33. - 11.35.: Sensoraufbauten mit optoelektronischen Bauelementen für taktile Sensoren. Abb. 11.30. Die Verzögerungsleitung ist auf eine bewegliche Membran oder auf einen Biegebalken aufgebracht. Sie ist in die Rückkopplungsleitung des Oszillators geschaltet. Seine Frequenz ist f ª f 0 (1 - e). e ist die relative Dehnung, verursacht durch die Krafteinwirkung; f0 ª Vwelle / a. Werkstoffe und Sensorik 79 ________________________________________________________________________________________________________________________ Abb. 11.33. Der Sensor besteht aus 4 Ebenen. Die erste Ebene enthält eine LED-Matrix zur Strahlerzeugung. Das Licht wird durch die nächsten Ebenen geschickt und an einer beweglichen Membran reflektiert. Von der Fotodetektormatrix wird das reflektierte Licht, das ein Abbild der Druckverteilung auf der vierten Ebene ist, aufgenommen. Abb. 11.37. Die Anordnung zu einer 8 x 8-Matrix ermöglicht, die örtliche Verteilung des Berührungsdruckes zu ermitteln. Ein Matrixpunkt hat die Größe von 2,2 x 2,2 mm2 . Abb. 11.34. Durch Druck wird die weiße Kautschukmembran verformt und reflektiert das Licht der LED auf den a-SiFotowiderstand. Abb. 11.35. Aufbau eines taktilen Sensors mit optoelektroni- Abb. 11.38. Die integrierte Auswerteschaltung enthält einen schen Reflexkopplern. Verstärker mit geschalteten Kapazitäten. Taktiler kapazitiver Sensor Anordnung integrierter Kapazitäten zu einer Matrix Abb. 11.39. Die Kapazitätsänderung ist nichtlinear. Abb. 11.36. Auf Glas ist ein geätztes Siliziumchip elektrostatisch aufgebracht. Realisiert werden eine Meßkapazität und eine Referenzkapazität. 80 Werkstoffe und Sensorik ________________________________________________________________________________________________________________________ Abb. 11.40. Die Gesamtanordnung enthält die Übertragungsglieder für den örtlich verteilten Druck, die SiKapazitäten, Gehäuseteile und die integrierte Auswerteschaltung in hybrider Technik.