Alkoholwerbung Aktuelle politische Vorgänge Globale Strategie der WHO zur Reduzierung des Alkoholmissbrauchs (2010) Aktionsplan der WHO EURO zur Verringerung des schädlichen Alkoholkonsums (2012–2020) Zielsetzung: Gesetzliches Verbot der kommerziellen Kommunikation für alkoholhaltige Getränke (Regulierung des Inhalts und der Menge kommerzieller Kommunikation; Regulierung der kommerziellen Kommunikation in allen Medien sowie von Sponsoringmaßnahmen und „neuer“ Werbeformen, z.B. in Sozialen Netzwerken). EU-Aktionsplan „Youth and Binge Drinking“ (2014 – 2016) (veröffentlicht von der CNAPA-Gruppe im September 2014 / neue EU-Alkoholstrategie in Vorbereitung) Zielsetzung: Schutz „verletzlicher Gruppen“ vor Alkoholwerbung; Einräumung weitgehender Befugnisse für die Mitgliedstaaten zur Einführung weitere Werbeverbote Betroffenheit, Position und Argumentation der Werbewirtschaft Die Hersteller alkoholhaltiger Getränke (Bier, Spirituosen, Sekt, Wein) investierten 2013 rund 543 Mio. Euro in die Werbung für ihre Produkte (Bruttodaten Nielsen Werbestatistik). Die Werbewirtschaft befürwortet alle Aktivitäten, die Alkoholmissbrauch verhindern. Werbeverbote und -beschränkungen sind jedoch nicht geeignet, dieses gesundheits- und gesellschaftspolitisch wichtige Ziel zu erreichen. Weitere Beschränkungen der Alkoholwerbung bedeuteten nicht zu rechtfertigende Eingriffe in das Recht der Unternehmen, ihre Produkte gegenüber der Erwachsenen-Zielgruppe zu bewerben. Werberestriktionen tangieren auch den Bestand freier und unabhängiger Medien, die mit ihren redaktionellen Beiträgen eine wichtige Informationsquelle für die Verbraucher auch bezüglich der Gefahren missbräuchlichen Alkoholkonsums darstellen. Die Medienvielfalt basiert wesentlich auf Werbeeinnahmen als unverzichtbarem Teil der Finanzierungsgrundlage. BÜRO BERLIN: AM WEIDENDAMM 1A · 10117 BERLIN TELEFON: 030/59 00 99 700 · TELEFAX: 030/59 00 99 722 E-MAIL: [email protected] · INTERNET: WWW.ZAW.DE BÜRO BRÜSSEL: C/O ADVERTISING INFORMATION GROUP 157 AVENUE DE BROQUEVILLE · 1200 BRÜSSEL TELEFON: 00 32/485 86 48 56 · E-MAIL: [email protected] -2- Kein Zusammenhang zwischen Werbung und Alkoholmissbrauch Werbeverbote können weder nachhaltig Alkoholmissbrauch verhindern, noch den Kinderund Jugendschutz effektiv verbessern (in diesem Sinne auch der Beschluss des federführenden Gesundheitsausschusses des Europaparlaments zu einem Entschließungsantrag zur EU-Alkoholstrategie, März 2014). Werbung setzt keine entscheidende Ursache für missbräuchlichen Alkoholkonsum. Wissenschaftler der Aalto Universität, Finnland, stellen 2013 fest: Zwar würden immer wieder weltweit Studien von Sucht- und Konsumforschern zitiert, die implizierten, dass Werbung eine wichtige Ursache des Alkoholkonsums unter Jugendlichen sei. Diese wiesen jedoch zahlreiche methodische Fehler auf. Die in den Studien angeführten Ergebnisse seien nicht ausreichend belastbar, um einen Zusammenhang zwischen Alkoholwerbung und -missbrauch herzustellen. Die Untersuchungsergebnisse aus Finnland legen mit Blick auf politische Maßnahmen vielmehr nahe, von weiteren Werbebeschränkungen und Werbeverboten Abstand zu nehmen.1 Auch die Bundesregierung hatte 2013 betont, dass ihr keine Studien bekannt seien, die einen Zusammenhang von Werbeverboten mit einer deutlichen Absenkung des Rauschtrinkens belegen (BT-Drs. 17/13011 v. 10.4.2013, S. 37 ff). Wissenschaftliche Untersuchungen, die sich mit der Situation in Deutschland befassen, bestätigen: Werbeverbote bleiben ohne Einfluss auf den Beginn und das Ausmaß des jugendlichen Alkoholkonsums.2 Werbung als Verursacher von Alkoholmissbrauch spielt auch nach Meinung der Bevölkerung wenn überhaupt, dann nur eine sehr geringe Rolle (repräsentative Untersuchung des Instituts Forsa im Auftrag des ZAW, 2010). Erfahrungen aus dem Ausland belegen ebenfalls die gesundheitspolitische Untauglichkeit von Werbebeschränkungen: In Ländern mit noch strengeren Beschränkungen der Alkoholwerbung (z.B. Polen) oder sogar vollständigen Werbeverboten (z.B. Norwegen) steigt laut WHO der Konsum 13-jähriger Jungen und Mädchen seit 2005/2006 kontinuierlich an. Die aktuellen Daten für Deutschland zeigen hingegen: Auch ohne weitere Werbeverbote trinken Kinder und Jugendliche so wenig wie nie (BZgA-Alkoholsurvey 2012, veröffentlicht 2014). Noch nie gab es so viele Minderjährige im Alter von 12 bis 17 Jahren, die auf Alkohol verzichten. Im Jahr 2012 waren die Zahlen für regelmäßigen Alkoholkonsum in der Altersgruppe der 12- bis 15-Jährigen so niedrig wie in keinem Jahr zuvor. Es sind vor allem soziale Faktoren, die den Alkoholkonsum von Minderjährigen beeinflussen. In ihrer repräsentativen Untersuchung stellt die BZgA fest: Minderjährige trinken, um Spaß zu haben, Hemmungen zu überwinden und um weniger schüchtern zu sein. Zudem beeinflusst vor allem das direkte Umfeld junger Menschen ihren Umgang mit Alkohol.3 Andernfalls wäre auch nicht zu erklären, warum die Gesamtheit der Verbraucher im Allgemeinen und der Jugendlichen im Besonderen nahezu die gleichen 1 Aspara, Tikkanen, “A Methodological Critique of Alcohol and Addiction Researchers’ Studies on the Effect of Advertising on Adolescent Alcohol Consumption” abrufbar unter www.papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2205112 (Stand: 14.12.2013). 2 Bergler, Haase, Poppelreuter, Schneider, Wemhoff, „Ursachen des Alkoholkonsums Jugendlicher – Eine sozialpsychologische Grundlagenstudie", Deutscher Instituts-Verlag, Köln 2000; ZEUS Zentrum für angewandte Psychologie, Umwelt und Sozialforschung, „Alkohol und Werbung – Auswirkungen der Alkoholwerbung auf das Konsumverhalten bei Kindern und Jugendlichen“, Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2002; Poppelreuter/Bergler, „Ursachen jugendlichen Alkoholkonsums: Die Rolle der Eltern“, Roderer Verlag, Regensburg, 2007. 3 BZgA, „Der Alkoholkonsum Jugendlicher und junger Erwachsener in Deutschland 2010“, Köln, 2011. -3- Werbebotschaften wahrnimmt, aber nur ein kleiner Teil von ihnen Alkohol missbräuchlich konsumiert, während der weitaus größere Teil sich verantwortungsbewusst verhält. Die BZgA-Zahlen bestätigen, dass die Markt-Kommunikation der Anbieter alkoholhaltiger Getränke nicht Menge und Intensität des Konsums vergrößert, sondern ein betriebswirtschaftliches Mittel für den Wettbewerb im kontinuierlich schrumpfenden Markt für alkoholhaltige Getränke ist. Für Alkoholwerbung gilt eine Vielzahl von Gesetzen und selbstdisziplinären Vorgaben Alkoholwerbung ist in Deutschland bereits umfassend gesetzlich geregelt. Entgegen der häufig aufgestellten Behauptung darf sich Alkoholwerbung auch im Internet weder an Kinder oder Jugendliche richten, noch durch die Art der Darstellung Kinder und Jugendliche besonders ansprechen (vgl. § 6 Abs. 5 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag). Seit Jahrzehnten engagieren sich Markenartikler, Handel, Medien und Agenturen darüber hinaus selbstverantwortlich und beachten die „Verhaltensregeln des Deutschen Werberats über die kommerzielle Kommunikation für alkoholhaltige Getränke“.4 Das unter dem Dach des ZAW erstmals 1976 verabschiedete und seitdem mehrfach aktualisierte Regelwerk gilt für sämtliche Werbe- und Sponsoringformen (online und offline). Danach ist in der kommerziellen Kommunikation für alkoholhaltige Getränke alles zu unterlassen, was als Aufforderung zum Missbrauch umgedeutet werden könnte. Besondere Bestimmungen gelten zudem dem Jugendschutz. Die funktionierende Werbeselbstkontrolle ist europaweit anerkannt. Die Bundesregierung hat sie in ihrer im Jahr 2012 verabschiedeten „Nationalen Strategie zur Drogen- und Suchtpolitik“ hervorgehoben. Die Werberichtlinien der Landesmedienanstalten sowie die Werberichtlinien von ARD und ZDF verweisen auf die Verhaltensregeln des Werberats. Auf der Internetseite der Drogenbeauftragten der Bundesregierung wird ausführlich über den Werberat und die Beschwerdemöglichkeiten für die Bürger informiert. Auch die vielen positiven Statements namhafter Vertreter zahlreicher Institutionen und Parteien aus Anlass des 40jährigen Bestehens der selbstdisziplinären Einrichtung im November 2012 belegen die umfassende Akzeptanz der Werbeselbstkontrolle in Deutschland.5 Deutschland ist damit Vorreiter für einen internationalen Werbekodex: Im März 2014 hat die Internationale Handelskammer (ICC) eine Rahmenregelung zur verantwortungsvollen Werbung für alkoholhaltige Getränke verabschiedet, um für werbende Unternehmen einen weltweit gültigen ethischen Standard zu setzen. Der ZAW war von Beginn an in die Beratungen eingebunden. Auch die im Jahr 2009 vom ZAW eingeführte freiwillige Vorkontrolle von Werbemaßnahmen der Alkoholwirtschaft trägt zu einem verantwortungsvollen Werbeverhalten bei. Alle marktprägenden Hersteller nutzen diesen vorab-Check ihrer Werbung durch Gutachten eines Experten-Teams beim ZAW. Gemeinsames Ziel von Politik, Behörden, Wirtschaft und Gesellschaft muss es aus Sicht des ZAW sein, bestehende Vollzugsdefizite bei der Durchsetzung und Kontrolle geltender rechtlicher Vorgaben – zum Beispiel bezüglich des Mindestabgabealters – konsequent zu beseitigen sowie Jugendliche und junge Erwachsene dabei zu unterstützen, einen kritischen und bewussten Umgang mit Alkohol zu lernen. Die Wirtschaft engagiert sich hierbei mit einer Vielzahl von Präventions- und Aufklärungsmaßnahmen. Berlin, September 2014 4 5 Regelwerk und weitere Informationen abrufbar unter www.werberat.de. 40 Jahre Deutscher Werberat, Verlag edition ZAW, Berlin 2012, S. 7 ff. -4- Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) ist die Dachorganisation von 43 Verbänden der am Werbegeschäft beteiligten Kreise. Er vertritt die Interessen der werbenden Wirtschaft, des Handels, der Medien, der Werbeagenturen sowie der Werbeberufe und der Marktforschung. Er ist die gesamthafte Vertretung der Werbewirtschaft in Deutschland. Der ZAW repräsentiert 25 Milliarden EUR Investitionen in werbliche Kommunikation, davon 15,2 Milliarden EUR Nettowerbeeinnahmen der Medien, und rund 940.000 Beschäftigte in den Arbeitsbereichen der Markt-Kommunikation. Zur Dachorganisation gehört auch der Deutsche Werberat, die zentrale Werbeselbstkontrolleinrichtung in Deutschland. Dabei setzt sich der ZAW für die Freiheit der kommerziellen Kommunikation als einer unabdingbaren Voraussetzung für den im Interesse der Unternehmen und der Verbraucher liegenden unverfälschten und fairen Wettbewerb ein. Werbung und kommerzielle Kommunikation sind zugleich unverzichtbare Grundlage für die Finanzierung vielfältiger, unabhängiger Medien und somit ein wesentlicher Faktor für ein freiheitliches, demokratisches und verantwortungsbewusstes Gemeinwesen – in Deutschland wie auch in Europa. Kontakt: RAin Julia Busse Justiziarin ZAW / Geschäftsführerin Deutscher Werberat Am Weidendamm 1a 10117 Berlin Telefon: 030 - 590099 - 721 Telefax: 030 - 590099 - 722 E-Mail: [email protected] / [email protected] Internet: www.zaw.de / www.werberat.de