Algebra & Zahlentheorie Einiges über Restklassengruppen & Kongruenzrechnung David Müßig muessig[at]mi.fu-berlin.de http://page.mi.fu-berlin.de/def/tutorium/ WiSe 12/13 Im letzten Tutorium kamen Fragen über Z/nZ bzw. (Z/nZ)∗ auf. Da diese Gruppen nicht nur schöne Beispiele sind, sondern auch im weiteren Verlauf der Veranstaltung wichtig sein werden, gehe ich hier etwas mehr auf sie ein. 1 Teilen mit Rest & Z/nZ Aus der Schule (und dem wahren Leben) sollte das Teilen mit Rest bekannt sein. Angenommen wir haben zwei Zahlen a.b ∈ Z, so können wir sei mit Rest teilen: a = q · b + r, q, r ∈ Z, 0 ≤ r < b. (1) Wenn wir uns nun in Z/nZ befinden, dann rechnen wir genau genommen nicht mit Zahlen, sondern mit s.g. Restklassen. Das bedeutet, dass wir eine Zahl a ∈ Z nicht mehr als Zahl betrachten, sondern sie auf den Rest, den sie beim Teilen durch n lässt, reduzieren. Wenn wir uns immer nur die Reste anschauen, die eine Zahl beim Teilen durch n hinterlässt, so ist das, was da an Rest herauskommt immer zwischen 0 und n − 1 (siehe in (1): 0 ≤ r < n). In Z/nZ sind nun zwei Zahlen a, c ∈ Z gleich, wenn sie beim Teilen durch n den selben Rest lassen, also wenn gilt: a = s · n + r und c = t · n + r mit s, t, r ∈ Z und 0 ≤ r < n. 1 Algebra & Zahlentheorie Tutorium bei David Addieren wir nun zwei Elemente aus Z/nZ, so wissen wir (da Z/nZ eine Gruppe ist), dass das Ergebnis dieser Addition wieder ein Element aus der Gruppe Z/nZ ist. Das passiert folgendermaßen: Sind wieder a, b ∈ Z/nZ, so ist a = s · n + r1 und b = t · n + r2 und wenn wir a und b addieren, erhalten wir a + b = (s + t) · n + (r1 + r2 ). | {z } r3 Jetzt kann es natürlich sein, dass r3 ≥ n ist. Das ist aber nicht schlimm, dann teilen wir einfach r3 wieder mit Rest durch n und erhalten r3 = q · n + r, mit 0 ≤ r < n. Dann können wir abschließen feststellen, dass in Z/nZ gilt: a + b = (s + t) · n + q · n + r = (s + t + q) · n + r = r. | {z } r3 Da das alles furchtbar kompliziert wirkt, folgt jetzt ein Beispiel: Beispiel 1. Sei n = 7. Betrachte die folgende Tabelle: Zahl Rest 0 0 1 1 2 2 3 3 4 4 5 5 6 6 7 0 8 1 9 2 10 3 11 4 12 5 13 6 14 0 ... ... 145 5 Wie man hoffentlich sieht, wiederholen sich die Reste in der festen Reihenfolge 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6. In Z/7Z gilt nun, dass z.B. 5 = 12 = 145 ist, da 5 = 0 · 7 + 5 und 11 = 1 · 7 + 5 und 145 = 20 · 7 + 5. Wenn wir 6 und 3 addieren wollen, dann ergibt sich 6 + 3 = 9 und da 9 = 1 · 7 + 2 gilt, ist in Z/7Z 6 + 3 = 2. ♦ Als Fazit können wir festhalten, dass die Gruppe Z/nZ nichts anderes ist, als die Gruppe ({0, 1, 2, . . . , n−1}, +) mit der Zusatzbedingung, dass wir alles, was über n−1 hinausgeht, „abschneiden“, also sozusagen „im Kreis“ zählen: . . . n − 4, n − 3, n − 2, n − 1, 0, 1, 2, 3, 4, . . . 2 ... ... Algebra & Zahlentheorie Tutorium bei David 2 Die prime Restklassengruppe (Z/nZ)∗ Neben der „normalen“ Restklassengruppe Z/nZ spielt die s.g. prime Restklassengruppe (Z/nZ)∗ eine wichtige Rolle in dieser Vorlesung. Die hier vorherrschende Operation ist die Multiplikation und ihre Elemente sind alle Zahlen a ∈ Z/nZ mit ggt(a, n) = 1, also alle zu n teilerfremden Elemente. Wenn ich hier lapidar „Zahlen“ sage, meine ich natürlich wieder die Restklassen aus Kapitel 1, aus denen auch Z/nZ besteht. Die Anzahl der Elemente von (Z/nZ)∗ wird durch die Euler’sche ϕ-Funktion gegeben, d.h. # ((Z/nZ)∗ ) = ϕ(n). Wie man ϕ(n) berechnet, werden wir später klären. Wichtig zu wissen ist nur, dass (Z/pZ)∗ zyklisch ist, falls p ∈ P eine Primzahl ist und es dann ϕ(ϕ(p)) = ϕ(p − 1)– viele Erzeuger gibt. Das sind nicht die einzigen Fälle, in denen (Z/nZ)∗ zyklisch ist, allerdings sind es für den Moment genug, denn uns interessiert die Tatsache, dass wir folgenden Zusammenhang haben: Satz 1. Sei p ∈ P, g ∈ (Z/pZ)∗ ein erzeugendes Element, d.h. hgi = (Z/pZ)∗ . Dann ist durch ∼ (Z/pZ)∗ −→ Z/(p − 1)Z g i 7−→ i ein Isomorphismus gegeben. Wir können also die multiplikative Gruppe (Z/pZ)∗ wunderbar mit der additiven Gruppe Z/(p − 1)Z in Verbindung setzen. Beispiel 1. Es sei p = 7, demnach besteht (Z/7Z)∗ also aus den Elementen 1, 2, 3, 4, 5, 6 und wir haben ϕ(6) = 2 Erzeuger von (Z/7Z)∗ . Welche der Elemente sind nun Erzeuger? Probieren wir es aus: 1. Versuch: Ist die 2 ein Erzeuger? Wenn dem so wäre, dann müsste h2i = {2i | i = 1, 2, 3, 4, 5, 6} = (Z/7Z)∗ sein. Es ist aber 21 = 2, 22 = 4, 23 = 8 = 1, 24 = 2 in (Z/7Z)∗ , also kommt die 2 nicht als Erzeuger in Frage. 2. Versuch: Ist die 3 ein Erzeuger? Gleiches Spiel wie eben: 31 = 3, 32 = 9 = 2, 33 = 6, 34 = 4, 35 = 5, 36 = 1 in (Z/7Z)∗ . Hier kommt jedes Element 1, 2, 3, 4, 5, 6 einmal vor, also ist die 3 tatsächlich ein Erzeuger von (Z/7Z)∗ ! Der Vollständigkeit halber bestimmen wir jetzt noch den anderen Erzeuger (ϕ(6) = 2). Die 6 fällt raus, da in (Z/7Z)∗ gilt, dass 6 = −1 ist (denn 6 = 1 · 7 − 1). Bleiben also die 4 und die 5 (die 1 ist als neutrales Element immer raus). 3. Versuch: Ist es die 4? Es ist 41 = 4, 42 = 16 = 2, 43 = 8 = 1, also ist die 4 auch raus und es muss die 5 sein. 3 in (Z/7Z)∗ , Algebra & Zahlentheorie Tutorium bei David ♦ 3 Kongruenzrechnung Die Vorlesung heißt ja Algebra & Zahlentheorie. Wenn man so möchte, war Kapitel 1 der algebraische Teil und nun folgt die zahlentheoretische Sichtweise. Das Schlagwort hier heißt Kongruenzrechnung oder auch Modulo-Rechnung. 1 Definition 2. Es seien a, b ∈ Z. Wir sagen a ≡ b (mod n) (gelesen: a kongruent b modulo n), genau dann, wenn gilt: n (a − b) (n teilt a − b). Nun ist die Frage, was es bedeutet, dass n a − b teilt. Dazu schauen wir uns das einmal an: n(a − b) ⇔ a − b = q · n ⇔ a = s · n + r und b = t · n + r mit q = s − t. Wir sehen also, dass a ≡ b (mod n) genau dann gilt, wenn a und b beim teilen durch n den selben Rest lassen. Es gilt also a ≡ b (mod n) ⇐⇒ a = b in Z/nZ. Kongruenzrechnung und das Rechnen in Z/nZ beschreiben also völlig analoge Operationen und unterscheiden sich ausschließlich im Blickwinkel. 1 Manchmal auch einfach a ≡ b (n) geschrieben. 4