Mit Beethoven lieferte er sich ein Piano-Duell - Joseph

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FEUI.LLETQN,
Dienstag, 30. August 2016
Mit Beethoven lieferte er sich ein Piano·�Duell
Die noch junge Joseph-Woelfl-Gesellschaft Bonn eröffnet am Wochenende ihr Domizil
VON GUIDO KRAWINKEL
Die Wände des neuen Konzert­
·saals sind 14 Zentimeter dick, die
Fenster dreifach verglast, der gan­
ze Raum ist durch eine fünf Zenti­
meter breite Akustikfuge von der
Umgebung isoliert. Wer sich im
Konzertsaal des neuen Joseph­
Woelfl-Hauses an der Meßdorfer
Straße 177 aufhält, hat eines ga­
rantiert: seine Ruhe. Das liegt aber
nicht nur an der soliden Bauweise
und der Ausrüstung mit moderns­
ter Technik, die derzeit eingebaut
wird. Auch die beiden Gastgeber,
Margit Haider-Dechant und Her­
mann Dechant, sorgen für einen
reibungslosen und professionellen
Betrieb. Die beiden emeritierten
Professoren und Gründer der Jo­
seph-Woelfl-Gesellschaft
Bonn
haben sich in dem historischen Ge­
höft in Meßdorf niedergelassen, es
von Grund auf renoviert und zu ei­
ner idyllischen Oase gemacht.
'Die Hauptrolle spielt hier die
Musik: was auch sonst bei Haider
und Haider-Dechants? Sie war im
österreichischen Linz Professorin
für Klavier und auch als promo­
vierte Musikwissenschaftlerin an­
erkannt, er wirkte unter anderem
als Professor für Dirigieren in
Würzburg und als Leiter des Bam­
berger Oratorienchores. Auch nach
ihrem Ruhestand lässt die Musik
die beiden nicht los. Direkt neben
dem Konzertsaal ist ihr Musikver­
lag untergebracht, in dem sie vor
allem seltene und zu Unrecht ver­
gessene Werke herausgeben.
Und darum handelt es sich bei
den Werken von Joseph Woelfl
ganz gewiss. Wenn Margit Haider­
Dechant und ihr Mann über Woelfl ·
reden, dann können sie ihre Be­
geisterung über die Musik des Zeit­
genossen von Haydn, Mozart und
Beethoven, mit dem er sich einmal
in einem „Piano-Duell" maß, nicht
verbergen. Man merkt schnell: das
ist ein Lebensthema für die beiden
Musiker, auch wenn Hermann De­
chant zugibt: ,,Am Anfang war ich
sehr skeptisch." Jetzt haben sie sich
jedoch voll und ganz der Musik des
1773 in Salzburg geborenen Woelfl
verschrieben. Doch während die
drei Wiener Klassiker in aller Mun­
de sind, wird von Woelfls Schaffen
gemeinhin kaum Notiz genom­
men. ,,Die Musikwissenschaft hat
aber erkannt, dass man dieses Ka­
pitel der Musikgeschichte neu
schreiben muss", sagt Haider-De­
chant überzeugt.
Untermauert hat sie dies mit ei­
nem umfangreichen Werkver­
zeichnis, das auf mehreren Hun­
dert Seiten die Werke des noch von
Zeitgenossen in einem Atemzug
mit Beethoven oder Mozart ge­
nannten Woelfl auflistet. Die Ma­
nuskripte vonWoelfl sind derzeit in
aller Welt verstreut, allein in der
Margit Haider-Dechant und Hermann Dechant mit der Rekonstruktion ei­
nes Porträts des Komponisten Joseph Woelfl. FOTO: WOELFL-GESELLSCHAFT
Library of Congress sollen noch 43
Sonaten liegen. ,,Ich muss über
1000 Bibliotheken anschreiben", so
Haider-Dechant.
Da haben sie noch einiges vor
sich. Z1.1 diesem Zweck gibt es auch
eine internationale Woelfl-Gesell­
schaft, die als Herausgeberin der
Werkausgabe des 1812 in London
verstorbenen Musikers firmiert,
und die Joseph-Woelfl-Gesell­
schaft Bonn, die das Woelfl-Haus
betreibt. Auch an die Zukunft ha­
ben sie gedacht: Beim Umbau wur­
de bereits dafür vorgesorgt, dass
überall Arbeitsplätze für W issen­
schaftler und Musiker eingerichtet
werden können, die sich dann der
Aufarbeitung der Werke widmen
sollen.
Derzeit wird noch an einigen
Ecken Hand angelegt, umgeräumt
und vorbereitet. Denn der große
Tag rückt immer näher: Am 4. Sep­
tember wird das Woelfl-Haus offi­
ziell eröffnet, mit dem renommier­
ten Pianisten Gerhard Oppitz.
Selbst der Beethoven-Spezialist
Oppitz ist begeistert von dieser
Musik und hat eigens für diesen
Anlass eine der gewichtigsten Kla­
viersonaten Woelfls einstudiert.
Und dann wird auch ein Porträt
enthüllt, das eine Wiener Malerin
nach einem zeitgenössischen Vor­
bild erst kürzlich tn Lebensgröße
von Woelfl rekonstruiert hat.
> Infos im Internet: www.jose­
phwoelfl.org
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