Schriftliche Abiturprüfung 2006 Physik 13 k (Leistungskursniveau) Thema G1: Schaltvorgänge am Kondensator 1 Gold Caps Gold Caps sind Miniaturelektrolytkondensatoren mit enorm hoher Kapazität und endlichem Innenwiderstand. Sie vertragen aufgrund der Platz sparenden Isolierung im zylinderförmigen Gehäuse nur geringe Spannungen U < 5,5 V. Als Trägermaterial des Elektrolyten verwendet man Aktivkohle. Nur 1 g Aktivkohle verfügt über eine innere Oberfläche von A = 1000 m2. Derartige Kondensatoren eignen sich als Energiespeicher und Überbrückungsstromversorgung in Geräten, in denen Daten im ausgeschalteten Zustand erhalten werden sollen. 1.1 Berechnen Sie den Plattenabstand d eines Plattenkondensators herkömmlicher Bauart mit keramischem Dielektrikum r = 200 und der Kapazität C = 3,3 F, wenn er über die Plattenfläche von ebenfalls A = 1000 m2 verfügen würde. 1.2 Fahrräder neuerer Bauart besitzen Rückleuchten, die mit einem Dynamo betrieben werden, aber auch noch im Stillstand leuchten. Verantwortlich dafür ist eine elektronische Schaltung, mit der die Stromstärke bei I = 0,25 A sowie die Spannung bei U = 2,4 V konstant gehalten werden. Diese Schaltung enthält u. a. einen Gold Cap, dem unter diesen Bedingungen eine Energie von E = 20 Ws entnommen werden kann. Berechnen Sie, wie lange das Lämpchen mit der Aufschrift 2,4 V / 0,25 A in der Rückleuchte während der Rotphase an einer Ampel leuchten könnte, wenn der Gold Cap zuvor voll aufgeladen war. 1.3 Nach dem Aufladen eines Gold Caps der Kapazität C = 3,3 F beträgt seine Spannung U0 = 5,00 V. Die anschließende Entladung erfolgt über einen Widerstand R = 1,50 k (Bild 1). Die Entladespannung wird zu den angegebenen Zeitpunkten gemessen: t in h U in V 0 5,00 1,00 2,42 2,00 1,17 3,00 0,54 4,00 0,27 5,00 0,13 Zeichnen Sie das entsprechende U(t) - Diagramm. Ermitteln Sie die Zeitkonstante = R • C sowie die Zeit tH, in der die Spannung auf die Hälfte des Anfangswertes abgesunken ist (Halbwertzeit). Kennzeichnen Sie beide im Diagramm. Durch die Punkte A(0 | U0) und B( | 0) wird die Tangente an die Entladekurve im Punkt A eindeutig bestimmt. Zeichnen Sie die Tangente ein. Erläutern Sie die physikalische Bedeutung des Anstiegs dieser Tangente. 1.4 Fertigen Sie mit den Messwerten aus 1.3 ein weiteres Diagramm an, auf dessen Ordinatenach U se das logarithmische Verhältnis ln der Spannungen und auf dessen Abszissenachse U0 die Zeit t abgetragen werden. Zeigen Sie, dass mit dieser Darstellung das Zeitverhalten der Spannung nach dem Gesetz U t U 0 e kt überprüft werden kann. Abitur-Ph-2006-LK-G2.doc 1/10 www.phyma-gae.de Bestätigen Sie mit mithilfe des Diagramms den Zusammenhang k 1 . R C 1.5 Zur Sicherung der Daten bei Stromausfall soll ein Gold Cap als zeitlich begrenzte Spannungsquelle für sieben Tage dienen. Der zu versorgende Speicherbaustein hat einen Innenwiderstand von 4,50 M und eine Mindestspannung von Umin = 4,00 V. Ermitteln Sie, welche der folgenden im Handel angebotenen Gold Caps dafür geeignet sind, wenn alle bis zu einer Spannung von U0 = 5,50 V geladen werden können. C 1 = 0,10F C2 = 0,22 F C3 = 0,47 F C4 = 1,00F C 5 =1,50F Berechnen Sie für einen geeigneten Kondensator, wie viel Prozent der ursprünglichen Energie nach Ablauf von sieben Tagen noch gespeichert ist. 2 Entladung am Kondensator (Schülerexperiment) In dieser Aufgabe ist ein Experiment durchzuführen. Bearbeiten Sie dazu den Auftrag der Vorbetrachtung und führen Sie das Experiment durch. Die Auswertung sollte nach den angegebenen Vorgaben erfolgen. Fertigen Sie ein vollständiges Protokoll an. Auftrag: Bestimmen Sie die Ladung Q eines Kondensators zu Beginn des Entladevorgangs und berechnen Sie seine Kapazität C. Vorbetrachtung: Im Experiment nehmen Sie die Entladung des Kondensators über einen äußeren Widerstand vor. Die abnehmende Stromstärke soll bei unverändertem Messbereich in konstanten zeitlichen Abständen gemessen werden. Skizzieren Sie eine entsprechende Schaltung. Ablauf des Experimentes: 1 Schalten Sie den Elektrolytkondensator mit richtiger Polung und einen Spannungsmesser parallel an die Gleichspannungsquelle. Messen Sie die Ladespannung U0. 2 Öffnen Sie den Ladestromkreis, schließen Sie den Entladekreis und messen Sie den Entladestrom in Abhängigkeit von der Zeit bis sich der Kondensator über einen Ohm’schen Widerstand nahezu vollständig entladen hat. 3 Wiederholen Sie die Messung für einen zweiten, doppelt so großen Widerstand mit der gleichen Ladespannung U0. Auswertung: 1 Stellen Sie die Abhängigkeit der Stromstärke von der Zeit für beide Widerstände in einem Diagramm grafisch dar. 2 Die Fläche zwischen der Entladekurve l(t) und der Zeitachse ist ein Maß für die vom Kondensator gespeicherte Ladung. Ermitteln Sie die jeweils vom Kondensator gespeicherte Ladung. Vergleichen Sie die von Ihnen ermittelten Ladungen. Entspricht dieser Vergleich Ihren Erwartungen? Geben Sie Ursachen für mögliche Abweichungen von Ihren Erwartungen an. 3 Berechnen Sie die Kapazität C des Kondensators. 4 Geben Sie je zwei zufällige und systematische Fehler an. Abitur-Ph-2006-LK-G2.doc 2/10 www.phyma-gae.de Lösungen: 1. Gold Caps 1.1. Berechnung des Plattenabstandes: A C 0 r d A d 0 r C 8,854 1012 A s V 1 m 1 200 103 m 2 d 5, 37 107 m 0,537 m 3,3 F A s V 1 m 1 m 2 A s V 1 m 1 m 2 m F A s V 1 Berechnung der Leuchtdauer: E El U I t d 1.2 t E el 20 Ws 33,33s U I 2, 4 V 0, 25 A t 1.3 Ws V A s s VA VA Diagramm: U in V 5.0 4.5 4.0 3.5 3.0 2.5 2.0 1.5 1.0 0.5 0 5.000 4.750 4.500 4.250 4.000 3.750 3.500 3.250 3.000 2.750 2.500 2.250 2.000 1.750 1.500 1.250 1.000 0.750 0.500 0.250 0 t in h Zeitkonstante: R C 1,5 103 3,3F 4,950 103 s 1h 22 min 30s Zeitangabe: 1,375 h wäre falsch! F V A 1 A s V 1 s Abitur-Ph-2006-LK-G2.doc 3/10 www.phyma-gae.de Halbwertzeit: U U0 e t R C mit t t H U t 1 U0 2 t H H 1 1 U 0 U 0 e R C e R C 2 2 t 1 H ln R C 2 1 t H R C ln R C ln 2 2 t H ln 2 mit R C t H 4950s ln 2 3431, 08s 57,185 min 0,953h Einzeichnen der Tangente: 5.0 A U in V 4.5 4.0 3.5 3.0 2.5 2.0 1.5 1.0 Tangente t in h 4.500 4.250 4.000 3.750 3.500 3.250 3.000 2.750 2.500 2.250 2.000 1.750 1.500 1.250 1.000 0.750 0.500 0.250 0 Halbwertzeit B 5.000 0 4.750 0.5 physikalische Bedeutung des Anstiegs: U m 0 R C 1 R Maß für Entladegeschwindigkeit bzw. für Größe des Entladewiderstandes. mit U 0 ; C konst. m ~ U 1.4. Messwerte mit ln : U0 t in h U ln U0 Abitur-Ph-2006-LK-G2.doc 0 1,00 2,00 3,00 4,00 5,00 0 -0,726 -1,452 -2,26 -2,919 -3,650 4/10 www.phyma-gae.de Graph: U ln U0 0.250 0 t in h -0.250 -0.500 -0.750 -1.000 -1.250 -1.500 -1.750 -2.000 -2.250 -2.500 -2.750 -3.000 -3.250 -3.500 5.000 4.750 4.500 4.250 4.000 3.750 3.500 3.250 3.000 2.750 2.500 2.250 2.000 1.750 1.500 1.250 1.000 0.750 0.500 0 0.250 -3.750 Begründung (Herleitung) –Gesetz: Gerade vom Typ y m x mit m k U ln k t Uo U e k t Uo U U o e k t Bestätigung des Zusammenhanges: 1 k R C 1. k ermitteln: 2. U ln U 0, 726 1, 452 0 k 2,017 104 s 1 Übereinstimmung! 3 t 3, 6 7, 2 10 s 1 1 2, 02 104 s 1 3 1 1 R C 1,5 10 V A 3,3A s V Abitur-Ph-2006-LK-G2.doc 5/10 www.phyma-gae.de 1.5 Ermittlung eines geeigneten Gold Capes: U U0 e t R C t U e R C Uo U t ln R C U0 t t U U0 R ln R ln U U0 6, 048 105 s C 0, 422 F 5,50 6 4,5 10 ln 4, 00 Geeignet sind: C3, C4 und C5 ! C 7 d 7 24 3, 6 103 s 6, 048 105 s C s A s F V Berechnung des prozentualen Energieanteils: Beispiel: C3: 1 2 E el7 2 C U 7 U7 2 E el0 1 C U 2 U 0 2 0 2 2 E el7 E el0 E el7 E el0 E el7 E el0 t R C t 2 U0 e 2 R C U e 0 U02 U 02 e e p 2. 2 t R C mit t 2 7 d 2 6, 048 10 5s 26,048105 s 4,5106 VA 1 0,47 A s V 1 E el7 E el0 0,564 100% 56, 4% Entladung am Kondensator (Schülerexperiment) Schaltung: S U- V R A C Experiment: Aufbau entsprechend Schaltung Abitur-Ph-2006-LK-G2.doc 6/10 www.phyma-gae.de Messwerte: Widerstand R1 = 24 k, U0 = 10,0 V t in s 0 5 10 15 20 25 30 35 I1 in mA 0,417 0,17 0,125 0,07 0,035 0,02 0,012 0,007 I2 in mA 0,417 0,17 0,12 0,065 0,035 0,02 0,013 0,009 I3 in mA 0,417 0,17 0,122 0,06 0,035 0,02 0,013 0,009 I in mA 0,417 0,17 0,122 0,065 0,035 0,02 0,013 0,008 Widerstand R2 = 48 k, U0 = 10,0 V t in s I1 in mA I2 in mA 0 0,208 0,208 5 0,15 0,15 10 0,045 0,047 15 0,017 0,018 20 0,008 0,008 I3 in mA 0,208 0,145 0,046 0,016 0,007 I in mA 0,208 0,148 0,046 0,017 0,008 Berechnung der Anfangstromstärken: U 10, 0 V I0,1 0 4,17 104 A R 1 2, 4 104 V A 1 I0,2 U0 10, 0 V 2, 083 104 A R1 4,8 10 4 V A 1 Auswertung: I(t)-Diagramm: I in mA 1.7 1.6 1.5 1.4 1.3 1.2 1.1 1.0 0.9 R1 = 24 kOhm 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 Halbwertzeit 0 Abitur-Ph-2006-LK-G2.doc 7/10 30.00 27.50 25.00 22.50 20.00 17.50 15.00 12.50 10.00 7.50 5.00 2.50 0 t in s www.phyma-gae.de 3.000 I in mA 2.750 2.500 2.250 2.000 1.750 1.500 R2 = 48 kOhm 1.250 1.000 0.750 0.500 0.250 Halbwertzeit 0 20 19 18 17 16 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 t in s Ermittlung der Ladung: dQ I dt d Q I dt QE QA mit I I0 e tE d Q I0 e t t R C dt tA QQ tE QE A t I0 e tA t A tE t QE Q A Io e e mit H ln 2 t A ttHE tH t Q Io H e ln 2 e ln 2 ln 2 t E l n 2 t l n 2 A t H tH Q Io e e tH ln 2 mit t A 0 t E l n 2 0l n 2 t E l n 2 t H tH t H tH tH Q Io e e Io e 1 ln 2 ln 2 Ablesen von tH: Abitur-Ph-2006-LK-G2.doc 8/10 www.phyma-gae.de Für R 1 24 k : t H 4, 0s t E l n 2 t H tH Q1 Io e 1 ln 2 30,0sl n 2 4, 0s 4,0s 4 Q1 4,17 10 A e 1 0, 0012 As 1, 2 mC ln 2 Für R 2 48 k : t H 8, 0s t E l n 2 t H tH Q2 Io e 1 ln 2 20,0sl n 2 8, 0s 8,0s 4 Q2 2, 08 10 A e 1 0, 00197 As 1,97 mC ln 2 Vergleich der ermittelten Ladungen: Beide Ladungen müssten gleich sein Abweichungen zwischen beiden Werten zu erwarten wegen Abweichungen bei Messung Halbwertzeit aus Graphen bestimmt – Ungenauigkeit I0 nicht messbar! Ursachen für Abweichungen: Ablesung der Messwerte vom bewegten Zeiger nicht exakt möglich Beim Umlegen des Schalters beginnt sofort der Entladevorgang, aber der Zeiger des Amperemeters erreicht wegen seiner Trägheit erst später seinen Maximalwert o I0 zu klein - nicht messbar! 250 F Berechnung der Kapazität des Kondensators: Aus erster Messreihe: t H ln 2 R C ln 2 tH 8, 0s 4,81 104 F 481F 3 1 R ln 2 24 10 V A ln 2 C 315, 5 F tH 5, 0s 4 C2 1,50 10 F 150 F R ln 2 48 103 V A 1 ln 2 C1 oder: Abitur-Ph-2006-LK-G2.doc 9/10 www.phyma-gae.de I I0 e t R C t I e R C Io I t ln I0 R C t t I I R ln R ln 0 I I0 30s C1 0, 000 409 F 409 F 1, 7 3 24 10 ln 0, 08 C C 262,5 F 20s C2 0, 0001156 F 116 F 2,94 48 103 ln 0, 08 s A s F C V Angeben von jeweils 2 Fehlern: systematische Fehler o Trägheit des Zeigers des Amperemeters o Nichtberücksichtigung der Joulschen Wärme zufällige Fehler o Zeitpunkt des Ablesens ungenau o Umlegen des Schalters zu bestimmtem Zeitpunkt Abitur-Ph-2006-LK-G2.doc 10/10 www.phyma-gae.de